Volltext Seite (XML)
Hohenlieiner Tageblatt Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Donnerstag, den 12. Oetober 1893 43. Jahrgang Oberlungwitz, den 3. October 1893. Die Wahlvorsteher. Oppermann, Gem.-Vorst. E. Wetzel, Gem.-Aelt. Bekanntmachung. Nachdem das Königliche Ministerium des Innern zur Vornahme der Wahl eines Abgeordneten für die zweite Kammer der Ständeversammlung in dem 38. Wahlkreise des platten Landes Die Aufstellung der Hausliften betr. Im Anschluß an unsere Bekanntmachung vom 4. d. M. geben wir nochmals bekannt, daß die Ausfüllung der Hauslisten nach dem Stande am 12. October e. zu erfolgen hat. Es sind daher alle steuerpflichtige Personen in die Listen auizunehmen, welche am 12. Oktober im Hause wohnen. Dagegen sind solche Personen wegzulassen, welche vor diesem Tage ausgezogen, oder erst nach demselben eingezogen sind. Diese Listen sind binnen 10 Tagen nach Empfang derselben, jedoch nicht vor dem 12. October c., bei dec Stadtsteuereinnahme — Stadtkassen local — wieder einzureichen und zwar durch deu Hausbesitzer selbst oder durch solche Personen, welche über etwaige Fragen in Bezug auf die Angaben in der Liste genügende Auskunft zu ertheilen vermögen. An die gewissenhafte Einhaltung der vorerwähnten Einreichungsfrist wird hierdurch noch ganz besonders erinnert, da nach Anordnung des Königlichen Finanzministeriums jede Säumniß ohne Nachsicht zu bestrafen ist. Im Uebrigen verweisen wir noch darauf, daß die Ausfüllung der Hauslisten von den Haushaltungsvorständen selbst zu erfolgen hat, da der betr. Hausbesitzer für die Steuerbeträge, welche durch von ihm verschuldete unrichtige oder unvollständige Angaben in den Hauslisten dem Staate entgehen, haftet. Hohenstein, am 9. Octobcr 1893. Der Stadtrat h. vr. Backofen. G I. Wahlbezirk. (Unterer Ortstheil.) Brandcataster Nummer 1 bis 172 und 483 bis 637 (hierzu gehören auch die Häuser im Hüttengrunde und an der Lerchenstraße). Wahlvorsteher: Gem.-Aelt. Emil Wetzel. Stellvertreter: Gutsbesitzer Ferdinand Richter. Wahllocal: Gasthaus zur Post. II. Wahlbezirk. (Oberer Ortstheil.) Brandcataster Nummer 173 bis 482. Wahlvorsteher: Gem.-Vorst. Oppermann. Stellvertreter: Gutsbesitzer Lonis Reinhardt. Wahllocal: Gasthof zum Teutscheu Kaiser. den 19. Oetober 1893 bestimmt hat und von der Königlichen Amtshauptmannschaft Glauchau für die Ortschaft Ober lungwitz zwei Wahlbezirke gebildet worden sind, so wird dies hierdurch mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß die Einthcilung der Wahlbezirke, die Namen der Wahlvorsteher und deren Stellvertreter, sowie die Wahllocale am Schlüsse dieser Bekanntmachung unter G zu ersehen und als Frist zur Stimmenabgabe am 19. October 1893 die Zeit von vormittags 10 Uhr bis nachmittags 3 Uhr bestimmt worden ist. ' Die Stimmberechtigten haben sich daher innerhalb der gedachten Frist in den be zeichneten Wahllocalen persönlich einzufinden und ihre Stimmzettel, auf welchem der zu Wählende mit vollem Vor- und Zunamen, Stand und Wohnort so genau zu bezeichnen ist, daß über seine Person kein Zweifel bleibt, vor dem Wahlausschüsse abzugcbeu. jeden Wochentag abends für den folgenden nehmen die EMditio/ bis Vorm. 10 Uha Tag und kostet durch die Austräger Pro WDAU UKMWDDWM G-HA W W -L U WKK U U sowie für Auswärts alle Austräger, Quartal Mk. 1.40; durch die Post Äk. 1.50 v K vM N d"alle Annoncen-Expeditionen zu Original frei ins Haus. k k vM Preisen entgegen. für HAhenstem-ErnstthaL, Oberlungwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rüßdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hiittengrund u. f. w Sächsisches. Hohenstein, 11. October. In den Kreisen des Handelsstandes wird es als ein schwerer Uebelstand empfunden, daß die kaiserlichen Postämter die ihnen zur Einziehung übersandten Wechsel schon am Mittage des Fälligkeitstages ohne Berücksichtigung auch nur eines Respect- tages behufs Protestaufnahme an Notar oder Gerichtsvollzieher weitergeben. Da die Gerichtsvollzieher, an welche die Wechsel in den weitaus meisten Fällen gesandt werden, die nachherige Annahme einer Baarzahlung gemäß der ihnen ertheilten Dienst instructionen ablehnen müssen, so entstehen durch die rasche Abgabe des Wechsels seitens der Postbehörden sehr häufig un- nöthige Kosten und Weiterungen. Die Handelskammer für das Herzogthum Braunschweig hat mit Rücksicht hierauf an den Staatssecretär des Reichspostaints eine Eingabe gerichtet, in welcher gebeten wird, die kaiserlichen Postämter anzuweisen, daß die Weitergabe zur Einziehung übersandter Wechsel zwecks Protestaufnahme erst am Tage nach Fälligkeit zu bewirken sei. In bitterem Tone schreibt ein angesehenes süddeutsches Blatt: „Nix daitsch." „Litewka" nennt sich der blaue Kittel, mit dem die Landwehr und der Landsturm bekleidet werden. Diese Litewka ist eine einreihige längere Juppe, wie sie unsere Dienst männer tragen; hinten wird sie mit einer Schnüre zusammen- gezogcn. Warum heißt nun dieser Kittel nicht Juppe oder Faltenrock oder gleich Kittel? Warum hat man den Namen von da her geholt, aus einem Winkel der Wasserpolakei, wo die schmutzigen Kerle slawischer Rasse nicht mehr nackt in Hammel- feilen spazieren gehen, sondern schon einen civilisirten Zwillich kittel tragen? Ihnen zu Ehren hat unsere Reichsregierung den echt deutschen Namen Litewka zu den ebenso deutschen Namen Czapka, Ulanka, Attila und Dolman unserer Sckondc- und Premierlieutenants, Compagniechefs und Commandeure hinzugefügt. Früher war alles französisch jetzt scheints wird alles polnisch." Unter dem dringenden Verdachte der Theilnahme an einem Doppelmorde wurde vor einigen Wochen, wie seiner Zeit ge meldet, ein Bierfahrer der Gambrinus-Braucrei in Charlotten burg, der aus Limbach in Sachsen gebürtige frühere Strumpf wirker Gustav Seidel, von der Arbeitsstätte weg verhaftet. Es heißt jetzt, daß er ein Gcständniß abgelegt und die Theil nahme am Doppelmorde mit allen Details eingestanden habe. Oberlungwitz, 10. October. Mit hoher Befriedigung darf der hiesige Obst- und Gartenbauvcrein auf seine am 8. und 9. Oct. in Drechslers Restaurant veranstaltete Herbstausstellung zurückblicken, die sowohl in Beschickung, als im Erfolg hervor ragendes erreicht hat. Wie lief nicht den zahlreichen Besuchern das Wasser im Munde zusammen beim Anblick dieser prächtigen Apfel- und Birnensortcn, bei dieser Fülle von Pflaumen, To maten, Paradiesäpfeln und anderen Gartcnerzeugnissen. Viel Interessenten sammelten sich vor der Collection, die den frciherrl. v. Fricsenschen Obstpflanzungen in Rötha entstammte und je 50 erlesene Sorten Birnen und Aepfel umfaßte? Außerdem hatten hier ausgestellt: Schwotzer-Hohenstein, der neben sonsti gen Riesenbirncn auch Paprikaschoten ausstellte, in unserer Gegend eine Seltenheit, ferner aus Ernstthal der Obstbauverein, d. H. Koch und Kayritz; R. Vogel und E. Heidel Erlbach, Tischendorf-Gersdorf, Berthold-Mittelbach, verw. Friedrich-Ur sprung u. Handelsgärtner Kurth-Glauchau, andere aus Lichten stein, Mülsen St. Jakob, Lobila i. Thüringen. Aus Oberlung witz betheiligten sich die Herren W. Bahner, Dörr, Fischer, Heilmann, Hertel, L. P. Päßler, O. Kunze, Ludwig, Kühnert, Köthe, Mehlhorn, M. Müller, L. Müller, Möbius, Gärtner Nitzsche, Fabr. Nitzsche, Neubert, Neubauer, Nikolas, Pöhlmann, Päßler, Reichenbach, Schulze, Scheer, Stöckel, Venter, Vogel, Wenzel, Winter, Wagner, G. und W. Walther, J.G. Zimmer mann. Aber auch die Früchte des Feldes waren stark vertreten in Riesen- und Zwergausgaben, vom 50lL Kürbis bis zur winzigen Kartoffelzwiebel. Kraut, Rettige, Rüben, stattliche Blumenkohle und anderes Gemüse erregten die Kauflust der Besucher. Hier waren namentlich die hiesigen Landwirthe gut vertreten. Zu den bereits genannten kamen noch hinzu d. H. Engelmann, Henny, Martin, Schüßler, Hertel von hier und Goldhahn und Richter aus Leukersdorf. Die Kinder Floras waren vertreten durch die Erzeugnisse d. H. Handelsgärtner Müller aus Wüstenbrand, der in geschicktester Weise den Aus stellungsraum decorirt hatte, und Päßler von hier. Die von dem Gartcngute Rötha und v. H. Ludwig hier ausgestellten Hoch- und Zwergbäume fanden wohl sämmtlich Abnehmer; eine große Niederlage aber erlitten die ebenfalls aus den Friefeschen Gütern aus Rötha gesandten Batterien von Obstweinen, da am Schlüsse der Ausstellung nichts mehr von ihnen zu sehen war. Nicht vergessen dürfen wir das von Herrn Mehlhorn hier sehr geschmackvoll arrangirte Gruppenbild der verschiedensten Früchte. Der große Beifall, den die Ausstellung bei allen Besuchern fand, dürfte wohl einen weiteren, bedeutenden Aufschwung des ganzen Vereins zur Folge haben. Bereits in nächster Zeit wird der Verein seinen Mitgliedern neue Anregung bieten durch einen Vortrag des Herrn Kurth-Glauchau; außerdem denkt man daran, bei künftigen Ausstellungen auch eine Prämiirung einzuführen. Oberlungwitz. Die vom Männergesangverein ver anstaltete Aufführung im Postsaale war leider nicht so besucht, wie es die treffliche Darstellung wohl verdient hätte. Beide Theaterstücke waren fleißig einstudirt und wurden flott gespielt. Auch die unter Leitung des Liedermeisters Herrn Franke vorge tragenen Chöre fanden den wohlverdienten Beifall. Nur wäre zu wünschen, daß das Pianino zuweilen etwas leiser erklänge. Für das neuerrichtete vierte Bataillon des Zwickauer Infanterie-Regiments Nr. 133 ist die städtische Westbaracke eingerichtet worden. Die Ausstattung hat die Garnisonverwal tung besorgt, welche dafür des Services innebehült, während 2/z desselben der Stadt als Miethe und Entschädigung für bau liche Unterhaltung der Baracke zufallen. Die Ostbaracke hat die Stadt an das Bezirkscommando vermiethet. Einem auswärtigen Blatte wird ans Zwickau geschrieben: Hier ist eine Fabrik entstanden, welche Stahlsohlen tür Schuh werk fertigt. Der Besitzer ist ein Ingenieur im Walzwerke der Königin-Marieu-Hütte und hat ein Patent für alle Länder erworben. Trotz des Material sind die Sohlen sehr leicht und werden allseitig gelobt. Vorgestern gegen Abend wurde die 14jährige Tochter des Grünwaarenhändlers Kaiser in Pölbitz von ihren Eltern in die hinter dem Ehrler'schen Gasthof an der Mulde gelegenen Sandgrube geschickt, um Sand zu holen. Sie nahm den sechs jährigen Knaben des Handarbeiters Schaarschmidt mit. Beim Herausnehmen von Sand aus einer Sandwand brach die letztere zusammen und verschüttete die beiden Kinder, welche Beide den Erstickungstod fanden. Ein recht bedauerlicher Unfall hat sich gestern früh in Reinsdorf ereignet. Daselbst war ein älterer Herr aus Zwönitz bei seinen Kindern zum Besuch. Gestern früh verließ Ersterer das Zimmer, seinen kleinen Enkel von 1 Vs Jahren an der Hand führend. Plötzlich wurde der alte Herr von einem Schwindel befallen, so daß er zu Boden und unglücklicher Weise auf seinen Enkel fiel, wodurch das Kind erdrückt wurde und sofort verstarb. Endlich hat sich das Dunkel gelichetet, welches über das Schicksal eines spurlos vou Netzschkau verschwundenen Fabrik arbeiters gebreitet war. Am Sonntag Nachmittag im Dickicht oberhalb des Steinbruchs naheder Schwarzhammermühle wurde der Leichnam dieses 40— 50 Jahre alten Mannes, welcher vor gerade zwei Jahren durch Erhängen sich dort entleibt hatte, aufgefunden worden. Zu dem gemeldeten, auf der Straße von Reichenbach nach Mylau verübten Raubanfall an einem Maurer fügen wir noch ergänzend hinzu, daß der betreffende Maurer aus Böhmen stammt, seine ganze im Laufe des Sommers gesparte Baarschaft bei sich hatte, sich noch vor Weihnachten verheirathen wollte und deshalb an dem genannten Abend in Reichenbach ver schiedene Einkäufe gemacht hat. — Als dieses Raubansalles verdächtig wurde gestern Nachmittag ein aus Mylau gebürtiger noch jugendlicher Wasserleitungsarbeiter durch bie Gendarmerie und städtische Polizcimannschaft gefänglich eingezogen und gestern dem Königlichen Amtsgericht zu Reichenbach zugeführt. In der Wilhelmstraße in Gohlis rutschte vorgestern Nachmittag ein Dienstmädchen beim Fensterputzen ab und fiel auf ein im Hofe befindliches Eisenstacket, wobei ihr eine Sprosse in den Hals fuhr und eine bedeutende Verletzung verursachte. Die Bedauernswerte wurde ins Krankenhaus gebracht. Auf dem Bairischen Bahnhofe in Leipzig gerieth gestern Nachmittag ein daselbst beschäftigter 40jähriger Maurer aus Schweidnitz beim Ueberschreiten der Gleise zwischen die Puffer zweier Lowries und wurde getödtet. Ein Verschulden dritter Personen ist ausgeschlossen. Dem Genuß einer eigenartigen Sommerfrische gab sich, der Jahreszeit nach freilich etwas verspätet, ein 22jähriger Commis in Leipzig hin. Derselbe bezog vorgestern — wie, darüber hüllt unser Gewährsmann ein tiefstes Schweigen — das auf dem Schwanteich schwimmende Entenhaus und richtete sich daselbst iür die Nachtruhe häuslich ein. Der laute Protest der Schwäne und Enten führte indeß zur Festnahme des Usur pators, der später im Polizcigefängniß mehrfach über heißen Kopf und kalte Füße geklagt haben soll. 1000 Mark für einen Kuß. Dieser Tage saßen, wie aus dem Dorfe P. bei Brandis geschrieben wird, in einer Restau ration des Ortes mehrere Radfahrer aus Leipzig mit dem schmucken Wirthstöchterlein in lustiger Stimmung beisammen.