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sicht, daß cs in allen Fälle» des Wuchers und Betruges sich nicht um einzelne, sür sich dastehende Fälle, sondern nm eine einzige sortgcsetzte Handlung handelt. Dies ist in jo fern von Bedeutung, weil bei ein zelnen Handlungen hin und wieder eine Verjährung stattgefnndcn haben könnte, während, wenn man eine einzige fortgesetzte Handlung anuimmt, die Verjährung nur von dem Ende derselben an gerechnet werden kann. 2) In der Anklage ist kein Fall des gewerbsmäßigen Glücksspiels be sonders vorgesehen; nach dem Ergcbmß der Verhandlungen sind jedoch auch solche Vergehen in die Anklage hineinzuziehen. Der Fall, bei dem der Lieutenant v. Schierstädt 9000 Mk. verloren hat, konnte z. B. nicht in die Anklage hineingcbracht werden, weil er erst durch die Verhand lung aufgedcckt worden ist. Ich will nach diesen Bemerkungen zunächst ' eine allgemeine Uebersicht über die Stellung ber Anklagebehörde zu deu einzelnen Punkten der Anklage geben, während mein College (Staats anwalt Seel) die einzelnen Fälle darlcgeu wird. Was zunächst den Angeklagten Sußmann betrifft, so ist der Be weis, daß er um die Verwendung der von ihm au Max Rosenberg und Albert Seemann gelieferten Loose zu wucherischen Zwecke» gewußt hat, nicht erbracht. Die beiden Angeklagten Max Rosenberg und Albert Seemann können mit Rücksicht ans die Anslicferungsbestimmnngcn m dieser Sache leider nicht bestraft werden. Die Verhandlungen haben in dieser Angelegenheit jedoch in so fern ein praktisches Interesse gehabt, als der Beweis erbracht worden ist, daß die Loosschwindeleien der An geklagten zur wucherischen Ausbeutung gedient haben. Auch gegenüber Julius Rosenberg hat die Beweisaufnahme ei» günstiges Ergebniß ge habt, so daß gegen ihn die Anklage wegen Wuchers nicht aufrecht er halten werden kann. Sußmann und Julius Rosenberg werden deshalb nur wegen Lotterievergchens zur Strafe herangezogeu werde» kömtcn. Was Abter anbetrisft, so lautet gegen ihn die Anklage auf Wucher uud Betrug, Falschspiel, Untreue und Lottcrievergehcu. Uebcr den Wucher verliere ich kein Wort; die nähere» Ausführungen kann ich meinem College» überlassen. Was die Anklage wegen Untreue anlaugt, so ist es erwiesen, daß er über das Geld, welches ihm als Schierstädt'sches Geld übergeben worden war, als eigenes Geld vei' — - .. Angabe des Angcklagi dieser Sache keinen Glc gehen wollte, dann würde cs nicht möglich sein, jemals einen Falsch- pieler zu überführen. Es genügt also, fcstznstelleu, daß überhaupt alsch gespielt worden ist. Ich unterscheide da ans Grund dcrBcrhand- nngen vier Fälle: 1) die Fülle, wo leitens des einen der Angeklagten erhöhte Einsätze nach Ausschlagen der zweiten Karte erfolgten; 2) wo noch Einsätze crfolbtcu, wenn die Zahl 6 gefallen mar; 3) wo in auf fallender Weise mit d'M Karten yantirt worden ist; 4) wo einer der Angeklagten den sogenannten „Schlag" hatte. Es sind das alles Fälle, wo man Anhaltspunkte für das Falschspiclcn hat. Au den Spielen haben Theil genommen: cheils der leider nicht anwesende Lichtner in Verbindung mit v. Meyerinck, theils Fährle mit v. Meyerinck n. s. w. In allen den Fällen, wo mehrere der Angeklagten Theil genommen Der Spieler und Wucherer Procss;. Hannover, 1. November. Die Verhandlungen begannen nm 9 Uhr. Der Zuhörerraum war dicht gedrängt besetzt. Nach einigen einleitenden Bemerkungen des Präsidenten ergriff Staatsanwalt Wilhelm das Wort: Es ist bekanntlich lange Zeit eine Streitfrage »gewesen, ob ein legislatives Vorgehe» des Staates gegen Wucher angebracht sei oder nicht. Diese Verhandlung hat mit außer ordentlicher Klarheit die Nvthwendigkeit nnd Unentbehrlichkeit des Stras- bcichlusscS gegen wucherische Ausbeutuiig ergebe». Das Volk sieht de» Wucher als eiu criminelles Unrecht an, und das Volk verlangt criminelle Repressalie» gegen deiisclben. Der Proceß beweist, und die Ansicht wird immer mehr zum Durchbruch kommeu, daß der Staat sich auf dem rechte» Wege befindet und daß er dem Rcchtsbewnßtseiu des Volkes cnt- gegeukommt, wenn er neuerdings darauf aus ist, die Gesetze gegen wucherische Ausbeutung zu verschärfen. Das ist die juristische Bedeutung des Processes: Der Proceß Hal aber seine Bedeutung auch iu volks- wirthschaftlicher Hinsicht, weil er dargcthan hat, daß cs einem geringen Häuslein von Leuten, die der Gewissenhaftigkeit entbehren, möglich ist, eine große Anzahl von Mitgliedern eines hervorragenden Standes, die keinen klaren Ueberblick über die betreffenden Verhältnisse haben, durch wucherische Ausbeutung und Verleitung zum Spiel zu ruiuircu uud nicht nur Einzelne, sondern ganze Familien an den Rand des Abgrundes zu bringen, da diese Familie» gezwungen sind, um die Ehre uud die Existenz ihrer Angehörige» z» retten, Aufwendungen zu machen, die zu leisten über ihre Kräfte geht. Diese beiden Bedeutungen juristischer uud volkswirthschastlicher Art hebe» diesen Proceß gegenüber anderen hervor. Fast alle politischen Parteien ohne Ausnahme haben sich in diesem Sinne in ihrer Presse mit den Verhandlungen dieses Processes beschäftigt. Leider ist es der Staatsanwaltschaft wegen internationaler Verpflich tungen, die unbedingt erfüllt werden müsse», nicht möglich, diejenigen beiden Angeklagten, die hierbei hauptsächlich in Frage kommen: Max Rosenberg und Albert Heß, genannt Seemann, in einem Maße zur Rechenschaft zu ziehen, wie cs sonst gcschehcn müßte. Es können diese beiden Angeklagten nur wegen derjenigen Fälle zur Verantwortung ge zogen werden, wegen deren ihre Auslieferung (von Holland) erfolgt ist, nicht aber wegen Wuchers und Betruges. Ich werde zunächst noch zwei allgemeine Bemerkungen hervorheben: l) Die Anklagcbehörde ist der Aik ¬ en war, als eigenes Geld verfügt hat. Daß die sten über den Grund seiner Handlungsweise in , aubcn verdient, liegt aus der Hand. Das Lotterie- Vergehen nnd Falschspielen AbterS ist ebenso erwiese». — Unter der An klage des Falschspielcns stehen sämmtliche Angeklagte mit Ausnahme von Sußmann und Julius Rosenberg. Es ist der Beweis schwer zu erbringen, daß eine bestimmte Art des Falschspieles angewendet worden ist. Es ist aber auch nicht nvthwcndig, eine bestimmte Art des Falsch spicls und eine ganz bestimmte Art des Vermögensschädigung festzu- stellcu; cs muß vielmehr nur sestgcstcllt wcrden, daß überhaupt falsch gespielt ist^ uud daß eine Bermögensschädigung stattgesundcu Hai. Wenn man aus >cde Art des Falschspiels uud auf jede» einzelnen Fall ein- stheu wollte, dann würde es " " ' ' - -- -- - Vieler zu überführe». Es c habe», sind dieselbe» sämmtlich als Mitthäter a»z»sehe». Es ist näm lich davon auszugehen, daß sie stets gemeinschaftlich gehandelt haben; denn es handelt sich hier um lauter Persönlichkeiten, die das Glücks spiel gewerbsmäßig betrieben haben. Die sämmtlichen Angeklagten haben auch in ausfälligem Verkehr mit einander gcstandeu trotz der verschiedenen gesellschaftlichen Stellung der Einzelnen. Die Vcrmögensverhältnisfe der betreffenden Angeklagte» sind mehr oder weniger mißlich, so daß ange nommen werden darf, daß sic diese durch unredliches Spiel haben ver bessern wvllen. Wenn erwicsck; ist, daß in einem Falle falsch gespielt worden ist, so ist die Schlußfolgerung eine fast zwingende, daß auch in allen andere» Fälle» das Falschspiel scststeht. Auch Albert Scemauu uud Samuel Sceman» sind als Falschspieler auzuseheu; alle die Leute, die mitgcspielt haben, sind überzeugt gewesen, daß ein falsches Roulettc- fp!el gebraucht worden ist. Auch bezüglich des Max Rosenberg ist der Beweis des Falschspielens erbracht, namentlich in dem Fall v. Miedet. Max Rosenberg hat v. Medel mit Lichtner, dessen Persönlichkeit er kannte, zusammcngcbracht, und hat sich am Spiel betheiligt. Es liegt somit eine gemeinschaftliche Handlung vor. Abter hat sich ebenfalls an dem Falschspie! Lichtners betheiligt; er kannte Lichtner genan nnd hat trotzdem das Spiel mit veranlaßt. Es liegt also auch bezüglich Abters ein gemeinschaftliches Handeln vor. - Der Staatsanwalt schloß mit deu Worten: „Mag das Urtheil fallen, wie es will; die Anklagebehörde ist überzeugt, daß sie im vorliegenden Falle die Sympathien des Publi kums auf ihrer Seite hat, und daß das Publikum, soweit cs zurech- uimgssähig und dcn Vcrhandlungeil gefolgt ist, mit ihr der Ansicht ist, daß Niemand zu Unrecht ans die Anklagebank gesetzt worden ist." Staatsanwalt Seel: Es scheiden ans der Anklage wegen Wucher leider Wucherer der schlimmsten Art, wie M. Rosenberg und Albert Seemann, in Folge der Auslieserungsvcrträge aus. Bezüglich des An geklagte» Sußman» wird »nr eine Bestrafung wegen Lotterievcrgehens erfolgen können. Dasselbe ist bei dem Angeklagten Julius Rosenberg der Fall, der, wenn ihm auch der Wucher nicht nachgcwieseu werde» ka»», doch auch uicht tadelfrei vo» der Anklagebank abtritt. Bei dem Angeklagten Abter ist nach Ansicht der Staatsanwaltschast der gewohnheits mäßige Wucher in 19 Fälle» »ach eigenem Geständnis; erwiese». Er hat die Stirne gehabt, einem seiner Opfer, das ihm die Frage stellte, ob er denn nicht fürchte wegen Wuchers bestraft zu werden, mit höhnischer Miene und bezeichnenden Geste zn sagen: „Ich möchte gern fett, recht fett werden!" Der Angeklagte hat, trotzdem Herr von Schierstädt die Loose aller Klassen sich ausbedungen hatte, diese nicht geliefert, nnd hierin dürfte der Beweis des Betruges erbracht sei». Daß Abter sich bei der Schuldregulirimg des Herrn v. Schierstädt einer Untreue schuldig gemacht hat, liegt klar auf der Hand; er befand sich nach allen Aus sagen der Zeugen überhaupt nicht in der Lage, die 1250 Mk. die er in zwischen für seine Zwecke verwendet hatte, zu zahlen. Wenn ich mich nun der Gruppe der Spieler zuweude, die wegen Betruges, verübt durch Falfchspiel, angeklagt sind, so handelt es sich zunächst um dieVorsrage: Sind die Augeschuldigtcn gewerbsmäßige Glücksspicler? Bezüglich Samuel Seemanns und Lichtners, der ja leider nicht mit auf der An- klageban! erscheint, ist diese Frage ohne Weiteres nach Seemanns eigenem Geständniß zu bejahen. Bezüglich des Angeklagten von Meyerinck, der doch seinen; Stande nach nicht in die Gesellschaft dieser Glücksspieler und Zuchthäusler gehörte, ist erwiese», daß er sich mit diese» Leute» überall, bald hier, bald dort, m Bäder» u»d bei Rennen, hat sehen lassen. Er hat die Opfer, seine Kameraden, den Spielern zugcführt, ec hat sie als lindener Sammetfabril'anten, als Cvmmerzicnräthe u. s. w. vorgestellt, er hat bei den Spielabmden mitgewirkt, und wenn man dazu seine miß liche finanzielle Lage betrachtet, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß er ein Interesse an dem falschen Spiel der Lichtner nnd Genossen gehabt hat. Bei dem Angeklagten Albert Seemann ist es charakteristisch, daß Lichtner sich öfter als „in Firma Seemann u. Co." vorstellte. Außer dem ist durch deu General v. Liusiugcn erwiesen, daß in Seemanns Hause seit 20 Jahren Glücksspiel betrieben wurde. Dcn Ausführungen des Angeklagten Max Rosenberg, daß er immer bei dem Spiel den „Dummen" gespielt habe, will ich Glauben schenken, aber das schließt nicht aus, daß er auch einmal den Klugen gespielt hat. Der Letzte in; Bunde der wegen Falschspiels Angeklagten ist Abter. Auch bei ihm dürfte in dem Falle in Ludwigslust der Beweis des Falschspiels erbracht sein. WaS nun den Beweis des Falschspiels anbetrifft so ist er ja schwer zu liefern. In eineni Falle zunächst, wo Meyerinck nnd Lichtner mit Hans v. Schierstädt im Hotel Musste auf Meycrincks Einladung Macao spielten, zu welchem Meyeriuck die Karten mitbrachte, ist das Falschspicl durchaus erwiesen. Nicht allein, daß Lichtner, der um die Erlaubuiß bat, uachsctzcu zu dürfe», deu „großen Schlag" mit der nächste» Karte erhielt, er erhöhte auch plötzlich in der Absicht des Betruges die bisher kleinen Sätze von 20 bis 50 Mk. aus 9100 Mk., und zwar ans verdeckte Weise. Ist aber Lichtner ein Betrüger, so ist der gleiche Betrüger Herr v. Meyerinck, der das ganze Spiel arrangirte und dem Betrüger hals. Ist Falschspiel aber an diesem einen Falle erwiesen, so deckt er uns das ganze System der Lichtnerschen Bande auf. Auch in dem Falle in Gotha ist das Falschspiel erwiesen. An mesem Abend leugnet Meyerinck die Bekanntschaft Lichtners ab, erbringt die Karten mit, gicbtsie aber heim lich dem Oberkellner, der sie dcn Spielern geben mnß, nimmt sie nach her wieder mit und als er anderen Tages darüber zur Rede gestellt wird, fordert er nicht Genugthuung, sondern läßt sich deu Vorwurf des Falschspiels mehr oder wemger gefallen. Auch iu deu Fälle», wo Meyerinck der Gehülse des Fährle war, ist das Falschspiel erwiesen. Der Zeuge von Löffel hat die Geschicklichkeit Fährtes iu dem Gebe» der Karten beobachtet, wo es cmzunchmcn ist, daß nicht die oberste Karte, sondern eine sür den Angeklagten günstlge Karte hervorgezogc» wurde. Auch die Gewohnheit Fährlcü, nach der zweiten Karte nachzusetzeu, be weisen in Verbindung mit seinem Glück beim Spiel, daß er nm die Karten gewußt hat und diese Kenutmß verschwieg. Ist aber in diesen Fällen das Falschspiel als erwiesen zu betrachte», so kau» dies a»ch von allen anderen Fällen angenommen werden. Die Bereitwilligkeit des Angeklagten v. Meyerinck, den Schierstädtschcn Wechsel sür Fährle zu st n te n >t il e' t t Z Hohenllemer Tageblatt Erscheint « F VVS» * Inserate reden Wochentag abends für den folgenden nehmen die Expedition blS Vorm. 1y Uhs Tag und kostet durch die Austräger pro M MM DDM W W v « M WWW W sowie für Auswärts alle Austräger, der§l° Quartal Mk. 1.40; durch die PvstMk. 1.50 ^7^-^ U Vf W vNA V" alle Annoncen-Expeditionen zu Onginai- frei ins Haus. f V VV Preisen entgegen. für Hohenstem-Grnftthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdors, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach- Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleista, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim. Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w Amtsblatt füv den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Nr. 257 Sonnabend, den 4. November 1893 43. Jahrgang. An der Wohnung des Strumpffabrikanten Otto Tetzner in Oberlungwitz kommen den 10. November, Nachmittag 3 Uhr ein Pianino und eine Fnsrmaschine gegen Baarzahlung zur Versteigerung. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal. Sekretor Kurth. >Q. 618/93.) A u c t i o n. Montag, den 6. d. Mts., nachmittags von 2 Uhr an sollen die zum Spindler'scheU Nachlasse gehörigen Sachen, als: 3 Federbetten, 2 alte Strumpf stühle, Möbel, Wirthschastsgeräthe und dergleichen im Nachlaßhause, Cat. Nr. 33, gegen Baarzahlung durch Unterzeichneten meistbietend versteigert werden. Wüstenbrand, dcn 3. November 1893. H. Schubert, Ortsrichter. unterschrciben, läßt fcrncr auf ein sehr reges Interesse v. Meycrincks an den; Gewinnst des Fährle schließen. Besonders gravirend ist für de» Angeklagten v. Meyerinck die Aussage des Hauptmanns v. Boditzka, den; Meyerinck und Fährle in Hamburg 10,000 Mk. abuahmen uud, obwohl sie Beide uach Beendigung des Spieles in verschiedenen Richtungen da- vongingcn, nachher beim Theilen des Gewinnes betroffen wurden. Da raus ist der Schluß zu ziehen, daß Beide unter einer Decke steckten und v. Meyerinck nicht immer zu gewinucn brauchte, um doch zu seinen; Gelde zu kommen. Die einzelnen Fälle durchgehend, führte der Staats anwalt die ans den Zeugenaussagen hcrvorgegangenen Belastungsmomente dem Gerichtshöfe vor. Bezüglich der Angeklagte;; Max Rosenberg nnd Albert Seemann ist die Beweisführung hinsichtlich des Falschspieles iu; Einverständnis; mit Lichtner gelungen. Daß die Angeklagten sich ihrer faulen Sache bewußt waren, beweist der Umstand, daß, als die Anzeige erstattet war, die in ihren Händen befindlichen Wechsel anonym deu; Vater des Herrn v. Medel zugesandt wurden. Die ganze Gesellschaft hat, wie aus der Beweisaufnahme hervorgeht, unter einer Decke gesteckt, es ist eine gewerbsmäßige Falschfpielerbande, um die cs sich hier han delt. Was sodann den Angeklagten Samuel Seemann betrifsr, so kann er wegen Glückspieles in Folge der Ausliefernngsverträgc nicht bestraft wcrden. Es handelt sich also bei ihm nur um die Feststclluug des Falschspiels. Hier sind die Aussagen vorhanden, daß sich wiederholt zwei Kugeln im Ronlette befunden haben, und daß bekundet ist, daß Zeugen ein ausfälliges Geräusch beim Roulette wahrgeuommen habe». Zu den Anträgen übergehend, bcantrage ich: gegen Sußmann wegen Lotterievergehens, wenn dasselbe als ein zusammenhängender Fall angesehen wird, 1500 M. Geldstrafe evenl. 150 Tage Gesängniß, wen» die Vergehe» als einzelne angesehen wer den, für jeden Fall 500 M. Geldstrafe event. 50 Tage Gesängniß; gegen Julius Rosenberg, der wegen Wuchers nicht bestraft werden kann, wegen Lotterievcrgehens i» einem zusammenhängenden Falle eben falls 1500 M. Geldstrafe event. 150 Tage Gesängniß. wenn die Ver gehe,; als einzelne angesehen werden, sür jeden Fall 300 M. Geldstrafe event. 30 Tage Gesängniß; gegen Samncl Seemann unter Ausschluß von Milderungsgrüude» wegen Betruges beim Spiel in einheitlichem Zusammenhänge 4 Jahre Gesängniß und 3000 M. Geldstrafe event. 100 Tage Gesängniß und 5 Jahre Ehrverlust; gegen Albert Seemann wegen Betruges beim Spiel 4 Jahre Ge- säugniß, 2OM M. Geldstrafe event. 200 Tage Gesängniß nnd 5 Jahre Ehrverlust; gegen Max Rosenberg wegen desselben Vergehens 2 Jahre Ge- sängniß, 1000 M. Geldstrafe event. 100 Tage Gesängniß und 5 Jahre Ehrverlust; gegen Fährte 5 Jahre Gesängniß und 3000 M. Geldstrafe wegen gewerbsmäßigen Glückspiels und Betruges; gegen v. Meyerinck wegen gewerbsmäßigen Glücksspiels nnd Be truges 4'/z Jahre Gesängniß und 3000 M. Geldstrafe; gegen Abter wegen gewohnheitsmäßigen Wuchers 5 Jahre Gcfäng- uiß und 15,OM M. Geldstrafe event. noch 1500 Tage Gesängniß, wegen Betrugs beim Spiel 2 Fahre Gefängnis;, zusammen 7 Jahre Gesängniß. Rechtsanw. Dr. Frwdmann, der Vertheidiger sür Fährlc nnd v.Mcye- rinck, hielt sodann eine nahezu ^/Ztüudige Vcrtheidigungsredc. Er be stritt bezüglich des Angeklagten M Meyerinck, daß dieser ein „gewerbs mäßiger" Spieler sei, so wie daß er sich des Falschspiels schuldig ge macht und als „Schlepper" gedient habe. Die Verhandlungen hätten in keiner Weise die Behauptungen der Anklage bezüglich v. Meycrincks bewiesen; er beantrage Freisprechung für diesen. Wenn dcn Angeklagten eine moralische Schuld dafür treffe, daß er jüngere unerfahrene Kame raden etwa zum Spiel verleitet habe, so komme dies bei dem strasrecht lichen Verfahren nicht in Betracht; auch sei er übrigens durch die lange Untersnchungshaft dafür genügend gestraft worden. Auch bezüglich Fährles habe die Beweisaufnahme nicht die Punkte der Anklage bestätigt, weshalb auch für ihn Freisprechung erfolgen müsse. Nach knrze» Er widerungen der beiden Staatsanwälte trat eine längere Pause ei;;. Hannover, 1. November. Heute Abeud wurde das Urtheil gesprocheu. Es erhielt Meyerinck 4 Jahre Gesängniß nnd 5 Jahre Ehrverlnst, Fährle gleichfalls 4 Jahre Gesängniß und 5 Jahre Ehrverlust, Samuel Seemann 2 Jahre Ge- fäugniß uud 5 Jahre Ehrverlust, Abter 4 Jahre Gefäugniß und 5 Jahre Ehrverlust, Max Rosenberg wurde freigesproche»; Heß wurde zu 2 Jahren Gesängniß und 5 Jahren Ehrverlust, Sußmann zu 1000 Mark Geldstrafe und Julius Rosenberg 750 Mark Geldstrafe verurtheilt. Außdem wur den noch Abter, Meyerinck, Fährle und Samuel Seemann zu einer Geld- strase von je 1000 Mk. vernrtheilt. Zur Frage der Steuerreform in Sachsen. Eine der wichstigsten Fragen, welche voraussichtlich de« nächsten Landtag beschäftigen werden, ist die Frage, wie unsere sächsische Ein kommersteuer besser uud gerechter ansgestattet werden könne. Zunächst wird man sich voranssichtlich schlüssig zu machen haben über die mehr fach in Anregung gebrachte Freilassung der unteren 5 Einkommensstuscn oder doch eines Theiles derselben. In Frage komme» wird aber vor aussichtlich uur der Wegfall der drei untersten EinkommenSclassen, Ein kommen bis zn 6M Mark. Bei den Einkommen von 6M Mark und darüber beginnt der Steuersatz von 3 Mark, an welchen in Sachsen be kanntlich das aclive Wahlrecht geknüpft ist. Mau wird es also, wie ei;; dieser Stenersrage gewidmeter vricntircnder Artikel des „Chemn. Tgbl." mit Recht hervorhebt, schon ans politische» Gründe» vermeide», anch sür diese Classen den Fortfall der Stener zn beschließen. Bestimmt man aber anch nur die Freilassuug der drei untersten Steucrclasjen von der Einkommcnstener, so befreit man damit weitere 43 Procent der Ein geschätzten, im Ganzen nahezu 650,OM Personen, von der Zahlung jeder directen Staatssteuer. Der Stenerausfall beträgt dann ca. 700,000 M., wenig über 3 Procent des Gesammtstcuersolls, eine Summe, welche leicht aus andere Weise eingebracht werden könnte. Vom finanziellen