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Hohensteiner Tageblatt : 09.10.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189210092
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18921009
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18921009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-10
- Tag 1892-10-09
-
Monat
1892-10
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 09.10.1892
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1 t. be l Hohenstein, 8. Octvber. Bezüglich dcr Ailssüllnng der Hauslistcn scicn die Haus- wirthc niis eine bedcutungsvvlle Entschcidnng des Königl. Fiiinnzministcrinms aufmerksam gemacht. Ein Baumeister in D. hatte sich geweigert, sich um die richtige Ausfüllung dcr Hauslistcn (bezüglich der im Hause wohnenden Astcrmicthcr w.) zu kümmern, und als ihm der Stadtrath eine Strafe von 25 Mk. androhte, erhob der Baumeister Beschwerde und zwar unter Hinweis darauf, daß im Einkommensteuergesetz eine solche Strafandrohung nicht vorgesehen sei, sondern er nach AuS Zwirkau: Ter Einwohner, welcher kürzlich seine l jährige Tochter in so unmenschlicher Weise mißhandelte und mit Cilltz ciuttat. 'Galant küßte er die schlanken Finger Ihrer Exeellenz. Ich hätte eine Bitte au den alten Freund meines Hauses," begann Exeellenz, indessen sich Cilly unauffällig in das Boudoir der Hausfrau begab, „wenn Sie mir eine Unterredung unter vier Augen gestatteten. ' Der Baron verneigte sich lächelnd, schob der Dame galant einen der Sessel hin, und nahm neben ihr Platz. „Ei, ei, Exeellenz, ich weiß alles," begann zum großen Er staunen der Tante der Baron, „Sie wollen meine Cilltz unter die Haube bringe»; sehr charmant von Ihnen, daß Sie sich meines einzigen Kindes angenommen haben; Cilly aber hat heute, als sie von Ihnen kam, gebeichtet. Ich hatte es lange gemerkt, daß das Kind für den Lieutenant —" ..Hauptmann" unterbrach ihn Exeellenz. Der Baron schien den Einwurf nicht zu beachten und fuhr fort, „Arno von Königsdorf —" Exeellenz nickte sehr beifällig. „Sich interessirte; ich kenne den jungen Manu bereits mehrere Jahre, ich billige die Wah! meines Kindes, mit Freuden gebe ich meine Zustimmung. Ich wußte dis jetzt nicht, daß der junge Mann Ihr Neste sei, sonst hätten wir schon längst ein Wort darüber reden können. Um so angenehmer ist cs mir, thcure Excellenz, daß wir heute in ihrem Hause so ganz unter uns die Verlobung feiern können." Exeellenz reichte dem Baron die Hand. ..Lv wollen wir die Glücklichen rnfen, ich bin namenlos glücklich, daß endlich mein Herzenswunsch erfüllt ist." „Rufen? den Lieutenant? fragte der Baron verwundert, ist er denn schon hier?" In dcr Frcnde ihrcs Hcrzcns hatte Excellenz ganz ihre Verabredung mit Arno vergessen. Sic eilte an die Thür, während Cilltz aus dem Boudoir trat, und riei: „Arno komm, der Baron ist mit allem einverstanden, ! polnisch und plattdeutsch; Kleidung: dunkelblaue Kammgarn- - Hose, dunkelblauer Rock mit Spiegel auf beiden Aufschlägen, . grau melirter weicher Hut, Stehkragen, Stock mit schwarzem : Horngriff. Eine hübsche Manöverscene wird in Wurzen erzählt: ' Bei den jüngsten Manövern trafen Nachts zwei Soldaten auf einen Feldwebel. Der eine zieht es vor, sich schleunigst un sichtbar zu machen, während sich der andere dem Feldwebel stellt. Nach der Ursache gefragt, warum der andere entronnen . sei, erfolgte die exakte Antwort: „Wir haben kein Nacht- : Zeichen, Herr Feldwebel." — Feldwebel: „Warum reißeu Sie > denu da nicht auch aus?" — Soldat: „Das kann ich jetzt ja - anch noch thun!" Sprach's und verschwand. Zahlungseinstellungen. Claas Hnismann, Leder händler, Bremen. Heinrich Schilling, Kaufmann, Fürsten walde. Carl Karthans, Kaufmann, Grünenbaum. Paul Jakvbsohu, Kaufmann, Wartenburg. Hermann Bütow, Kauf mann, Wollin. Emil Heinrich Inst, Agent, Nachlaß, Leipzig- Neuschleußig. Victor August Paul Ottmann, Inhaber dcr Verlagsbuchhandlung unter dcr Firma: „Viktor Ottmann", Leipzig. Asmns David Johannes Schlüter, Deeorativnsmalcr, Grimma. Offene Handelsgesellschaft in Firma: „C. G. Wagner", Burgstädt (Schlußtermin 28. Octvber d. I.) — A u s g e h o b e n : Emil Vieweg, Bäcker, Raschau. Ehrenfried Gustav Weise, vorm. Spinnereibesitzer, Mittweida. Friedrich Reinhard Keller, Strumpssaktvr, Nicdcrzwönitz. tEgs.V Das auf dem Teichplatz in Ernstthal aufgestellte Panorama, welches ans nur einige Tage dem Publikum zur L-chau gestellt ist, bietet unter hervorragende Sehenswürdig keiten die neuesten Zeit- und Welt-Ereignisse, unter welchen besonders der Brund von Eibenstock, wodurch so manche Familie ihr Hab und Gnt verloren hat, hervorzuhcben ist. Man sieht das GrubenUnglück in Przibram in Böhmen, wo gegen 300 Bergleute das Leben verloren haben, man sieht Begebenheiten aller Art, mehrere Schlachten und Kämpfe der deutschen Schntztruppe unter Führung des Major Wißmann, man sicht die bedeutendsten Städte, sowie Länder der Erde, darunter New-shork mit dcr Kettenbrücke, Paris mit dcr Welt ausstellung, die heilige Stadt Jerusalem zur Zeit Christi und und vieles Andere mehr. Da diese Ausstellung ihrer Reich haltigkeit und ihres Kunstwerthes überall des allgemeinen Bei falls sich erfreute, einzig in ihre Art dasteht und für Erwachsene wie für Kinder gleich interessant ist, so dürste diese Ausstellung Jedermann zu empfehlen sein. — Wegen Sittlichkeitsvcrgchen hat man in Oberlungwitz eine größere Anzahl junge Leute verhaftet. Dieselben haben ich an einem 16 jährigen Mädchen in sagvcrstcr Weise vergangen. . Der am 4. October aus einem Stcinkohlenwerke Höhn dorfs durch hcreinbrechcnde Kohle verunglückte Bergarbeiter Louis Decker in (Dersdorf ist seinen erhaltenen Verletzungen am gestrigen Tage erlegen. Vor einigen Wochen wnrdc aus von einem Aiubansall berichtet, welchen ein unbekannter Bettler in einem Hause der Goethcstraße dvrtselbst gegen eine in ihrer Wohnung icfindtiche Frau verübt und wobei derselbe eine größere Summe Geldes vom Tische weg gestohlen haben sollte. Jetzt hat es ich herausgestellt, daß der ganze Vorfall von der betr. Frau rngirt worden war. Tas Geld hatte dieselbe, anstatt cs für üc Wirtschaft zu verwenden, anderweitig verthan. Um diesen .Unstand zu verdecken, hatte die Frau die Räubergcschichtc er fuudcn. 8 35 des gedachten Gesetzes nur sür diejenigen Steucrbctrüge zu hasteu habe, welche in Folge vvu ihm verschuldeter un richtiger oder unvollständiger Angaben dem Staate entgehen. Das Königl. Finanzministerium, also die höchste Instanz, hat jedoch die Beschwerde abgewiesen. Die Gründe waren folgende: Nach 8 35 ist jeder Hausbesitzer verpflichtet, auf den Haus- listeu alle iu seinem Hause wohnenden oder ein Gewerb treibenden Personen anzugeben. Diese Verpflichtung erstreck sich nicht nur auf directe Abmiethcr, fvndcrn unter Umständen auch auf Astcrmicthcr oder Bedienstete in den Haushaltungen. Es kann sich daher der Hausbesitzer dem nicht entziehen, die nach dem Hanslistcnformnlare über diese Personen erforderten Angaben (soweit die Beantwortung dcr gestellten Fragen nicht ausdrücklich den Haushaltungsvvrständen aufgegeben ist), voll ständig und genau zu erstatten, auch falls er sich erst durch Befragung dcr Bctheiligten die nöthigc Kcnntniß darüber ver schaffen mnß. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Hausbesitzer iu dem Hausgrundstücke selbst oder ob er anders wo wohnt. Die in der angefochtenen Verfügung des Stadt raths dem Beschwerdeführer eventuell angedrohte Strafe steht mit den gesetzlichen Bestimmungen gleichfalls im Einklänge. Neben den Vorschriften des 8 35 des Einkommensteuergesetzes, die Haftbarkeit des Hausbesitzers für entgangene Steuerbctrügc betreffend, kommt hier das Gesetz I vom 28. Januar 1835 in Betracht, welches den Verwaltungsbehörden das Recht ver leiht, innerhalb ihrer Compctenz ihre Verfügungen mit Nach druck durchzuführen und zu diesem Bchufe sachgemäße Strafen anzudrohcn. Der Stadtrath war daher zu seiner Verfügung völlig berechtigt und dcr Bcschwcrdeführcr deshalb abzuweiscn. — Des Weiteren sagt das Kgl. Finanzministerium in seiner Entscheidung, daß dieser Fall fortgesetzter Weigerung der erste dieser Art ist, welcher dem Ministerium zur Kenntniß kommt. „Um so mehr ist cs nothwcndig, den Beschwerdeführer mit aller Strenge znr Erfüllung seiner Verpflichtung anzuhaltcn, und cs ist daher der Städtrath anzuweiscn, die verfallene Zwangsstrafe, sowie die Kosten, welche durch Ausfüllung der HauSlistcn erwachsen sind, alsbald und nöthigcnfalls im Zwaugswcge einzuhcbcu." Hinsichtlich der Sonntagsruhe wird vielfach eine ältere Bestimmung des Gesetzes über die Svuntagsfeier vom IO. Scp- tcmber 1870, namentlich in landwirthschafttrcibenden Kreisen theils falsch bcurthcilt, thcils gar nicht weiter beachtet. Es betrifft dies das Aus- und Eintrcibcn des Viehes an Lvnn- nnd Festtagen außer den Stunden des Gottesdienstes. Der 'eitdcm flüchtig geworden ist, ist am Donnerstag erlangt und der Königl. Staatsanwaltschaft überliefert worden. Im Lame der letztvcrgangencn 4 Wochen sind in Zwickau ungefähr 24 Einbrüche vvrgckvmmeu, welche von dcn Dieben in derselben Weise, wie solches inzwischen in verschiedenen Fällen dort geschehen, durch Hinaufschicbeu dcr Rolläden und Eiusteigen durch die Schaufenster ansgcführt worden sein sollen. Auch dort sollen die Diebe nur uach Geld gegangen sein. Einen recht dummen Spaß machte in Leipzig ein 16- jähriger Maurerlehrling, welcher ans Ucbermuth Pulver iu die Tabakspfeife eines anderen Jungen schüttete nud dann den Letzteren rauchen ließ. Dabei explvdirte das Pulver und der Jnnge trug, zum Glück nur leichte, Verletzungen im Gesicht davon. Der Lehrling wurde wegen Körperverletzung zur Ver- autwortung gezogen. Am Freitag Morgen ist auf dem sog. Prvductcnbahnhos ici Neustadt-Leipzig dcr 60jährigc Hilfsweichenstcllcr Bradc von einer Raugirmaschine erlaßt und fürchterlich verstümmelt worden. Der Unglückliche starb kurz darauf im Krankcnhausc, wohin er geschafft worden war. Zwei nette Bierpantscher hatten sich vor dem Schöffen gerichte zu Dresden wegen Vergehens gegen das Nahrungs- mittclgcsctz zu verantworten. Die beiden Flafcheubicrhändler Johann Ferdinand B. und Friedrich August Richard Lch. machten aus .Opitzcr Lagerbier" und „Cvttacr Lagerbier" ..echtes Berliner Weißbier.' Sch. braute aus Lagerbier, Natron, Weinsteinsäure, Lompenzucker und Essig ein Tcmels- tränkchen zurecht, füllte es auf Flaschen und versendete es an Schankwirthe als Berliner ..Weißbier." Lie bezogen zwar auch aus Berlin echtes Weißbier, gossen aber zn hundert Litern Bier hundert Liter Wasser (damit die Flaschen nicht zerspringen olltcn) und verkauften dies als „Bier." Tic Angeklagten be Miptctcn, daß sie diese Bicrbcreitungsmcthode schon von ihren Vorgängern im Geschäft übernommen hätten und daß cs übrigens auch noch viele andere bekannte dortige Flaschcnbicr- ;ändlcr ebenso machen (!) Ter Gerichtshof konnte nicht die .Überzeugung gewinnen, daß es dcn bcidcn Angcklagtcn ledig lich darum zu thun gewesen sei, dein Wcißbicrtrinkenden einen „süffigen Stoss" vorzusetzen. Er verurthcilte daher die Ange klagten zn je 2000 Mark Geldstrafe eventuell 40 Tagen Gefängnis;. Non den Hinterbliebenen cines in Meisten durch einen Wagen überfahrenen nnd tvdtlich verletzten Arbeiters wird die Summe von 13,000 Mark von dem Besitzer des Fuhrwerks als Entschädigung verlangt. Tas Gericht wird zu entscheiden haben, inwieweit dcr Geschirrbesitzer der schuldige Theil an dem Unglück gewesen ist. Die große Petroleum-Tankaniage, die von der deutsch- amerikanischen Petrolcumgescllschast in Riesa am Hasen crrichtct worden ist, hat ihren Geschäftskrcis in kurzer Zeit beträchtlich erweitert. Von Riesa aus wird jetzt nicht nur ganz Sachsen mit Petroleum versorgt, sondern der Transport erstreckt sich auch über Thüringen und Schlesien. In neuester Zeit ist cs sogar gelungen, einen Theil von Nordbaicrn und Böhmen wieder zn gewinnen. In Böhmen nnd Schlesien hatte russisches Pe troleum vielfach Eingang gefunden, jetzt gelingt cs jedoch, dasselbe wieder zn verdrängen. Von der Gesellschaft werden jetzt Tankanlagen in Berlin, Stettin und Breslau errichtet Sinn dieser Gesetzesbestimmung ist nämlich der, daß sich wäh rend der Zeit des Gottesdienstes Vor- und Nachmittags über haupt kein Vieh ans der Weide befinden dari! Zuwiderhand lungen sind mit Geldstrafe bis zu 30 Mark, welche im Wiederholungsfälle bis zn 150 Mark gesteigert werden kann, oder im Falle des Unvermögens mit vcrhältnißmäßigcr Ge- fängnißstrafe bedroht. Wir unterlassen nicht, bei der jetzt nach dem Reichsgesetz vom U Juni vorigen Jahres für das Handels gewerbe allgemein eingctretencn Sonntagsruhe im Interesse der bctheiligten Kreise auf diese Gesetzesbestimmung hinzuweiseu, welche schon seit 1870 den zum Hüten des Viehes verwendeten Leuten die Zeit zum Besuche des Gottesdienstes sichern will, gleichwie cs nach dcr Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 hinsichtlich dcr im Handel und Gewerbe beschäftigten Leute der Fall ist. Hinzufügen wollen wir dem noch, daß das Einholen von Grünfuttcr an Sonn- und Feiertagen nur außerhalb dcr Zeit des Vor- und Nachmittagsgvttesdienstcs nachgelassen ist und stets entsprechende Zeit vor dem Beginne des Gottes dienstes beendet sein muß, auch, daß Erntearbciten an Sonn und Feiertagen nur nach Beendigung des VormittagSgottes- dienstes vorgenvmmcn werden und sich mir auf Nothsälle bc- chrünken dürfen. In diesem Jahre dürste allerdings eine Nothwcndigkcit hierzu nicht vorgelegen haben. Auch in dieser Richtung mögen die bctheiligten Kreise vor nachthciiigcn Folgen gewarnt sein. Bauernregel für Octvber. Im Octvber Frost und Schnee wingt im Winter vieles Weh. Wenn der Zugvogel zeitig geht, ;artcr Winter vor dcr Thürc steht. — 's ist anch ein schlimmes Wintcrzcichcn, will's Laub nicht von den Bäumen weichen. — Octobcrhimmel viel Sterne, hat man warme Ostn gerne. — Rcgnet's im Octobcr viel, treibt im Tcecmber dcr Wind sein Spiel. — Octvber viel Nebel in der Höh', im Dceembcr großer Schnee. — Octvber viel Mvrgenrvth, macht für s nächste Jahr die Raupen tvdt. — Auf Sauet Gallus-Tag l16. Octvber) mnß jeder Apfel in seinen Sack. — Auf Sauet Gall' muß die Kuh in den Stall; Sanct Gallen läßt gern Lchncc fallen. — Am Tage Ursnla (21. Octobcr) muß das Kraut hcrcin, sonst chncicn Judas und Simon hinein. Vom Wald (Sigmar.) wird der „Tvrs-Ztg." mitgethcilt, daß dort der Kartvffclrcichthnm in diesem Jahre ein sehr grvßer ist. Vvrigcs Jahr erntete Jemand, nm nur ein Bei spiel anzuführen, auf einer etwa 60 Ar grvßcn Fläche 55 Säcke, Heuer aber 240 Säcke Kartoffel«. Bisher ist bekanntlich stets das Gutachten der gerichtlichen Aerzte rcsp. des Landcsmedicinal-Collegiums über den Geistes zustand einer Person für das Gericht maßgebend gewesen, nm in streitigen Rechtssachen oder in Fällen crimineller Natnr zn verhandeln und zu entscheiden. Sowohl seitens des TrcSdner Landgerichts als auch des königl. Oberlandcsgcrichts ist jedoch neuerdings ein derartiges Gutachten, wonach der geistige Zu stand cines Dresdner Zahnarztes als nicht, intact bezeichnet worden war, unbeachtet geblieben rcsp. verworfen worden. Die Richter beider Instanzen sind vielmehr zu' dcr gcgentheiligen Uebcrzcngnng gelangt und haben sonach dcn Bctrcsfcndcn für geistig gesund erklärt, ein Nrthcil, das selbstverständlich von dem Laudcsmcdicinal Collegium angefochten wird. Ter eigen artige Fall ist geeignet, die weitesten Kreise zu intcrcssiren. Es ist bis jetzt noch nicht gelungen, den seit 28. Sep tember Abends flüchtigen Pofiassistcnten Ferdinand Paul Grahmanu aus Grimma zu ermitteln. Uebcr die von ihm von Leipzig aus cingcschlagenc Fluchtrichtung fehlt noch jede Svur. Als ausgeschlossen ist cs durchaus nicht zu crachtcn, daß Grahmann sich noch in Deutschland oder Sachsen, unter Umständen in kleinen Orten unter bescheidenen Verhältnissen aufhält. Ter von Grahmann durch Unterschlagung vvn Kasscngeldcrn und Wcrthscndungen verursachte Defekt hat die Höhe vvn 11485 M. 32. Pf. erreicht. Die ans die Ergreif ung des Grahmann nnd Wiederherbcischaffung dcr untcr- schlagcncn Geldcr ausgesetzte Belohnung ist aus 1000 M. er höht worden. Personalbeschreibung des Grahmann: Geboren: am 15. Jannar 1868 in Bromberg; Größe: 1,62 in; Gesicht: länglich, schmal, blasse Gcsichtssarbc, hervorstechende Backen knvchen; in dcr Nascngcgcnd blattcrnarbig; Körperbau: schwäch lich; Gang: zeitweise schleppend; Haar: schwarz und glatt; Bart: kleines schwarzes Schnurrbärtchen; Mund: breit; Augen: dunkel, etwas stechender Blick; Augenbrauen: schwarz aber dünn; Sprache: deutsch, ostpreußischer Dialekt, versteht empfangt unseren Segen!" „Aber Tante!" sagte Arno betroffen, dcr ein ebenso er stauntcs Gesicht machte, wie dcr Baron nnd (Cilly. „Abcr Tante, ich kenne ja die Herrschaften gar nicht! Hauptmann von Königsdorf, stellte er sich vor, ich glaube^ wandte er sich an dcn Baron, hicr wuß wohl cin klcincs Mißverständnis; ob walten." Dieser sah stumm die Excellenz an, die vollständig anßcr Fassung in den nächsten Fauteuil gesunken war. In diesem Augenblick allgemeiner Stille öffnete Johann die Flüglthürcn mit dcn Worten: „Herr Lieutenant von Königsdorf!" „Bitte, Herr Baron, stellen Sie mich Excellenz vor!" „Tas ist der Richtige, lachte dieser, Kinder umarmt Euch, das Mißvcrständniß soll sich schon austlären!" Ter Hauptmann und dcr Licutcnant machten sich bekannt, während Baron Excellenz zuflüstcrtc: „Tic Sache bleibt selbstverständlich unter uns, Sic haben cin gutcs Werk für Jhrcn Hauptmann thnn wollcn, und sind durch Cillys Beichte in Ihrem Glauben bestärkt worden. Einen Moment entschuldigen Sic mich, ich will dcm bravcu Hauptmann rcincn Wein einschcnkcn." Als dcr Batcr mit Arno in das Hcrrcnzimmcr gcgangcn war, slüstcrtc Cilly dcm Gclicbtcn zu: „Tu, dcin Namcnsvcttcr ist der Herr, von dem ich dir saglc, daß er mich gestern immer mit sv sonderbaren Blicken in dcr Ausstellung angesehen hätte!" „Diese Vettcrschast hat mir schnell zu meinem Glück vcr- holstn, lachte der Lieutenant, das verdanken wir hauptsächlich dcm gutcn Johann, dcr dcn Bncf bci mir abgegeben, statt bei dcm Hauptmann." „Und dann, daß ich gebeichtet habe! Ich habe doch furcht bar viel Courage, ebensoviel wie cin Lieutenant!" lächelte Cilly. Jetzt traten die Herren wieder hcrcin. Man nahm an dcr Tatest Plan. Tic aniänglichc Bcsangcnhcit dcr Exccllcnz mußte bald dem gesunden Hnmvr, den der Barem und Arno I., wie er ihn scherzend nannte, entwickelten, weichen. „Recht, recht spät verabschiedete sich derBaron mit dem glück lichen Brautpaar. Aruo blieb noch bci dcr Tante zurück. „Ja, Tantchen, mit uns war es mal wieder nichts, trotz dem ich dir dcn Gciallcn gclhan! Abcr wcnigstcns hast dn dic Befriedigung, daß cin Namcnsvcttcr vvn mir, alsv so zn sagen ein NamcuSucvcn von dir, sich in dem Hause verlobt hat. Lebe wohl, liebe Tante, nochmals herzlichen Dank für deine Bemühungen. „Wo willst dn jetzt hin?" „Morgcn früh mit dcm crstcn Zngc nach Lettin zu meinem Freunde, dcm Major a. T. von Scndcn. Jngcn, Fischen, Angeln, Reiten soll mir die Zeit vertreiben!" „Ich glaub's dir, daß du dich hier auS Berlin iortschnst, sagte die attc Dame. Adien, Arno." Excellenz gab vierzehn Tage später dem Baron und dem Brautpaar ein kleines Frühstück. „Arno kommt etwas später, sagte dic glückstrahlende Braut bci dcr Ankumt, cr hat noch Dienst, das find so kleine Schatten seiten des LicntcnantsbrautstandeS!" lächelte sie. „Und in dcr Ehe wirds noch schlimmer," meinte Excellenz ..Gratuliere, gratuliere, Tantchen! — Excellenz hatte seit acht Tagen den Namensvetter als wirklichen, Neven, wie sic sagtc, anerkannt nnd ihm das trauliche, du, gewährt — „der Neven, dcr wirklichc, hat sich verlobt, hicr lies,' und reichte ihr das Zcitungsblatt. Meine Verlobung mit Fräulein Ella von Senden, zweiten Tochter des verstorbenen Majorathsherrn Vaul von Senden und seiner gleichfalls verstorbenen Gemahlin Eleonore, geborene vvn Züfow, beehre ich mich ergebcust anznzcigcn. Lellin, dcn 9. Octvber 189.. Arnv vvn Königsdorf, Hauptmann und Cvmpagniechef im I'. Infanterie-Regiment Nr. st). ..Sv ist cr nntcr dcr Haube! flüsterte Excclleuz sichtlich ergriffen. Nun will ich wenigstens versuchen, da cr mciucn Rath bcfvlgt, ihn als Major nach Bcrliu zu bringen."
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