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dest zwischen Rhein und Ural, Schwarzem Meer und der Ostsee läßt sich also eine Kontinuität der Grabsitten von Jäger- und Fischergruppen in den neo lithischen Kulturen verfolgen. So stellt diese Übersicht einen Beitrag zu dem von G. Smolla in seiner Bedeutung erkannten Gesamtvergleich der Grabsitten vor und nach Einführung landwirtschaftlicher Kenntnisse 85 ) dar. Dagegen bleibt die Frage unbeantwortet, ob die weitgehende Übereinstimmung der Bestattungssitten von Jäger- und Fischergruppen und der jeweils ältesten neo lithischen Kulturen auch überall auftreten. Insbesondere die Entstehungs gebiete der ältesten Landwirtschaft wären daraufhin zu überprüfen. Für die älteste Ackerbaukultur Südosteuropas, Starcevo und die ältesten Stufen von Hamangia, fehlt es bislang noch an Quellenmaterial. Die Gräber Anatoliens sind erst aus relativ jüngeren Perioden besser bekannt 86 ). Über die neolithi schen Gräber Nordafrikas wissen wir bis jetzt so gut wie gar nichts 87 ). Für Westeuropa fehlt es bislang an geeigneten Vorarbeiten. Hier tritt für manche Kulturen der Mangel an regulären Bestattungen erschwerend hinzu. Eine mögliche Erklärung wurde unlängst von R. A. Maier vorgetragen 88 ). Von nicht minderer Bedeutung als das Aufspüren des ersten Auftretens be stimmter Erscheinungen ist der Nachweis der Kontinuität in der Folgezeit anzusehen. Hier sind solche Grundkennzeichen der Jäger- und Fischergräber 8°) G. Smolla, Neolithische Kulturerscheinungen, Bonn 1960, S. 75. 8°) In Catal Huyük, einer prähistorischen Siedlung Anatoliens des 7.-6. Jt. v. Ztr., wurden außer Sekundärbestattungen mit Ockerfärbung (J. Mellaart, Catal Huyük in Anatolia, in: Illustrated London News, 2. Fehr. 1963, S. 160 f.) auch vollständige Skelette gefunden. Hierbei handelt es sich um Bestattungen von Erwachsenen, die im Ostteil der Häuser unter dem Fußboden begraben wurden. Wo man mehr oder weniger intakte Gräber antraf, stellte man linke Hocklage und W- Orientierung fest (J. Mellaart, a 7-th.—6-th. millenium township of Southern Anatolia, larger than the pre-pottery Jericho: First Excavations at Catal Huyük, in: Illustrated London News, 9. Juni 1962, S. 33411.). Auch in der Folgezeit linden wir in Anatolien häufiger nach W als nach 0 gerichtete Hocker, so in Tilkitepe, Hanay-Tepe, Kusura, ähnlich anscheinend auch noch in den Kistengräbern von AliSar und in Ahlatlibel. Hierbei handelt es sich vorwiegend um rechte Hocker (T. üzgüc, Die Bestattungsbräuche im vorgeschichtlichen Anatolien, Ankara 1948). Rechte Hocklage und W-Orientierung finden wir in Mitteleuropa seit dem Mittelneolithikum. Wenn sich jedoch die in Catal-Huyük gemachten Beobachtungen durch weitere Materialien bestätigen, wird man Anatolien für diese frühe Zeit zu einem anderen Grabsittenbereich rechnen müssen als den donauländischen Kreis, in dem O-Orientierung und linke Hocklage primär sind. Die Literatur über Catal-Huyük verdanke ich Herrn Prof. Dr. Mode, Halle. U. Esin und P. Benedict, Recent Developments in the Prehistory of Anatolia, in: Current Anthro- pology, Chicago 1963, S. 339—346, sind der Ansicht, daß sich die ältesten Landwirtschaftsgruppen Anatoliens bodenständig entfalteten. Trifft das zu, so hätten wir auch für dieses Gebiet mit einer Kontinuität der lokalen vorneolithischen Grabsitten zu rechnen. Leider fehlt es jedoch noch an solchen ältesten Bestattungen. 87) J. L. Forde-Johnston, Neolithic Cultures of North Africa, Liverpool 1959. 88) R. A. Maier, Fragen zu neolithischen Erdwerken Südbayerns, in: Jahresberichte der Bayerischen Bodendenkmalpflege 1962, München 1962, S. 5—21.