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Das Zinsregister vermerkt diese Formel, ohne sie zu deuten oder zu erklären. Sie tritt nicht nur in Altbernsdorf auf, sondern auch noch in anderen Dörfern des Eigenschen Kreises. Im Hinblick auf die Abgabenstaffelung kann dann die Formel nur heißen, daß der durch sie gedeckte Mann von einer höheren Last ausgeschlossen ist, also der Verbindlichkeit, Zweikorn oder gar Vierkorn zu liefern, Schultern oder Hühner abzugeben. Es muß sich um eine Befreiung von etwas, einem Schutze vor etwas handeln, weil es daneben noch genug Leute im Eigen gibt, die auch nur den Geldzins zahlen, bei deren Namen diese Formel aber nicht steht. Die Sorgfalt der Niederschrift des alten Kodex verbietet es, gleich für fünfzig Prozent der Einträge Irrtümer anzunehmen. Zwei Beobachtungen legen es nahe, die Et-nihil-plus-Formel als an den bäuer lichen Besitz gebunden anzusehen. Einmal wohnen diese Et-nihil-plus-Leute ebenso in Gruppen zusammen wie die Vierkornleute, zum anderen aber kommt in der Zinsliste von Berzdorf einmal der Fall vor, daß einer dreierlei Besitz hat 36 ). Nickil Crudyn hat zwei Neunrutengüter und einen Garten. Bei diesem Kleinbesitz steht der Vermerk „et nihil plus“. Das veranlaßt uns, diese Formel siedlungsgeschichtlich zu deuten und hinter dem Et-nihil-plus Stellen zu suchen, deren Lastenschema aus uns heute nicht mehr ersichtlichen Grün den erleichtert worden ist. Anhand der alten Zinsliste 37 ) wandert man vom heutigen Kretscham in Alt bernsdorf dorf aufwärts in Richtung Bernstadt. Wo beide Fluren aneinander- rainen, treffen wir eine erste Gruppe von Et-nihil-plus-Höfen. Nun geht die Wanderung an der Nordzeile der Bauerngüter entlang bis zur Mündung der Kemnitz in die Pließnitz. Jenseits aber reiht sich Et-nihil-plus-Hof an Et- nihil-plus-Hof fast bis an die Flurgrenze mit Schönau. Von der Ostgrenze führt die Liste dann an den Gütern der Südzeile Altbernsdorfs wieder zum Kretscham zurück. — In den Et-nihil-plus-Höfen der Nordseite, die sich direkt an den Abschnittswall anlehnen, wäre also die ehemalige Slawensiedlung zu sehen, die in der heutigen Flur von Altbernsdorf aufgegangen ist. Wegen der Zuordnung der Et-nihil-plus-Höfe zu den schon nachgewiesenen Vierkorngütergruppen in der Schönauer und Berzdorfer Flur soll für sie die gleiche Deutung gelten — daß auch hier slawische Vorbesiedlung zu vermuten ist. Daß diese Schutzformel zu besonderen — hier guten — Bedingungen aus gesetzte Slawen betrifft, wird an den Zinslisten von „Slawisch“-Kiesdorf deut lich, wo kein (!) Et-nihil-plus-Fall unter den Bauern auftritt. In Deutsch- Kiesdorf ist das Allodium an Bauern verteilt worden — und gerade diesen im alten Herrenhofe Sitzenden wird das Et-nihil-plus erteilt! Leider ist aber die Et-nihil-Plus-Formel nicht unter allen Umständen ein deutig, wie aus folgenden Fällen hervorgehen dürfte: Bei den Müllern von Deutsch-Kiesdorf und Dittersbach wird vermerkt „Et nil plus“ 38 ). Hier dürfte sich die Formel auf eine reine Abgaberegelung beziehen, aus der man keine so weitreichenden Schlüsse ziehen sollte, wie oben vorgetragen. Das gleiche dürfte für den Garten des Henil Hübener in Slawisch-Kiesdorf gelten 39 ). 36) ZR 34, 42, 44; 35, 33. 37) ZR 30, 1 ft. 38) ZR 37, 42; 39, 36, 37. 39) ZR 36, 23.