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Börsenblatt s. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 5875 Nichtamtlicher Teil Verein der Oesterreichisch-Nngarischen Buchhändler. Auszug aus dem Protokoll der Hauptversammlung in Wien am 6. Juli 1901, 10 Uhr vormittags. (Nach der Ocstcrrcichisch-ungarischen Buchhändler-Corrcspondcnz.) (Schluß aus Börsenblatt Nr. 162.) Zu dem mit Beifall aufgcnommenen Bericht des Vor sitzenden ergreift Herr vr. Breiten stein das Wort. Er spricht seine Freude aus über den bemerkenswerten Auf schwung, den der Verein in der letzten Zeit unter der tüch tigen Leitung seines Vorsitzenden genommen, und hofft, daß dieser unermüdlich weiterschreiten werde zum Wohle nicht nur des Vereines, sondern des österreichischen Buchhandels überhaupt. Es sei sehr zu bedauern, daß der österreichische, insbesondere deutsch-österreichische Buchhandel lange nicht jene Stelle einnehme, die er verdiene, und so traurig es auch sei, so müsse es doch öffentlich gesagt werden, daß er nicht die Förderung seitens der intelligenten Kreise der Bevölkerung und insbesondere der Behörde finde, auf die er mit Recht Anspruch haben könne. Er erinnert au die Worte des Vor sitzenden über die Enquete, betreffend die Rechtschreibung, und meint, daß dies ein typischer Fall sei, wie wenig man an den Buchhandel denke. Der Grund hierfür liege ins besondere darin, daß kein Vertreter des deutsch-österreichischen Buchhandels in den öffentlichen Körperschaften Sitz und Stimme habe. Er verweist auf eine» vor kurzem in der uiederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer vor gekommenen, geradezu unglaublichen Fall, in dem die Kammer mit einer ganz eigentümlichen, von wenig Fach- kenutnis zeigenden Begründung einen Rekurs gegen die Verweigerung der Entschädigung bei Pflichtexemplaren nicht unterstützt habe. Er wünscht, daß der Verein mehr aus seiner Reserve hervortrete und sich öfter und eindringlicher an die Oeffentlichkeit wenden möge. Es sei beneidenswert, wie der czechische, polnische und ungarische Buchhandel von den interessierten Kreisen unterstützt werde, während für den deutschen Buchhandel in Oesterreich so wenig geschehe. Ein Beweis hierfür sei auch, daß die Bibliographie nicht sub ventioniert worden sei. Die Regierung hätte eigentlich die Pflicht, die in Oesterreich erscheinenden Publikationen nachzuweisen, und sollte cs mit Freude begrüßen, daß ein privates Unternehmen ihr diese Mühe erspare, müßte aber eben deshalb dieses Unternehmen auch materiell unterstützen. Er wolle keinen bestimmten Wunsch in dieser Richtung aus sprechen, aber er hätte es als eine unstatthafte Unterlassung angesehen, wenn dies nicht bei Gelegenheit der Hauptver sammlung besprochen worden wäre. Ein Grund, weshalb der österreichische Buchhandel nicht so nach außen trete, wie er sollte, liege auch in dem Umstand, daß er nicht wie in Leipzig ein gemeinsames Heim habe, ein Haus besitze, wie das Buchhändlcrhaus in Leipzig und das in Berlin. Auch hierüber wolle er sich nicht weiter ausbrciteu, es genüge ihm, die Thatsache festgestellt und au diese die Anregung geknüpft zu haben, daß mau die Errichtung eines gemeinsamen Heimes der österreichischen Buchhändler in Wien ins Auge fassen möge. Der Vorsitzende antwortet sofort und führt aus, daß in den Worten des Vorredners sehr viel Wahres enthalten sei. Er habe allerdings die Ueberzeugung, die er bereits in seinem Bericht habe durchblickeu lassen, daß die Thatsache, daß kein Vertreter der Buchhändler bei der Enquete, be treffend die Rechtschreibung, anwesend war, und zu der er persönlich und die Korporation in einem energischen Schreiben an das Unterrichtsministerium Stellung genommen habe, ganz und gar nicht auf eine beleidigende Absicht zurück zuführen sei. Freilich schon die Thatsache sei lebhaft zu be dauern. Hinsichtlich der Vertretung des Buchhandels in den öffentlichen Körperschaften verweist er darauf, daß in den Handels- und Gewerbekammern der übrigen Krvnläuder Buchhändler nicht nur vertreten seien, sondern zum Teil auch hervorragende Stellungen in denselben einnähmen. Nur in der uiederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer sei dies nicht der Fall, und der Verein habe die Korporation der Wiener Buchhändler in ihrem Bestreben, hierin Wandel zu schaffen, auf das energischste unterstützt. Was die An regung zur Errichtung eines Buchhändlerhauses in Wien betreffe, so müsse er leider gestehen, daß er dieser Idee, so glücklich er über die Verwirklichung derselben wäre, sehr- skeptisch gegenüberstehe. Der Reichsverband österreichischer Buchdruckereibesitzer beschäftige sich schon seit längerer Zeit mit derselben und dessen Präsident habe sich auch mit ihm bereits ins Einvernehmen gesetzt. Er sehe aber, daß Herr- Fel ler sich eben zum Worte gemeldet habe und möchte ihm, der schon längere Zeit diese Idee propagiere, vorerst Gelegen heit geben, über den Gegenstand zu sprechen. Herr Fel ler knüpft hieran an, bittet aber, den Gegen stand, über den er, ohne von der Anregung des Herrn v>-. Breitenstein eine Ahnung gehabt zu haben, ohnehin sprechen wollte, erst nach Absolvierung der Tagesordnung behandeln zu dürfen. Hierauf erstattet Herr Adolf Robitschek als Kassierer- Stellvertreter in Abwesenheit des krankheitshalber am Er scheinen verhinderten Herrn Carl Konegen den Kassa- bericht, von dessen Verlesung mit Rücksicht auf den Umstand, daß sich der Bericht gedruckt in den Händen der Anwesenden befindet, abgesehen wird. Herr Robitschek verliest hierbei einen Brief des Herrn Carl Konegen, dem das Nachfolgende entnommen sei: Das Gesamtbild zeigt, daß die finanziellen Verhältnisse des Vereines im abgclaufenen Jahre gut genannt werden dürfen; man ist ausgckommen, trotzdem große Auslagen, die nicht vorher- gesehcn werden konnten, erwachsen sind. Ich denke dabei an die Herstellung der Broschüre Junkers über die Berner Konvention und an den Ausfall der Einnahmen und die Erhöhung der Aus gaben für die Bibliographie. Dank der Junkerschcn Broschüre wurde eine wirksame Agita tion eingcleitet behufs Anschluß unserer Monarchie an die Berner Konvention, und hat ihr Resultat gefunden in dem entsprechenden Beschluß des Verlegerkongresses in Leipzig nach dem Referat und Antrag unseres Kollegen Herrn Franz Deuticke. Die Ausgabe war also nicht fruchtlos. Die Bibliographie in ihrer jetzigen Gestaltung verursacht be deutende Kosten, wird aber als eine ganz besonders nützliche Ein richtung von den verschiedensten Kreisen anerkannt. Der Vor stand gab sich der Hoffnung hin, eine staatliche Subvention dazu bewilligt zu erhalten, leider bis nun vergeblich. Indes darf inan deshalb noch nicht glauben, daß sich die Verhältnisse nicht ändern werden. Es wird in unserer Bibliographie schon heute ein wesent liches Mittel erkannt, um unsere Büchcrprvduktion in Evidenz zu halten, und es bedarf ivohl nur kurzer Zeit, um dafür dann auch eine Entschädigung fordern zu dürfen. Nachdem ein Beschluß auf Abänderung nicht vorliegt, habe ich den entsprechenden Betrag anch pro 1901 in den Voranschlag eingestellt, welch letzterer sich in der bisher üblichen Art zusammenstellen ließ. Der erfreuliche Aufschwung der Jnseraten-Einnahmen hat die Mehrausgaben bei den einzelnen Posten gestattet. Ich bitte deshalb, den Kassabericht gefälligst genehmigen zu wollen. Herr Paul Trömel berichtet namens der Vertrauens männer über die vorgenommene Revision der Bücher und beantragt, dem Kassierer das Absolutorium zu erteilen und ihm für seine Mühewaltung zu danken. 772'