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Hohensteiner Tageblatt : 28.12.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189212284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18921228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18921228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-12
- Tag 1892-12-28
-
Monat
1892-12
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 28.12.1892
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lichkeit eines Jrrthums hier nicht vollständig ausgeschlossen er scheint. Zehn derartige Posten mußten daher im Voraus aus- schcidcn. Die weitere Einwendung des Angeschuldigtcn, er habe zur Anfertigung der klinischen Abrechnungen Krankenanmeld- ungs- und Ueberweisungsscheine benutzt, mutz im Hinblick auf die Nichtbeachtung dieser Scheine wegfallen. Beiden Fällen, indenener ärztliche Bemühungen, um eine Entdeckung zu verhindern, cassen- ärztlich nicht berechnet hat, und die einen Gewinn für ihn nicht er geben haben, hat der Gerichtshof nicht angenommen, daß der Angeschuldigte in der Absicht gehandelt habe, sich einen rechts widrigen Vermögensvortheil zu verschaffen. In allen übrigen Fällen ist die Ortskrankenkasse durch vr. von Tischendorf ge schädigt, resp. ist der Versuch, die Lasse zu schädigen, von ihm gemacht worden. Wenn die Vertheidigung behauptet, daß er sich der Rechtswidrigkeit seiner Handlungsweise in diesen Fällen nicht bewußt gewesen sei, so wird vom Gerichtshof diese Behauptung als widerlegt erachtet. Die Rechte gegenüber der Lasse waren vertragsmäßig festgesetzt. Wenn der Angeschuldigte sich also mehr verschaffte, als er von der Lasse zu beanspruchen hatte und dieselbe gleichzeitig täuschte, so hat er bewußtermaßen rechtswidrig gehandelt. Man kann sagen, daß er aus Leicht sinn gehandelt habe, weil er die schweren Strafen, die seine Handlungsweise bedrohte, nicht erkannte. Von einer Schuld ' können ihn jedoch auch die für seinen Leumund äußerst günstig lautenden Zeugenaussagen nicht befreien. In dem cassenärzt- lichen Journale sind acht falsche Ansätze, von denen man sagen kann, daß sie auf Jrrthum beruhen. Äei Bemessung der An zahl der Betrugsfälle hat man mehrere in ein Quartal fallende falsche Posten immer nur als eine» Bctrugsfall betrachtet. Was die klinischen Abrechnungen betrifft, so haben wir hier neun vollendete Betrugsfällc mit zusammen annähernd 450 Mark (die einzelnen Summen haben sich nicht ganz genau be rechnen lassen) und einen versuchten Betrugsfall mit ca. 70 Mark. Betreffs der cassenärztlichen Abrechnungen kommen sechs vollendete Betrugsiälle mit 53, 57, 60, 52,5 56,8 und 46 Proeent mit einer Gesammtsumme von ungefähr 200 Mk. in Frage. In den Fällen, in denen es sich um klinische Ab rechnungen handelt, konnte eine Freisprechung nicht eintreten, nur die Summe, auf die der Betrag lautete, ist herabgesetzt worden, weil einzelne Posten auszuscheiden hatten. Bei den cassenärztlichen Abrechnungen dagegen waren in zwei Quartalen sämmtliche Posten auszuscheidcn, und in diesen beiden Fällen hatte Freisprechung einzutreten. Was die Strafausmessung anlangt, so hat man zu Gunsten des Angeklagten den guten Leumund, dessen er sich zu erfreuen hat, und den Umstand, den auch die Staatsanwaltschaft für den Angeschuldigten geltend machte, die schlechte Bezahlung der Ortskrankenkasse, strafmildernd berücksichtigt, strafschärfend dagegen den groben Bertrauens- bruch, dessen er sich schuldig gemacht, in Rücksicht gezogen. Aus dem Erzgebirge, 24. December. Das Weihnachtsfest wird besonders in unserm Erzgebirge in sinniger Weise gefeiert. Großer Beliebtheit erfreuen sich die Weihnachtsberge (Bethlehem, Krippen) mit den Darstellungen aus der heiligen Geschichte; in Aue und Lößnitz bestehen sogar „Bergvereine", deren Mitglieder gemeinschaftlich einen „Berg" Herstellen und die darauf sehen, daß die ..Berge" auch historisch getreu ausgeführt werden. Eine sehr liebe Einrichtung sind unsern Gebirgsbewohnern ferner die Christmetten und die Christspiele; sletztere haben sich besonders in den beiden obengenannten Städten eingebürgert; diesmal kommen dieselben in Lößnitz und Aue in den ersten Januar tagen zur Aufführung. Ein Unglücksfall ereignete sich in Kühnheide bei Marien berg, indem ein Hjähriger Schulknabe infolge eigener Unvor sichtigkeit von einem Lastschlitten überfahren und sofort getödtet wurde. Der Tischlcrgesclle Bernhard Lieder in Lützen, welcher jetzt eingestanden hat, am 2. December die l 7jährige Anna Rothe ermordet zu haben, wurde am 23. d. M. in das Laud- gerichtsgesängniß zu Naumburg eingeliefert. In Grafentonna, wo sich das Männcrzuchthaus der thüringischen Staaten befindet, hat am vorvergangcncn Sonn tag ein Züchtling den amtirenden Hausgeistlichen, Superinten denten M., in der Kirche auf der Kanzel überfallen und ihn die Treppe hinabgcstoßcn. Der Geistliche nahm glücklicherweise keinen Schaden. Der Verbrecher wurde in sicheren Gewahr sam gebracht. Gewerbe und Handel. Von einer neuen Erfindung auf dem Gebiete der Textil industrie wird aus Falkenstein berichtet. Der Musterzeichner Wilhclin Freund daselbst hat einen hübschen imitirten Häkel stoff eriunden, welcher von dem Laien von echtem Häkelstoff schwer zu unterscheiden ist. Der Erfinder hat sich diesen neuen Stoff patcntiren lassen. Zahlungsein st ellungen. L. I. Weill, Holz- und Kohlcnhandlung, Colmar. Jacob Pötsch, Putzwaarenhändler, Altgersdori. Adoli Günther, Kaufmann Fulda. Wilhelm Bauer, Putzwaarenhändler, Halle a. S. Felix Boas, Kauf mann, Potsdam. E. Grützner, Fabrikbesitzer, Nachlaß, Stadtilm. Friedrich August Theodor Graf Wilding von Königsbrück, Königsbrück. Ernst Hermann Michler, Gasthofsbesitzer, Picka bei Neusalza. Carl Bernhard Leonhardt, Schuhmacher und Schuhwaarenhändlcr, Leipzig - Connewitz (Schlußtermin 20. Januar 1893). Hugo Egmont Krahmer, Uhren- nnd Gold- waarengeschä'tsinhaber, alleiniger Inhaber der Firma: „H. Krah- mer , Falkenstein i Schlußtermin 10. Januar 1893 . Carl Wilhelm Fischer, Bäckermeister, Glashütte (Schlußtermin 17. Januar 1893 . Karl August Leiter, vormaliger Mühlenbesitzer, Nachlaß, Kreischa (Schlußtermin 20. Januar 1893). — Auf gehoben: Christian Friedrich Wilhelm Wiegner, Gutsaus zügler und Materialwaarenhändlcr, Nachlaß, Engclsdorf. Moritz Pelz, Handelsmann, Leisnig Auguste Emma vcrehcl. Kubach geb. Schäfer, Schnittwaarcnhändlerin, Kamenz. Hermann Julius Semmler, Nadelmachcr, Nachlaß, Ernstthal. Jahrbuch der Schule Gabelsbergers auf das Jahr 1893 (36. Jahrgang), herausgegebcn vom königl. stenographischen Institute zu Dresden. Die Ergebnisse der statistischen Erhebungen über das Rechnungsjahr vom 1. Juli 1891 bis 30. Juni 1892 sind glänzende; in jeder Beziehung weisen sic einen bemerkens- werthen Fortschritt in der Ansbreitung des Gabelsbcrgcr'schen Systems nach. Die Zahl der Vereine der gesammten Gabclsbergcr'schen Schule hat sich von 753 mit 20,899 ordentlichen Mitgliedern am Schlüsse des vorigen Zähljahrcs auf 800 mit 22,704 (von 27 Vereinen war die Mitgliederzahl nicht zu ermitteln) ordent lichen Mitgliedern, also um 47 Vereine mit 1805 ordentlichen Mitgliedern gehoben. Neugegründet, bez. neu bekannt geworden sind 103 Vereine, während 56 eingegangen sind. Der stärkste Zuwachs niit 23 Vereinen und 979 ordentlichen Mitgliedern ist in Preußen eingetreten, welches 262 Vereine mit 5106 ordent lichen Mitgliedern aufweist. Das Deutsche Reich zählte am 30. Juni 1892 629 Vereine (38 mehr als im Vorjahre) mit 16,976 ordentlichen Mitgliedern (1664 mehr als im Vorjahre). Die 734 Lehranstalten (65 mehr als im Vorjahre), an welchen Gabelsbergers System durch Unterricht Pflege fand (abgesehen von den Lehranstalten, wo das System nur durch Schülcrvereine gepflegt wurde), vertheilen sich mit 49 auf Preußen, 167 auf Bayern, 92 auf Sachsen, 36 auf die übrigen deutschen Staaten, 344 insgesammt auf Deutschland, 255 auf Oesterreich, 92 auf Ungarn, 3 ans die Schweiz, 13 auf Italien, 4 auf Dänemark, 8 auf Schweden, 1 auf Norwegen, 2 auf Finnland, 6 auf Bulgarien, I auf die Türkei, 5 auf Amerika. An diesen Lehranstalten wurden unterrichtet 22,486 in Anfänger- und 10,878 in Fortbildungskursen, zusammen 33,364 (3066 mehr als im Vorjahre). Auf das Deutsche Reich ent fallen 10,087 Anfänger, 4816 Fortbildungsschüler, zusammen 14,903 (1639 mehr als im Vorjahres auf Preußen 951 An fänger, 236 Fortbildungsschüler, zusammen 1187 (141 mehr als im Vorjahre). An Vereins- und Privatkursen nahmen Theil insgesammt l8,151 Personen (2770 mehr als im Vorjahre), davon 14,291 an Anfänger-, 3860 an Fortbildungskursen, im Deutschen Reiche, 10,811 A., 2548 F. -- 13,359 (2103 mehr als im Vorjahre), in Preußen 4029 A., 5l3 F. — 4542 (931 mehr als im Vorjahre). Die Gesammtziffer aller Theilnchmcr an Untcrrichtskurseu stellt sich auf 51,515, d. i. 5836 mehr als im Vorjahre, und zwar sind darunter 36,777 Thcilnehmer an Anfänger- und 14,738 Theilnehmer an Fortbildungskursen. Hinsichtlich des Unterrichtes weisen die höchsten Zuwachs ziffern gegen das Vorjahr auf: Preußen bei insgesammt 5729 Unterrichteten (4980 A., 749 F.1 1075 Zuwachs, Bayern bei 11,258 Unterrichtstheilnehmern 1585 Zuwachs, Oesterreich bei 17,590 Unterrichteten 1394 Zuwachs, Sachsen bei 7548 Kursus theilnehmern 428 Zuwachs gegen das Vorjahr. Man beobachtet somit nicht nur ein anßcrordentlichcs Vorschreiten der Gabclsbergcr'schen Systems hinsichtlich des Vereinswesens, wie hinsichtlich des Unterrichts im Allgemeinen, sondern in ganz besonders erfreulichem Maaße in Preußen, demjenigen Lande, wo das System sich nicht einer staatlichen Förderung und Unterstützung zu erfreuen hat, wie in einigen anderen Staaten des In- nnd Auslandes. Die gesammte deutsch sprechende Schule Gabelsbergers umfaßt 714 Vereine mit 20,048 ordentlichen Mitgliedern, 549 Lehranstalten und insgesammt 42,704 Unterrichteten. Die fremdsprachigen Schulen Gabelsbergers vcrtheilen sich wie folgt auf die verschiedenen fremden Ländergebiete: (Übertragungen Zahl der Zahl der siahl der Zahl der auf fremde Sprachen Vereine ordentlichen Lehr- insgesammt Mitglieder anstalten Unterrichtet. 1. italienisch 20 529 15 1155 2. böhmisch 7 284 48 3249 3. ungarisch 20 830 85 2760 4. schwedisch 23 405 10 514 5. finnisch 2 209 ? v 6. bulgarisch 1 23 6 335 7. dänisch 1 62 4 193 8. kroatisch 1 44 5 137 9. norwegisch 1 26 1 108 10. englisch 7 236 3 51 11. französisch 1 9 7 12. holländisch 1 8 — 24 13. polnisch — — 8 277 14. spanisch 1 86 2656 ? 185 ? 8810 Außerdem wurde in serbischer Uebertragung 1 Person unter richtet. Im Dienste der betreffenden Parlamente, bez. Landtage wurde, wie früher, Gebrauch von folgenden (Übertragungen des Gabelsbcrgcr'schen Systems gemacht: böhmisch, ungarisch, kroatisch, polnisch, bulgarisch, serbisch, griechisch, dänisch, schwedisch, norwegisch, finnisch. Das deutsche Originalsystem Gabelsbergers findet Anwend ung in folgenden parlamentarischen Körperschaften: im deut schen Reichstage (sechs Gabclsbcrgerianer und sechs Stolzeaner), im österreichischen Reichsrathe und den Delegationen, ferner in den Provinziallandtagen von Schlesien nnd Rheinland, in den Landtagen von Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Weimar, Koburg-Gotha, in der Bürgerschastsvertretung von Bremen, im Landesausschusse für Elsaß-Lothringen, endlich in den Landtagen der verschiedenen österreichischen Kronländer. Die Zahl der Schülervereine beträgt 102 mit zusammen über 2000 ordentlichen Mitgliedern (gegen 88 mit über 1700 ordentlichen Mitgliedern im Vorjahre). Davon entfallen 50 auf Preußen (mit rund 750 ordentlichen Mitgliedern), 3 auf Bayern, 4 auf Sachsen, 19 auf die übrigen deutschen Staaten, 17 auf Oesterreich-Ungarn, 3 auf Schweden, 6 auf Amerika. Akademische Vereine bestehen in Berlin, Breslau, Mar burg, Leipzig. Tübingen, Lund, Ubsala, — Damcnvereine in Berlin, Erfurt, Frankfurt a. M., Hannover, Königsberg (2 Vereine), Langfuhr-Danzig, Remscheid l 8 in Preußen y Amberg, Augsburg, Bamberg, Lindau, München, Nürnberg, Rcgcnsbnrg, Würzburg (^- 8 in Bayern), Chemnitz, Dresden, Meißen (^ 3 in Sachsens Stuttgart, Braunschweig (— 2 in den übrigen dentscbcn Staaten), Änssig, Eger, Wien, Budapest (^ 4 in Ocsterreich-UngcmO, Skara (Schwedens Militär- vc reine befinden sich in Ingolstadt, München, Nürnberg, Dö beln, Dresden, Braunschweig. Indem wir uns an dieser Stelle auf diese wenigen An gaben aus den: reichen Inhalte des Jahrbuches beschränken, stellen wir fest, daß die Gabelsbcrger'sche Schule mit Freude und Gcnugthunng auf die Ergebnisse der Statistik des letztver- flosscnen Zähljahrcs blicken kann: Dieselben bedeuten, daß die Arbeit der Anhänger Gabelsbergers von reichem, ja, kglänzen- dem Erfolge begleitet gewesen ist, auch in solchen Gebieten, wo sich im Kampfe gegen andere Systeme mit ihrer oft markt schreierischen Reklame, die nur zu viel Eindruck auf das leicht gläubige und schlechtbcrathene Publikum macht, der Ausbreit ung unseres Systems Schwierigkeiten cntgcgenstellcn; die Er gebnisse unserer letztjährigen Statistik könnten aber auch den- jenigcn Systemgeguern die Augen öffnen, welche verblendet ge nug sind, zu glauben, oder ihre Schriftgenossen glauben zu machen, daß das Gabelsbcrger'sche System veraltet, nicht mehr zeitgemäß sei, daß es ein überwundener Standpunkt sei — und wie man sonst gesagt hat —, daß es, von anderen Systemen überholt und verdrängt, gänzlich verschwinden werde. Die neuesten Zahlen reden eine sehr verständliche Sprache. Tagtsgcschichle. Deutsches Reich. Die Nat.-lib. Corr." schreibt: Es sind bisher noch äußerst geringe oder gar keine Anzeichen hervorgetreten, daß die leiten den Männer der Reichsregierung in der Militärfrage irgend welche Zugeständnisse von Erheblichkeit zu machen geneigt sind,- um einer Verständigung die Wege zu ebnen. Gleichwohl möchten wir dies nach uns zugegangenen zuverlässigen Mit- theilungen noch keineswegs für ganz ausgeschlossen halten. Diejenige Grenze allerdings, bis zu welcher die Zustimmung einer bedeutenden Reichstagsmehrheit bis jetzt gesichert wäre: Gewährung der zweijährigen Dienstzeit unter Innehaltung der jetzigen Präsenzstärke, wird als Boden einer Verständigung von der Regierung niemals anerkannt werden; da würde sie lieber dem jetzigemZustand den Vorzng geben, da sie in diesem Fall nicht glaubt, die Ziele der Reform auch nur annähernd erreichen zu können, wohl aber fürchtet, ohne Ersatz die mög licherweise immerhin bedenklichen Folgen einer abgekürzten Dienstzeit tragen zu müssen. Zwischen der unverminderten Präsenz und den Forderungen der Regierung liegt aber noch ein weiter Spielraum und eS erscheint nicht ausgeschlossen, daß die Regierung ein gutes Stück entgegenkommt, wenn sie sich überzeugt, daß sie mit ihren Vorschlägen in vollem Umfang nicht durchdringen kann, ebenso wie der Reichstag, wenn er er kennt, daß eine gefährliche Krisis anders nicht zu vermeiden ist. Die Entscheidungen werden jetzt bald herankommen, wir haben den wohlbegründeten Eindruck, daß man an allen denjenigen Stellen, von denen sie in erster Linie auszugehen haben, die folgenschwere Bedeutung der letzten Entschließungen sich noch einmal sehr ernstlich klar machen wird. Nach hiesigen Blättern hat die Regierung dem Reichstage reichhaltiges Material zur Ergänzung der Begründung der Militärvorlage zugehen lassen, damit es der Militärcommission unterbreitet werde. Dieses Material wird jedoch gänzlich ge heim gehalten. Belgien. Brüssel, 26. December. Die Delegirten des socialistischen Congresscs beschlossen, einen allgemeinen Ausstand zu veran stalten, falls die Regierung die Einführung des allgemeinen Stimmrechts verweigere. Sie sind viel mehr gewillt, die revolutionäre Bewegung zu unterstütze» als die friedliche. "l Zwolle, 26. December. Ans dem gegenwärtig hier tagen den Socialistencongreß wurde ein Antrag van Kols, welcher bezweckte, die zwischen Domcla, Nieuwenhuis und Liebknecht be stehenden Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen, nach den Aus führungen Domela's zurückznziehen. England. Dublin, 25. December. Das „Wolfsche Tel.-Bur." meldet: Gestern Abend 11 Uhr wurde der Versuch gemacht, die Wohnung des zur Zeit hier weilenden Staatssecrctärs für Irland, Morley, mittelst Dynamits in die Luft zu sprengen. Dublin, 26. December. Sonnabend Abend bald nach 11 Uhr wurde unsere Stadt durch einen furchtbaren Knall aus der Weihnachtsfeier aufgeschreckt. Der Schauplatz der Explosion war das Polizeigebäude in Exchangecourt gegenüber der Dubliner Burg in unmittelbarer Nähe des Stadthauses. Eine mit Dynamit geladene Höllenmaschine war dicht vor dem Eingänge hingelegt worden. Kurz vor 11 Uhr sah ein Polizist etwas am Erdboden liegen, was wie das brennende Ende einer Cigarre aussah. Dies war unzweifelhaft die glimmende Lunte, welche die Höllenmaschine entlud. Bald darauf betrat ein junger Polizist Namens Simmott das Gebäude. Er muß die Maschine erblickt nnd entweder angepackt oder mit dem Fuße wcggestoßcn haben. Was eigentlich geschah, wird wahrscheinlich niemals aufgeklärt werden. Ein furchtbarer Knall, begleitet von Rauch und Flammen, erfolgte. Simmott wurde buchstäb lich in Stücke gerissen. Er lebte noch, als man ihn aufhob, aber er starb bald nach der Ueberführung ins Krankenhaus. Das linke Bein und der rechte Arm waren vom Rumpfe ge rissen und das Gesicht verstümmelt. Das Polizeigebäudc hat verhältnißmäßig wenig gelitten. Alle Fenster der benachbarten Gebäude, darunter der Bibliothek, wurden zertrümmert. Das Attentat wird als gegen die Burg selber gerichtet angesehen, weil die Regierung wider Erwarten die Begnadigung des Dynamitarden Daly verweigert hat. Diese Explosion ist augenscheinlich ein Protest der Fenier gegen den Entschluß der Regierung. Die Untersuchung ist im Gange, der Thäter noch unermittelt. Spanien. Madrid, 26. December. Die Eröffnung der ersten pro testantischen Kirche erfolgte gestern trotz der klerikalen Agitation ohne erheblichen Zwischenfall. Militär hielt alle Straßen in der Umgebung der Kirche besetzt. Vor der letzteren versuchten mehrere Hundert verhetzte Ultramontane eine feindliche Kund gebung, wurden jedoch von den Liberalen verjagt. Bis zur letzten Stunde suchte der Klerus die Eröffnung der Kirche zu hintertreiben. Sechfig Damen des höchsten Adels hatten noch Sonnabend eine Audienz bei der Königin, welche auf die Ver fassung hinwies. Der Madrider Bischof veranstaltete eine ka tholische Procession zur Sühne für die Entweihung des spa nischen Bodens! Diese dürfte jedoch von Sagasta verboten werden. Amerika. London, 25. December. Dem „Rcuterschen Burean" wird aus Bucnos-Ayres von gestern gemeldet: In der Nacht vom 23. znm 24. d. Mts. fanden zahlreiche gegen Chile ge richtete Straßenkundgebungen statt. Die Theilnehmer wurden schließlich durch berittene Gendarmen auseinander getrieben. Die Wohnung des chilenischen Gesandten wird durch eine Ab- theilung Gendarmerie bewacht. Der chilenische Gesandte hatte heute eine längere Unterredung mit dem Minister des Aus wärtigen, welcher darauf in einer geheimen Sitzung des Kon gresses Erklärungen abgab. Der Urheber der gegen Guerrero gerichteten Anschuldigung, daß letzterer argentinische Beamte bestochen habe, hat seine Behauptung zurückgezogen. Guerrero hat zugesagt, eine diese Frage betreffende Erklärung zu ver öffentlichen. London, 25. December. Eine Meldnng des „Rcuterschen Bureaus' aus Bucnos-Ayres vom heutigen Tage bestätigt die Nachricht von dem Ausbruch einer aufständischen Bewegung in der Provinz Corrientes und fügt hinzu, der Gouverneur habe 4000 Mann gegen die Aufständischen, welche mehrere Distrietc besetzt halten, mobil gemacht.
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