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117, 1. Juni 1920. Redaktioneller Teil. iung für die Witwe und die Kinder an. Als der Dank der Vor- Münder eintraf, war Hamburg schon mehrere Monate hindurch von französischen Truppen erfüllt! Mit dem Mute, den Perthes so bezeugte, gründete er 1809 eine Zeitschrift, das »Vaterländische Museum-, um »die Wohlge sinnten und Verständigsten unseres Vaterlandes zu vereinigen, um durch Lehre und Rat in verschiedenen Formen zur Erhaltung des eigentümlich Guten der Deutschen an Kraft, Wahrheit, Wis senschaft und Religion beizutragen-. Als 1810 die Hansestädte dem französischen Kaiserreiche einverleibt wurden, mutzte die Zeitschrift wieder eingehen. Am 18. März 1813 rückten die Russen in Hamburg ein, als Befreier stürmisch begrübt. Die Bürgerschaft griff zu den Waffen, um die wiedergewonnene Freiheit zu verteidigen, und Perthes gab sich ganz den Arbeiten zur Errichtung einer hanseatische» Legion und dann der Bürgergarde hin; als deren Stabsmajor wurde er die Seele des Widerstandes gegen die wieder an drängenden Feinde. Seit dem 8. Mai kam er 21 Nächte nicht j aus den Kleidern und nicht in ein Belt. Am 28. Mai lietz Perthes Frau und Kinder hinaus nach Wandsbek bringen, dann nach Eckernförde und Aschau; er selbst verließ, kurz vorm Wiedereinrllcken der Franzosen am 20. Mai, die Stadt, um dem Tode durch Henkershand zu entgehen. Seine Handlung in Ham burg wurde versiegelt, sein übriges Vermögen mit Beschlag be legt, seine Wohnung ausgeplündert und zerstört. Von einem am 24. Juli erlassenen Generalpardon waren nur zehn Männer namentlich ausgenommen. »Dank Dir von Herzensgrund, mein lieber Perthes-, schrieb ihm seine hochherzige Frau, »daß Dein Name unter den Namen der zehn Feinde des Gewaltigen steht;, das soll uns eine Ehre und Freude sein, so lange wir leben!- Das Gesetz über den Wiederbeginn und Ablauf von Fristen vom 3. April 1920. Von Rechtsanwalt vr. Willy Hoffman» in Leipzig. I. Nach Art. 300» des Frledensverlrags sind auf dem Ge biete der kriegführenden Staaten im Verhältnis zwischen Fein den alle Verjährungs-, Ausschluß- und Verfallfristen für die Kriegsdauer gehemmt, gleichgültig ob diese Fristen vor oder nach Kriegsausbruch zu laufen begonnen haben. Die gleiche Hem mung tritt bezüglich der Vorlegungsfristen für Zinsen- oder Divi-> dendenabschnitte und bezüglich der Vorlegung von Wertpapie-j ren ein, die auf Grund erfolgter Auslösung oder aus irgend-^ einem anderen Grunde auszahlbar sind. Diese Regelung war! deshalb notwendig, weil bei fast allen kriegführenden Mächten! ein Zahlungsverbot an seine Staatsangehörigen hinsichtlich der! Forderungen derfeindlichenStaatsangehörigen ergangen war. So bei uns zuerst ein Zahlungsverbot gegen England vom 30. Sep« ! tember 1914, das dann auf Frankreich (Verordnung Vom20. Ok-! tober 1914), Rußland (Verordnung vom 19. November 1914),! Ägypten und franz. Marokko (Verordnung vom 14. Oktober 1915), Portugal (Verordnung vom 14. Mai 1916), Rumänien, (Verordnung vom 28. August 1916), Italien (Verordnung vom! 7. Juni 1917), Vereinigte Staaten (Verordnung vom 9. August 1917) , Siam, Liberia und China (Verordnung vom 12. Sep-! tember 1917) und Brasilien (Verordnung vom 10. Januar! 1918) erstreckt worden ist. Ohne die Bestimmung des Art. 300-» würden mithin, da auch eine Geltendmachung der Forderungen ! durch den Gläubiger unmöglich war, die Forderungen größten-! teils verjährt sein. .! Diese genannten Fristen sollten nach Art. 300 a frühestens drei Monate nach Inkrafttreten des Friedensvertrags erneut bc-' ginnen zu laufen, sodatz es mithin den einzelnen Signatar-! Mächte» freistand, den Beginn dieser Fristen auf einen späteren ^ Zeitpunkt zu verlegen. Für Handelspapicre (der französische Text sagt skksts cke commerce, der englische Iiegotiavle iastrameMs) ! soll die dreimonatige Frist erst mit dem Tage beginnen, an dem die Ausnahmevorschriften, die in den Gebieten der betreffenden Mächte bezüglich dieser Handelspapiere erlassen worden sind, außer Kraft getreten sind (Art. 300 s). Der Begriff der Han delspapiere ist dem deutschen Rechte fremd. Das englische Recht versteht hierunter Order- und Jnhaberpapiere, das französische Recht indossable Papiere (vgl. Jsay, Die privaten Rechte und Interessen im Friedensvertrage S. 128 und die dort angeführte Literatur). Nach deutschem Recht fallen also, da die Rechlsauf- fassung der Ententcslaaten für die Auslegung des Friedensver- lrugs maßgebend ist, unter den Begriff der Handelspapiere kaufmännische Anweisungen und Verpflichtungsscheine, Kon nossement«, Ladescheine, Lagerscheine, Transportversicherungs schein«, Wechsel und Schecks (so auch Wolfs in Jur. Wochenschrift 1919, S. 868). Ein« solche Ausnahmevorschrift bezüglich dieser »Handelspapiere- ist in Deutschland, wo ja auch der Handel mit dem Feinde nicht verboten war, sondern lediglich ein Zah lungsverbot "gegen den Feind bestand, nicht erlassen worden, sodaß für das Deutsche Reich die Befugnis bestand, den Beginn des Laufens der Frist der Art. 300 » und 300 s gleichmäßig fcstzusetzen. Die Hemmrzng bedeutet, daß der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt wird, in die Verjährungsfrist nicht ein gerechnet wird. Ist also »ach deutschem Rechte die betreffende Frist bereits vor dem Zeitpunkte abgelaufen, an dem die betref fenden Staaten Feinde geworden sind, so kommt ein Neuablauf nach dem 10. Januar 1920 nicht mehr in Frage. Als Feind in diesem Sinne gilt aber nicht ohne weiteres die Macht, die an das Deutsche Reich den Krieg erklärt oder sich an den Feind seligkeiten beteiligt hat, sondern lediglich dann, wenn der Handel zwischen ihr und Deutschland kraft Gesetzen oder Verordnungen, denen eine Partei unterworfen war, verboten worden ist, und zwar von dem Inkrafttreten dieses Verbotes an. Da, wie be reits in anderem Zusammenhangs erwähnt, ein Handelsverbot vom Deutschen Reiche nicht erlassen worden ist, hängt also die Frage, ob die Ententemacht im Sinne der Art. 300 » und g Feind gewesen ist, davon ab, ob dieser Staat ein solches Handels verbot gegen Deutschland erlassen hat. Solche Handelsverbote sind nun erlassen worden von Eng land (Proklamation vom 5. August und 9. September 1914), Frankreich (Dekret vom 27. September 1914), Vereinigten Staa ten von Amerika (Gesetz vom 6. Oktober 1917), Japan (Gesetz vom 15. Mai 1919). Hinsichtlich nur dieser Staaten kommen also die Fristen der Art. 300 a und 300 g in Frage. Die deutsche Übersetzung des Friedensvertrags spricht lm Art. 300 » von »Verjährungs-, Ausschluß- und Verfallfristen-. Die deutsche Rechtswissenschaft kennt nur Verjährungs. und Aus schlußfristen (Verfallfrist kann jede dieser beiden Fristen sein), und zwar versteht sic unter einer Ausschlußsrist einen von Amts wegen zu berücksichtigenden das betreffende Recht zerstörenden Zeitablauf, während trotz der Verjährung der betreffende An spruch bestehen bleibt, der Ablauf des Zeitraums für den Ver pflichteten lediglich eine Einrede erzeugt, die nur bei Geltend machung berücksichtigt wird. Eine ausführliche Darstellung der deutschen Verjährungsfristen <§H 196 ff. BGB.) kann hier un terbleiben. Wichtig ist, daß in der kurzen Verjährungsfrist von zwei Jahren die Ansprüche der Kaufleule aus Lieferung von Waren oder Arbeitsverrichtungen, es sei denn, daß die Lieferung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgte, verjähren. Der selben Verjährungsfrist unterliegen u. a. Mietzinsforderungen und Forderungen der gewerblichen Arbeiter. Die 4jährige Ver- jährung greift Platz bei Ansprüchen auf rückständige Zinsen und Renten sowie Unterhaltungsbeiträge und sonstige regelmäßig wicderkchrcnde Leistungen, während die allgemeine Verjährung 30 Jahre beträgt. Die Dividendenansprllche unterliegen nicht der vierjährigen Verjährung, da sie keine regelmäßig wieder- kehrenden Leistungen sind. Für diese besteht vielmehr nach §80l BGB. eine Vorlegungsfrist von vier Jahren, beginnend mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die Leistung fällig geworden ist, und nach erfolgter Vorlegung des Dividendenscheins läuft eine Verjährungsfrist von zwei Jahren. Der Anspruch aus einem Wechsel gegen den Akzeptanten ver jährt in drei Jahren vom Verfalltage an gerechnet (Art. 77