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Hohensteiner Tageblatt : 04.11.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189211047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18921104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18921104
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-11
- Tag 1892-11-04
-
Monat
1892-11
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 04.11.1892
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:r st n. o opa >zw. nen nrig XX) alle en; den n, r-- !s e- !N ät n- w n Z- cs je- it- :n, ll- ar- )eer res ber- cieil s im also Ione, 44 Sa- )en Des :ise lg- rch ^c- att n n se 1, st zu 20 i? im uz !e- et, er ien ich en.. ps :n- ver- Ca- reich hezu aber rärk clche illon 290 at68 :ung lone die vier in- th- n» der kau der an den lten As chen luß- wie ächt, enz- ciege Hten >enig felde Eine gar inem nur isher, wird Heere, ytiger Tagcsgeschichte. Deutsches Reich. Die „Nordd. Allg. Ztg." hat den Inhalt eines Artikels der „Deutschen Revue , wonach Hirst Bismarck zur Zeit der ..Krieg in Sicht -Episode im Frühjahr 1875 den Krieg gegen Frankeich geplant, aber in Folge der Intervention des Kaisers den Kürzeren gezogen habe, als durchaus unbeglaubigte, auf Combination oder Erfindung gebaute Raisonnements bezeichnet und nebenbei in Abrede gestellt, daß der Verfasser des Artikels ein früherer oder zur Zeit noch aetiver Diplomat sei. Die ganze Episode bestand bekanntlich darin, daß der«, damalige deutsche Botschafter in Paris, Fürst Hohenlohe, am 5. Mai bei seiner Abreise nach Deutschland den französischen Minister des Auswärtigen, Herzog Decazes, auf die Consequenzen der Fortsetzung der damals mit übertriebenster Hast geforderten französischen Rüstungen aufmerksam machte und ziemlich deut lich erklärte, Deutschland würde eventuell den Zeitpunkt für einen Krieg, den Frankreich wolle, selbst wählen. Diesem Ge dankengang wurde auch in der „Kreuz-Ztg.", in der „Post" im sog. „Krieg in Sicht -Artikel, dessen Verfasser nachher desavouirt wurde, beigetrcten und da die Franzosen, die sich bedroht glaubten, in den Times" nnd die preußische Kriegs partei denuneirten, daß sie in Rom und Wien Bündnisse gegen Frankreich suche, entwickelte sich eine sehr intensive Kriegsbe- sürchtung. Es war das der erste, aber bekanntlich lange nicht der letzte Versuch, die Siedehitze der französischen Rcvanchc- wuth durch einen kalten Wasserstrahl zu dämpfen. Die Fran zosen gebürdeten sich natürlich, als ob sie die Bedrohten seien, bettelten in Petersburg um Vermittelung, und als Kaiser Alexander am 10. Mai auf dem Wege nach Ems in Berlin eintraf, überraschte der Czar das diplomatische Corps mit der tönenden Phrase: kn paix mnintannnt «st ussurös, eine Phrase, die Fürst Gortschakow in einem diplomatischen Rund schreiben wiederholte. Fürst Bismarck hat seinem russischen College» diese Bosheit nicht vergessen und sich während des Berliner Congresses im Jahre 1878 revanchirt. Er ließ sich den zum Congreß in Berlin anwesenden Pariser Corresponden- ten der „Times", Herrn Oppert, kommen und veranlaßte ihn zu einem Bericht für sein Blatt, in dem sich Fürst Bismarck über den Fürsten Gortschakow als Fricdenscngel mit goldenen Flügeln lustig machte. In dem Artikel hieß es unter Anderem: . Es war (1875) ein Complott zwischen Gontant-Biron (dem da maligen französischen Botschafter in Berlin) und Gortschakow, der begierig war, von den französischen Blättern Lob zu ernten und Retter Frankreichs genannt zu werden. Sie hatten das Ding so arrangirt, daß es an dein Tage der Ankunft des Czareu in Berlin platzen sollte, der als quo5 auftreten und durch sein bloßes Erscheinen Frankreich Sicherheit, Europa Frieden und Rußland Ehre geben sollte." „Ich habe nie", fügte Fürst Bismarck hinzu, .einen Staatsmann unbesonnener handeln sehen — aus Eitelkeit die Freundschaft zweier Regier ungen (Deutschland und Rußland) cvmprvmitiren, sich selbst den ernstesten Consequenzen aussetzen, um sich die Rolle eines Retters zuzutheilcn, als nichts in Gefahr war." Daß Fürst Bismarck damals alles Ernstes den Krieg gewollt und nnr durch den Kaiser Wilhelm, der 8 Tage vor der Ankunft des Czarcn dem nach London durchreisenden Grafen Schuwalow erklärte, er wisse von der ganzen Geschichte nichts, die Pläne Bismarcks vereitelt sein sollte, ist einfach unwahr. Wäre das richtig, so hätte der Czar sich dnrch die Ankündigung an das diplomatische Corps, der Friede sei gesichert, geradezu lächerlich gemacht. So viel ist freilich richtig, daß das damals inaugurirte System der „kalten Wasserstrahlen nach Paris", wenn es auch in dem einen oder anderen Falle die Franzosen von der Ge fahr, mit der sie spielten, überzeugte, seiner Natur nach ein zweischneidiges war, weil cs Frankreich einen Anlaß gab, sich als von Deutschland unschuldigerweisc bedroht hinzustellcn und Mißtrauen gegen Berlin zu säen. Berlin, 2. November. Die officiöse „Nordd. Allg. Ztg." kommt heute auf die in verschiedenen Landestheilen in den letzten Tagen abgchaltencn politischen Versammlungen zu sprechen, die sich auch mit der Militärvorlage beschäftigt haben. Sie hebt die Erscheinung hervor, daß sowohl dem Centrum wie der uationalliberalen Partei angehörendc Abgeordnete sich in ganz anderem Sinne aussprcchen, als diejenigen Parteiorgane, deren „Nein" die .Freis.Ztg." tagtäglich mit Fleiß nnd Eifer verzeichne. Die Redner hätten zwar keine Begeisterung für die sehr erhebliche Vermehrung der Militärlastcn erkennen lassen, indessen hätte bei den sonst von sehr verschiedenen Gesichts punkten aus urtheilcnden Männern Uebcrcinstimmnng darin bestanden, daß sic ablehntcn, sich auf ein „Nein" oder „Ja" zu verpflichten, bevor sic jene letzten und entscheidenden Be weggründe kennen gelernt hätten, welche die Militärverwaltung zwangen, mit solcher Forderung hcrvvrzutreten. Das officiöse Blatt fährt dann fort: Gegen eine solche der Sachlage entsprechende Stellungnahme wird Niemand einen berechtigten Einwand zu erheben vermögen, und wenn, obwobl sic die natürliche ist, auf sie hmznweisen Veranlassung vorliegt, so hat das nur darin seinen Grnnd, day die Prcßmache der „Gegner des Milnansmus" darauf abzielte, nicht nur Zeitungen, sondern auch Abgeordnete auf ein voreilig ausgesvrochcneS „Nein" festnagein zu wollen. Wenn aber so übereinstimmend die Vertreter sonst stark divcrgirendcr Richtungen abweisen, sich solche Festnagcluug gefallen zu lassen, dann darf allerdings sestgestellt werden, daß die piincipiellen Gegner der Vor lage den ersten Abschnitt ihrer Preßcampagnc verloren haben. Aller dings kommen auch aus dem eigenen Lager dieser Gegner Stimmen, welche erkennen lassen, daß man dort die Begeisterung des Richterschen Blattes sür das Herausbcschwören einer „inneren Krisis" keineswegs thcill, viilmehr auch der Meinung zuncigt, von der Militärverwaltung als notbwendig nachgcwiesene Forderungen nicht abweisen zu dürfen. Daß die Beweislast sür die Nothwcndigkeit ihrer Forderungen der Militärverwaltung obliegt, dürfte diese selbst am allerwenigsten verkannt haben, und wenn auch di.jemgen conseroativen Stimmen, welche wegen der Aufgabe der dreijährigen Dienstzeit Bedenken trugen, sich darauf berufen haben, man wolle sich die Nothwendigkeil der in Vorschlag ge brachte» Veränderungen „beweisen" lassen, so läßt sich kaum verkennen, wie die von den Gegnern der Vorlage vorzeitig und voreilig in das Stadium der Siedehitze hinaufaeschrauble Erörterung schließlich nur dazu geführt hat, daß von allen Seiten betont wird, daß man vor Allem Vcrnnschko. Berlin, 1. Nvvcmber. Die neueste Nummer des „Socia list" ist wegen der darin enthaltenen Priiizipienerklärung (fo nennt sich der vor Kurzem mitgetheilte Programmentwurf) gestern beschlagnahmt worden. Breslau, 31. October. Die wichtige Frage, wie die durch das Arbciterschutzgesetz eingeführte Sonntagsruhe für die zahl reichen Gehilfen, Arbeiter, Lehrlinge u. s. w., namentlich für die in jugendlichem Alter stehenden und des Anschlusses an eine Familie entbehrenden, in einer ihrer sittlichen Pflege dienenden Weise am besten nutzbar zu machen sei, hat neuer dings auch die kirchliche Behörde beschäftigt. Es liegt zweifel los die Gefahr nahe, daß die gegebene Freiheit zur Äersuchung einer ausgedehnteren Betheiligung an den Sonntagslustbar keiten werden kann, was eine dem Sinne des Gesetzes gerade entgegenstehende Wirkung haben würde. In dieser Erwägung hat das königliche Consistorium den Geistlichen und Gemeinde- kirchenräthen in der Provinz nahe gelegt, in Betracht zu ziehen, ob nicht durch Aenderungen oder neue Veranstaltungen in den gottesdienstlichen Einrichtungen in denjenigen Stunden, welche gesetzlich der Sonntagsruhe eiugeräumt sind, eine besondere Rücksichtnahme auf dieselbe angezeigt erscheint. Es läßt sich nicht verkennen, daß unter dem bezeichneten Gesichtspunkt ein überaus wichtiges Gebiet sür eine fruchtbare Thätigkeit der Gcmeiude-Kirchenräthe sich öffnet, welche der sittlichen Pflege der jugendlichen Gemeindcglieder dienstbar gemacht werden kann. Ganz abgesehen von dem Besuch des Gottesdienstes wird sich in erster Linie eine Ausdehnung des Gemeinschafts lebens sür die Nachmittage und Abende der Sonntage empfehlen, wie es seit Jahren zum Beispiel in den Jünglings- und Jung- 'raucn-Vereinen durch Veranstaltung von Vorträgen, geselligem Verkehr w. angestrebt wird. Daß „der Blumen Rache" keine Ausgeburt einer dichteri schen Phantasie ist, zeigt folgender Vorfall, der sich nach der „K. Hart. Ztg." in einer königsbcrger Familie in der Prinzen straße ereignet hat. Am Freitag vergangener Woche feierte die Tochter eines dort wohnhafter Rentiers ihren Geburtstag, zu dem sie nicht weniger als 32 Sträuße mit den schönsten und duftigsten Blumen erhalten hatte. So lieb ihr alle diese herrlichen Kinder Floras waren, sollte deren Nähe ihr doch ge fährlich werden. Die junge Dame hatte nämlich unvorsichtiger weise die Blumen in ihrem Schlafzimmer untergebracht. Als um 3 Uhr in der Nacht die im anderen Zimmer schlafende Mutter erwachte, vernahm sic zu ihrem Schrecken ein leises ängstliches Stöhnen aus dem Zimmer ihrer Tochter. Als sie nuu hinzucilte und die Thür öffnete, strömte ihr ein so starker Blumcndmt entgegen, daß die alte Dame förmlich zurückprallte. Auf der Erde neben dem Bett aber lag die Tochter in tiefer Ohnmacht, so daß sie hinausgetragen werden mußte. Erst nach längeren Bemühungen gelang es den vereinten Anstreng ungen, die junge Dame aus ihrer Betäubung zu erwecken. Dieselbe liegt aber noch krank darnieder. Der Fall Hütte recht tragisch enden können, wäre die Mutter nicht rechtzeitig erwacht. Wiesbaden, 31. Octvbcr. Am Sonnabend Abend wurde bei dem benachbarten Tone Erbcnhcim eine 17jährige Näherin, ein hübsches, blühendes Mädchen, auf der Landstraße überfallen und durch vier Messerstiche gctödtct. Ter muthmaßlichc Thäter ist ein I8jährigcr Bursche, der sich kurze Zeit darauf iu der Wohnung seiner Eltern erschoß. Hagen, l. November. Der vom königlichen Amtsgericht zu Klötze (Kreis Gardelegen) gesuchte 2 l jährige Raubmörder A. Suhr wurde gestern hier verhaftet und heute nach Klötze gebracht. Suhr hatte mit einem Genossen den Schlossergesellen Kitzmann in der Nähe von Klötze ermordet und seiner Baar- schast beraubt. London, 1. November. Der Mädchenmörder Thomas Neill soll am nächsten Dienstag gehängt werden. Die Anwälte desselben haben jedoch um Aufschub der Hinrichtung gebeten, da sie behaupten, Material beivringcn zu können, daß Neill, als er noch in Canada lebte, schon an Irrsinn gelitten habe. London, 2. November. Der Expreßzug, der gestern Abend 10 Uhr Edinburg verließ, stieß drei Meilen von Thirsk mit einem Güterzuge zusammen. Mehrere Wagen gcriethen dabei in Brand und wurden vollständig zerstört. London, 2. November. Weiteren Meldungen über das Eisenbahnunglück bei Thirsk zu Folge iuhr der Schnellzug 60 Meilen die Stunde. Der Güterzug, der mit Eisen beladen war, befand sich bei dem Zusammenstoß in Bewegung. Der Anprall war sehr heftig; es herrschte dichter Nebel. Die Lich ter der Züge erloschen. Der Schnellzug entgleiste; mehrere Wagen wurden zersplittert. Nach den letzten, aber nicht amt lichen Berichten sind dreizehn Personen gctödtet, von denen mehrere verbrannt sind. Viele Personen sind verletzt, mehrere darunter ernstlich. O, diese Männer! Wenn sie nicht wissen, was sür eiu Ausbund von Schlechtigkeit sie sind, so brauchen sie nnr zu lesen, was Miß Cozcn aus London, ein streitbares Mitglied der „Fraucn-Emancipations-Union', anläßlich des jetzt in Bir mingham tagenden Congresses der Liga für Frauenrechtc, über sie zu sagen hatte. Wenn es nach dem Anträge dieser in der Liebe offenbar schwer enttäuschten, unvermählt gebliebenen Dame geht, dann tritt die Frauenbewegung in ein neues Stadium ein, und „die Männer, diese Todfeinde der Frauen, die in einer erborgten Löwenhaut stecken", wie die Heldenjungsrau sagt, mögen zittern! Miß Cozen erklärt, die Zeit des Parla- mentircns sei vorüber! Es sei nutzlos, um die Rechte zu werben, welche die Frauen fordern dürfen. Freiwillig werde „das selbstische und eingebildete sogenannte stärkere Geschlecht" nie den Frauen die ihnen zukommende vollständige Gleich berechtigung zugestehcn und nur die Furcht allein könne ihnen dies abzwingen. „Gebt mir tausend Frauen, die den Revolver gut zu handhaben wissen! Gebt mir Dynamit, und binnen einigen Wochen werden die „Herren der Schöpfung" alsScla- ven zu unseren Füßen liegen, und alle unsere Forderungen werden bewilligt sein!" Es giebt nun allerdings Leute, welche behaupten, daß alle Männer mehr oder weniger Sclaven der Frauen seien, und daß sie zu deren Füßen liegen und sich in Ketten schlagen lassen, ohne daß die zarten Fraucnhände Re volver führten und den Männern gegenüber Dynamit als Jn- sectcnpulver gebrauchten. Einige Mitschwestern glaubten darum auch, au Miß Cozen die Frage richten zu müssen, ob sie im Ernst spräche? Sic erklärte hierauf eutrüstct, daß sie in so Mannschaften eingeführt ber der Infanterie, der fahrenden Artillerie und der Festungsartillerie. In Deutschland aber soll selbst für die Feldartillerie an der dreijährigen Dienstzeit fest gehalten werden. In Deutschland beabsichtigt die Militärvorlage, eine Er höhung des Rekrutenkontingents um 60,000 Manu einzusühreu. Würden diese neuen Rekruten auch nur 9 Mouate im Dienst behalten, so würde es bei Durchführung der zweijährigen Dienstzeit möglich sein, ohne jede Erhöhung der Friedens präsenzstärke eine solche Verstärkung der Aushebung herbeizu- sühren. Denn eine Dienstzeit von 9 Monaten für 60,000 Mann kommt einer Heeresverstärkung von 45,000 Mann gleich. Der dritte Jahrgang der Fußtruppen aber, welcher zur Ent lassung kommen soll, ist noch etwas stärker als 45,000 Mann würde also jenes Plus wieder ausgleichen. Hore» Molle, was dm doch a»D nach psachtmamgem Ermegen handelnden milnärischen Autoritäten zur Rechtfertigung ihrer Vorschläge anzusüvren haben. Wenn dieser Vorbehalt ein berechtigter ist, so liegt angesichts deS gegen die Vorlage mit solcher Heftigkeit seit Monaten geführten Preßkampses ein Fortschritt zum Besseren vor, ein Fortschritt, der bei dem gesunden Sinn der Übergronen Mehrheit unseres Volkes von jedem Unbefangenen allerdings mit Bestimmtheit erwartet werden müßte." Berlin, 2. November. Wie man mit Bestimmtheit erfährt, sind die Bcrathungen der Bundesraths-Ausschüsse für Landheer und Festungen und für Rechnungswesen über die Militär- Vorlage soweit gefördert worden, daß der mündliche Bericht an das Plenum des Bundesrathes und die Beschlußfassung des letzteren unmittelbar bevorstehen und vielleicht schon in der auf morgen angesetzten Sitzung erfolgen kann. Es wird allgemein erwartet, daß nach Feststellung der Militärvorlage seitens des Bundesrathes, also derjenigen Fassung in welcher die Vortage an den Reichstag gelangt, deren vollständige amtliche Ver öffentlichung erfolgen wird. Es würde das u. A. die Wirkung haben, daß den Reichstags-Mitgliedern über 20? Wochen Zeit gelassen wäre, sich mit dem Inhalt der Vorlage vertraut zu machen. Morgen wird in der Vollsitzung des Bundesrathes ein Antrag Preußens, betr. Einführung der Arbeiter-Versicher- ungsgesctze in Helgoland, dessen Bcvorstehen wir bereits an deuten konnten, wahrscheinlich den bethciligten Ausschüssen über wiesen werden. Auch soll die Beschlußfassung über die Wiedervorlegnng des Gesetzentwurfs wegen Abänderung des Strafgesetzbuches erfolgen. Ein viel verbreitetes Gerücht will wissen, daß die Cent- rumsanträge wegen Aufhebung des Jesuitengesetzes dein Reichstage möglichst gleich nach seinem Zusammentritt unter breitet werden sollen. Es heißt, die ersten Arbeiten der Fraktion würden sich damit beschäftigen. Die Bestätigung der Meldung bleibt abzuwarten. Neue Petitionen in dieser Richtung sind dem Reichstage seit dem Schluß der letzten Tagung in kaum nenncnswerthem Umfang zugcgangen, und eine Erneuerung der früheren Agitation für den Antrag, also eine Fortsetzung der Massenpetitionen, hat nicht stattgefunden. Berlin, 2. November. An hiesige Großindustrielle sind, wie der „Conscct." berichtet, amtlicherseits vor einigen Tagen Fragebogen verthcilt worden, um ihre Wünsche in Bezug auf Zollherabsetzungen in Rußland zu erfahren. Es wird um An gabe der bis jetzt gültigen Zollsätze, der erforderlichen Er mäßigungen, ob Verzollung nach Werth oder Gewicht erstrebt werden soll, um Mittheilung, ob Concurrenzindustrie in Ruß land existirt, ob diese stark sei, wie viel die bisherige Ausfuhr beträgt u. s. w. ersucht. Der .Berl. Actionär" erklärt uach zuverlässigen Erkundig- uugen die Nachricht, es bestehe ganz ernstlich die Absicht, im Hinblick aus deu Rückgang der Eiuuahmcu der preußischen Staatsbahnen eine theilweise Erhöhung der Personen-Tarife eintreten zu lassen, die jetzige unbedingte Zulassung der Rück fahrkarten für alle Schnellzüge zu beseitigen und ihre Benutz ung wenigstens sür einen Theil der schnellfahrenden Züge von der Lösung von Znschlagskarten abhängig zu machen, die Zahl der zur Ausgabe gelangenden Sonntagsfahrkarten einzuschränkcn und auch die Saisoukarten nach Sommerfrischen aufzuheben, für erfunden. Nach der „Kreuzztg." ist durch das Fernbleiben des Königs von Württemberg von der Wittenberger Feier, das bekanntlich eine Folge des Todesfalles in der königlichen Familie von Württemberg war, eine Lücke in dem gejammten Festprogramm entstanden. König Wilhelm von Württemberg sollte nämlich dem Kaiser auf die Ansprache beim Festmahle antworten; nun mehr unterblieb die Entgegnung aus der Mitte der evangelischen Fürsten. Die vaticanische Presse ergeht sich in Ausfällen gegen die Rede, die der deutsche Kaiser bei der Feier in Wittenberg ge halten hat. Wenn die „Voce della Verita" nur deshalb erregt wäre, weil der Kaiser als protestantischer Fürst „dessen Ver bündete, wie das Blatt sagt — den Papst gefangen halten" gesprochen hat, so könnte man darüber ruhig hiuwcggehcn, aber das Organ des Vaticans ermuntert die deutschen Katholiken zur Auflehnung, indem es die Erwartung aussvricht, daß die deutschen Katholiken die Auslassungen des Kaisers nicht ruhig hinnchmcu würden. Die volle Bedeutung dieser hetzerischen Kundgebung wird sich erst ermessen lassen, wenn uns der Artikel der „Voce della Verita" im Wortlaute vorliegt; jeden falls ist die schärfste Zurückweisung geboten, denn in der Rede des Kaisers lst nichts enthalten, was die katholische Kirche ver letzen könnte. Der Kaiser erklärte, daß auf dem gläubigen Festhalten an der ewigen Wahrheit des Evangeliums unsere Hoffnung im Leben und Sterben ruht, daß unser Glaube uus auch heute noch mit der ganzen Christenheit verbündet. In ihm liege e n Band des Friedens, das auch über die Trennung hinübcrreiche. Es giebt in Glaubcnssachen keinen Zwang. Hier entscheidet allein die freie Ueberzeugung des Herzens, und die Erkenntnis;, daß sie allein entscheidet, ist die gesegnete Frucht der Reformation. Wir Evangelischen befehden niemand um seines Glaubens willen. Aber wir halten an dem Bekenntnisse des Evangeliums bis in den Tod." Und diese erhabenen Worte des Monarchen bieten dem vatikanischen Blatte den Anlaß, um die deutschen Katholiken zur Auflehnung gegen den protestanti schen Kaiser zu Hetzen. Es müssen böse Gewalten sein, die in der Werkstatt jenes Blattes von entscheidendem Einfluß sind. Hoffentlich wird die katholische Presse Deutschlands die Un verschämtheit der „Voce della Verita" mit der gebührende» Entrüstung zurückweisen. Wenn das Blatt schließlich den Papst als Triumphator darstellt und die Ansicht vertritt, daß die römische Kirche heute mächtiger als je dastehc, so wird sich im protestantischen Deutschland dadurch niemand gekränkt fühlen. Auch die Bemerkung, daß die protestantische Kirche „längst ab gestorben sei", enthält nichts Verletzendes, weil darin die bös willige Verkennung von Thatsachen offen zu Tage tritt. Allen evangelischen Christen werden die schönen Worte des Kaisers eine Erhebung und Erquickung sein. In Zeiten, da der streit bare Ulkamontanismus in seinen Herausforderungen immer weiter gehen, immer kühner die Alleinberechtigung seiner Glaubenslehre, den Niedergang und die Zersetzung der evan gelischen Kirche verkünden zu dürfen meint, muß es alle von diesem Aergerniß verletzten Gemüther aufrichtcn, aus solchem Munde die ernste Mahnung für Gegenwart und Zukunft zn vernehmen: „stets des Segens eingedenk zu sein, den Gott uns durch die evangelische Kirche geschenkt hat und täglich aufs neue darrcicht." Je unduldsamer gegen jede abweichende religiöse Meinung und Lehre die katholische Kirche in neuerer Zeit wieder geworden ist, je mehr sie sich in Widerspruch ge setzt hat mit jeder freieren Geistesregung, mit der Bildung und Wissenschaft einer stets fortschreitenden Zeit, um so mehr muß es uns wieder, in Uebercinskmmung mit den Worten unseres Kaisers, zum Bewußtsein kommen, was wir der Reformation verdanken. ernsten Dingen keinen Spaß treibe. Dynamit und Revolver! Das müsse die Losung den erbärmlichen Crcaturcn gegenüber sein, die sich Männer nennen. Sie werde Gleichgesinnte finden und dann mit diesen den Kampf ums Wahlrecht und alles Uebrige auf eigene Faust aufnehmen. Die Männer mögen vor diesen Amazonen zittern! Giebt cs keinen Arnold Winkelried, der Miß Cozen ans Herz greift und ihren harten Sinn - ' - weicht? Eine solche heroische That oder sofortige Unter»
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