In diesem Zusammenhang erscheint es jedenfalls angebracht, nochmals fest zustellen, daß im Raume Pößneck-Saalfeld Latene-A-Formen — nicht nur an Keramik! — mit Fundverbänden der Latene-B-Phase vergesellschaftet vor kommen 69 ). Eine absolute Trennung zwischen den beiden ersten Stufen der jüngeren vorrömischen Eisenzeit kann deshalb in diesem Gebiet nicht vorge nommen werden. Vielmehr ergibt sich einwandfrei ein — zumindest teilweiser — Fortbestand der Latene-A-Facies innerhalb des B-Horizontes auf engem und engstem Raume. Der geschilderte Befund läßt sich gemeinsam mit anderen Beobachtungen dahingehend interpretieren, daß die entwickelte Latenekultur der Orlasenke aus einer Vermischung der ortsansässigen Bewohner von nord ostbayrischer Art mit Trägern der Latenekultur aus der Zeit der keltischen Expansion hervorgegangen ist, d. h. aus einer bodenständigen und einer von außerhalb herzuleitenden Komponente. Dabei fehlen zunächst noch sichere Anzeichen, die auf eine Differenzierung der beiden anzunehmenden Bevölke rungszweige deuten, etwa wie von W. Kersten erwogen (= die Neueinwande rer als Herrenschicht über der einheimischen Bevölkerung; siehe Anm. 62). Jenseits des Thüringer Waldes scheinen die Bewohner der „Steinsburg“ — auch nach den vor allem auf der Analyse der keramischen Hinterlassenschaften beruhenden Untersuchungen K. Peschels — hingegen an ihren östlichen Früh- latenetraditionen bis in die Endphase der Mittcllatenezeit festzuhalten 70 ). Für Nordostbayern distanziert sich indessen H. P. Uenze von einem ähnlich ge richteten Ablauf, wie ihn W. Kersten entwickelt hatte, und kommt vielmehr auf den Gedanken einer Abwanderung der Latene-A-Siedler zurück 71 ). Den Schluß seiner Darlegungen bildet der Hinweis, daß „sich im Burgenland mit seinen reichen Latene-B-Materialien in gewisser Weise Vergleichbares zu eini gen oberpfälzischen LA-A2-Fibeln findet“ 71 ), womit der angenommenen groß angelegten Dislokation mit allem Vorbehalt eine mögliche Richtung gegeben werden soll. Unter solchen Aspekten wäre es dann nach dem Ergebnis der hier vorgenommenen Keramik-Analyse mit ähnlicher Berechtigung denkbar und wohl sogar noch naheliegender, für eine verstärkte (Teil-)Übersiedlung von nordostbayrischen Latene-A-Leuten in das jenseitige Vorland des Franken waldes zu plädieren. Außer dem für den Beginn der zweiten Latenestufe er wogenen Refugium für Bewohner des inneren Thüringen 72 ) und den für diese Periode überwiegend erschlossenen Neuankömmlingen aus keltischen Kern gebieten (nur ?) des Südwestens wäre dann der Orlagau auch ein Zentrum für Auswanderer aus südlicher bzw. südsüdöstlicher Richtung. Bei aller Anzie- 60) Vgl. auch G. Neumann, a. a. 0., 1958, S. 255. — Die derartigen Befunde aus dem Orlagau stehen offenbar im weiten Umkreis ohne Beispiel, wie aus entsprechenden Äußerungen von H. P. Uenze (a. a. 0., S. 116) gefolgert werden kann, und verdienen deshalb besondere Beachtung. 70) Vgl. K. Peschel, a. a. 0., 1962, bes. S. 86 f. ”) H. P. Uenze, a. a. 0., S. 117. 72) So M. Claus, a. a. 0., S. 108 ff.