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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Oh« Der Pulsnitzer Anzeiger ist Vas zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Landrates zu Kamenz, der Bürg^M« -u Pulsnitz und Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Pulsnitz, sowie des FU«- amtes zu Kamenz Die,, Zeitung erschein, tüglich mil Ausnahme de, gesetzlichen Sonn, und Feiertage. Bezugspreis: Bei Abholung 14 tägig h Haus 1.10 RM. etnschl.12 bez. l5Pf Trägerlohn. Postbezug monatl. 2.SV RM. Die Behinderung der Lieferung rechtfertigt keinen Anspruch aus Rückzahlung des Bezugspreises. ZeitungaauSgabe für Abholer täglich L-b Ubr nachmittags. Prei^ und Nachlaßsätzc bei Wiederholungen nach Preisliste R , Für das Erscheinen von Anzeigen iu bestimmten Nummern und an bestimmten Plätze« k-i» ««währ. Anzeige« sind an de« ^^"»gStagen 10 Uhr aufzugeb«,. - Verlag: M-Hr » Hoffmann. Druck- Mohr. Hauptfchrtftletter: Walter Mohr, PulSnttz; Stellv.. Wa^r Hoffm««.^»^ Verantwortlich für de« Hetmatteil, Sport «. Auzetgen satter Soff»aa«,P«W«tkE Politik, Bilderdteuft und de« übrige« Dell Walter Mohr, PulSnttz. — D.A. - Geschäftsstelle: Nnr Adolf. Hitler - Strutz. S - F«««f — 272 Mittwoch, den 22. November 1939 91. Jahrgang Ausdelkung des Münchener Attentats Der Attentäter verhaftet — Aufklärung der Hintermänner des Verbrechers Der Reichsführer und Chef der deutschen Polizei gibt bekannt: Sofort nach dem ruchlosen Anschlag im Bürgerbräu- kcller am 8. November 1939 wurden Maßnahmen getros- len, die zur Aufklärung des Verbrechens geeignet erschie nen und die Festnahme des Täter oder der Täter ermög lichen konnten. Im Zuge dieser Fahndungsmaßnahmen fand eine augenblickliche Sperrung aller deutschen Gren zen in Verbindung mit einer verschärften Grenzkontrolle statt. Unter den noch in dieser Nacht Verhafteten befand fich ein Mann, der versuchte, auf illegalem Wege über die deutsche Grenze in die Schweiz zu gelangen. Es handelte sich dabei um den 36 Jahre alten Georg Elser, zuletzt wohnhaft in München. Die in zwischen getroffenen Feststellungen der von der Sicher heitspolizei nach München entsandten Sonderkommission ergaben zahlreiche Hinweise auf die Vorbereitung und Ausführung der Tat. Als Täter schien eine Person in Frage zu komme«, von der bereits am 12. November eine genaue Beschreibung veröffentlicht werden konnte. Weitere Feststellungen verstärkten den Verdacht, daß Georg Elser zumindest in irgendeiner Beziehung zu dem Attentat stehen mußte. Unter der Last des von der Sonder- kommission sowohl am Tatort als auch in seinen inzwi schen ermittelten Zufluchtsstätten sichergestellten Beweis materials und nach mehreren Gegenüberstellungen legte Elser nach erst hartnäckigem Leugnen am 14. November rin volles Geständnis ab. In einer in der Kriminalgeschichte einzig daste henden Weise hatte er in wochenlänger Kleinarbeit in eine der Tragsäulen des Bürgerbräulellers eine Zettzündeladung eingebaut, deren Uhrzeit auf sechs Tage oder 144 Stunden eingestellt war. Die Planung des Verbreechns geht auf den September bzw. Oktober 1938 zurück. Im August 1939 fand der Ein bau der Sprengkammer statt. Die Sprengladung brachte er am siebenten Tage vor der Kundgebung im Bürger bräukeller an. Sechs Tage vorher versuchte Elser zum erstenmal, die unterdes eingestellte Zündmaschine in die Sprengkammer zu bringen. Dies mißlang. Auch die fünfte Nacht vorher war ihm ungünstig und führte wieder zur Ausgabe des Unternehmens. Die Nacht vom vierten zum dritten Tag vor dem 8. November gab aber Elser die Ge legenheit, seine Zündmafchine in die vorberei tete Sprengkammer einzubauen. Der Täter fuhr daraufhin sofort ab, um sich über Stuttgart zu den in der Schweiz bereits auf ihn wartenden Auftraggebern zu be geben. Aus bestimmten Gründen fuhr Elser am Nachmit tag des 7. November noch einmal nach München zurück. Es gelang ihm, in der Nacht vom 7. zum 8. November neuerdings in den Bürgerbräukcller einzudringen, um sich noch einmal durch persönliches Horchen von dem Ticken des Uhrwerks zu überzeugen. Der Verbrecher hatte hier nicht vergessen, für eine Abdämpfung des Ge räusches zu sorgen. Er wiederholte diese Probe in der Nacht vom 7. auf den 8. Novxmber einige Male. Am 8. November morgens frühstücktt der Verbrecher dann in einer Münchner Wirtschaft in der Nähe des Jsartores im Tal und begab sich daraufhin mit der Bahn über Ulm an die Grenze. In der Nacht vom 8. auf 9. November versuchte er nun, in der Nähe von Konstanz die Grenze nach der Schweiz hin zu überschreite». Die unterdes cin- getretcnc allgemeine Alarmierung machte ihm dies jedoch unmöglich und führt zu seiner Verhaft» » g. MlraWbn dezw. Grldgeder siir das Werachmta war der britische IMi-ricc Service Organisator des Verbrechens ist Otto Strasser. Die Ermittlungen nach seinen Auftraggebern und Komplizen hatten bisher Veröffentlichungen noch nicht angezeigt erscheinen lassen. Nunmehr aber ist jedenfalls ein Teil der mit dem Verbrechen im Zusammenhang ste henden Subjekte bereits verhaftet. Zur weiteren Aufklärung werden an die Oeffentlich- lctt folgende Fragen gerichtet: 1. Wer kennt noch Elser? 2. Wer kann noch Angaben machen über seinen Um- ga«g? 3. Wer kann noch Hinweise geben, mit wem Elser verkehrte? 4. Wo ist E. in den letzten Jahren au,ge taucht? 5. Wo oder bei wem hat er Einkäufe getätigt oder Bestellungen aufgegeben? . „ „ 6 Wer weiß noch, daß fich E. m,t Erfindnngcn, tech nischen Zeichnungen. Konstruktionen, Bauplänen usw. be- sE"atc? 7. Wer hat bei anderen Personen Zeichnungen oder Pläne des Bürgerbräulellers gesehen? 8 Wer hat E. in Lokalen, auf Bahnhöfen, in Zügen, Autobussen usw allein oder mit anderen gesehen? 9. Wer hat E. noch im Ausland gesehen? Wann, wo und mit wem? Wie der Attentäter gefakt wurde Das Münchner Attentat daö gemeinste aller Verbrechen Zu der Aufdeckung der Münchner Attenlals erfähn der «Deutsche Dienst" noch folgende Einzelheiten: Sofort nach der furchtbaren Untat am Abend des 8. No vember Münchner Bürgerbräukeller traten durch Befehle des Reichsführers sämtliche Teile der deutschen Polizei mit höchster Alarmstufe in Tätigkeit. Es begann in der Stunde des Verbrechens bereits von außen nach innen gleichsam schon eine Einkreisung des Täters Sämtliche Grenzübergänge wurden gesperrt, ossenc Grenz- abickmitte besonders lckarf überwacht, keiner auch nur iraend- wie verdächtig scheinenden Person wurde der Grenzübcrtritt gestattet, ehe nicht die besondere Genehmigung des Chefs der Sicherheitspolizei «Reichssicherheitsamt) dazu vorlag. In einem äußerst knappen Zeitraum waren damit also die Türen, die aus dem Reich führen konnten, hermetisch ab gedich tet und verschlossen. Gleichzeitig begab sich eine kriminalpolizeiliche Spezial- kommisston (Tatortskvmmission), besondere Fachleute und Spezialisten der Sicherheitspolizei nach München, wo eben falls sofort nach dem Abtransport der Toten uno Verwunde ten der eigentliche Tatort völlig abgeriegelt wurde. Es begann dann hier noch in den Nachtstunden zum 9. November eine be sonders mühevolle Arbeit; der ganze Sprengschutt wurde sorg fältig gesichtet und systematisch durchgesiebt und geordnet. Nach tage- und nächtelangem methodischem Suchen unter genaue ster Druckberechnung und Beachtung der Eigenart dieser ent setzlichen Sprengung kam die Sicherheitspolizei in den Besitz einzelner, teils geringfügig scheinender Splitter, Schräubchen und Federteile, die zur ersten Rekonstruktion des objektiven Tatbestandes die notwendige Voraussetzung waren. Es konnte nunmehr ein erstes klares Bild gewonnen werden über das Uhrwerk, das die Explosion anslöste, über die Art des Spreng stoffes und den ungefähren Umfang des zu diesem Verbrechen benötigten Sprengmaterials sowie über den mutmaßliche» An bringungsort der Höllenmaschine sowie deren eigentliche Bau art. Vorgefundene Teile eines Spezialurwerkes machten wich tige Schlüsse auf deren Herstellerfirmen möglich und gaben .damit ganz besonders wertvolle Fingerzeige für die Fahndung nach dem Täter. Auf dieser Unterlage der Tatorlkommission baute dann ore Laierrommlssion oer Ercyeryeltspotlzet — aus Beamten der Geheimen Staatspolizei zusammengeietzt — ihre weitere Arbeit auf, und unter diesen gewonnenen Ge sichtspunkten konnten nun die tausend und aber tausend An gaben aus dem ganzen deutschen Volk durchgekämmt und ab gesondert werden. Der Kreis uni den Verbrecher wurde enger und enger da man ja nun in der Lage war, das Wesent liche vom Unwesentlichen, das Zugehörige vom Nicht zugehörigen, zu trennen. Alle Arbeit konnte sich darum in erster Linie auf den mutmaßlichen Täterlreis kon zentrieren, um so dann systematisch auf den Täter, de» Verbrecher selbst zu stoßen und dann die von ihm aus gehenden Verbindungslinien zu verfolge». In Richtung der ersten Untersuchungsergebnisse wurden aus Weisung des Reichssührers aus dem ganzen Reichs gebiet und von den Grenzen her alle nun zu dem enge ren Verdachtskreis gehörenden Personen zur Sonderkommission nach München überstellt, die wiederum nochmals nach vcn neuesten Befunden den Kreis nach einge hendsten Vernehmungen immer weiter einengte. Wer den Ausdruck „Kreuzpeilung" im Funk und in der Navigation beherrscht, der versteht am besten, Ivie klar und logisch zwingend die Ueberschneidung der Arbeitsergebnisse von Täter und Talortkommission im Kreise der verhafteten Ver dächtigen dann den wirklichen Täter bezeichnete. Die Vernehmung eines jeden Verbrechers bedingt Abta- slcu und Kenncnlernen seiner psychologischen Substanz; als sich der Verdachtskreis um Elser dann geschlossen hatte, als sämt liche persönlichen Bindungen, sein Lebensweg, seine Kreise, bis aus die Sekunde genau fcstzulcgen waren, konnte in wie der neuen, mehrfachen Vernehmungen und Gegenüberstellun gen die Ucberzeugung gewonnen werden, den wirklichen Täter in Händen zu haben. Unter der Last des Beweismaterialö und der inzwischen in seinen Zufluchtsstätten sichergestellten Einzelheiten konnte das Geständnis des Verbrechers nur noch das Untersuchungsergebnis bestätigen. Wir haben diesen Mann gesehen. Das ist der Mörder der Opfer jenes furchtbaren Planes, das ist oer Mann, der den Führer und mit ihm oie Führerschaft des Rei ches treffen wollte. Man muß sich daS alles immer wieder vor Augen halten, denn dieser Mann dort hat keine auffällige Ver- brccherphysiognomie. sondern intelligente Augen, leise, vorsich tig abwägende Ausdrücke, die Vernehmungen dehnen sich end los, jedes Wort überlegt er lange und genau, bis er Antwort gibt und wenn man ihn dabei beobachten kann, vergißt man im Augenblick, vor welchem satanischen Untier man steht, welche Schuld, welche grausige Last dieses Gewissen dort scheinbar so leicht zu tragen imstande ist. Die Kriminalgeschichte kennt keinen Parallclfall für dieses gemeinste und raffinierteste aller Verbrechen. Wie genau und systematisch dieser Verbrecher ge arbeitet hat. dafür spricht folgende Einzelheit, die sich im Lauf der Vernehmung ergab: Nach seinem eigenen Geständnis sollte Elser zur Klärung einiger Fragen an den Tatort in den Bürgerbräukeller nackt München gebracht werden. Elser erklärte diesen Weg für über- flüssig und fertigte zum Beweis dafür im Vernehmungsraum sreihändig aus dem Kops eine maßgerechte bis in die letzte Einzelheit gehende Tatortskizze an, die den gesamten technisch komplizierten Mordplan wort- und wahrheitsgetreu enthielt. Der Polizei war im Laufe der Fahndung ein Räatsel geblie ben. das der Verbrecher dann zu lösen imstande war. Warum hatte der Täter in Anbetracht der langen Laus- zeit der Uhr in seiner Höllenmaschine auf seinem Weg ins Ausland noch einmal lehrt gemacht? Die erste öffentliche Bekanntgabe der Absage der Feier stunde im Bürgerbräukcller sowie die spätere Umlegung deS Termins der Führerrede zum Abend des 8. November hatte den Täter bewogen, sich nochmals in die Nähe des Tatortes zu begeben. Die glückliche Fügung, die den Führer und da- mit uns alle vor einer entsetzlichen Katastrophe bewahrte, wurde dem Verbrecher zum Verhängnis. Er wurde gefaßt, ehe er sich im Ausland dem deutschen Zuarikk entrieken konnte.