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als Niederschläge eines relativ früh anzusetzenden Siedlungsvorganges im 8./9. Jahrhundert aufgefaßt werden können, ergeben sich einige neue Aspekte. Ob diese Siedlungsniederschläge, die sorbischen Namen der Ortschaften sind bis auf eine Ausnahme nicht überliefert, eine Auswei tung des von Göschel erschlossenen altslawischen Siedlungskernes um Kohren nach Norden (Greifenhain) und Osten darstellen oder umgekehrt einen Vorstoß vom Rochlitzer Gebiet an der Zwickauer Mulde nach Westen, bleibt offen. Am ehesten dürfte die zweite Version zutreffen. Vielleicht markieren diese Fundstellen gleichzeitig einen alten, von der Mulde nahe dem späteren Zschillen-Wechselburg nach Nordwesten ver laufenden Weg, der weiter östlich entweder die Zschopau oder die Zwickauer Mulde flußaufwärts nach Böhmen führte 58 ). Zu beachten ist jedenfalls die Diskrepanz zwischen den angeführten slawischen Boden funden und den hochmittelalterlichen Ortsnamentypen der genannten Orte mit Ausnahme von Mutzscheroda. Mit einer Umbenennung der alten Siedlungen im 13. Jahrhundert wird von der Sprachforschung nicht ge rechnet. Allerdings wäre auch von archäologischer Seite in keinem Falle die dann vorauszusetzende Siedlungskontinuität nachzuweisen, da Funde des 10./11. Jahrhunderts bisher fehlen. Man wird für die Mehr zahl dieser Orte oder zumindest die Mehrzahl der Gehöfte wohl doch ein Veröden spätestens im 10. und eine Neubesiedlung des Geländes im 12./13. Jahrhundert erwägen müssen. Ungeachtet der vorangegangenen Bemerkungen verdienen die Siedlun gen mit slawisch-deutschen Mischnamen besondere Beachtung, da sie, nicht sehr zahlreich, die Ausweitung des Siedelgebietes im Zeitalter des Landesausbaus andeuten. In diesem Zusammenhang ist das Patrozinium der Kohrener Kirche, St. Gangolf, bemerkenswert, da es neuerdings wie der mit der Ansetzung fränkischer Siedler durch Wiprecht von Groitzsch S. 99 ff. und S. 239; und E. Eichler, Zur Herkunft der Slawen im Elbe-Saale- Gebiet. 1. Tschechisch-Sorbische Parallelen in der Toponomastik, in: AFD 13, Berlin 1964, 285 ff., bes. S. 288 f. 58) Daß es sich hier um einen alten Verbindungsweg handelt, deuten die östlich von Mutzscheroda am Hang gelegenen, vielfach gestaffelten Hohlwege an, die W. C. P f a u zuerst sogar veranlaßten, in ihnen Reste einer umfangreichen Befestigung zu sehen (W. C. Pfau, Topographische Forschungen . . . 1900, S. 24; der s., Die mittelalter lichen Wall- und Grabenanlagen der weiteren Rochlitzer Gegend, Rochlitz i. S. 1924, S. 7). Bemerkenswert scheint in diesem Zusammenhang die Existenz einer am jenseitigen Muldeufer an einer Flußschleife auf der Höhe gelegenen Ringwallanlage des „Fisch- beimer Borstel“, der gleichzeitiges Fundmaterial führt und sicher mit einem Mulde übergang im Zusammenhang stand. Es sei auch daran erinnert, daß Graf Dedo von Groitzsch-Rochlitz sicher nicht zufällig in diesem Gebiet 1168 das Augustiner-Chor herrenstift Zschillen gegründet hat, zu dem sehr früh ein Hospital und eine Mühle mit Schankrecht gehörten.