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85. 13. April 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.ü.Dtschu. Buchhandel. zuerkennen. Vielleicht bietet sich aber ein Ausweg, in dem man für die sogenannten kleinen Rechte eine besondere Regelung an strebt. Die Reichsregierung sieht für die nächste Zeit den Vor schlägen der am Urheberrecht interessierten Verbände entgegen, um dann in gemeinschaftliche Beratungen über eine Revision des innerdeutschen Rechts einzutreten. Der Börsenverein, zu dessen traditioneller Aufgabe das Gebiet des Urheber- und Verlags rechts gehört, wird in Zusammenarbeit mit den ihm angeschlosse nen fachlichen Verbänden an dieser Revision teilnehmen. Dabei kann es sich nur darum handeln, im Wege der Weiterbildung berechtigten neuzeitlichen Forderungen Rechnung zu tragen; eine Revolutionierung des Urheberrechtsgesetzes lehnen wir ab. Leider haben alle Bemühungen, die Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken zum Abschluß eines Litcraturabkommcns zu bewegen, nichts gefruchtet. Rußland ist augenblicklich das Land, in welchem die Piraterie des Nachdrucks weitreichend gedeiht. Der dem deutschen Verlag und Exportbuchhandel entstehende Schaden ist erheblich. Es sollen jetzt wieder Aussichten bestehen, daß die schon cinigemale abgebrochenen Verhandlungen dem nächst in Moskau wieder ausgenommen werden. Die Gebühren für die Eintragung von Werken in das Register of Copyright sind mit Wirkung vom 1. Juli 1928 von ein auf zwei Dollar erhöht worden. Diese Maßnahme der amerikanischen Behörden veranlaßte uns, wegen der Um ständlichkeit des Verfahrens zur Erlangung des Schutzes gegen Nachdruck in den Vereinigten Staaten bei den beteiligten Stellen vorstellig zu werden und eine Vereinfachung anzuregen. Bei Büchern fällt die Gebührenerhöhung nicht sehr ins Ge wicht, sie ist aber erheblich bei Zeitschriften, da diese nach den Copyright-Bestimmungen nicht mit dem vollen Jahrgänge, son dern nur nummcrnwcise zum Schutz angcmeldct werden können. Unsere Vorschläge zielten insbesondere auf eine Vereinfachung der Bestimmungen für die Anmeldung neuer Auflagen. Ob sic Erfolg haben werden, ist noch ungewiß. Steuersragen. Das große Werk der Steuervcrcinheitlichung, über das schon so viele Worte geredet worden sind, ist im Berichtsjahr nur wenig vorwärts gekommen. Erst kürzlich sind die Rahmengesetzcnt- würfe für die Grund-, Gewerbe-, Gebäudeentschuldungssteucr sowie für die Vereinheitlichung des Verfahrens dem Reichstag zugegangcn, aber es hat nicht den Anschein, als ob mit einer raschen Annahme gerechnet werden kann. Den Kreisen der Wirtschaft ist gerade in der letzten Zeit immer klarer geworden, daß eine wesentliche Entlastung auf steuerlichem Gebiete durch dieses Gesetzeswerk nicht zu erwarten ist. Im Vordergründe des buchhändlerischen Steuerinteresses stand während des Berichtsjahres die Frage, inwieweit das Privileg des reinen Handels nach K 7 des Um satzsteuergesetzes auch auf den Buchhandel Anwendung finden kann. Wir haben uns energisch bemüht, unserem Stand punkte, wie er in dem Börsenblattaufsatz vom 27. März 1928 niedergclcgt worden ist, zur Geltung zu verhelfen, und zahlreiche Finanzämter Haben sich ihm angsschlossen. Das letzte Wort muß jedoch der Reichsfinanzhof sprechen, so daß die Frage im Augenblick noch nicht endgültig geklärt ist. Ebenfalls auf umsatzsteuerrechtlichem Gebiete bewegten sich unsere Bemühungen, die Umsatzsteuerfreiheit der Ausfuhr auch für den Kommijsionsplatz zu sichern. Leider ist es uns bisher noch nicht gelungen, eine Änderung der Aus- führungsbcstimmungen zum Umsatzsteuergesetz herbeizuführen; vielmehr mußten wir uns zunächst mit einem verhältnismäßig umständlichen Verfahren (grüne Ausfuhrbeschcinigungs be gnügen. Wir werden weiterhin bemüht sein, den Buchhandel von diesen lästigen Formalitäten zu befreien. Sehr eingehende Verhandlungen fanden wegen der Fest setzung der D u r ch s ch n i t t s r i ch t s ä tz e für die Zwecke der Einkommenbesteuerung statt. Mit allem Nachdruck haben wir an unserem Standpunkte festgehalten, daß der durch schnittliche Nettonntzen, gemessen am Umsatz, im Buchhandel S bis höchstens 105? beträgt und daß höchstens wenn daneben Han- 406 del mit nichtbuchhändlcrischen Artikeln getrieben wird, ein etwas höherer Prozentsatz gerechtfertigt sein kann. Es hat den An schein, als ob wir mit unserer Auffassung im allgemeinen durch- gcdrungen sind. Die vom Steuerausschuß des Börscnvereins ausgestellten BewertungsgrundsStze für die Lagerbewer tung haben mehr und mehr Anerkennung gefunden. Die uns schon lange beschäftigende Frage der Erfassung des Verlagswertes (Geschästswertcs, Firmenwertes, Good will) durch die Vermögenssteuer ist — wenigstens soweit der Rcichsfinanzhof in Frage kommt — noch immer nicht geklärt. Das Rcichsfinanzministerium scheint zwar unsere grundsätzliche Auffassung zu teilen, wonach der Jdealwert der laufenden Ber- mögensbesteuerung nicht unterworfen ist; aber letzten Endes gibt natürlich auch in dieser Frage der Reichsfinanzhof den Ausschlag. Berkehrsfragcn (Bahn, Post). Im Berichtsjahre ist wieder eine Erhöh ungderEisen- bahntarife cingctreten. Mit Rücksicht darauf, daß Buch und Zeitschrift als geistige Erzeugnisse eine Sonderbehandlung beanspruchen können, haben wir erneut die Aufnahme der Bü cher und Zeitschriften, überhaupt aller Gegenstände des Buch handels in eine Sondertarifklasse beantragt. Auch dieses Mal waren aber unsere Bemühungen erfolglos. Unsere Anregung wurde mit dem Hinweis abgelehnt, daß dem Buchhandel bei der Eisenbahnbeförderung jetzt schon erhebliche Vorteile gewährt werden, deren Erweiterung aus finanziellen Erwägungen nicht zulässig sei. Auch die Frage der Verpackung vonEisenbahn- st ü ck g ü t e r n ist erneut geprüft worden. Die Beratungen dar über sind noch nicht abgeschlossen. Mit der Änderung dieser Vor schriften wird beabsichtigt, die aus der mangelhaften Verpackung entstehenden Weiterungen zu beseitigen. Dem Buchhandel liegt sehr daran, die jetzige Art der Verpackung in Pappe beizubehal ten. Eine andere Verpackungsart, etwa in Gewebe, würde den Versand außerordentlich verteuern. Es kann mit Bestimmtheit angenommen werden, daß die bestehenden Vorschriften für den Buchhandel keine Änderung erfahren. Aus dem Geschäftsbericht der R e i ch s p o st über das Rech nungsjahr 1927 ergibt sich, daß der Drucksachenverkehr merklich zurückgegangcn ist. Diese Feststellung gab uns Veranlassung, beim Reichspöstministerium die Herabsetzung derDruck- sachcngebühren anzuregen. Der Rückgang in der Beför derung von Drucksachen bedeutet für die Post einen Gebühren ausfall. Zu hohe Versendungskosten wirken sich nachteilig auf die Werbetätigkeit von Handel und Industrie aus. Dieser Aus fall wiederum benachteiligt die Gesamtwirtschaft, insbesondere auch das graphische Gewerbe. Unsere Anregungen wurden vom Deutschen Industrie- und Handelstag unterstützt, hatten aber leider keinen Erfolg. Der Herr Reichspostminister vertritt in seiner Erwiderung die Auffassung, daß der tatsächlich erfolgte Rückgang im Druck- sachcnverkehr im Jahre 1927 gegenüber 1926 nicht auf die ein getretene Erhöhung der Drucksachengebühren zurückzuführen sei, sondern vielmehr darauf, daß mit Beginn des Jahres 1927 eine sehr rege Warennachfrage eingesetzt habe; eine intensive Werbung sei nicht mehr erforderlich gewesen und die Werbung durch Druck sachen sei automatisch zurückgegangen. Die Herabsetzung der Drucksachengebühren würde den Ausfall im Drucksachenverkehr nicht wettgcmacht haben, ohne diesen Ausgleich könne aber aus finanziellen Gründen eine Ermäßigung der Drucksachengebührcn nicht durchgeführt werden. Wir haben unsere von solcher Be weisführung abweichende Meinung dem Herrn Reichspostmini ster zur Kenntnis gebracht. Bereits vor Jahren hat die Rcichspost versucht, die Austragung der Briefpost an Sonn- und Feiertagen wenn nicht ganz zu beseitigen, so doch stark einzuschränken. Diese Absicht scheiterte da mals am Widerstand von Industrie, Handel und Gewerbe, die auf eine Sonntagsaustragung der Briefpost nicht verzichten können. Die Rcichspostverwaltung hat in letzter Zeit die Bestellung von