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uns aus den Gräbern dieser Zeit in Böhmen bekannt geworden sind. Diese Beziehungen sind auch nicht imstande, alle übrigen Merkmale eindeutig zu interpretieren, die die Vinaricer Stufe auszeichnen: die Vorliebe für edle, in der Hand geformte, straffgegliederte Keramik, die häufige Verwendung von Glasgefäßen, das Erscheinen der grauen Krüge mit eingeglätteten Mustern und glänzendschwarze Keramik mit ähnlichen Ziermotiven. Ohne Zweifel ist für Böhmen kennzeichnend, daß häufige und sichere Funde jener Keramik bisher ausstehen, die den gedrehten Niemberger Tongefäßen oder der Dreh scheibenware, die man am rechten Ufer der Saale herstellte, gleichkommen. Aus Böhmen liegt uns nur ein einziger, wenig ausdrucksvoller Beleg vor, der an Niemberg erinnert: die Gewandhafte, die in Masov bei Turnov gefunden wurde 40 ). Nach dem heutigen Fundzustand hat es den Anschein, als sei es an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert zu wichtigen Wandlungen gekommen. Auf dem Gräberfeld in Vinafice, nach dem ein Abschnitt der Frühgeschichte Böhmens benannt wurde, ergrub man Gefäße, die der Keramik aus Haßleben sehr nahestehen, Schmuck und eine Reihe bemerkenswerter Fibeln (Abb. 2,1,2), zu denen sich später ähnliche gesellten, die in Praha-Podbaba, Juliska (Abb. 2,4,6), Praha-Michle (Abb. 2,3,5), Plaany bei Kolin (Abb. 2,?) und anderwärts zutage kamen. Das gemeinsame Merkmal aller dieser Fibeln ist eine gewisse Unbestimmbarkeit des Typus. Auch sie verkörpern, gleich den bekannten drei Fibeln von Niederflorstadt, Neustadt (Museum Darmstadt) und Wieslochen (Museum Wiesbaden), eine Mischung provinzialrömischer und bodenständiger Elemente 41 ). Wenngleich einige dieser Gewandhaften aus Silber angefertigt sind, wie z. B. die aus Praha-Michle und aus Planany 42 ), gewinnt man dennoch den Eindruck, daß diese zahlenmäßig nicht sehr starke, aber durch ihren Formenreichtum ungewöhnlich mannigfaltige Gruppe eher ein Übergangsstadium darstellt und daß man bei der Anhäufung verschiedener Motive eigentlich auf der Suche nach einem neuen definitiven Formentypus war. Besonders die Formung der Kopfplatte war unterschiedlich; einmal zeigte sie die Gestalt eines Halbkreises (z. B. Planany) — analoge Funde in Deutschland kennen wir aus Untertürk- heim 43 ) oder Herthen (Kr. Lörrach) 44 ) — und ist in die erste Hälfte des 5. Jahr- 40) J. Filip, Djinn potky Ceskho räje, Praha 1947, Taf. 63,2. B. Svoboda, Imperium, Abb. 35,2. 41) E. Brenner, Der Stand der Forschung über die Kultur der Merowingerzeit, VII. Bericht der Rö misch-Germanischen Kommission 1921, S. 291, Abb. 14. Schon in dieser Arbeit benannte E. Brenner die besprochene Fibelgruppe, zu der er auch die böhmischen Funde und die Fibel aus Izenave zählt, „Zwischenform“. F. Chassel, Sepulture double de l’poque franque ä Izenave, in: Bullet, archeo- logue 1912, S. 265 f., Taf. 39. E. Brenner, Vorfränkische Funde aus Wiesbaden, in: Altertümer unserer heidnischen Vorzeit V, Mainz 1911, S. 425 f. 42) F. Dvorak, Pravek Kolinska a Kourimska, Kolin 1936, S. 101, S. 244, Abb. 29,6. B. Svoboda, echy v dobe sthovn nrod, S. 85, Taf. XX,3. 43 ) Westdeutsche Zeitschrift IX, 1890, S. 157, Taf. IX. E. Wahle, Vorzeit am Oberrhein, in: Neujahrs ¬ blätter der Badischen historischen Kommission 19, Heidelberg 1937, Taf. IX. K. Schumacher,