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bald do, bald dort einen ihm im Wege stehenden Stuhl un- saust zur Seite schiebend. Vor dem weinenden Kinde, daS noch m seinen zerknitterten rosa Fähnlein auf dem vor Alter glänzenden, zerschlissenen Sofa kauerte, blieb er endlich stehen. „Ich frag jetzt zum letzten Mal," brüllte er, „war hats wieder gegeben? — Warum hast du wieder mit den Buben g'spielt? — Hab ich dir'S nicht verboten, du — du —" er wollte das Kind packen, Lotte aber kam ihm zuvor. „O Herr Lorenz," rief sie, „'S ist gewiß mein' Schuld — ich hab's Finale gehn lasse." „Warum?" herrschte er nun diese an. „DaS Kind hat so fleißig geübt und so schön g'spielt und da —" „DaS versteht Sie natürlich — Sie alte GanS, Sic! — so schön gespielt ich will wissen, waS los war. Solch ein Auflauf! — pfui der tausend — und 'S einzig Mädel mit lauter Buben spielen — und der hochnäsig Sakermenter da drüben, dem zahl ich sein Theaterprinzeß wieder mal heim — glaubt der bankerottirte Kaufmann, er sei mehr als unsereins?" Er hatte seinen rasenden Lauf durch das Zimmer wieder aus genommen. Unter der Küchenthür erschien Frau Lenz. Ihre Miene war auffallend ruhig, sie mochte an derartige Auftritte gewöhnt sein. „Finale, sag doch nun Vater, waS ihr g'spielt habt — ach du allmächtiger Gott, so hör doch auf zu greine, Kind." „Allons, wird's bald?!" rief Lenz dazwischen. Als daS Kind sich immer noch nicht beruhigte, rannte er wieder weiter. „Das kann nur uns armen Schluckern passiren — könnten wir unser Kind selber hüten — aber man muß Pauken schlagen, man muß singen bis Mittag um ein oder zwei ums liebe Bord — und dabei kann man »och halber verhungern. „Ach Herr Lenz," wagte Lotte einzuweuden, „so arg ists doch nit — Sie Han ja alle Tage zu esse." „Alle Tage zu essen," höhnte er ihr nach, „natürlich, aber waS? — Da seh Sic, daS ist für drei Personen." Er hatte bei diesen Worten ein Brettchen aus der Küche herein geholt, auf dem zwei Miniatur-Beefsteaks lagen, „freilich hat mau noch Kartoffeln dazu, ha, ha, ha, davon kann man ja satt werden, wenn man vom frühen Morgen nichts mehr gegessen hat." „Ach Herr Levz, manche Menschen wäre froh, wenn sie nur eiu'n Bissen Fleisch zu ihre Kartoffeln hätte —" „Sie zum Beispiel, Lotte — weiß wohl, weiß wohl," sagte er nun merkwürdig besänftigt. „Ja Lotte, warum hat mich der liebe Gott nicht zum reichen Mann gemacht — Sie sollt' alle Tag ihr Stück Fleisch haben." „O b'hüte 's Gott, Herr Lenz, alle Tag," wehrte diese. „Ja alle Tag — ich kann Ihr wenig genug thun, für daS was Sie am Kind thut." Lotte suchte die versöhnlichere Stimmung zu Gunsten ihres Schützlings zu nützen. „Ach, Herr Lenz, versicherte sie, „ich bin schon zufrieden mit dem, was ich hab', wenn Sie nur dem Finale 's Spiel nit immer verbiete wollte!" „Das geht Sie nix an, Lotte," rief er und wandte sich wieder dem unterdessen ruhig gewordenen Kinde zu. „Was habt ihr denn getrieben?" donnerte er Final nun an, „jetzt frag ich zum letzten Mal!" „DornröSlcs habe mir gespielt," gestand das Kind klein laut und noch manchmal von Weinstößen unterbrochen. „In eim' große Zuber drunte im Keller bin ich g'lege, daS ist mein ist mein Rosenbctt g'wese und Heu die Bube alte Kiste und Fässer und Ständer rum g'stellt, daS sein die Dornhecke und Burgmaure gewese — — und der Zimmer Julius und sein Kamerade hen g'sagt, sie wollen mich finde und der Krämer Heinrich hat gesagte, nein er wolle mich aufwecke — nachher sio sie alle fort — ich hab gemeint, sie wolle ihre Papierhelm und ihre hölzerne Schwerter hole, auf einmal ist der Zimmer Julius mit seine Kamerade komme und — und —" das Kind weinte wieder — „und nachher hen sie der Frau Zimmer ihren große Badzuber g'oomme und Henn' en uf mich g'stürtzt — nachher ist'S ganz finster worbe —" Frau Lenz stand unter der Küchenthüre und schlug mit allen Zeichen des Entsetzens die Hände zusammen und schüttelte langsam den Kopf: „Ach du allmächtiger Gott — unter den Zuber hen dich die garstige Bube g'sperrt, Finale?" „Ist ihr recht g'schchen!" rief Lenz, „soll wegbleiben — — so, so, also ein Badzuber haben sie den DornröSle aus'S Rosenbett g'stürzt? — ha, ha, ha," lachte er, „ein ander Mal spielst nimmer mit den unartigen Gassenbuben." „Und wie bist denn vorkomme, Finale?" frag die Mutter theilnehmend und besorgt. „Ich hab g'schriee und g'wcint. nachher ist der Herr Zimmern komme und hat mich g'suode." „Recht jo! Recht so!" sagte Lenz, „wegbleiben — dem Vater folgen!" „Aber Herr Lenz, 'S Finale muß doch auch Vergnüge habe — und 'S ist cbe kein Mädel im Haus, mit dem 's spiele könnt," warf Lott ein. „Vergnügen haben," spottete Lenz, „hab ich etwa Ver gnügen? — Dort soll sie Clavier spielen, sie weiß, daß sie da von einmal später leben soll!" „Aber so ein Kind kann dar doch noch nit.wisse," beharrte Lotte mit Zähigkeit. „Nachher weiß Sie'S, alte Lotte, d' Fina soll üben und wieder üben, je früher sie Geld verdienen kann, um so besser." Frau L:nz erschien wieder unter der Küchenthür und suchte Lotte abwehrende Zeichen zu machen. Ein Geruch von zerlassenem Fett und gebratenem Fleich drang ins Zimmer. „Sind denn deine Feldhühner noch nicht bald gar, Frau? ich hab ein' Riesenhuvger — — waS hat Sie denn Gurs g'habt Lotte?" „Salzkartoffeln und braune Brüh." „So, so, Salzkartoffcln und braune Brüh," meint Lenz nun vollständig versöhnr, „Salzkartoffeln und braue Brüh — 'S Fleisch hat der Zimmern selber zcssen, hä? ja, ja — wir wissens — wir ünncnS Lottele, — bleib Sie da, Sie kriegt ein Stück! von mir." Lotte führte den Schürzenzipfel an die Auge»; „Gott vergcltS Ihnen tausend Mal, Herr Lenz," sagte sie und wußte nicht, ob sie über Lenzens Güte oder ihre eigene Verlassenheit weinen sollte. Schon vor mehr als dreißig Jahren kam sie in dieses HauS, wo sie Zimmern als eines jener verlassenen Geschöpfe, deren Unterhalt die Stadt bestreiten muß, ausge nommen hatte. Die geringe Vergütung suchte der praktische Mann zu erhöhen, indem er Lottens schwache Kräfte zu aller hand kleinen Diensten benützte: Wasser tragen, Treppen fegen und Straßen reinigen. Dies olles ließ er sich von den ver schiedenen Parteien im Hause bezahlen, so daß daS verkrüppelte Wesen noch eine Quelle der Einnahme für ihn wurde. Jeder mann wußte dies im Hause. Da aber Zimmern wieder so viel Gefälligkeit für die Bewohner hatte und die kleinen Leute alle auch zuweilen auf des Eigeuthümers Nachsicht rechnen mußten, ließen sie ihn gewähren. »Ja, ja — er wirds vergelten tausendmal," höhnte Lenz, „wir dürfen dafür am Hungertuch nagen, bis ans selig End'." „Ach du allmächtiger Gott, Lenz," wandte seine Frau nun bittend ein, „sei doch stille, wir sin alle Tage satt worde und werde auch noch Freud' am Finale erlebe!" „Lauter Freud und Glück — natürlich Mutter, du mußt's ja wissen." „Ihne hat doch der lieb Gott schon viel Glück gebe, Herr Lenz," wagte Lotte eiozuschalten. „Der Herr Zimmern erzählt oft, Sie und Ihre Frau seie 'S schönst Paar in der Stadt g'west — ist das vielleicht kein Glück?" Lenz trat vor den Spiegel und reckte sich in seiner Höhe empor. „Ja, ja, man hat sich sehen lassen können — gelt Alte?" eiwiderte er geschmeichelt, sich selbstgefällig das glatt rasirte Kinn streichelnd und sein Spiegelbild mit unverkennbarem Wohlgefallen, betrachtend, „meinetwegen könnt' ich weniger schön oder so klein sein, wie Sie, Lotte, hätt' ich nur mehr Geld." „Aber ich bin klein und hab nix, al! was mir die Gnad der Leut schenkt — das ist doch auch traurig." Frau Lenz brachte die dampsende Suppe. Sie bemerkte mit Gcnugthuung, wie sich der Unmuth ihres Maunes mehr und mehr legte, je mehr jein Appetit befriedigt wurde. Schließ lich theilte er sein winziges Beefsteak mit Lotte, die es nach einigen nicht ernst gemeinten Einwendungen demüthiz dankend aonahm und fast mit Heißhunger hinuntcrschlang. „Schmeckts, Lotte?" rief Lenz, ihr vergnügt zuschauend. „Wohl schmecklS," nickte diese, „Sie und d'Frau Hofräthin im Zweiten sind die Einzigen, di: mir was gutS gönne." „Wenn die nur nicht so verteufelt hochmüthig wär," meinte Lenz, „'s wär sonst eine charmante Frau." „Eine liebe, gute Dame ist's," eiferte Lotte, „freilich ein bissel stolz auf Rang und Titel — ach du lieber Gott, und muß doch so arg spare, daß sie in dem Haus da wohnt —" Lotte hielt erschrocken inne. „Wo sonst nur arme Leute wohnen," ergänzte Lenz, „sag Sie'S nur ungenirt, Lotte. — Freilich der Hoiräthin paßts auch ganz und gar nicht — wir sind fast alle Luft für sie im Haus." „Aber der Rudolf ist gar nit hochmüthig," meinte Fina und schaute ihren Vater mit einem ernsten, merkwürdig früh reifen Blick ins Gesicht, „er will immer mit uns spiele, aber seine vornehme Mama leidets nur nit." „Glaubs gern," nickte Lenz bitter, „sind von zartem Teig gebacken diese Hofräthin und ihr Sohn, ha, ha, ha!" Lachend nahm er seinen Teller und stellte ihn der Katze unter den Tisch, die sich schon lange bettelnd an seinen Beinen gerieben hatte. Er streichelte ihr einige Male liebkosend über den Rücken, dann erhob er sich, zog seinen Rock an und ohne zu sagen, wohin er gehe oder wann er zurückkehre, wandte er sich noch der Thür. Beim Hinausgehev drehte er sich nochmals um. „Vergcß nicht zu üben, Fina — heut Abend muß die Sonatin gehen wie am Schnürte — hörst'S?" „Allmächtiger Gott," sagte Frau Lenz, den Tisch ab räumend, „er wird mir das Kind noch umbringen. Weiß Sie, Lotte," setzte sie entschuldigend hinzu, „'S ist 'S Blut, sein heiß, südländisch Blut — sein Urgroßvater ist ja ein Mohr g'wese. Weiß Sic, Lotte, der hochselig Fürst hat iyn aus dem Türken- krieg mitgebracht — daS macht den Mann so heftig, er ist ja sogleich wieder gut." „Wenn er eins halb umgebracht hat," ließ sich Fina alt klug vernehmen; ich mag den Vater gar nicht — warum ist er immer so grob gegen uns — und immer soll ich übe —" „Still, still Kind," unterbrach sie die Mutter, „der Vater meintS gut, wenn du was rechts g'lernt hast, brauchst du dich nit so quäle, wie deine Eltern." „Aber Mutter, ich lern doch auch ohne das Schimpfe. Siehst du, wenn der Vater gut ist, hab ich ihn so lieb — aber er ist fast gar nie gut mit uns. Wenn er gegen dich grob ist, nachher könnt' ich immer greine." „Er meint'S ja nit bös," entschuldigte die Mutter. „Nit bös, aber ich soll immer übe und übe," klagte die Kleine, nahm ergeben ihren Schulranzen, hielt der Mutter den Mund zum Kusse hin und trottete, von Lotte bis unter daS Hofthor begleitet, itr den heißen Maiennachmittag hinaus. * * 4- Am Abend, als die Eltern im Theater waren, schaute Fina mit Lotte aus ihrer Parterrewohnung zum Fenster hinaus. Die Knaben tollten auf der Straße, der Friede schien wieder hergestellt zu sein. „Ich komm h'nein mit mein'm Baukasten," flüsterte Hein rich Krämer der Kleinen zu. Sie klatschte vor Vergnügen in die Händchen und rannte ihm bis zur äußersten Thür entgegen. „Kannst dein Stückel?" frug er nicht ohne Theilnahme. Wie Zimmerns Herzlosigkeit gegen Lotte allen Bewohnern des Hauses bekannt war, ebenso wußten sic auch von Lenzens Strenge gegen sein Kind. Fina wurde ernst. „Noch nicht ganz." gab sie zur Ant wort, „ich hab immer eis statt e gegriffen — der Vater hat g'schimpft." „Wie immer," meinte Heinrich, gleichmüthig seinen Bau kasten ausräumend. „Wart, Fina, wenn ich groß bin, bau ich Häuser, dann werd' ich ein reicher Mann — dann bau ich auch dir ein Haus und du brauchst nimmer Clavier spielen." Das Kind schaute ihn eine Zeit lang nachdenklich an, als ob es überlege, wie eS dann sein werde. „Du Heinrich," frug eS endlich, „darf ich dann gar nie mehr Clavier spielen?" „Nachher brauchst nimmer spielen," entgegnete er zerstreut, schon in den Aufbau eines kleinen Kunstwerkes veniefr. „Weißt du, da will ich lieber dein Haus nit — manch mal möcht' ich doch Clavier spielen." „Ach du dummes Ding, nachher bist du eine vornehme Frau, sowie d'Frau Hoiräthin oben im Zweiten und kannst machen, was du willst." Fina stützte daS Köpfchen auf den Arm und schaute sein Gegenüber mit großen dunkeln Augen ernst und sinnend an. Dieser beachtete es erst nicht und fügte emsig Klötzchen auf Klötzchen. Manchmal strich er sich die hellblonden Haare aus der Stirn und besann sich, wie es nun weiter werden sollte. Endlich wandte auch er sein blasses Gesicht mit den dunkeln sprechenden Augen Fina zu. „Warum starrst du mich denn so an?" frug er, „glaubst du nicht, daß ich dir ein Haus baue?" Das Kind schüttelte seinen Lockenkopf. „Dein Vater wird'S nicht leiden," sagte es einfach, „er schimpft mich ja immer Theaterpriozeß." „Dummes Zeug," entgegnete Heinrich, „wenn ich groß bin, mache ich, war ich will." „Aber Tische und Kommoden braucht man auch in ein HauS," wandte Fina altklug ein, „und mein Vater sagt immer, wir haben gar kein Geld —" „Ach was, das mache ich alles," unterbrach sie Heinrich ungeduldig, „wart's nur ab." „Aber Klavier möcht' ich doch immer spielen," beharrte die Kleine, „der Rudolf im Zweiten spielt so schön —" „Ach laß den spielen," entgegnete Heinrich geärgert, „was hast davon? Aber ich bau dir ein HauS, daS ist mehr als Klavier spielen." Das Kind schien immer noch zu zweifeln. „Wenn ich aber gut spielen kann, dann verdiene ich so viel, daß d'Mutter nimmer ins Theater braucht." Heinrich schaute sie ernst an. „Kannst du auch, wenn du'S Haus hast." Fina hörte nicht auf den Einwurf. „Meinst wie freu ich mich bis d'Mutter und ich jeden Abend beinandcr sein könne —" „Ja und dein Vater schimpft sein Theil dazu," warf Heinrich ein. „Vielleicht nimmer, wenn ich groß bin." Lotte kam vom Fenster her. „Fina, jetzt gehst ins Bett, ich muß nauf, sonst schimpft der Herr Zimmern wieder." „Du wirst noch in dein Wmkel unter dem verlöcherten Dach kommen können," meinte Heinrich, „bleib noch da, bis mein Bau fertig ist." „Meinetwegen," gab diese zu, „aber nicht länger." „Gelt, Lotte, jetzt schneit dirs doch nit iu'S Bett?" frug Heinrich, „mein Vater hat g'sagt, wenn d' im Winter wieder unterm Dach schlafen mußt, zeigt er's an — für das zahlt d'Ltadtkass' dem Zimmern nit 's Geld." „Ach Gott, ach Gott, er wird doch das net thue," jammerte die Alte, „zu wem sollt' ich dann — ich will nimmer aus dem Haus da naus —" „Wenn ich groß bin, mieth ich dir ein Zimmerle, Lotte, nachher sollst's besser habe." „Ach du guts Kind — und siehst du, Heinrich, wen hätt dann's Finale?" Das schien dem Knaben einzuleuchtcn. „Aber der Zim mern sollt dich nit so viel schaff- lasse, Lotte — d'Mutter sagt, das sei ein' Sünd — warum schafft er denn nit?" „Wie er d'Schlosserei noch g'habt hat, hat er au g'schafft — nachher ist er Stadtrath worde und hat kein Zeit mehr zum schaff: g'habt. Jetzt isch er selber nimmer reich —" „Das Haus g'hört ja sein", warf Heinrich ein. „Ja, ja, sein und andere Leut", nickte Lotte, „meinst er wohnt umsonst droben in der Mansarde?" Heinrich schien diesen Grund gelten zu lassen, denn er schwieg. Der Bau war endlich vollendet und wirklich ein kleines Kunstwerk geworden. Als es gehörig bewundert war von den beiden, die jeden Theaterabend mit Heinrich auf diese Weise zubrachten, packte der Knabe seine Klötzchen zusammen. „Also spielen darfst jetzt nimmer mit uns, Fina?" sagte er im Fortgehen, „wie schade, ich hab wieder so schöne Spiel g'wußt." „Ab und zu einmal", erlaubte Lotte, „nur müßt ihr eben brav sein." Als er gegangen war, schloß die Alte vorsichtig Fenster laden und Thürcn, brachte das Kind zu Bett und lockte die Katze. Diese schien auf den Ruf gewartet zu haben, sie kam sogleich herbei und machte cs sich, ihrer Gewohnheit nach, neben Fina bequem. Nachdem sie die Lampe ausgelöscht hatte, ging auch Lotte. Das Kind blieb allein, wie immer, wenn die Eltern im Theater zu thun hatten. Es lauschte noch einige Zeit den Tönen, die vom zwntea Stock herunterklangen. Frau Hofrath spielte mit ihrem Söhnchen vierhändig. Fina juchte dem Takte zu folgen, aber immer mehr verwirrten sich ihre Gedanken, bis sie endlich der Schlummer umfing. Fortsetzung folgt. Sächsisches. voyenstem, 10. September. Nächsten Donnerstag, den 15. September 1862, findet im Kasinosale zu Glauchau die diesjährige Hauptkonferenz der Direktoren und Lehrer des Schulinspcktionsbczirks Glaucha« statt. Dieselbe ist öffentlich und beginnt früh 9 Uhr, sodaß also die Mitglieder der Komspektionen, Ortsschuliuspektoren und Schulvorstände sowie Schulfreunde hiesiger Gegend, welche die Versammlung durch ihre Gegenwart auSzeichnc» wollen, mit dem'Frühcourierzug fahren müßten. An eine Ansprache des Königl. Bezirksschulinspcktors, Herrn Schulrath Lötzsch, wird sich ein Vortrag des Herrn Direktor Rother-Meerane anschließen. Dieser wird über „Zeitgeist und Erziehung" sprechen und dabei die Stellung des StaateS, der Familie, Kirche und Schule behandeln. An die Versammlung schließt sich ein gemeinschaftliches Mittagscssen und ein kleiner Unter- haltungSabend. DaS Gasglühlicht, welches neuerdings sich auch hier ein- gesührt und in mehreren Geschäftsräumen Eingang verschafft hat, findet im Publikum lebhaftes Interesse und dürfte noch vor Beginn der großen Wintcrbrennperiode an Ausbreitung wesentlich zunehme», um so mehr, als man da, wo das Gas glühlicht bereits gebrannt wird, gute Erfahrungen gemacht und damit zufrieden ist, sowohl was die bedeutend vermehrte Licht fülle, als auch was die erzielte Ersparniß im GaSconsum au- langt. In der electrotechnischen Welt ist eine gewisse Erregung unverkennbar, welche auf die Erfolge zurückzuführen ist, die mit dem Gasglühlichtc erzielt wurden und womit die Gastechnik unstreitig dem electrijchen Lichte heute den Rang wieder streitig macht, den es sich durch die rasch aufeinanderfolgenden Er findungen erworben hat. Nach Ausführungen der Firma Diemens u. Halske ist als normaler Preis einer elektrischen Glühlampe von ca. 50 Watt nnd 16 Normalkerzen 4 Pfg. pro Stunoe anzunehmen. Ein Gasglühlicht dagegen, auf ge wöhnlichem Brenner aufgesteckt, das eine Leuchtkraft von 60 Normalkerzen entwickelt, kostet 1,8 Pfg. pro Stunde. Aus diesen Zahlen ergicbt sich die Berechtigung, von einer erheblichen Concurrenz des Gasglühlichtes gegenüber dem electrischcn Licht zu sprechen. Obige Zahlen lassen sich bezüglich des Weiches der concurirenden Lampen besser vergleichen, wenn man sie auf den gleichen Lichtwrrth umrechnet, womit man folgendes Ergebniß erhält: 100 Normalkerzen Lichlwerth kosten per Stunde mit elektrischem Glühlicht erzeugt 25 Pfg., mit GaSglühlicht 3 Pfg. Sonach kostet die gleiche Lichtstärke bei elecirischem Glühlicht das Achtfache gegenüber dem Gasglühlicht, eine so - große Differenz, daß die Einholung derselben durch Verbesserungen