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Hohensteiner Tageblatt : 16.11.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189211160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18921116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18921116
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-11
- Tag 1892-11-16
-
Monat
1892-11
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 16.11.1892
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bewaffnen, weil daL Herbeischaffen der nöthigen Patronen für den Man» unmöglich erscheint, denn es ist gefährlich, einem Soldaten ein Gewehr in die Hand zu geben, mit dem er in der Minute hundertzwanzig Schüsse abgeben kann, wenn sein ganzer Patronenvorrath nur 140 Stück beträgt, da der Mann m der Aufregung der Schlacht in weniger als zwei Minuten sich vollständig verfchießen würde. Bei einem Schiff jedoch, wo man den Patronenvorrath zur Hand hat, besteht diese Ge fahr nicht, und dort kann man den Feind mit einem wirklichen Kugelhagel überschütten. Aber," sagte mir Herr von Mann licher, der übrigens, um die Schnelligkeit des Feuerns zu ver mehren, sein neues Gewehr mit einem Magazin von acht Pat ronen versehen will, .dadurch will ich nicht den Eindruck Her vorrufen, daß mein automatisches Gewehr keine Infanteriewaffe ist, denn sobald das Problem gelöst ist, genügende Munition für den Soldaten herbeizuschaffen, werden die Armeeverwaltungen auf mein Gewehr greifen können." Jetzt wäre es nun die nächste Aufgabe, ein Gewehr zu erfinden, zu dessen Handhabung — keine Soldaten mehrnöthtg sind. Da wären wir, um einen vulgären Ausdruck zu ge brauchen, allerdings — .schöne raus!" Eagcsgeschichlk. Deutsches Reich. Vor einigen Tagen gab ein Berliner Börsenblatt nach Mittheilungen von ..informirter Seite den Rath, sich auf Ueberraschungen gefaßt zu machen; mau werde nicht lange mehr von einem Ministerium Caprivi sprechen können. Die Nachricht blieb unbeachtet, und auch wir würden nicht darauf zurückkommen, wenn nicht auch, wie man aus Berlin schreibt, in dortigen Abgcordnetenkreiscn allerlei gemunkelt würde, als ob etwas vorginge, und man nur nicht wisse, was. Aus welcher Quelle diese Gerüchte stammen, läßt sich nicht feststellen, höchstens vermuthcn. Aus dem Observatorium der Zeichendeuter haben wir erfahren, daß ein neuer unfreundlicher Artikel in der „Post" besonders aufgefallen ist, der in derselben Zeit erschienen war, als die Patrone des Blattes, unter denen sich mancher hoher Beziehungen rühmen darf, ihre Generalversammlung ab zuhalten haben sollen. Andere meinen, an den Gerüchten über die durch die Absage der Kaifermanöver in Süddeutschland zunächst vereitelte Absicht einiger Bundcssürsten, dem Kaiser Vorstellungen über die Reichstage und namentlich über sein Verhältniß zum Fürsten Bismarck zu machen, müsse doch etwas Wahres sein, und diese sind denn auch geneigt, der Verlänger ung der Anwesenheit des Königs Albert von Sachsen in Berlin eine gewisse politische Bedeutung im Sinne der Gegnerschaft gegen die Militärvorlage bcizulegen. Erst recht geschäftig zeigt sich der Correspondent des „Figaro' und des „New-Jork Herald , um unter Berufung auf angebliche Aeußerungen des Kaisers an den baldigen Sturz Caprivis glauben zu machen und der Welt cinzuredcn, daß der Kaiser wieder wie beim Volksschulgesetz die von seinen Rathgebern begangenen Fehler erkennen und, eingedenk der Kämpfe um die nachmals populären Reformen seines Grotzvaters, lieber freiwillig auf unpopuläre Maßregeln verzichte. Das wird nicht klar gesagt, aber cs kommt darauf hinaus: Kaiser Wilhelm II wechselnd in seinen Ansichten und seiner Gunst, Graf Caprivi, obgleich noch ahn ungslos, doch schon ein todter Mann. „Die ganzen Gerüchte zufammengenommen, sind ein Gewebe von falschen Thatsachen, ehrlichen und unehrlichen Mißdeutungen und intrigantem Uebel- wollen. Nach der Versicherung von Personen, die mehr als eine Ahnung von dem wirklichen Stande der Dinge haben müssen, liegt — abgesehen von den parlamentarischen Schwierig keiten der Militärvorlage — kein Grund vor, die Frage auf zuwerfen, wie lange man noch von einem Ministerium Caprivi sprechen könne." Berlin, 14. November. Dem bairischen Anträge über die Beschränkung des Gewerbebetriebes im Umherziehen ist eine interessante statistische Uebersicht über die Zahl der für das Reich in dem fünfjährigen Zeitraum von 1884—1889 ausge stellten Hausirscheine, Legitimationskarten und Gewerbelegiti mationskarten für Handlungsreisendc beigegeben. Daraus geht hervor, daß in dem gedachten Zeiträume die Zahl der Hausir scheine von 2l2,34l auf 226,511, d. h. um62g»^ gewachsen ist, während die Zahl der Legitimationskarten für Handels reisende von 45,016 auf 56,129, d. h. um etwa 24^ "/§, gestiegen ist. Wie der „Reichs-Anz." vernimmt, besteht die Absicht, dem Reichstag sogleich nach seinem Zufammentreten den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, wodurch die dem Bundesrath er- theilte Ermächtigung zur Gewährung des deutschen Vertrags- Zolltarifs an nicht meistbegünstigte Staaten bis zum 1. April 1893 verlängert wird. Berlin, 13. November. Dem Colonialrath sind während seiner letzten Sitzung der Prospect und die Satzungen einer sich bildenden Usambara-Kaffeebaugescllschaft zugegangen. Diesem Unternehmen sind die Vortheile zugebilligt worden, die der Colonialrath im vorigen Jahre zur Beförderung der Baumwoll- cultur in den Schutzgebieten ausgestellt hat. Diese Beschlüsse des Colonialraths, die also in diesem besonderen Falle für die Regierung als bindend anerkannt sind, was vongroßerprincipieller Bedeutung ist, beziehen sich darauf, daß dem Unternehmer dort, wo Land im Besitz der Regierung sich befindet, dieses unent geltlich zu überlassen ist, und daß die Regierung die Ver messungskosten zu tragen habe. Wo ein Landbesitz der Re gierung nicht besteht, soll auf die zur Verfügung Berechtigten dahin eingewirkt werden, daß das Land unentgeltlich oder doch zu billigen Bedingungen überlassen werde. Die Plantagen grundstücke sollen von Grund- und Gebäudesteuer in der Hand des ersten Besitzers auf die Dauer von zehn Jahren frei bleiben. Ferner hat der Colonialrath die Mitwirkung der Regierung zur Heranziehung von Eingeborenen zur Plantagenarbeit für längere Zeit empfohlen. Wo Mangel an eingeborenen Arbeitern besteht, oder die besondere Art der Arbeit den Bezug aus ländischer Arbeiter nöthig macht, soll die Vermittelung der Regierung bei den betreffenden ausländischen Regierungen be hufs Erwirkung der Erlaubniß zur Auswanderung sowie An ordnung der nöthigen Maßregeln zur Sicherung des Trans portes der Arbeiter cintreten. Die Beschlüsse empfehlen ferner die Herstellung von öffentlichen Wegen und Hafenbautcn zur Erleichterung des Verkehrs in den Schutzgebieten und die Ge währung einer Prämie bei der Ausfuhr der Producte. Eine solche Prämie für Kaffee zu bewilligen, ist die Regierung aller dings in Folge der Knappheit des Etats nicht in der Lage; aber sie wird dem Unternehmen nach jeder Richtung hin die Förderung angedeihen lasten, welche ein solches auf sicherer Grundlage beruhendes und von erfahrenen Leuten geleitetes Unternehmen, wie das in Handei, verdient. Da sich in der deutschen Colonialgesellschast zu Berlin, Linkstr. 25, bereits ein Kreis von Interessenten gebildet hat, so ist zu erwarten, daß das Unternehmen sachgemäß^ Förderung erfährt. Zum Hochzeitstag der Prinzessin Margarethe, den 25. Januar 1893, soll nach der „Post" der im Umbau begriffene Weiße Saal des königlichen Schlosses fertig gestellt sein. Oesterreich-Ungarn. Wien, 13. November. Nach dem Diner begaben sich der Kaiser und der Großfürst-Thronfolger in die Oper, woselbst letzterer in der Hoflogc an der rechten Seite des Kaiser Platz nahm. Auch die Erzherzöge Carl Ludwig, Franz Ferdinand, Wilhelm, Rainer, Joseph Augustin und die Erzherzogin Maria Theresia wohnten der Vorstellung bei. Unter lebhaften Zu rufen des Publikums fuhren die hohen Herrschaften sodann nach dem Nordbahnhofe. Der Großsürst-Thronfolger verabschiedete sich dort auf das Herzlichste von dem Kaiser und trat die Rück reise an. Der russische Botschafter, Fürst Lobanow-Rostowski und das Personal der russischen Botschaft, hatten sich zur Ver abschiedung auf dem Bahnhofe eingefundcn. Frankreich. Paris, 13. November. Die Nachricht des Petit Marseillais über die angebliche Erschießung von drei Deutschen und einem Belgier, die als dahomensische Osfieiere in französische Gefangen schaft gerathen sein sollten, wird vom Tcmps. der zuerst damit aufgetreten war, nach Erkundigung an amtlicher Stelle ehrlich als das bezeichnet, was sie ist, die dreiste Erfindung eines unternehmenden Fabulanten. Die übrigen Blätter, die zum Theil noch eine» mächtigen Schaum zu den Mittbeilungeu des Bieder mannes in Marseille schlagen — nur der Matiu hatte die Ge schichte sofort von der Hand gewiesen —, gehen zumeist schweigend der Ableugnung aus dem Wege. Der Figaro aber bemerkt sehr sinnreich, die Thatsache, die Erschießung nämlich, sei nicht amtlich bestätigt, gleichwohl sei es, trotz einer Ableugnung von halbofficiöscm Anstrich, möglich, daß diese Hinrichtung stattge funden habe, und ein solches Vorgehen würde dann sehr zu vertheidigcn seiu. Diese Aufstellung und die weitern Betracht ungen, die an dieselbe geknüpft werden, bedürfen keiner ein gehenden Besprechung. Es ist an dieser Stelle schon vor Wochen, als zuerst die angeblichen deutschen Bundesgenossen des Königs von Dahome durch die Spalten der Pariser Presse geschleppt wurden, sofort der Standpunkt vertreten worden, daß fremde Abenteurer, die gegen das Gesetz und Verbot ihres Heimathlandes sich an dem Kriege in Dahome auf feiten des blutdürstigen schwarzen Königs gegen Frankreich bcthciligen, ihr Leben in der Hand tragen. Die Nationalität ist da gleich gültig. Niemand wird solche zweifelhaften Persönlichkeiten ihreni verdienten Schicksal zu entreißen suchen. Die Strafe, die sie trifft, ist zugleich eine Warnung und ein Präcedenzfall: auch anderen Staaten als Frankreich suchen gelegentlich aus ländische Abenteurer in ihren Beziehungen mit den Eingebore nen Schwierigkeiten zu bereiten, und ein scharfes, strenges Her kommen hat, namentlich an der Westküste Afrikas, wo noch allerlei Erinnerungen aus der schlimmen, gesetzlosen Zeit des Sklavenhandels spuken, ihr gutes. Daß aber weiße Gefangene in diesem Falle fern von der Küste, ohne unparteiische Zeugen und ohne Meldung an die eigene Regierung, vom französischen Befehlshaber zum Tode vcrurtheilt und erschossen sein sollten, ist durchaus unwahrscheinlich. Grade weil von diesen Weißen soviel Aufhebens gemacht worden ist, müßte es für General Dodds, falls dieselben in seine Gefangenschaft geriethen, von Wichtigkeit sein, vor nichtbetheiligtcu Zeugen die Persönlichkeit derselben festzustellen. Es wäre ja auch immerhin der Fall denkbar, daßLentc, die in der Fremdenlegion nicht den Himmel auf Erden gefunden, sich seitwärts in die Büsche geschlagen und zu König Behanzin begeben hätten. Solche Leute könnte mau doch nicht wohl als Deutsche bezeichnen, und General Dodds wäre gewiß der letzte, hierbei und in anderen Dingen Unklarheiten durchschlüpfen zu lassen. England. London, 14. November. Der Standard erkennt die finan- ciellen Schwierigkeiten bei der Durchführung der deutschen Militärvorlage an, sagt aber, trotzdem sehen wir nicht ein, wie das deutsche Volk Frankreich und Rußland gestatten kann, Deutschland in den Rüstungen zu überbieten, um so mehr als die Beziehungen der letztem Mächte tagtäglich an Herzlichkeit zunehmen. Bulgarien. Philippopcl, 14. November. Der Feier aus Anlaß des Schlusses der Ausstellung wohnte auch dcr Secretär des türki schen Commissariats bei. Der Finanzministcr Natschewitsch hielt nach dem Tedeum eine Ansprache, in welcher er einen Rückblick über die Ausstellung gab. Aus der Rede des Prinzen Ferdinand ist noch zn erwähnen, daß er den Erfolg der Aus stellung für Bulgarien als den Beginn einer neuen Culturära bezeichnete. Dem auf die Schlußfeierlichkeit folgenden Bankete j wohnten der Prinz Ferdinand, die Prinzessin Clementine und die diplomatischen Vertreter bei. Der Metropolit von Phi lippopcl brachte einen Toast auf die Prinzessin Clementine aus. Die Veteranen aus dem letzten russisch-türkischen Kriege brachten dem Prinzen Ferdinand und dein Minister Stambu- low Ehrenbezeugungen dar. Türkei. Eine Meldung der Pol. Corr, aus Konstantinopel trägt unverhohlenen Aerger darüber zur Schau, daß cs der deutschen Industrie gelungen ist, die österreichische am Bosporus aus dem Felde zu schlagen. Die Lieferung von 50 Millionen Patronen für die türkische Armee ist nämlich einem deutschen Confortium (Deutsche Mctallpatroncnsabrik in Karlsruhe und Ver. Köln-Rottweiler Pulverfabriken» übertragen worden und die österreichischen Bewerber (Waffenfabrik Steyr mit Gebr. Roth, Wien), welche das Pulver der k. u. k. Staatsfabriken anboten, gingen leer aus. Das ist ja nun nichts Außerge wöhnliches; denn von zwei Bewerbern muß meist einer weichen. Bemerkenswerth ist nur, daß in diesem Falle die Oesterreicher so sehr in Harnisch gerathen, daß sie in jener Cvrrespondenz fogar der türkischen Regierung Verrath an der eigenen Armee vorwerfen. Wegen gewisser, wohlweislich im Dunkel gelassener Unterstützungen" soll sie das minderwerthige, nämlich das Köln-Rottweiler Pulver, dem bessern, nämlich dem Pulver aus den k. u. k. österreichischen Staatsfabriken, vorgezogcn haben. Zahlen und Versuchsergebnissc, welche alle zu Gunsten des österreichischen Pnlvers sprechen sollen, werden ins Feld geführt, um nachzuweisen, daß das Unglaubliche, die Beschaffung mindcr- wcrthiger Armcebcoürsnisse seitens der türkischen Regierung, hier offen zutage liegt. Wir unterlassen es, auf die Zahlen näher einzugehen, denn dessen bedarf cs gar nicht, um das Vorgehen der Türkei im richtigen Licht erscheinen zu lassen. Es wird nämlich in jener Cvrrespondenz von Versuchen gesprochen, welche im Mai und im October in Konstantinopel stattgefunden hätten und bei welchen das !. u. k. österreichische Staatspulver sich als das beste von allen bewiesen habe. Thatsache aber ist, daß das wirklich beste von allen im Mai gar nicht und im October nur bei einzelnen Versuchen mituntersucht wurde; denn dieses eine, welches sich als das beste von allen, besonders auch bei dem höchst wichtigen Erschießen von Treff- bildcrn, erwies, war der türkischen Regierung bereits zur Ge nüge bekannt, weil ein früherer Auftrag auf mehrere Millionen Patronen mit Köln-Rottweiler Pulver bereits in der Ausführ ung begriffen war. Die Protokolle über die Abnahme dieser Patronen und die praktisch erzielten Ergebnisse mit ihnen ließen die Ucberlegenheit dieses Pulvers unzweifelhaft erkennen. Dazu kam, daß gerade dieses Pulver sich bei allen Proben durch seine Beständigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit so sehr auszeichnete, daß allein schon dieser Umstand ausschlag gebend für seine Wahl hätte sein müssen. Endlich ist es gewiß auch gestattet, die Frage aufzuwerfcn, ob nicht jede Regiernng, ebenso wie die türkische, es vorziehcn würde, ihren Armeebedarf durch eine Privatfirma decken zu lassen, statt von den Staats- fabrikcn eines andern, wenn auch befreundeten Staates. Dieser Umstand wird um so schwerwiegender erscheinen, wenn man bedenkt, daß die türkische Regierung die Zuverlässigkeit der deutschen Pulverfirma Köln-Rottweil aus langjähriger Erfahr ung bestens kennt und hochfchätzt. Amerika. Ein Importeur, der in intimer Fühlung mit Mitgliedern des Congresses und Senatoren steht, erklärte einem New-Iorker Telegramm der ..Franks. Ztg." zufolge, der McKinley-Tarif werde nicht amendirt, dagegen ganz aufgehoben werden. Der neue Tarif wird in Mills- und Springer-Vorlage mit freier Einfuhr von Rohwolle bestehen. Wenn der Congreß auch zu einer Specialsession bereits im März einberusen werde, dürfte der neue Tarif erst Januar 1894 in Kraft treten. Vermischte» Mit Bezug auf das kürzlich mehreren Zeitungen zu gegangene und auch von uns veröffentlichte Telegramm aus Berlin wegen Ablassung eines Probezugcs von Berlin nach Frankfurt am Maiu behufs Herstellung einer Verbindung zwi schen diesen Städten in fünf Stunden wird geschrieben: Mit der Strecke Berlin-Frankfurt am Main, die ein Probezug in fünf Stunden zurücklegen soll, ist ohne Zweifel die über Halle a. S. und Bebra führende Linie gemeint. Obwohl diese die kürzeste ist, wird es doch nicht möglich sein, den Zug in der bezeichneten Zeit zu befördern. Zwischen Berlin (Anhalter Bahnhof) und Frankfurt a. Main (Hauptbahnhof) beträgt die Entfernung 538.5 km. Ein Zug, der eine solche Strecke in fünf Stunden zurücklegen soll, müßte, wenn unter diesen „fünf Stunden auch nur Besörderungszeit, also „reine Fahrzeit" verstanden wird, in der Stunde 108 Kin bewältigen. Das ist eine Leistung, die bisher noch nirgends im regelmäßigen Zug verkehr geübt und erreicht worden ist. Die größte Leistung der Schnellzüge beträgt heutigen Tages in Amerika 84 Kin, in England 82 km, in Deutschland 81 km in der Stunde. An genommen, daß am der Strecke zwischen Berlin und Frankfurt am Main eine durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit von 75 Kin in der Stunde erreicht werden kann, was wir angesichts der gebirgischen Theile der Strecke in Thüringen (zwischen Naum burg und Gotha) und in Hessen , Gerstungen-Hönebach und Fulda-Elmen-Gelnhauscn) immer noch als eine Musterleistung der Eisenbahntechnik bezeichnen, so würde die Strecke Berlin- 738 Frankfurt am Main in 7 Stnndcn 10 Minuten reiner Fahrzeit zurückgclcgt werden können. Wenn hierzu die zum Wechseln der Maschinen dringend nöthigen Aufcnthaltszeiteu in Halle, Eisenach und Elmcu mit jc 5 Minuten sowie der Zeitunterschied von 19 Minuten gerechnet werden, so ergeben sich als Mindestaufwand für einen schnellen Zug auf der be zeichneten Linie rund 7^ Stunden. Ein Zug also, der Berlin um 7'" Uhr früh (Ortszeit) verläßt, würde frühestens 2^ Uhr Nachmittags (Ortszeit) in Frankfurt a. M. eintreffcn können. Gegenwärtig trifft der um 7>o uhr früh aus Berlin abgehende Zug um 4 Uhr 7 Minuten (Ortszeit, also N/z Stunden später in Frankfurt ein, wobei zu bemerken bleibt, daß er an 14 Stationen mit zusammen 38 Minuten halten muß." München, 14. November. Pcttenkoser's Erörterung über die Cholera in der heute schon erscheinenden „Medizinischen Wochenschrift" schildert ausführlich die von Pettenkoser und Emmerich mit Cholerabazillcn am eigenen Leibe gemachten Experimente und sagt: Beide an Menschen gemachte Versuche sprechen sehr dafür, daß der Kommabazillus durch sein Leben im Darme das spezifische Gift, welches die asiatische Brcchruhr hcrvorruft, nicht erzeugt. Beide Versuche stimmen auf's ge naueste überein mit den Mittheilungen des Professors Bouchard über die Versuche mit Reinkulturen von Kommabazillen und mit Entleerungen von Cholcrakrankcn an Thieren. Kaninchen bekamen von den Darm- und Nierenentlcerungen cholerakrankcr Menschen der Menschcncholcra entsprechende Symptome, hin gegen nicht von den Reinkulturen des Kommabazillus. Pctten- kofer erklärt, daß cholcracrfahrene Aerzte, welche Pettenkofers und Emmerichs Experiment beobachten, übereinstimmten, daß das Krankheitsbild i Diarrhö) ihren klinischen Beobachtungen bei den Choleracpidcmien nicht entsprach, Pettenkoser erklärt, daß seine und Emmerichs Entleerungen undcsinfizirt in Abtritts gruben und Wasscrklossete entleert wurden. Pettenkoser schließt: Bazillenfang, Baracken, Jsolirungcn, Desinfektionen, Einsuhr- und Durchfuhrverbote, Quarantänen können das Eindringen und die Wciterverbreitung der Cholera nicht hindern. Aus Altona wird uns geschrieben: Die am Sonntag vor- genommcnc Verhaftung dreier Anarchisten soll erfolgt sein, weil die betreffenden verdächtig sind, an einem anarchistischen Cvmplott bctheiligt zu sein. Die Verhaftung soll im Zu)ammen- hang stehen mit der Herausgabe der anarchistischen „Arbeiter- Zeitung", die bekanntlich in Berlin kurz vor der Ausgabe be- ichlagnahmt worden ist. In Altona war bis jetzt wenig oder nichts von „Anarchisten" zu bemerken. In letzter Zeit haben sich jedoch hin und wieder sog. „Unabhängige" durch ihr Auf treten in Volksversammlungen gegen den „Parlamentarismus der Socialdcmokrateu" bemerkbar gemacht. — Es scheint, als ob die Polizei diese Redner nicht aus den Augen gelassen hat, und daß cs durch ihre Aufmerksamkeit gelungen ist, den ersten Schritt, den die hiesigen Anarchisten öffentlich thun wollten, sofort zn verhindern. Die Verhafteten sollen ein Tischler und zwei Schneider sein. Die Criminalpolizei beobachtet dieser Verhaftung gegenüber das strengste Stillschweigen. Kassel, 12. November. Einen Mord- und Selbstmord hat in Folge eines unglücklichen Familienlebens der 39jährige hiesige Postassistent Probst begangen. Uebcr die unseeligc That erfährt man Folgendes: Vor etwa 5 Wochen entfernte sich Probst, der sich vor einem Jahre zum zweiten Male verhci- rathet hatte, unter Mitnahme seines 9jährigen Kindes aus erster Ehe von hier. Alle angestcllten Nachforschungen nach dem Verbleib Beider blieben erfolglos. Gestern Nachmittag erst wurden die Leichen beider Personen bei der Abhaltung einer Treibjagd in der Oberförsterci Kirchcnditmold in einem
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