In Böhmen waren vor dem Beginn der Groschenzeit einseitig geprägte mittlere (und kleine) Brakteaten im Umlauf, die unsere Abbildungen 1 und 2 zeigen. Der erste trägt das Bild einer Harpye (einer Vogelgestalt mit menschlichem Kopfe), der zweite trägt das Bild des zweischwänzigen Löwen, der ursprüng lich das persönliche Wappen König Premysl II. Otakars war und seit dem 13. Jahrhundert auf böhmischen Münzen erscheint. Solche Brakteaten stellten Böhmens Münzen bis zum Jahre 1300 vor. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts, im Jahre 1298, kam es bei Kutnä Hora (Kuttenberg) auf dem damaligen Gebiete des Klosters Sedletz zu überraschend großen Silbererzfunden. Silber wurde in den böhmischen Ländern schon früher gefunden; bekannt ist die alte Bergbaustadt Iglau, wo Silber schon um 1220/30 abgebaut wurde. Zwei Jahre nach den ersten großen Silberfunden bei Kutten berg, im Jahre 1300, hatte Wenzel II., der böhmische König, das frühere Klo stergebiet bereits fest in der Hand. Bezüglich einer zweckmäßigen Verwertung der großen Silberfunde wandte man sich damals an das Ausland. Der Kanzler Wenzels II., der Bischof Peter von Aspelt, weilte 1299 in Italien, und mit seinem dortigen Besuch hängt wahrscheinlich die Anwesenheit einer Societas von drei italienischen Fachleuten in Böhmen zusammen, die man früher nur für Münzer oder Stempelschneider gehalten hat. Heute wissen wir, daß es sich um Finanzfachleute, Bankiers aus Toskana han delte, deren Erfahrungen und Hilfe bei der Durchführung der im Zusammen hang mit den Silberfunden geplanten böhmischen Münzreform erforderlich waren. Als währungsmäßiges Vorbild für die neue große Silbermünze, die man prägen wollte, wurde höchstwahrscheinlich eine französische Münze genom men, nämlich der Groschen von Tours, der eine Werteinheit von 12 kleinen (französischen) Denaren darstellte. Ebenso hat man in Böhmen im Jahre 1300 zwölf kleine Denare zu einer Münzeinheit zusammengefaßt; die Zwölferzahl war als Schilling eine alte Zähl- und Werteinheit. Dieser Schilling im Werte von 12 Denaren wurde in Form einer neuen größeren Silbermünze ausgeprägt, die nach der Umschrift (Herkunft oder Gewicht ?) den Namen Prager Gro schen bekam. Die Prinzipien der Groschenreform kamen aus Italien bzw. Frankreich. Es handelte sich um die Abschaffung des Umlaufes von ungeprägtem Edelmetall (Barrensilber, Marksilber), also um das Verbot des freien Edelmetallhandels, sowie um den Zwangsaustausch von Rohmetall gegen geprägte Münzen, also ein Silbermonopol des Königs. Dazu kam die Abschaffung der bisherigen Denarwährung und die Einführung der Groschenwährung mit dem festen Ver hältnis 1 Groschen = 12 kleine Denare. Das Durchschnittsgewicht des Prager Groschens sollte nach G. Skalsky 3,975 g betragen, was einem Ausbringen von 64 Groschen aus der Prager Gewichtsmark von 253,14 g entspräche; vier Groschen sollten also einem Lot Silber entsprechen. Tatsächlich erreichen die