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«8 2. Die Einsetzung von Treuhändern empfiehlt sich in allen Fällen, in denen zu erwarten steht, daß Schwierigkeiten bei der Durch führung der Veräußerung entstehen. In diesen Fällen kann der Treuhänder schon nach der Aufforderung an den Juden (8 6) bestellt werden, ohne dast das Ergebnis der Aufforderung abzuwarten ist. In Fällen, deren umgehende Abwicklung durch den Treuhänder vorausgesehen werden kann, ist es angängig, einen Beamten als Treu händer zu bestellen. Auf 8 2 Abs. 3 wird ausdrücklich hingewiesen. 3. In denjenigen Fällen, in denen ein land wirtschaftliches Grundstück mit einem Ge werbebetrieb verbunden ist, ohne daß es sich bei dem Gewerbe um einen landwirtschaft lichen Nebenbetrieb handelt, hat die Ver wertung des landwirtschaftlichen Betriebes unabhängig von dem Gewerbebetrieb zu erfolgen. In den Fällen, in denen es sich um einen Betrieb handelt, der land- und forst wirtschaftliche Flächen umfaßt, ist für das Verfahren die höhere Forstbehörde dann federführend, wenn das Schwergewicht des Betriebes in der Forstwirtschaft ruht. Die obere Siedlungsbehörde ist federführend, wenn die landwirtschaftliche Seite des Be triebes das Übergewicht hat. In beiden Fäl len ist eine gegenseitige Beteiligung vor der Entscheidung notwendig. 4. Die Abfindung der Pächter regelt sich beim Erwerb für Siedlungszwecke nach den Be stimmungen des Siedlungsergänzungsgesetzes vom 4. Januar 1935. 5. Bei dem gesamten Verfahren ist unter Wahrung möglichster Beschleunigung die zu ständige LBsch. einzuschalten. 6. In den Fällen, in denen ein Grundstück in der Größe von 75 Im und darüber an eine Privatperson veräußert werden soll, ist vor her an mich zu berichten. 7. über den Stand der Verfahren ersuche ich jeweils zum 1. eines Monats, zum ersten mal zum 1. Februar 1939, bei denjenigen Betrieben zu berichten, die 75 Im übersteigen. 8. Soweit hier Unterlagen über den jüdischen Besitz im dortigen Bezirk vorhanden sind, sind diese Unterlagen in der Anlage bei gefügt." Im einzelnen bemerke ich zu dem Erlaß: I. Allgemeines Die Liquidation des jüdischen Grundbesitzes, der in einzelnen Landesteilen nicht unerheblichen Um fang erreicht hatte, ist im Rahmen der nationalsozia listischen Ordnung und Lenkung des Bodens, d. h. nach Landbedürftigkeit und Förderungswürdigkeit im agrarpolitischen Sinne durchzuführen. Zu be achten ist Ziff. 4 des nationalsozialistischen Agrar programms : „Der deutsche Boden darf keinen Gegenstand für Finanzspekulationen bilden und nicht arbeitslosem Einkommen des Besitzers dienen. Land erwerben kann künftig nur, wer es selbst bewirtschaften will." Damit verbietet sich die Berücksichtigung eines Be werbers, der den Besitz nur durch Verpachtung oder durch Administration nutzen will, II. Einzelheiten Zu Ziff. 1 Abs. I. In der Auflage „zu einem bestimmten Preise zu veräußern" kann auch eine Regelung der auf den Grundstücken ruhenden Lasten sowie die Verzinsung und Fälligkeit des Nestkaufgeldes vorgeschrieben werden. Zu Ziff. 1 Abs. II. Eine Wiederansetzung von Personen, die ihren Besitz für öffentliche Zwecke zur Verfügung gestellt haben, wird nur dann als zweckmäßig anzusehen sein, wenn der Erwerb den Grundsätzen der EVB. entspricht. Dies gilt vor allem dann, wenn Personen einen jüdischen landwirtschaftlichen Betrieb zur Be wirtschaftung durch Administration erwerben wollen, die bereits Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes oder nicht Landwirt im Hauptberuf sind. Es bedarf eingehender Prüfung, bevor eine förde- rungswürdige Pächterfamilie einem anderen Bewer ber weichen soll. Zu Ziff. 1 Abs. III. Die Anliegersiedlung als Mittel der Besitzberei nigung soll nicht nur zur Auffüllung landwirtschaft licher Kleinbetriebe auf Ackernahrungsgröße, sondern auch zur Stärkung schwacher Erbhöfe und zur Er haltung eines betriebswirtschaftlich gesunden Kultur artenverhältnisses dienen. Bevor Betrieben zuge pachtetes Land entzogen wird, ist zu prüfen, ob es vertretbar ist, daß das zugepachtete Land in das Eigentum des derzeitigen Bewirtschafters überführt wird. Die Bestimmungen über den Anliegersied- lungsschein bleiben unberührt. Zu Ziff. 1 Abs. IV. Der Siedlungsverwertungswert — ermittelt nach der tragbaren Rente — braucht den Einheitswert nicht zu erreichen. Die Höchstgrenze für den „ange messenen Verkehrswert" ist meines Erachtens der nach 8 5 Ziff. 5 der EVB. und der Preisstopverordnung zulässige Preis. Im übrigen weise ich auf die Bedeu tung des angemessenen Erwerbspreises, der auch im Hinblick auf notwendige Einrichtungen und Verbesse rungen dem Nutzungswert (vgl. Anordnung vom 11. 2. 1938, 16 454/38, DN. S. 108j entsprechen muß, besonders hin. Zu Ziff. 2. Ich habe keine Bedenken, wenn Bauernführer, Beamte und Angestellte des RNSt. zu Treuhändern bestellt werden.