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Hohensteiner Tageblatt : 08.11.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189211082
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18921108
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18921108
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-11
- Tag 1892-11-08
-
Monat
1892-11
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 08.11.1892
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S, (ä T »0 66 Sk«i gar. Zuck Haft« und ist rheuma raschen! per Fl. tksl in 8peci unit 8ül , L Hal! auck Andustrie und Handel. Zahlungseinstellungen. Adolf Schlüter, Goldarbeiten, Bielefeld. Adalbert Trillhaafe, Kaufmann, Bielefeld. Ferdi nand Trommer, Hofjuwelier, Coburg. Josef Pietsch, Kauf mann, Groß Strehlitz. E. Ehr. H. G. Rohde, Goldschmied, Hamburg. Carl Weidling, Kaufmann, Saalfeld. Chr. Traug. Viehweger, Hausbesitzer und Strumpfwirker (Nachlaß), Mittel- dors. Ludwig Eberling, Agent, Straßburg. Eduard Stein, Kaufmann, Thorn. G. Schäfer, Landesproduktenhändler, Vaihingen. Ida Pauline verehel. Hessel, Mühlenbesitzerin, Blankenstein. Gustav Dessau, Kaufman», in Firma: „Gerb stoff- und Farbstoff-Dampsmühlenwcrk Gustav Dessau in Dorf Weida am Bahnhof Riesa", Weida. Oswald Emil Thomas, Handelsmann, Sohland. Richard Hermann Berndt, Bauer gutsbesitzer, Materialwaarenhändler und Gastwirth, Mißlareuth. Christian Friedrich Wilhelm Wiegner, Gutsauszügler und Materialwaarenhändler, Nachlaß, Engelsdorf (Schlußtermin 3. Decbr. d. I.) — Aufgehoben: Auguste Elisabeth verehel. Dörre geb. Hauschild, vorm. Schnittwaarcnhändlerin, Königstein. Marie Sophie verehel. Roscher, alleinige Inhaberin der Firma: „C. E. Roscher," Lichtenstein. Ein Tag in Varzin beim Fürsten Bismarck. Hans Blum veröffentlicht in den „Leipz. Neuesten Nachr." einen dritten Artikel, dem wir Folgendes entnehmen: Ich benutzte die Gesprächspansc, um den Fürsten zu fragen, ans welchen Gründen wohl der hochverdiente preußische Gesandte beim rö mischen Stuhl, Herr v. Schlözer, seine» Rücktritt genommen habe? „Herr v. Schlözer hat durchaus nicht seinen Rücktritt genommen," entgegnete der Fürst Bismarck sehr bestimmt. Und dann fuhr er ungefähr fort: „Man hat Herr v. Schlözer überhaupt keine Gründe für seine unfrei willige Entscrnuug von Rom, für die Maßregelung eines der vcrdieutesten und tüchtigsten Diplomaten Preußens, angegeben. Vielmehr hat die münchener „Allgemeine Zeitung" den Wortlaut der höchst einfachen ge schäftlichen Anzeige des Grasen v. Caprivi an Herrn v. Schlözer schon mitgctheilt, ans welcher dieser Gesandte, unvorbereitet wie er sich hatte, die Neuigkeit erfuhr, daß er iu Rom überflüssig sei. Es ist uämlich daS bekannte Schreiben, in welchem Herr v. Schlözer unterrichtet wird: Daß bei dem allgemeinen diplomatischen „Revirement", welches Gras Caprivi vorhabe, anch der preußische Gcsaudtschastspostcn beim VaUcan eine andere Besetzung zu gewärtigen habe". Ter Fürst legte dar, in wie rücksichtsvollen Formen für den Nächstbethciligten solche Tinge früher behandelt worden seien, und gab dann der Herr v. Schlözer widerfahrenen Behandlung das zutreffende Eigenschaftswort. Es muß tiefen Ekel erregen, wenn die „Krcuzzcitung" und andere Blätter diesen wahren traurigen Hergang der Sache zu vertuschen suchen durch lügen hafte Erzählungen. Tenn entweder werden diese Blätter von böswilligen Erfindern bedient, deren Unglanbwürdigkeit sie erkennen sollten, oder sie helfen selbst mit an dem Gewebe der Lüge. Die Quellen des Bcsscr- wisscus des Fürsten Bismarck sind hier aber durch keine Kunst zu trüben oder trocken zu legen. Ueber Lothar Bucher sagte der Fürst nach den Blumschen Mit- thcilnugcn: „Ja, ich habe viel an ihm verloren!" rief Bismarck schwer aus- alhmeud. „Lothar Bucher war eine stille, bescheidene, tiefe Natur, mein treuer Freund, manchmal mein Censor, mein Mitarbeiter an Allem, was Herzblut, gesunden Menschenverstand, klares, scharfes Denken er forderte. Viel zu gut war er für die gewöhnliche Tcpeschcuarbcit. Dafür hatten wir die diplomatische Häckselmaschine Abekeu. Der war im Stande, in ein paar Viertelstunden mit der größten Wucht über Alles zu schreiben, was man von ihm verlangte. Sagte mau ihm dann: „Sehr schön, Herr Geheimer Rath, aber in der Hauptsache habe» Sie mich mißverstanden, ich habe gerade das Gcgcntheil sagen wollen", so entschuldigte er sich und brachte unverdrossen nach einer Viertelstunde die Depesche wieder, die nun mit derselben Wucht der Ucberzeuguug das Gegentheil verfocht. Für Alles, was Phrasen erforderte, wie z. B. Thronreden nnd dcrgl., war Bacher absolut nicht zn haben. Er ver stand sich nicht blos nicht ,auf Phrasen, er haßte sie geradezu. Für diesen Bedarf hatten mir außer Abeken auch Wagener, den „Kreuz- zeituugs-Wagcncr", dessen Sic sich ja aus dem Reichstage erinnern werden." Ich bejahte und bemerkte, wie sehr mich die von Poschinger herausgcgcbcne Biographie Lothar Buchers erfreut habe. Ter Fürst aber sagte: Bucher war ganz unglücklich darüber, daß das Buch er schienen mar. Tenn er wollte gar nicht, daß das Publikum sich mit ihm beschäftige. Ich fühle mich sehr vereinsamt durch Lothar Buchers Tod", fuhr Bismarck tief ausathmcnd fort. „Meine Freunde, die es wirklich waren, gehen einer nach dem andern mir voraus in den Tod, nnd diejenigen, die meine Freunde zu sciu behaupteten, wenden sich ab von mir." Ta, sogleich nach dieser schwermüthigeu Betrachtung, die aus diesem Munde, welcher einst der Welt gebot, doppelt erschütternd wirkte, ein freudiger Aufblick aus des Fürste» Auge! „Sehen Sic dic Quelle da unten? Sic ist auch bci größter Hitze nicht wärmer als fünf Grad Reanmur Und wenn alle Brunnen der Gegend verstecht waren vor Trockenheit, gab sie immcr reichlich Wasser nnd die Leute kamen von weit her und füllten ihre Krüge hier. Da ließ ich denn über diesem Wasserlaus im Torje und Weiterhin Brunnen bancn — dic Kostcn, dic dcr Fürst bezifferte, waren recht beträchtlich — aber diese Erinnerung, der Wohlthäter der Gegend zu sein, hatte ihm selbst wohlgcthan nnd seine düstere Stimmung verscheucht. Er kehrte zu Buchers Andenken zu rück, indem er, zur Widerlegung der dummen Legende, als ob Herbert von Bismarck den treue» Freund des Vaters von diesem getrieben habe, fortsuhr: „Bncher hatte seine unversöhnlichen Gegner in der zopfigen Bnreaukralie nnscrer Ministerien. Da war vor Allem im Ministerium des Innern ein Geheimer Rath v. L., ein stöckcrbeinigcr Gesell, dcr Bucher grimmig haßte nud ihm alles mögliche Herzeleid anthat. Ter Mann mar so conservativ, daß er sich im Wandel aller Ministerien selbst zu conserviren verstanden hatte. Und er war so reaktionär, daß er mir sagte: „Nein, Herr Ministerpräsident, so eine Minister-Plenarsitzung ist nichts jür mich, da dürfen sich ja dic Bürger lichen setzen in meincr Gegenwart!" Auch die Frau Fürstin erzählte uns eine hübsche Geschichte betreffs Lothar Buchers. Ein Gast fragte sic einst, aus Bncher deutend, der mit an dcr sürstlichcn Tafcl saß: „WaS macht dem, cigcntlich dieser Herr hier?" — „Dasselbe wie mein Mann," erwiderte die Fürstin. — „Wieso?" — „Im Augenblick gar nichts." — „Aber sonst? Durchlaucht abcitcu doch sonst — aber dieser Herr." — „Dcr arbeitet auch," ver sicherte die Fürstin ernsthaft. — „Was denn?" — „Er schreibt Novellen!" — „Novellen — davon habe ich aber ja noch gar nichts gehört! Wo erscheinen denn dic?" — „Wohl in Zeitungen, aber anch jcdcr Bnch- bäudlcr kcnnt sic. Fragc» Sic nur »ach de» Novellcu von Lothar Bucher." — „Das werde ich gleich thuu." — Tic Fürstin lachte noch jetzt über das Gesicht des dreisten Fragers, als dieser von seiner ver geblichen Forschungsreise nach den „Novellen von Lothar Bucher zurück- kehrte. Wir waren am Herrenhausc angelangt und begaben nns mit dcr übrigen Gesellschaft — die heute durch zwei geistliche Herren vermehrt war — sofort znm Frühstück. Gegen daS Ende desselben erhob Fürst Bismarck seine Stimme und sein Glas und sprach etwa: „Wir sind hier heute bei einander ans vielen deutschen Stämmen: Sachsen, Thüringer Hesse», Franke». Vor fünfzig Jahren wäre cs wohl unmöglich gcwcscn, hicr in dicscm stillcn hintcrpommcrschen Winkcl Vcrtrctcr aller deutschen Stämme zu versammeln, eines Sinnes, in friedlicher Eintracht. Ich bringe mein Glas auf die einzigen Stämme, die hicr schien; aus dic wackcrcn Baier» nnd Schwaben!" Fabrik versenk Pfd. in I O1 „LZvo geschworen zu haben, hatte sich das Kleeblatt am 19. Mai dieses Jahres vor dem König!. Schwurgericht zu Dresden zu verantworten und es erfolgte damals die Verurtheilung von Lubke und Niese wegen Meineids zu je 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus, Schumann's wegen Verleitung zum Meineid zu 2 Jahren Zuchthaus. Gegen das schöffengericktliche Urtheil war seinerzeit von der Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und über diese wurde jetzt von der 4. Strafkammer verhandelt. Unter Aufhebung des schöfsengerichtlichen Urtheils erhielt Schu mann eine Zusatzstrafe von 3 Wochen Zuchthaus. S. ist in zwischen insoweit begnadigt worden, als die Zuchthausstrafe in Gefängnißstrase von gleicher Dauer verwandelt wurde, welche er in der Strafanstalt Hoheneck verbüßt. Sofort erhob sich Prof. Dr. Kaemmel z» einem schwuugvolle» Toast auf den „Einsiedler von Varzin" und daS ganze Bismarcksche Hans, die Anwesenden und dic Abwesenden, die lebenden und künftigen Glieder desselben. Fürst Bismarck nickte dem Redner freundlich zn, rief dann aber launig über den Tisch: „Ich bi» gar kein Einsiedler, ich bin ein Zweisiedler!" Nach Aushebung der Tafel wurde sofort aufgebrochen, um iu ein- stüudigcr Entfernung vom Hcrrcnhause die Fischbeute zu besehen, welche einer der Waldteiche ergeben würde, der heute abgelassen wurde. Die Dame», unter Dr. Chrysanders und der jungen Gräfin Rantzau Führ ung, gingen zu Fuß, der Fürst uud wir vier Sachse» sichren in zwei Zweispännern nach dcr SteÜc, wo wir säst gleichzeitig wieder mit den Damen und ihre» Begleitern zusammentrafen. Das Schauspiel, welches sich iluil an den Ufern dieses abgclassencn Teiches entfaltete, war überaus ergötzlich. Der Fürst war m fröhlichster Stimmung über die guten Erfolge, welche die Anlage einer Fisch- und Krebszucht seit drei Jahre» hier ergeben hatte. Dic besonders großen Hechte, Karauschen, Karpfen und Krebse, die einzeln oder mehrfach aus dem seichten Schlamm wasser gezogen oder aus deu bereits gefüllten Fischkübeln ihm hcraus- gchobcn wurden, betrachtete er mit Wohlgefallen. Alle Krebse und alles halbwüchsige Fischvolk ließ er jedoch wieder frei. Uni ihn drängten sich seine Enkel, dic Damen, dcr Obcrförstcr, die Fischlente. Laute Heiter keit erscholl, so oft ein besonders kräftiger Fisch dem Fangnctz ent- schlüpstc und durch das Znlcitungswasscr einem höher gelegenen, noch gefüllten Teich zustrebte. Im Hintergründe schnaubten nnd stampften die Rosse. Der Fürst reichte dem Oberförster ein großes Silbcrgeldstück für die Leute und sagte: „Lassen Eies die Leute aber lieber in die Stiesel gieße» als hinter die Binde, es hält wärmer!" Der Obcrförstcr dankte und sagte: „Zum Hinterdicbindegießen bekommen die Leute beim Fischfang ohnehin schon genug." Als Herr Roedigcr einige fast erstickende kleine Hechte aus seichten Wasscrstreifcn hcrauslangtc und in tieferes Wasser setzte, sagte der Fürst zu ihm: Sie haben ein gutes Herz — Sie müssen wlederkommen, ehe diese Hechte ausgewachsen sind." Die Sonne neigte sich zum Sinken, als wir nach Varzi» zn Wagen hcimkchrten »nd die zurückgebliebene Fürstin wieder begrüßten. Die letzte Stnndc unseres Barzincr Aufenthaltes war angebrochcii, denn nach sechs Uhr ging dcr Zug von Hammcrmühle ab. Aber dicsc letzte Stunde sollte für uns noch sehr genußreich werden. Wir saßen nm den großen runden Tisch des Damenzimmers, der Fürst nebcn einer Ver wandten seiner Gemahlin, Frau v. Puttkamcr, ans dem Sopha, die Fran Fürstin unter ims Gästen. Der Fürst schenkte uns eigenhändig echtes Spatenbrän ein — das auch au den Mahlzeiten immer zuerst gereicht wird, unmittelbar nachher Champagner, dann erst Roth- nnd Weißwein und Sherri) — nnd hob sein Glas auf uuscr Wohl. Nun entspann sich eine Fülle von ernsten uud launigen Gesprächen. Ueber den deutsch-englischen Vertrag betreffs Ostafrikas und Helgo lands sagte dcr Fürst ctwa: „Ich würde diesen Vertrag nie geschlossen habe». Zanzibar war bereits halb dentsch, als es den Engländern von uns überlassen wurde. Der deutsche Handel hatte den englische» dort schon völlig verdrängt, in 5 bis 10 Jahren wäre die wichtige Stadt, der wichtigste Hafen, vollkommen dentsch gewesen. Und was Helgoland anlangt, so ist dies in meinen Angcn eher eine Last »nd Schwächung, als eine Stütze und Stärkung für Deutschland in einem etwaigen Kriege mit Frankreich. Denn bisher konnte dic uns an Zahl und Stärke überlegene Flotte Frankreichs aus dem einfachen Grunde in der Nord- nnd Ostsee sich nicht halten, weil es ihr an eitlem Hafen fehlte, wo sic sich Kohlen versorgen konnte. Sie mußte immer wieder nach Cherbourg zurückdampsen, um dieses Bcdürsuiß zu befriedigen. So lange Helgo land in englischem Besitz war, in der Hand einer neutralen Macht, war dieses Kohlendepot der französischen Flotte völlig verschlossen. In Zu- knnst braucht dic französische Flotte nur die paar Befestigungen von Helgoland, die keine Kunst stark genug machen kam, gegen die zer störende Kraft dcr modcrmm Geschütze, zum Schweigen zu bringe», dann ist das Kohlendepot der Nordsee für weitere Streiszüge der französischen Flotte gegen unsere Küsten in französischer Hand!" Wenn man von Lstasrika spricht, spricht maii natürlich anch von Wißmann, nnd zwar lieber als von Herrn v. Sode». Wir fragten den Fürsten, was er von der Verwaltung des Herrn v. Soden haite, und ob er nicht meine, daß Wißmann dort besser am Platze sei? Der Fürst bejahte dicsc Frage unbedingt, erklärte, daß Herr v. Soden ein vvr- trcsflicher Gouverneur von Kamerun gewesen, abcr leider mit den ost- asrikanischcn Verhältnissen offenbar nahezu ganz unbekannt, und daher den schwierigen, ihm dort gestellten Ausgaben in keiner Weise gewachsen sei. „Das erinnert mich an eine andere Versetzung, die aber glücklicher weise nicht ansgesührt wurde," sagte der Fürst ungefähr. „Es handelte sich darum, einen Vertreter nach Apia zu sende», auf die Samoainseln. Uud dazu wurde auserscheu ein Manu, der sich — sage» wir i» Java» oder iu der Havanna — als anßerordeiitlich tüchtig bewährt hatte! Ich konnte zwischen den beiden Posten keine andere Aehnlichkeit — nnd demgemäß für die Befähigung des Herrn zu dem Posten in Apia keine andere Begründung — entdecken, als daß beide Orte außerordentlich weit von Berlin entfernt seien. Was nun Herrn Major v. Wißmann anlaiigt, so besitzt dieser unter allen unsere» Asrikamäiliicr» jedenfalls die gena»estc Kenntniß und die reichste Erfahrung betreffs dcr Verhältnisse Ostafrikas, wen» nicht Afrikas überhaupt, denn er hat Afrika zweimal durchquert, mid außerdem hat er außerordentlich viel Tapferkeit nnd Tact bewiesen. Bevor er von Berlin abrcistc, nm Buschiri zu bekriegen, trat er bci mir ciu und ersuchte um Instructionen. „Instructionen?" fragte ich, „ich bin doch nicht dcr selige österreichische Hoskriegsrath. Ei» Brief geht schon sechs Wochen bis Zanzibar, wie soll ich Ihnen da Jnstrnctioncn zukommen lassen? Ich kann Ihnen nur eine Instruction mitgeben: die zu siegen!" Und diese Instruction hat Wißmann glänzcnd dnrch- geführt. Er ist mit einer vollständig tadellose» weiße» Weste aus Afrika zurückgekommeu." Ueber de» Berlin-Wiener Distanzritt hatte sich dcr Fürst schon ans dcr Rückfahrt von dem Fischteich abfällig geäußert. „Eine derartige Leistung", sagte er ungefähr, „kommt im Felde gar nicht ernsthaft in Frage und daher ist es sehr schade um die edlen Thierc, die dieser Spielerei geopfert worden sind. Ich erinnere daran, daß im deiitsch- französischen Kriege ein Gardereiterrcgiment von der Grenze der Nor mandie Plötzlich nach der Linie vor Paris zurückbeordert wurde. Ob wohl die Entfernung viel kleiner ist, als die zwischen Berlin und Wien, kamen doch von 600 Pferden nur 18 intact an." Neben den oben mitgcthcilten ernsten Aeußcrungcn des Fürsten in dieser letzten Stunde, dankten wir abcr auch seiner guten Laune, einige dcr rcizendstcu Blüthen. „DieZeitungen behaupten, wenn ich incognito reisen wollte, so würde ich mich „Herzog von Lauenburg" neunen," sagte er u. A. Zufälliger Weise erhielt die Frau Fürstin wenige Minuten später eine Geschäftsanzeige untcr dcr Adresse: „Au Ihre Durchlaucht die Frau Herzogin von Laucnbnrg". Sie reichte dieselbe ihrem Gatten über den Tisch hinüber. Er las nud rief dann, indem er die Rechte, militärisch grüßend, an dic Stirn hielt, seiner Gemahlin scierlich zu: „Freut mich, Sie keimen zu lernen." Aus seinem Leben erzählte er Vieles. „Als ich noch keine andere Auszeichnung besaß, als die Lebensrettungsmedaille, deren Band genau so aussieht, wie dcr Adlerordcn vierter Klasse, nnd in Berlin rasch in der Richtung eines Bahnhofes dainschritt, rief mir ein Junge zu: „Kann ick Ihnen »ich ene Drotschke besorjen, Hcrr Baurath!" — „Als ich dann deu Majorsrang erworben hatte nnd einmal in Uniform ausging, hielt mich ein Schutzmann für einen ernsthaften Major und ersuchte mich, dienstlich gegen eine Menschenansammlung cinznschreiten, dic dcu Vcr- kchr sperrte nnd mit dcr er allein nicht fertig wurde. Ich that das be reitwillig, erklärte ihm dann abcr, als cr noch andere derartige Wünsche zn haben schien, doch, daß cS mir leid Ihne, nebenher noch preußischer Ministerpräsident zu sciu und als solcher augenblicklich nicht weiter zur Vcrsüguiig des Herrn Schutzmanns stehen könne. — Später habe ich es dann allerdings anch znm General gebracht und komme in Berlin au einem Schutzmann vorbei, dec mich nicht grüßt. „Grüßen Sie denn nicht Osficier?" frage ich ihn. „O ja, Herr," versetzt cr trcnhcrzig. „Abcr nur dic höhcrcn." „Na, rechnen Sie einen General nicht zn den höheren Osficieren, guter Mann?" „Das wohl, abcr Sic sind doch —" „Sic missen wohl nicht, daß ich dcr Reichskanzler bin?" „Nein, woher sollt ich das wissen," ries er betroffen, „ich bi» eben erst vom äußerste»' Oste» »ach Berlin versetzt worden." Ich war so erfreut, daß mich ein mal Jemand in Berlin nicht crkcmnte. daß ich gegen dcu Mann dnrch- ans keine Anzeige erstattete." — In Ferneres ini Rvthschildsche» Schlöffe kommt während des Krieges dcr Großhcrzog von Oldcnbnrg ins Vor- zimmcr, um mich zu bcsuchen. „Was will dcuu der hier?" ruft mein schncidigster Diener dem anderen zu. „Ist dcuu der gemeldet?" — „Besinnst Du Dich an unseren tüchtigen mcklenburgischcn Diener, Jo hanna?" fragte er die Fürstin. Sic nickte. „Nun, dcr diente bci mir eine Zeit laug zugleich mit einem Wcstprcußen," fuhr der Fürst gegen uns gewendet fort. Eines Tages hörte ich, daß die Beide» im Vor zimmer i» lebhaften Wortwechsel gcratheii und scharf ansfällig gegen einander werden. Schließlich spielt abcr doch mein Wcstprcnße den höch- stcu Trnmps aus, indem cr den Mecklimbnrgcr verächtlich zurust: „Was will denn der da — dcr hat ja nicht mal cinen König?" Hier mögcn nun auch dic hübsche» Bemerkiliigen Platz finde», welche Bismarck am Abend zuvor über sciue „Reichshuudc" Sultan nud Tagcsgcschichte. Deutsches Reich. Berlin, 5. November. Es istThatfache, daß die Militär vorlage der Beschlußfassung der letzten Vollsitzung dcs Bundes- rathes am 3. d. M. zur Beschlußnahme nach den Anträgen der Ausschüsse für Landheer, Festungen re. und für Rechnungs wesen unterbreitet war, dic Vorlage ist indessen sicherem Ver nehmen nach von dcr Tagesordnung abgesetzt worden, weil einzelne Bevollmächtigte von ihren Regierungen nicht hinreichend instruirt waren und über einzelne Punkte noch nähere Weisun gen cinholen wollten. Inzwischen wird die Verzögerung nicht hindern, dem Reichstage die Militärvorlage bei dem Zu sammentritt zu unterbreiten. Es wird allgemein bedauert, daß die Erwartung, wonach die Vorlage, sobald sie im Bnndesrath fcstgestellt worden, veröffentlicht würde, nach osficiöser Versicher ung unerfüllt bleiben wird. Nach dcr Geschäftsordnung des Reichstages kann ein Schriftstück, sobald cs drei Tage in den Händen der Mitglieder ist, zur erstell Lesung gebracht werden; es ist indessen kaum anzunchmen, daß das Präsidium den Mitgliedern nicht längere Zeit lassen sollte, sich mit der Vor lage vertraut zu machen. Uebrigens wird gleichzeitig mit der Militärvorlage auch der Rcichshaushalt für 1893/94 dem Reichstage zugehcn; in den zustehenden Ausfchüffen des Bundes- rathes sollen die bezüglichen Vorarbeiten schon in der nächsten Woche beginnen. Oft schon ist über das Ungeschick der officiösen Feder Klage geführt worden, abcr schlimmer ist der Regierung kaum gedient worden, als mit den Artikeln, die jetzt in dem halb amtlichen „Militärwochcnblatt zur Vertheidigung der neuen Militärvorlagc veröffentlicht werden. Um die Nothwcndigkeit einer verstärkten Einstellung junger Mannschaften nachzuwcisen, wird in einem soeben erschienenen Artikel über unsere Land wehr ein Urtheil gefällt, das mit der bisherigen Annahme, aber auch mit der Thatsache in direktem Widerspruche steht, daß die Regierung selbst noch vor einigen Jahren zu einer Erweiterung dcr Dienstpflicht über die Landwehrjahre hinaus geschritten ist. Auf Grund einzelner Vorkommnisse, deren ander weite Bestätigung noch abzuwarten ist, kommt der anonyme Verfasser zudem Ergebniß, daß sich für die Landwehr von 1870/71 folgende charakteristische Erscheinungen feststellcn lassen: 1) mangelhafte Widerstandsfähigkeit des Körpers und Geistes beim Ertragen großer Strapazen; 2) sehr große Procentsätze an Kranken, wobei es hier und da auch an Simulanten nicht ge fehlt hat; 3) Mangel an Wagemut!) beim Angriff; 4) geringere Ausdauer in der Vertheidigung, bei der im Vergleich zu den Linientruppen. Wie diefes harte generelle Urtheil zu vereinigen. ist mit den Lobesspenden, die bisher, auch von militärischer Seite, dem Verhalten der Landwehr vor Metz und vor Allem vor Belfort gespendet wurden, ist schwer begreiflich und be darf noch der weiteren Aufklärung. Ob es klug war, ciu folchcs Urtheil auszusprccheu, selbst wenn es begründet sein sollte, ist nicht minder zweifelhaft. Das Schicksal der Militär vorlagc ist höchst ungewiß, und wenn cs über sie zu Neuwahlen kommen sollte, dürfte bei der Wahl mancher Landwehrmann Mühe haben, die rücksichtslosen Worte zu vergessen, die hicr über ihn ausgesprochen werden. Am 4. d. M. hat im Reichs-Eisenbahnamt eine commis- sarische Verhandlung stattgcfunden, um über dic Fragc der Sonntagsruhe im Eisenbahn-Güterverkehr zu berathen; zeit raubende Erhebungen über den bisherigen Zustand waren vorans gegangen, Vertreter der Regierungen von Preußen, Baiern, . Sachsen, Würtemberg, Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin und Oldenburg, sowie des Senats von Lübeck nahmen an dcr Verhandlung Theil. Allseitig wurde als erwünscht anerkannt, daß den Eisenbahnbeamten und -Arbeitern eine ausgiebigere Sonntagsruhe gewährt werde; indeß schien cs erforderlich, zu nächst durch eingehende Ermittelungen festzustellen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Einstellung des Güterverkehrs an Sonn- und Festtagen durchführbar sei. Diese Ermittelungen sollen nach übereinstimmenden, bei der gestrigen Verhandlung vereinbarten Grundsätzen ausgcführt werden; auf den preußischen und den sächsischen Staatseisenbahncn sind derartige Vorarbeiten bereits im Gange. Berlin, 5. November. Das Dementi, das die „Germania" der Nachricht von der Absicht, einen Katholikentag in Leipzig abzuhalten, entgegengestellt, ist etwas jesuitisch abgefaßt. Es hat nur der etwas ungeschickten Fassung oer Meldung gegolten. Vc frü du an aus vie lm am me we crn M far reg grc Lai siü bet To 20. W> 28. bis 17. 13! mü bis 24 De den vor Nu bm wci häl Uel trie Bej am Ziel eiw so für Km ges< sen aus alle zud seid noö län z»g kan reg! der jetzt Qu schl lun Uel wir wid ZU rich von Str den Ger Tiras machte. Sultan war, »ach einem dazwischen geworfenen Wort: der Fürstin, „dcr rührendste Hund, den ihr Gcmahl besessen." „Wenn. ich verreiste," bestätigte Bismarck, „so suchte er mich überall mit großer Traurigkeit. Endlich ergriff cr danu zu seinem Tröste meine weiße Militärmütze nnd meine hirschledernen Handschuhe, trug diese in den Zähnen nach meinem Arbeitszimmer, und blieb dort, mit der Nase an meinen Sachen, liegen, bis ich wieder kam." — „Anch der alte Tiras war sehr intelligent und treu. Wen» ich »ach dem Reichstag ging, so nahm ich den Weg durch den Garte» hinter dem Reichskanzlerpalais, öffnete hier die Pforte nach der Königgrätzerstraße, drehte mich gegen Tiras um, der mich bis dahin vergnügt begleitet hatte, und sagte blos: „Reichstag!" Sofort ließ dcr Hund Kops und Schwanz hängen und verzog sich niedergeschlagen. Einst hatte ich meinen Stock, den ich ans die Straße nicht mitnehmcn konnte, da ich in Uniform ging, an die Jiinenmaucr des Gartens gestellt, ehe ich durch die Pforte schritt. Nach vier Stunden kam ich ans dem Reichstag zurück. TiraS begrüßte mich nicht beim Eintritt ins Hans, wie sonst stets, und ich fragte daher den Schntzmami, wo dcr Hund sei? „Dcr steht seit vier Stunden hinten an der Gartenmauer, uud läßt Niemand zu Euer Durchlaucht Stock," erwiderte dcr Wachtposten. Ein ander Mal ging ich hicr in Varzin in Begleitung von Tiras spazieren und sehe ans einer Karre eine Fnhrc Holz liegen, das ich für gestohlen hielt, weil es aus grünem Holze ge hauen war. Ich gebot dem Hund, bei der Fuhre zu bleiben und ent fernte mich, um einen Mann zu holen, der die Sache aufklären könne. Als ich znrücksah, gewahrte ich aber, daß Tiras mir leise und geduckt nachschlich. Ich kehrte zurück und legte einen Handschuh auf die Karre. Da blieb mein Tiras dort stehen wie angcwnrzclt." Ueber das Ende des tüchtigen Thicres erzählte der Fürst auf mein Befragen: „Er war nicht krank, er ist an Altersschwäche eingcgangcn. Einen Tag vor seinem Tode war er noch so steif, daß ich ihn wie einen Hammel von oben in mein Arbeitszimmer tragen lassen mnßte. Dann, als ich nach Hanse kam, wedelte cr noch. Das nächste Mal, an seinem Todestage, konnte er anch nicht mehr wedeln nnd gab nur durch seineil Ausdruck zu verstehe», daß cr mich crkaüut habe. Während ich dann am Tische schrieb, sah ich ihn plötzlich lautlos in mein Schlafzimmer sich schleppen und gleich darauf sagte mir dcr Diener, der ins Schlafzimmer getreten war: „Dcr Tiras liegt todt ansgcstrcckt im Schlafzimmer." Bon meinen jetzigen Hnndcn kann ich dagegen rühmen, daß sie wie wild aus den verschiedene» Winkeln anffahren und gegen die Thüre stürmen, sobald der Diener meldet: „Das Essen ist anfgetragen." Nun war das letzte Glas ausgctrunken, die Bereitschaft der Wa gen gemeldet, die uns nach Hämmermühle von dannen fahren sollten. LLir mußten scheiden! Dcr Fürst reichte jedem von nns die Hand nnd begleitete uns baarhäuptig bis an die Hostreppe, hicr die letzten Scheidc- grüßc uns nachwinkcnd. Dic Rosse zogen an — znm letzten Male er blickten wir die hohe, edle Gestalt, vom Lichtschein des gastlichen Hanscs umflossen. Ich schloß dic Angen. Als ich sie wieder öffnete, lag nächt liches Dunkel um mich uud die Hufe flogen über dic Dorfstraßc von Varzin. Wic ein Traum lag der große Tag beim Fürste» hinter mir, aber mir ein schöner, unvergeßlicher Traum! die wb
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