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dies jedoch zumindest sehr unwahrscheinlich. Denn dann ist kaum ein zusehen, warum der Tote das wesentlich schwerere Messerteil erhielt. Zahlreiche Grabfunde bezeugen nämlich, daß man sich nicht scheute, nur unbedeutende Gerätbruchstücke als Ersatz für vollständige Bronzen ins Grab zu legen. In diesen Fällen vermissen wir häufig die massiveren Teile der Geräte 276 ). Wesentlich mehr Wahrscheinlichkeit besitzt die An nahme, daß die eine Schneidenhälfte bereits früher durch schadhafte Stel len unbrauchbar war und deshalb beseitigt wurde. Unser Fundstück wäre dann im gleichen Zustand, in dem es zuletzt benutzt wurde, ins Grab gelangt. Wenn auch die dazugehörige Begleitkeramik heute leider nicht mehr vorliegt, so wissen wir doch wenigstens, daß das Grab, zu dem dieses Messer gehören könnte 277 ), neben einer flachen Halbkugelschale mit Bodennabel und überrandständigem Henkel Scherben von „kannelier ten Gefäßen“ enthielt und somit wohl der waagerecht gerieften Ware der Jüngstbronzezeit zugewiesen werden muß. Der jedoch nicht ein wandfrei gesicherte Zusammenhang des Messers mit dieser Keramik mahnt zur Vorsicht. Die Bedenken, unser Fundstück ebenfalls in die Jüngstbronzezeit, also in die Periode V des nordischen Chronologie systems zu datieren, werden verstärkt, wenn wir auf die Suche nach datierten Parallelfunden gehen. Da im sächsischen Fundgut unseres Wissens kein weiteres solches Messer vorliegt, fällt das heimische Mate rial für Zeitvergleiche völlig aus. In der süddeutschen Urnenfelderkultur bilden doppelschneidige Halbmondrasiermesser mit ausgeschnittenem Blatt einen häufigen und charakteristischen Typ, so daß an der Heimat unseres Stückes kaum gezweifelt werden kann. Mittels zahlreicher ge schlossener Funde kann H. Müller-Karpe 278 ) diese Messer eindeutig der Urnenfelderstufe HaA zuweisen. Des weiteren gestattet der unterschied lich gestaltete Blattausschnitt eine Untergliederung. Während Formen mit wenig ausgeschnittenem Blatt in die Stufe HaAi gehören 279 * ), treten Rasiermesser mit tief ausgeschnittenem Blatt erst in HaAz-zeitlichem Fundverband auf 289 ). Damit scheint jedoch die Blütezeit dieser Formen beendet zu sein, wenn auch H. Müller-Karpe ein Weiterleben bis in Stufe HaBi annimmt 281 ). 276) W. C o b 1 e n z , a. a. O., S. 37, Großdobritz, Grab 12 (Taf. 56,7, als Beispiel). 277) Fundumstände siehe Katalog unter Grab 5. 278) H. Müller-Karpe, Beiträge zur Chronologie der Urnenfelderzeit nördlich und südlich der Alpen, Berlin 1959. 279) a. a. O., S. 172, 192; Abb. 28,6; 29,7, 8; 31,4; vgl. auch H. Müller-Karpe, Mün ¬ chener Urnenfelder, Kallmünz/Opf. 1957, Taf. 2, F 10; 22 Ap K. H. W a g n e r , Nord ¬ tiroler Urnenfelder, Berlin 1943, Taf. 35,12; 39,15.