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Hohensteiner Tageblatt : 04.11.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189211047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18921104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18921104
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-11
- Tag 1892-11-04
-
Monat
1892-11
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 04.11.1892
- Autor
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Damit war die Gewißheit vorhanden, daß der Verschüttete noch lebte. Unter fortgesetzten und energischen Arbeiten wurde auch bald der Kopf des Arbeiters von Nahmstücken und Sand freigelegt, man konnte danach dem Verunglückten frische Lust zuführcn und ihm durch kleine Portionen von Cognac, Kaffee und Bouillon Stärkung zukommen lassen. Gestern um 10 Uhr 25 Min. vormittags, nach 18stündiger harter Arbeit, glückte cs den Feuerwehrmannschaften, den Verschütteten noch lebend aus dein Brunnenschächte zu befreien. Aerztliche Untersuchung konstatirte, daß derselbe nur einige unbedeutende Beschädigungen am linken Beine erlitten hatte. Eine eigenthümliche Rechtsfrage beschäftige vorgestern die zweite Strafkammer des König!. Landgerichts Dresden unter Vorsitz des Herrn Landgerichtsdirector Göhler. Der Fleischer meister Heinrich Franz Dittrich in Liebenwerda besucht häufig den Viehmarkt in Dresden und machte auch am 11. April d. I. als Viehhändler Geschäfte. So verkaufte er zwei Schweine für 150 Mk. an einen gewissen Hofmann, 2 Schweine und 2 Kälber für 228 Mk. an Theodor Jokiel, 1 Schwein für 57 Mk. an A. Wünsche, 1 dergl. für 89 Mk. an O. Jlsche und je 2 Schweine und Kälber für 173 Mk. an M. Thoß. Ein Jeder der Käufer händigte dem Angeklagten eine schriftliche Bescheinigung zu dem Zweck aus, das Geld bei der Viehmarktsbank in Empfang zu nehmen und es hatte Dittrich hiernach eine Summe von 697 Mk. zu fordern. Da die Bank 1 Procent in Abzug bringt, verminderte sich die Forderung um 6 Mk. 95 Pfg. und es blieben sonach 690 Mk. 5 Pfg. übrig. Der momentan vielbeschäftigte Buchhalter Rentzfch verwechselte diesen Posten mit 960 Mk. 5 Pfg. und der eben falls stark in Anspruch genommene Kassirer zahlte hierauf den letzterwähnten Betrag, also 270 Mk. mehr, als die Forderung betrug, an den Angeklagten gegen Quittung heraus. Schon am Abend desselben Tages waren sich Buchhalter und Kassirer über die Ursache des Kassendeficits klar und Ersterer, der für den Fehlbettag aufkommen mußte, dampfte bei nächster Ge legenheit nach Liebcnwerda, um Dittrich zur Rückgabe der 270 Mk. zu veranlassen. Der Angeklagte hatte bis dahin nichts von sich sehen und hören lassen und als er betreffs der Anwesenheit Rentzsch's in L. Lunte roch, sorgte er redlich dafür, daß ihn R. nicht ausfindig machen konnte. Der Buchhalter verlangte nunmehr mittelst eingeschriebenen Briefes das Geld zurück und strengte schließlich eine Civilklage gegen Dittrich an, die mit einer erfolglosen Auspfändung abschloß. Vor die Strafkammer wegen Unterschlagung verwiesen, bewegte sich der Angeklagte in Ausflüchten, mit denen er die Behauptung plausibel zu machen suchte, er habe überhaupt nur 690 Mk. 5 Pfg. ausgezahlt erhalten. Dies glaubte ihm zwar das Ge richt nicht und es sprach auch aus, daß Dittrich nicht als reeller und ehrlicher Mann gehandelt habe. Der Angeklagte sei aber bei Empfangnahme des Geldes Eigcnthümer desselben geworden und habe sonach eine Unterschlagung nicht begehen können, weshalb auf Freisprechung erkannt werden mußte. Der socialdcmokratischc Abgeordnete Goldstein in Dres den wird in einer Broschüre «Der rothe Michel" beschuldigt, 400 Mark unterschlagen zu haben. Aus Anlaß dieser Behaupt ung hat Goldstein gegen den Verlagsbuchhändler Glöß dort- selbst Strafantrag gestellt und es steht am 9. November vor dem Dresdner Schöffengericht Verhandlungstermin an. Im Victoriasalon zu Dresden erregt jetzt das Haupt interesse der Athlet G. Ingendorfer, der allerdings über fast unmenschliche Kraft verfügt. Herr Ingendorfer spielt nicht allein mit Centnergewichten, sondern er trägt auch ein lebendes Pferd im Gewichte von 258 Kilo und tanzt mit ihm auf der Bühne herum. Auf seinen Kniecn und Schultern trägt Herr Jagendorfer einen Concertflügcl und vier Musiker im Gesammt- gewichte vou 11 Ccntnern. Ganz besonders fesselnd ist auch sein Keulenspiel, das wohl nie eleganter gesehen worden ist. Aus Zittau kommt heute Mitthcilung, daß der bis herige Vorsteher des dortigen Stadtverordnctcn-Collegiums, der bekannte deutsch-freisinnige Kaufmann L. Buddcberg, fein Amt nicdcrgelcgt habe. Veranlassnng hierzu gaben die jüngsten Vorgänge im Stadtvcrordneten-Saale, woselbst ein Antrag des Stadtverordneten Eisold vorlag, ..dem Vorsitzenden für sein ungebührliches Verhalten dem Stadtrath gegenüber und für seine unparlamentarische Geschäftsführung ein Mißtrauensvotum auszusprechen." Es stimmten hierbei 8 Stadtverordnete dafür und 12 dagegen, während bei einem von Herrn Buddcberg cingcbrachten Gegenantrag, laut welchem über den Eisold'schcn Antrag, nachdem Herr Buddcberg gewisse Entschuldigungen vorausgcschickt hatte, zur Tagesordnung übcrgcgangcn werden sollte, bei 10 gegen 10 Stimmen Stimmengleichheit cintrat. Der stellvertretende Vorsteher Schäfer bemerkte hierbei, daß er von der Abgabe seiner Stimme, die in diesem Falle ausschlag gebend sei, Abstand nehme, ebenso wie Stadtverordneter Schütze sich dahin aussprach, daß man auch wohl von der Abgabe dieser ausschlaggebenden Stimme in diesem Falle Abstand neh men könne. Das Ergebniß der Stimmengleichheit müsse doch für Herrn Buddeberg eine Mahnung und zugleich ein Beweis dafür fein, daß selbst seine Freunde im Collegium nicht alle mit seinem Verhalten und seiner Geschäftsführung einverstanden feien. Aus dieser Thatsachc könne sich Herr Buddcberg eine Lehre ziehen, daß er in Zukunft sein Verhalten maßvoller und seine Geschäftsnihrnug sachlicher zu gestalten habe. Für den Antrag des Stadtverordneten Werner, dem Vorsteher das Ver trauen der Versammlung und den Wunsch auszusprechen, daß Herr Buddcberg auch iu Zukunft die Versammlungen des Stadtverordneten-Collegiums in der bisher bewährten sach kundigen Weise leiten werde, fand sich im Collegium eine ver schwindende Minderheit. Nur 5 Stadtverordnete wollten Herrn Buddebcrg das Vertrauensvotum ausgesprochen wissen, wäh rend sich 15 Stadtverordnete durch Ablehnung dieses Antrags dagegen verwahrten. Die Affairc macht natürlich allseits gro ßes Aufsehen. Andustrie und Handel. Oeffcntliche Versteigerungen in den Königl. Amtsgerichten. Montag, den 7. November. Annaberg: Baumeister Carl Gustav Schippan's Brauerei- und Restaurationsgrundstück .Himmlisch Heer" in Cunnersdorf, 12,000 M. Leipzig: Handelsmann Carl Friedrich Nelb's Hausgrundstück in Leipzig-Lindenau, 34,900 M. Dresden: Baumeister Heinrich August Tamm s Grundstück (Bauland) in Stadt Neudorf (am sogenannten „Kleinen Bischofsweg' ge legen), 17,680 M. Chemnitz: Christian Friedrich Müllcr's Grundstück (Wohn- und Stallgcbäude, Scheune, Hofraum, Garten und Wiese) in Neukirchen, 5870 M. Chemnitz: Clemens Bruno Krausc's Grundstück (Wohnhaus mit Verkaufs laden, Hintergebäude mit Waschraum, Scheuer, Hosraum und Garten) in Altendorf, 11,6l0 M. Riesa: Friedrich Hermann Bernhardts Grundstück (Feld, mit einem Wohnhause bebaut) in Wcyda, 4,500 M. Kirchberg: Bergarbeiter Karl Maximilian Haupt's Grundstücke m Hartmannsdorf: 1) Hausgrundstück mit Relheschankbefugniß als Realrccht belegt) nebst Scheune und Garten, 12,200 M.; 2) Feld- und Wiesengrundstück, 3200 M. Dienstag, den 8. November. Leipzig: Tischler Friedrich Wilhelm Constantin Martini's Hausgrundstück in Leutzsch, 22,500 M. Brand: Anna Karoline verw. Fischer geb. Bräucr's Grundstück in Erbisdorf: 1) Hausgrundstück, 2940 M.; 2) Wicsengrund- stück 490 M. Mittwoch, den 9. November. Dresden: Bau meister Heinrich Anglist Tamm's Grundstück (Bauland) in Stadt Neudorf (am sogenannten „Kleinen Bischofsweg' gelegen), 84,840 M. Leipzig: Bauunternehmer Franz August Schilling's Hausgrundstück in Leipzig-Lindenau, 37,700 M. Dippoldis walde: Emil Bruno Martin» Grundstück (Wohnhaus und Schuppengebäudc, beide zum Betriebe des Schiniedegcwerbes eingerichtet, nebst Garten) in Possendorf, 5050 M. Dippoldis walde: Johanne Sophie verw. Reichel geb. Ulbrich's Grund stück (Wohnhaus mit Garten, Schuppen und Scheune) in Possendorf, 3300 M. Auerbach: Empiriker Anton Otto's Grundstücke daselbst: 1) Haus-, Scheunen-, Garten- und Feld grundstück, 13,940 M.; 2) Feldgrundstück, 950 M.; 3) Fcld- grundstück, 1000 M.; 4) Gebäude-, Feld-und Wiesengrundstück, 4175 M.; 5) Feld-, Garten- und Hutuugsgrundstück, 950 M. Reichenbach: Hermann Robert Schmidt» Grundstück (Wohn haus, Hofraum und Garten) in Netzschkau, 7500 M. Treuen: Lina Ida Wunderlich geb. Schreiter's Hausgrundstück in Schrciersgrün, 8000 M. Zahlungseinstellungen. I. Levy jun., Handels gesellschaft, Berlin. I. Salomon, Kaufmann, in Firma Paul Brcnmckc u. Co., Berlin. M. Jscnthal, Kaufmann, Inhaber der Firma Jsenthal u. Co., Halle a. S. Joseph Rakoczy, Kaufmann, Ratibor, Friedrich Lehmann, Kaufmann, Vcltcn. Gustav Adolph Hermsdorf, Kaufmann in Firma: „Gustav Hermsdorf", Markneukirchen. Guido Birkner, Ziegeleibesitzer, Minkwitz. Carl Friedrich Hermann Voigt, Kohlenhändler, Leip zig (Schlußtermin 28. November ds. I). Heinrich Oskar Ehlers, Restaurateur, Pächter des Restaurant» „Bamberger Hof", Leipzig (Schlußtermin 28. November ds. I.). Gotthelf Friedrich Büschel, Gutsbesitzer, Nachlaß, Voigtsdorf (Schluß termin 25. November ds. I.). Vincenz Keller, Kaufmann (Firma: .Vogtländisches Versandthaus Vincenz Keller), Plauen i. V. (Schlußtermin 29. November ds. I.). Bernhard Conrad Barth, Holzhändler, in Firma: „B. C. Barth", Chemnitz (Schlußtermin 29. November ds. I.). Heinrich Wilhelm Kirch eis, Brauereibcsitzcr, Lippersdorf «Schlußtermin 29. November ds. I.). Franz Hermann Badstübner, Schuhmachermeister, Lengenfeld (Schlußtermin 23. November ds. I.). — Aufge hoben: Albert Julius David, Kaufmann, Inhaber des Teppich- und Deckcngeschäftcs unter der Firma: „Albert David", Nach laß, Leipzig Johann Heinrich Wilhelm Hermann Knocke, Schneidermeister, Nachlaß, Leipzig. Friedrich August Schräp ler, Schuhmachermcistcr und Inhaber eines Schuhwaarcnge- schäftes, Leipzig-Reudnitz. Patcntliste sächsischer Erfinder (mitgcthcilt durch das Patentburau von Otto Wolff in Dresden, Prager- straßeV Angemeldct von: E. Nacke in Kötitz bei Coswig: Schnelllausendc Dampfmaschine mit einem oder mehreren Luft- verdichtungscylindern zur Ausgleichung der Beschlcunigungs- drucke an den Hubenden. August Böckel in Leipzig-Gohlis: Schienenstoß-Verbindung. Emil Jordan in Hohenstein-Ernst thal: Lösbarer Deckenhaken mit Führungshülse. Oskar Brünler in Eutritzsch-Leipzig: Kühlvorrichtung für Gas- und Petrolcum- mafchincn. C. G. Haubold jun. in Chemnitz: Faltenausstreicher für Gewebe und Papierbahnen. Gustav Kirbach in Freiberg: Mctalltuch mit eingewcbtcn Mustern zur Herstellung von Wasserzeichen in Papier. Albert Schmiedel in Fabrik Hirsch stein: Rindenschälmaschinc. Firma Bau- und Handelsgesell schaft Kurth u. Schulze in Dresden: Verstellbarer Leisten; Zusatz zum Patente Nr. 64,316. Erthcilt an: F. C. Stephan in Crimmitschau: Verfahren nnd Vorrichtung zum Messen von Tuchen und anderen Geweben. A. Chemnitz in Leipzig: Gefäßhalter. E. O. Claus in Dippoldiswalde und B. G. Naumann in Reinholdshain: Werkzeug zum Einschneiden der Fugen beim Fayadenputz. R. A. O. Mühlfried in Trachau bei Dresden: Geldkaffe mit Anzeigevorrichtung für eingcgangene und entnommene Geldbeträge. H. Dürfeldt in Nossen: Vor richtung zum Befestigen von Vieh in Ställen. M. Vollstädt in Leipzig: Centrirendes Bohr- und Drebfutter. CH. Harvers in Leipzig: Objektivverschluß. P. Ehrlich in Gohlis-Leipzig: Elastischer Radreifen aus einzelnen mit Luft oder Wasser ge füllten Gliedern bestehend; Zusatz zum Patente Nr. 62,277. I. C. Bohle in Werdau: Einrichtung zur Vließbildung an Auflcgeapparaten mit Waage; Zusatz zum Patente Nr. 61,828. Firma Dr. Julius Bidtel in Cölln: Verzieren, Färben oder Emaillircn von Glas-, Ton- oder Metallwaaren mittels auf chemischem Wege erzeugter Metallsilikatc oder Metallvorsilikatc. Die Militärvorlage. Iu einer längeren Abhandlung über „den Zukunftskrieg und die öffentliche Meinung' bringt das „Militär-Wochenblatt" folgende vergleichende Zusammenstellung der stehenden Heere Deutschlands, Frankreichs und Rußlands: Deutschland besitzt heute 538 Bataillone Infanterie und Jäger, 465 Schwadronen und 434 Batterien. Da jedes Ka vallerieregiment eine Schwadron als Ersatzschwadron zurückläßt, so verringert sich im Mobilmachungsfalle die Zahl der Schwadronen auf 372. Im Jahre 1870 stellte Deutschland an Linicntruppen auf: 463 Bataillone Infanterie und Jäger, 372 Schwadronen und 252 Batterien. Es ist also seit 1870 das deutsche Heer vermehrt worden um 75 Bataillone (die Kavallerie erfuhr keine Vermehrung, denn die Aufstellung der 5. Schwadronen bei den wenigen Kavallerieregimentern, welche 1870 diese zum Ersatz der Verluste bestimmten Schwadronen noch nicht besaßen, kann hier nicht in Betracht kommen) und um 182 Batterien. Frankreich hat beim Beginne des Krieges von 1870 fol gende Linicntruppen ausgestellt: 368 Bataillone Infanterie nnd Jäger, 278 Schwadronen und 164 Batterien. Hierbei sind die algerischen Truppen mitgercchnct, jedoch die Marinetruppcn außer Ansatz geblieben. Heute besitzt Frankreich folgende Stärke seiner Fricdensarmee: 145 Jnsanterieregimcnter zu 3 Ba taillonen — 435 Bataillone; 18 Infanterieregimente:: zu 4 Bataillonen — 72 Bataillone; 30 Jägerbataillone — 30 Ba taillone; 4Zuavenregimenter zu 4 Bataillonen — 16 Bataillone; 4 Turcorcgimenter zu 4 Bataillonen — 16 Bataillone; 2 Fremdenregimentcr zu 5 Bataillonen — 1o Bataillone; 5 Bataillone leichter afrikanischer Infanterie — 5 Bataillone; zusammen 548 Batiollonc: 87 Kavallerieregimenter zu 4 Feld- schwadroncn und einer Ersatzschwadron sind 348 Feldschwadro- nen. In kurzer Zeit werden aber die bereits durch das Gesetz vom 25. Juli 1887 vorgesehenen 4 fehlenden Regimenter nen errichtet werden; wir müssen daher die französische Kavallerie zu 364 Feldschwadroncn berechnen. Die Zahl der bereits im Frieden vorhandenen Feldbattcrien beträgt 480. Es sind also in Frankreich seit 1870 neu ausgestellt worden: 216 Bataillone, 36 Schwadronen und 3I6 Batterien. In runden Procentsätzen haben sich mithin seit 1870 ver mehrt: in Deutschland die Infanterie um 16 pCt., die Ca- vallerie um nichts, die Artillerie um 72 pCt.; in Frankreich die Infanterie um nahezu 59 pCt., die Cavallerie um nahezu 31 pCt., die Artillerie um 192 pCt. Außerdem besitzt aber Frankreich schon jetzt bei 145 Jnfanterieregimentern em cuckre oomplkmentuirk von 9 Officiercn, 72 Unterofficieren, welche bei einer Mobilmachung den Stamm zu einem 4. Feldbataillon abgeben. Diese 145 vierten Feldbataillone werden mit 290 Bataillonen der Territorialarmee zu sogenannten rögiinontes mixten verschmolzen und bilden eine ganz kolossale Verstärkung der mobilen Feldarmee. Ferner besitzen 17 Jägerbataillone bereits im Frieden 6 Compagnien; alle vier Zuaven- und die beiden Fremdcnregimcnter je zwei Depotcompagnien; die vier Turkvregimenter je eine Tepotcompagnie. Aus dieser Betrachtung geht hervor, daß das stehene Heer Frankreichs, ganz abgesehen von den andres aomplömentaires und den Debotcompagnien, der Fricdensarmee Deutschlands über legen ist. Frankreich besitzt 46 Bataillone und 46 Batterien mehr und nur 8 Schwadronen weniger als Deutschland. Rußland besaß zu Anfang des Jahres 1892 in Europa und im Kaukasus 963'/z Bataillone, 608 Schwadronen bezw. Sotnien, 388 Batterien, die vier im Frieden schon vorhandenen Kubanplastnn-Bataillone sind nicht mitgerechnet, ebenso wenig die 28 Brigaden der Grenzwache, welche allein etwa 30,OM Mann stark sind. Wir erinnern daran, daß im Kriegsfälle alle Feld- und Reservebattcrien zu acht Geschützen ausrückcn; ebenso die Gcbirgsbatterien. Die reitenden Batterien haben sechs Geschütze, ebenso die Mörscrbattericn. Dem gegenüber hat Italien 346 Bataillone, 144 Schwadronen, 207 Batterien, und Oesterreich-Ungarn 458 Ba taillone, 264 Schwadronen, 241 Batterien. Gleichzeitig mit dieser Berechnung des „militärischen Kricgsministers" bezw. seiner Beamten bringt das Organ des . Civilkricgsministers , wie man den Abg. Richter scherzweise einmal genannt, eine Aufstellung, die, als von einem unleug bar tüchtigen Sachkenner hcrrührend, geeignet sein dürfte, durch die Ziffern des Militärwochenblattes etwa beunruhigten Ge- müthern das Gleichgewicht wiederzugebcn. Das genannte Blatt schreibt: 40 Armeecorps, so heißt es in einem Artikel des neuen militärischen Preßbureaus des Grafen Caprivi, ist Frankreich im Stande, bei einer Mobilmachung aufmarschiren zu lassen.. Denn den 20 Linienarmeecorps können sofort 20 Armeccorps folgen, welche aus den 144 regiinenls mixtes zusammen gesetzt werden. Wagt es das Prcßbureau des Grafen Caprivi etwa zu leugnen, daß auch Deutschland in der Lage ist, seinen 20 Linienarmeecorps 20 Rcscrvearmcccorps folgen zu lassen? Jedem Linicninfanterie-Rcgimcnt in Deutschland entspricht im Falle der Mobilmachung ein Reserveinfanteriercgiment, ganz abgesehen von den Landwehrtruppcntheilen. Aus diesen Re- serveinianterieregimentern werden Rcscrvcdivisionen gebildet, wie dies beispielsweise schon zu Uebungszwecken 1891 der Fall war. Die 144 regiments mixtes aus Mannschaften der Re serve und der Territorialarmee, welche in Frankreich für den. Mobilmachungsfall combiuirt werden, sind keine Neuerung, mit der Frankreich einen Vorsprung vor uns erreicht. Im Gegen theil sind wir Frankreich darin längst vorangegangen. Deutschland ist schon gegenwärtig im Falle eines Kriegs ausbruchs in der Lage, 1800 Jnfantericbataillone aufzustellen, an Linien-, Reserve-, Landwehr- und Ersatzttuppcn zusammen gerechnet. Dazu kommen dann noch die Formationen des Landsturms. Freilich müssen falsche Eindrücke in der deutschen Be völkerung erzielt werden, wenn man unausgesetzt derselben nur die Kricgsformationen des Auslandes vorführt, es aber sorgsam verschweigt, mit welchen Formationen Deutschland selbst im Kriege schon jetzt aufzutreten im Stande ist. Soll daher diese Taktik bes Bangemachcns mit dem Ausland fortgesetzt werden, so erscheint es dringend nöthig, endlich einmal eine Uebersicht auch über die deutschen Kriegsformatiouen zu veröffentlichen. Schon im Jahre 1890 erklärte der Kriegsministcr in der Militärcommission, daß Deutschland jeden Kampf mit Frank reich ehrenvoll zu bestehen in der Lage sei. Seitdem aber ist noch bekannt geworden, daß Frankreich die damals einge leitete Aushebung mit jedem Jahre weniger durchzuführen in der Lage ist. Darum versucht man jetzt mehr als früher, mit Rußland graulich zu machen. In der Begründung der Militärvorlagc heißt es, daß die russische Rekrutenquote, abgesehen von 24,000 Mann, welche auf Asien entfallen, pro 1891 257,MO Mann betrage. Dies ergebe für 23 Jahrgänge mit 25 pCt. Abgang ein Kricgsheer von rund 4,556,000 Mann. Die Rechnung ist richtig; nur hat man vergessen hinzu- zusügen, daß sich diese Zahl nicht für die Gegenwart, fondern erst für das Jahr 1914 ergiebt, wenn nämlich Rußland bis dahin wirklich 23 Jahrgänge in solcher Stärke ausgebildet haben sollte. Die russische Aushebungsziffer ist nämlich in den Vorjahren derart erheblich niedriger gewesen, daß die Militär verwaltung selbst im Sommer 1890 die russische Kriegsstärke in der Militärkommission des Reichstags nur auf 2 Millionen,, also noch nicht auf die Hälfte der jetzigen Ziffer berechnete. Seitdem kann die russische Kriegsstärke auch nicht erheblich größer geworden sein. Auch schon 1890 wurde vom Major Gaede bereits die russische Rekrutenquvte für 1890 auf 255,OM und für 1891 auf 262,MO Mann in der Militärkommission des Reichstags angegeben. Die Ziffer in der Begründung der Militärvorlage enthält daher durchaus nichts Neues. An den verschiedenen Verhältnissen der Bevölkerung gemessen ergicbt sich, daß Deutschland schon jetzt eine weit stärkere Rckruten- quotc ausbildct, als Rußland selbst im Jahre 1891 er reicht hat. Die militärischen Preßbureaus unterlassen es bei Ver gleichung der Rekrntenquote Deutschlands mit derjenigen von Frankreich und Rußland geflissentlich, anzugebcn, wie sich diese Rekrutcnquotc im Einzelnen zusammensetzt. Frankreich hat seine jetzige Rekrntenquote nur ermöglicht, indem es jährlich 60,000 Mann von vornherein zu einer nur Einjährigen Dienst-- zeit einstellt. Ebenso hat man in Rußland nnt der Erhöhung der Rekrutenquote bazu übergehen müssen, theilwcisc von der mehrjährigen Dienstzeit abzusehen. Seit 1881 wird ein Theil der Rekruten nur neun Monate bei der Fahne gehalten. In den Jahren 1886 und 1887 betrug diese Zahl schon 45,OM Mann. Die Dienstzeit von 9 Monaten — die betreffenden Mannschaften werden ausgeloost — ist für einen Theil der
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