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^ 84, 12. April 1SI2. Nichtamtlicher Teil. vörlmblaU I. d. Dtjchn. Buch,and-l. 4 5 4 s Dasein in gleicher Realität geschildert. Der belgische Roman soll den französischen an literarischem Wert und Stil über ragen. Aus der Presse erfahren wir, daß König Albert sich mit einer Gabe von 1000 Frcs. an der Subskription für ein Denkmal beteiligt hat, das Max Waller, dem früh gestorbenen Führer der neueren belgischen Literaturbewegung, gewidmet werden soll. Das diese Zeichnung begleitende Kabinett- schreiben nannte Waller ». ... die Seele der Renaissance der belgischen Literatur und der so viel zum Ruhme seines Landes beigetragen hat». Dieser »bs»n gssto» des Königs wird mit um so größerer Freude begrüßt, als Kunst und Literatur vom alten König Leopold bekanntlicherweise sehr stiefmütterlich behandelt worden sind, während sein Nachfolger den Wissenschaften, der Kunst und speziell der nationalen Literatur ein großes Interesse entgegenbringt und cs bereits durch zahlreiche Handlungen bewiesen hat. Brüssel. Jos. Thron. Einführung der Bücher in den Unterrichtsgebrauch. Aus der Unterrichtskommission des preuß. Abgeordnetenhauses. Auf Veranlassung des Vorstandes des Deutschen Verleger vereins und mit frdl. Erlaubnis der Firma Oskar Eulitz' Verlag. Lissa i/P., geben wir nachstehend die Verhandlungen der Unter richtskommission des preußischen Abgeordnetenhauses über die Eingabe des Deutschen Verlegervereins betr. Einführung der Bücher in den Unterrichtsgebrauch (vgl. Bbl. 1912, Nr. 7) nach dem Bericht der Posener Lehrerzeitung 1012, Nr. 11 wieder: Die Unterrichtskommission verhandelte in ihrer dritten Sitzung vom 7. März 1912 u. a. auch über die Petition des Vorstandes des Deutschen Verlegervereins in Leipzig: »Das hohe Ministerium der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten wolle dafür Sorge tragen, daß der Reichtum an guten Lehrmitteln, dessen sich Deutschland wie kein anderes Land der Welt erfreut, nicht einem übertriebenen Streben nach Uniformierung geopfertwerde«. Veranlassung zu dieser Bitte hatte ein Ministerial- erlaß vom 13. Februar 1911 »die Einführung der Bücher in den Unterrichtsgebrauch der Lehrerbildungsanstalten« gegeben, in dem verlangt wird, daß in jeder Provinz möglichst einheitliche Lehr- bücher, die im Deutschen, in der Naturkunde usw. die Heimat- künde berücksichtigen, gebraucht werden sollen. Der Vorstand hält die neuen Grundsätze, die voraussichtlich auch für Volks schulen, Gymnasien usw. Anwendung finden würden, für keine Verbesserung, »weil sie unfehlbar zur Ausschaltung des freien Wettbewerbes, zum Schulbücher-Monopol und damit zu einer Verknöcherung dieses wichtigen Bildungsmittels führen müssen«. Er erinnert an die schlechten Erfahrungen, die man in Österreich mit dem Staatsmonopol für Volksschulbücher gemacht habe, und weist darauf hin, daß die Pädagogen mehr noch als der Buchhandel gegen das Monopol angekämpft haben. Ein Artikel der »Freien Pädagogischen Blätter« (1891 Nr. 29) habe die Bedenken gegen jede Monopolisierung der Schulbücher in den Worten zusammengefaßt: »Für den Lehrerstand bedeutet dies die Unterbindung einer Hauptader geistigen Lebens und für die Jugend eine unberechenbare Verkürzung an geistiger Nahrung«. Einer der größten Schulmänner Österreichs, Dittes, habe am 23. Februar 1877 eine Rede im österreichischen Abgeordnetenhause gegen das Schulbücher-Monopol mit den Worten geschlossen: »Ich bin der festen Überzeugung, daß derjenige österreichische Minister, der nicht- weiter leisten würde, als dieses Institut zu beseitigen, sich für alle Zeit einen ehrenvollen Namen gesichert haben würde«. — Die Petenten erinnern ferner daran, daß der preußische Kultus minister Graf Zedlitz 1892 in Beantwortung einer Interpellation, die Verstaatlichung der Lesebücher betreffend, gesagt habe: »Ein solcher Unsinn ist mir noch niemals in den Sinn ge kommen«. Wenn aber nun auch das gegenwärtige Ministerium derselben Ansicht sei, so sei doch das Entstehen einer Anzahl von ganzen oder halben Privatmonopolen eine ebenso große Börsenblatt für den Dentschen Buchhandel. 79. Jahrgang. Schädigung wie das Staatsmonopol. Und die Gefahr solcher Privatmonopole scheine durch die erwähnten Erlasse in große Nähe gerückt zu sein. Die Ministerialbestimmungen wirkten schon jetzt lähmend auf den freien Wettbewerb. Die Klagen der um ziehenden Eltern, die gewöhnlich als Grund für die Vereinheit lichung der Bücher angeführt würden, seien übertrieben. Der Berichterstatter (k.) hielt die Befürchtungen der Buch händler für stark übertrieben. Er war mit dem Vorgehen der Unterrichtsverwaltung ganz einverstanden und stellte deshalb den Antrag, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Der Regierungsvertreter erklärte, daß die Rücksicht auf die Eltern und die Kostenersparnis die Unterrichtsverwaltung veranlaßten, große Bezirke für die Lese- und Lehrbücher zu bilden. Das österreichische Monopol habe es ermöglicht, den armen Schulkindern umsonst Bücher zu liefern. Auch bei uns lieferten die großen Firmen 10 Prozent Bücher umsonst fürdie Armen. Ein heimatliches Gepräge der Lesebücher sei besonders für die Volksschule notwendig, die Kinder müßten die Umwelt kennen lernen und dadurch bodenständig werden. Die Präparanden würden möglichst den nächsten Seminaren überwiesen, wenn auch nicht ausschließlich. Es sei doch gestattet, in jeder Provinz andere Lese- und Lehrbücher zu gebrauchen, das ergäbe schon zwölf ver schiedene Lehrbücher. Speziell bei Lesebüchern seien noch jetzt ca. 20 Verleger beteiligt, das genügt. Auch Umarbeitungen der Bücher seien gestattet, wenn diese aber so erheblich seien, daß der Gebrauch der neuen Auflage neben der alten unmöglich sei, dann müsse aufs neue eine behördliche Prüfung und Einführungs genehmigung eintreten. Die Einführung und Prüfung einzelner Teile könne nicht gestattet werden. An ein Monopol werde nicht gedacht. Ein Volksparteiler führte aus, daß zwar die Erklärung des Regierungsvertreters, daß an eine Monopolisierung nicht gedacht werde, mit aufrichtigem Danke zu begrüßen sei, daß aber trotzdem die Befürchtungen der Petenten nicht grundlos seien. Tatsächlich hätten wir in großen Gebieten unseres Vaterlandes schon das Privatmonopol, namentlich bei Volksschullesebüchern. So werde z. B. in den Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Schlesien und in einem großen Teile Brandenburgs nur noch das Hirtsche Lesebuch begünstigt, alle andern seien fast gänzlich ver drängt. Es werde behauptet, daß an dem Hirtschen Lesebuche vorwiegend Schulräte und Seminarlehrer beteiligt seien. Das widerspräche doch sehr einem Erlaß des Kultusministers Falk vom 24. Dezember 1873 — U 48, 749 — an die Oberpräsidenten, in dem es wörtlich heißt: . . . »Namentlich muß diese (amtliche) Empfehlung dann begründeten Anstoß geben, wenn sie von einer Behörde ausgeht, welcher derVerfasser des inRedestehenden Buches als Mitglied angehört oder mit welcher er in näherer amtlicher Be ziehung steht. Ew. usw. ersuche ich daher ergebenst, die Königlichen Unterrichtsbehörden der dortigen Provinz gefälligst zur Beachtung dieser Andeutungen für die Zukunft aufzufordern.« Dieser Erlaß sei nicht aufgehoben, werde aber nicht mehr beachtet. — Eine Kostenersparnis sei auch nicht eingetreten. Von dem Hirtschen Lesebuche existierten verschiedene Ausgaben: für ein- klassige, zweiklassige, mehrklassige Schulen usw. Wenn nun z. B. ein Kind aus einem Dorfe mit einer einklassigen Schule nach dem nächsten Dorfe mit einer zweiklassigen Schule verziehe, dann müßte ein neues Lesebuch gekauft werden. — Viel bedenk licher noch als die Erdrosselung kleinerer Verlagsfirmen sei die Monopolisierung in bezug auf die geistige Kost der aufwachsenden Generation. Die Gefahr, daß bei dem Monopol die geistige Kost einfach von oben her vorgeschrieben werde, sei außerordentlich groß. Das Petitum des Vorstandes des Deutschen Verleger vereins halte sich in sehr mäßigen Grenzen und verdiene deshalb Berücksichtigung. Ein Zentrumsmitglied hielt eine gewisse »Monopoli sierung« und die Mitarbeit von Provinzialschulräten an Lese- büchern für notwendig. Ein Nationalliberaler begrüßte die Erklärung, daß die Unterrichtsverwaltung keine Uniformierung plane. Ein zu gros-e- Vielerlei sei gewiß nicht gut, aber andererseits hätten wir doch aus diesem jetzigen, freiheitlichen Zustande große Vorteile gehabt. Das Prinzip der heimatkundlichen Färbung der Lesebücher nach Provinzen lasse sich nicht in allen Provinzen durchführen. Die Beteiligung von Schulaufsichtsbeamten an der Abfassung von 593