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Redaktioneller Teil 200 Jahre Verlag F. E. W. Vogel in Leipzig. Am 16. Oktober 1930 feiert der angesehene Verlag F. C. W. Vogel in Leipzig den Gedenktag seines 200jährigen Bestehens. Der Verlag, der heute zu den ältesten und bedeutendsten seiner Art zählt, wurde 1730 von Johann Michael Teubner (der aber keine Berührung hat mit dem bekannten Verlag B. G. Teubner) gegründet, ging 1764 an Siegfried Leberecht Crusius, den Ur- großonkel des jetzigen Besitzers, über, unter dessem Schassen der Verlag schon einen angesehenen Rang unter den ersten Ver lagsfirmen der damaligen Zeit erklomm. Nach 46jähriger Tätigkeit überließ Crusius das Geschäft Friedrich Christian Wilhelm Vogel, der dem Verlag seinen jetzigen Namen gab. Hatten die bisherigen Inhaber im raschen Aufbau des Ver lages in der Hauptsache theologisch- und philologisch-wissen schaftliche Werke herausgebracht, von denen u. a. noch heute das Gesenius'sche Handwörterbuch der hebräischen und aramäischen Sprache eine Zierde des Verlages ist, so wurde das Verlags schiff auf einen neuen Kurs gedreht, als im Jahre 1862 Herr Or. für. und vr. moä. b. o. Carl Lampe-Vischer, ein Enkel von F. C. W. Vogel, das Geschäft übernahm. Dieser nämlich wandte sein Hauptinteresse der Herausgabe medizinischer Werke zu und gab damit dem Verlag eine ganz bestimmte Note; von da ab datiert auch der eigentliche Ruf des Verlages F. C. W. Vogel als führende, medizinische Verlagsbuchhandlung, die stets den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung gefolgt ist. In jener Zeit begannen die in Fachkreisen weltbekannten Zeitschriften, Archive, Handbücher, Lehrbücher und Kompendien der Medizin der be deutendsten und angesehensten Fachgelehrten zu erscheinen. Namen wie Ziemssen, Pettenkoser, Naunyn, Schmiedeberg, Erb u. v. a. sind untrennbar mit dem Verlagsschild F. C. W. Vogel ver bunden und die Namen Strümpell und Krehl sind heute noch Sterne erster Ordnung am Himmel des medizinischen Verlages Vogel. Im Jahre 1890 trat der jetzige Inhaber des Verlages, Herr vr. ine-I. In o. Fritz Lampe-Vischer in die Firma ein. Unter ihm ist der medizinische Verlag zielbewußt weiter ausgebaut worden und nicht wenige Veröffentlichungen ver danken seiner persönlichen Initiative ihr Entstehen. Durch zwei Zeitalter hindurch und in zwei ganz verschiede nen Richtungen hat der Verlag F. C. W. Vogel unmittelbaren Einfluß aus die geistige Gestaltung Deutschlands ausgeübt und ist durch viele Bindungen und Beziehungen mit dem deutschen Kultur- und Wirtschaftsleben verwoben worden. Herr vr. Lampe-Vischer kann mit Stolz auf die zweihundertjährige Geschichte seines Hauses zurückblicken, die auss engste verknüpft ist mit der Geschichte des Buchhandels einerseits und in rund 80jährigem Wirken als medizinischer Fächverlag mit der Ge schichte der medizinischen Wissenschaft andrerseits. Die gesamte medizinische Wissenschaft muß mit hoher Achtung aus den Verlag blicken, der oft genug die Anregung zu mancher Zeitschrift und manchem Machwerk gegeben hat und dessen In haber oft unter großen materiellen Opfern den wichtigen Be langen medizinischer Forschung eine Plattform boten. A. Berg. Anläßlich des 200jährigen Bestehens der Firma F. C. W. Vogel ist eine prächtig ausgestattete Festschrift nach Forschungen und Auszeichnungen von vr. Hohlfeld erschienen, die nach einem einleitenden Vorwort in vier Abschnitten die Entstehung und Entwicklung der Firma unter Johann Michael Teubner (1730— 1765), Siegfried Leberecht Crusius (1765—1808), im Besitz der Familie Vogel (1808—1862) und schließlich im Besitz der Fami lie Lampe-Vischer (1862—1930) zur Darstellung bringt. Das Vorwort beschäftigt sich u. a. mit der Bedeutung und dem Wesen des Buchhandels. Es prüft kurz die Stellung der Per sönlichkeit im Verlag und weist auf die bedeutsamen Wechsel wirkungen namentlich zwischen dem wissenschaftlichen Verlag und der Wissenschaft hin. Hier steht im Hinblick auf die Be deutung des Verlags F. C. W. Vogel vor allem für die Medizin zum Schluß der Satz: »Diese letztere Beziehung ist so stark, daß erst diese fruchtbare Vcrlagstätigkeit vielfach die Entfaltung der medizinischen Wissenschaft zu der Monumentalität ihres heu tigen Lehrgebäudes ermöglicht hat, wie selbstverständlich auch umgekehrt der Aufbau des Verlags in seiner Geschlossenheit und seinem Umfang nur möglich war dank der großartigen Ent wicklung, welche die Naturwissenschaft und die Medizin im 19. Jahrhundert genommen haben.« Der biographische Hauptteil, der mit den Bildern von Siegfried Leberecht Crusius, F. C. W. Vogel, vr. Carl Lampe-Vischer und vr. mecl. ü. o. F. Lampe- Vischer geschmückt ist, enthält des Interessanten sehr viel. Auf alle Einzelheiten hier eingehen zu wollen, würde zu weit füh ren. Vor allem der Ausbau des medizinischen Verlags in der neueren Zeit ist hier überzeugend deutlich gemacht. Es ist eine stattliche Reihe von Publikationen, die aufgezählt werden kann. Die Festschrift hat so über die Bedeutung für die Firma selbst hinaus beträchtlichen Wert für die Beleuchtung der Geschichte des Buchhandels im allgemeinen und der Leistungen des wissen schaftlichen Verlags im besonderen. Aus den Ansängen des Sauses F. C. W. Vogel. Von vr. I o h a n II e r H o h I s e l d. Die von mir verfaßte Geschichte des Hauses F. C. W. Vogel geht über die Halberstädter Vorgeschichte des Hauses Johann Michael Teubner, des Vorgängers von F. C. W. Vogel, mit wenigen Worten hinweg, da sie nach dem Willen des Hauses Vogel eben nur eine Ge schichte des Leipziger Hauses sein soll. Die Ansänge des be deutenden Verlages in Halberstadt sind aber doch buchhandels- geschichtlich interessant genug, daß sie es verdienen, hier kurz dar gestellt zu werden, nachdem in der Festschrift selbst dafür leider kein Raum blieb. Der jüngste Sohn des Grimmaer Stadtrichters und Bürger meisters Christian Teubner, Johann Michael Teubner, wurde am 8. Oktober 1898 in Grimma zur heiligen Taufe gebracht. Er wandte sich dem Buchhandel zu, der ihm möglicherweise durch verwandtschaft liche Beziehungen seiner Mutter, Charitas geb. Hertel, zu der Buch händlerstabt Leipzig nahegelegt wurde. Jedenfalls tritt er zuerst 1718 als Buchhandluiigsgehilse iu Leipzig urkundlich aus. Er dürste damals die übliche sechsjährige Lehrzeit bereits hinter sich gehabt haben, aller Vermutung nach hat er sie 1712—18 in Leipzig verbracht. Jedenfalls bekennt er in einem 1722 ausgefertigten Revers: »Nach-