Suche löschen...
Hohensteiner Tageblatt : 02.09.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189209029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18920902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18920902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-09
- Tag 1892-09-02
-
Monat
1892-09
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 02.09.1892
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Sächsisches. Hohenstein, 1. September. Der vergange Sonnabend, als der 27. Äugust, war jür die hiesige Weberinnung ein wichtiger und festlicher Tag. Konnten doch die Mitglieder dieser Gemeinschaft auf ein 354jährigeS Bestehen ihrer Innung zurückblicken. Und so fand die Festlichkeit dieses Tages hauptsächlichen Ausdruck dadurch, daß im Webermeisterhause die Zinsen des von den Herren Webwaarenfabrikantcn gestifteten Legats an 10 arme würdige Webermeister bcz. MeisterSwittwen zur Vertheilung gebracht wurden. Gleichzeitig gestattete sich die Innung, Herrn Com- merzienrath F. Beck hier aus Dankbarkeit für sein der Innung allezeit bewiesenes regeS Interesse zum Ehrenmeister zu ernennen. An dem dieser Gedenkfeier folgenden Sonntag fanden sich die JnnungSmcister mit ihren Frauen im WebermeisterhauSsaale ein, um die Festlichkeit in einer anregenden Unterhaltung und einem gemüthlichen Tänzchen zum Abschluß zu bringen. Die Ergänzungswahlen zur Handels- und Gewerbekammer in Chemnitz finden in den AmlSgerichtSbezirken Waldenburg, Meerane, Glauchau, Hohenstein-Ernstthal und Lichtenstein am 16. September d. I. statt. Das königliche Ministerium des Innern erachtet es mit Rücksicht auf die an verschiedenen Orten hervorgetretencn KrankheitScrscheinungen für angezeigt, die Abhaltung von Jahr märkten und Viehmärkten im Königreiche Sachsen bis auf weiteres gänzlich zu verbieten. Angesichts gebotener Maßregeln zur Abwehr und gegen die Verbreitung der Choleragefahr erweisen sich, wie man heute aus der Reichshauplstadt schreibt, die Bestimmungen über die SovntagSfeier als ein so schwerer Uebelstand, daß man sich genöthigr sehen wird, diese Bestimmungen, soweit sie Nah- ruvgS- und Gcnußmittel betreffen, bevor man an eine syste matische Umgestaltung herantritt, vorläufig ganz erheblich um- zugestalten. Bon verschiedenen berufnen Seiten sind nach dieser Richtung hin Vorstellungen erfolgt, welche gegenwärtig bereits erörtert werden und zweifellos auch bald greifbare Er folge amweisen. Aus verschiedenen Orten wird berichtet, daß die Polizei organe ihr Hauptaugenmerk gegenwärtig auf das Feilhalten von Obstsorten richtet, damit nicht etwa unreifes in den Handel gebracht wird. Der gegenwärtigen Sorge ob der Cholera ist dar auch wünschcnSwerth, da jede Verdauungsstörung zu falschen Gerüchten Veranlassung geben kann. Laut einer soeben vom General-Consulat in Berlin dem Glauchauer amerikanischen Consulat zugegangenen Instruktion dürfen Gepäck und persönliche Effekten von Auswanderern nach den Bereinigten Staaten vom 18. September ab ohne Con- sular-Bescheinigung der DeSinfection nicht eingelassen werden. Wir haben bereits mitzetheilt, daß daS gesammte deutsche Gebiet seiten der österreichisch - ungarischen Monarchie für choleraverdächtig erklärt und demzufolge eine ganze Reihe von Absperrungs- und DeSinficirungS-Maßregeln getroffen worden ist. Auch auf dem Grenzbahnhofe Weipert werden jetzt sämmt- liche von Norddeutschland kommende Reisende fünf Stunden lang einem RäucherungSproceß unterworfen, der wohl in sanitätrpolizeilicher Hinsicht nothwendig, für die davon Be troffenen aber in vieler Beziehung störend ist. So wurde vor gestern eine aus Hamburg kommende Musikgesellfchaft aus Prcßnitz, welche 12 Personen stark nach ihrer Heimath wollte, angchalten, der sämmtlichen Kleidung entledigt und in ein Zimmer eingeschlossen, während in der DeSinficirungsanstalt auf dem Bahnhöfe die abgenommencn Kleider ausgeschwefelt wurden. Daß von einem solchen Proceß die Kleidungsstücke, vor Allem die seidenen Kleider der weiblichen Angehörigen der Musikgesellschait, nicht gerade besser wurden, bedarf wohl keines Beweises, indessen sind solche gründliche Maßregeln ohne Rück sicht auf den persönlichen Schaden des Betroffenen nothwcndig, um einer Verschleppung der Seuche nach noch nicht inficirtea Gebieten wirksam vorzubeugen. Im Jahre 1866 starben an der Cholera in ganz Sachsen 6735 Personen. Der erste Todesfall kam damals in Leipzig und zwar am 29. Juni 1866 vor; die letzten Ausläufer der Epidemie aber zogen sich bis in den Januar und Februar des Jahres 1867 hinüber, indem noch einige Fälle in Licbschwitz (Gerichtsamt Werdau) vorkamen. Unter den Orten des ganzen Landes stand hinsichtlich der Dauer der Epidemie Glauchau mit 185 Tagen obenan. Aus Chemnitz: Die Bestrebungen der deutschen Baum- woll- und Wollwaarenindustrie, sich beim Bezüge ihrer Roh- pioducte vom Auslande, namentlich von England, unabhängig zu machen und möglichst dircct cinzukaufen, sind schon von gutem Erfolge begleitet. So sind z. B. im Jahre 1891 von circa 260 Millionen Kilogramm Baumwolle, die nach Deutsch land eingesührt wurden, 225 Millionen Kilogramm, also 86Proc., dircct aus den Productionländem und nur ein kleiner Theil durch die Vermittelung von England, Belgien rc. be zogen worden. Weniger günstig liegen die Verhältnisse beim Bezüge roher Schafwolle. Denn von den 1440z Millionen Kilogramm Rohwolle, die im Jahre 1891 au« dem Auslände nach Deutschland kamen, wurden nur 77^ Millionen Kilo gramm oder 53 Proc. dircct aus Capland, Australien und den La Plata-Staaten bezogen, während der Rest immer noch durch englische, französische und belgische Vermittler geliefert wurde Doch ist auch hierin eine Besserung zu erwarten, seitdem die Wollauciioncn in Beilin und Hamburg immer mehr beachtet werden. Oeffentlichc Versteigerungen in den König!. Amtsgerichten. Montag, den 5 September. Leipzig: Elise Lina verchcl. Abendroth verw. gcw. Fächer geb. Morgenstern'« Hausgrundstück in Lcipzig-Plagwitz, 26 500 M. Chemmtz: Friedrich Hermann Heil'« Grundstück (Baustelle) daselbst, 5180 M. Chemnitz: Friedrich Hermann Melzer'« Grundstück (Haus und Garten) in Burkhardtsdorf 3500 M. Wurzen: Christian Friedrich Hermann Wagler'« Grundstück (Müylingut) in BmkhartLham, 22 665 M. Werdau: Fried rich August Köhler'« Hausgrundstück daselbst, 6500 M. Olchotz: Moritz Heinrich Eimt Veir's Grundstücke in Bucha bez. Dahlen: 1) Wass r- und Schneidemühle mit Gastwirthschast, 30125 M. 2) Wiese, 395 M.; 3) Feld, 4765 M.; 4) Feld, 775 M.; 5) Wiese 1235 M. Dienstag, den 6 September. Lim bach : Maric Aummc vnw. Kreil geb. Schönfeld'« Hausgrund- stück daselbst, 15 300 M. Falkenstein: Gastwir'h Karl Gustav Lenk'« Scheunen-, Feld- und Wieseugrundstück daselbst, 6880 M; ebendtsselden Hausgrundstück daülbst, 12 500 M.; evcn- dessclbcn Bauergut in Weida, 15000 M. Mittwoch, dcn 7. September. Löbau: Kammann Max Eduard Gärtner'« Grund stücke in Wcißinberg, 13 406 M. 64 Pig. Dresden: Wil helmine Therese verehsl. Graf geb. Simang's Grundstück (Wohn haus, Nebengebäude, Schuppen, Hof und Garten, zum Betriebe einer Bäckerei sich eignend) in Radebeul (an der Dresdnerstr. gelegen), 22134 M. Mittweida: Ernst Eduard Geißler'« Gartennahrung in Ottendorf, 12 150 M. Leipzig: Sattler- m-ister Franz Julius Meißne>'S Hausgrundstück in S^hausen, 4800 M. Stollberg: Carl F-ieduch Jähn'« Grundstück (Wiese und Wald) in Gornsdorf, 6675 M. 70 Pfg. Zahlungseinstellungen. R. Böttger, Dampiziegelei- besitzer, Nauendorf. David Sternberg, Kurzwaarenhändler, Berlin. I. Hofmann, LandeSproductenhändler, Nürnberg. I. Burghardt, Schuhwaarenhändlcr, Staßfurt. Johann Gottfried Rabe, Handarbeiter und Hausbesitzer, Nachlaß, Glauchau. Gustav Adolf Böhme, Kaufmann, Zittau (Zwangsvergleichs termin 14. September ds. I.) — Aufgehoben: Robert Ernst Modes, Braumeister, Wildenfels. Louise verehel. Leibner, Inhaberin eines Herren- und Damcnkonfcctionsgeschäftes, Großenhain. An den großartigen Erfolgen, die die deutsche» Waffen in der Schlacht bei Sedan davontrugcn, gebührt dem sächsischen Armeecorps ein ruhmvoller Antheil. D:e Gcschichte der Schlacht verzeichnet uns u. A. folgende H.'ldenthaten sächsischer Truppenthcile: Im Givonnethal nahm die 5. und 6 Kompagnie des 107. Regiments unter Premierlieutenant Basie dem Feinde zwei feuernde Mitrailleusen ab, dem 2. Bataillon vom 104. Regiment fick bei dem Vorgehen eine von dem weichenden Feinde zurückgelassen Mitrailieuse in die Hände. Die Kom pagnie des Hauptmanns Küstner (4 des 104. Reaimcnts) er beutete eine Turkofahne, die 9. Kompagnie vom 107. Regiment eroberte in einem äußerst heftigen und blutigen Gefecht bei Bazeilles ein Geschütz, während ihr zwei andere verlassene feindliche Geschütze in die Hände ficken. Ein Zag der 6 Kompagnie des Schützenregiments unter Lieutenant Naumann nahm dem Feinde auf den Höhen westlich von La Romorie mit stürmender Hand zwei Geschütze ab. Diese beiden Geschütze la elaveoili und la ouirassa stehen jetzt vor der Kaserne des Regiments zu Dresden. Mannschaften der 1. Kompagnie des Leib-GrenadierregimentS unter Pccmierlieutenant Kirchhoff ge lang eS, ein kleines von französischer Infanterie mit zwei Mi- trailleusen besetztes Erdwelk in kühnem Anlaufe zu erstürmen, die Geschütze zu erbeuten und nach Gefangennahme der Be satzung die Schanze festzuhalten. Der Verlust des königlich sächsischen Armeecorps betrug in der Schlacht bei S.dan an Todtcn: 21 O'fisiere, 57 Unteroifijierc, 3l5 Soldaten, an Ver- mundeten: 27 Offiziere, 113 Untero'fizicre, 864 Soldaten, an Vermißten: 48 Soldaten, im Ganzen 1445 Mann. Die sächsische Artillerie hatte 7324 Schuß gethan. Der über alle Erwartungen großartige Erfolg der Schlacht ließ sich erst später in seinem vollen Umfange übersehen. Die beiden säch sischen königlichen Prinzen ritten am 2. September unter dem stürmischen Jubel der Truppen die Biwak« des Armeccorps ab und bestätigten die Nachricht von der Gefangennahme Na poleons. Der August geht zu Ende und mit ihm die volle Sommer luft Der September freilich ist noch immer ein sehr höflicher Herr, viel sanfter und liebenswürdiger, vor allen Dingen be ständiger als der hitzige, leidenschaftliche August, — viele er fahrens Leute gehen deshalb auch erst im September auf Reisen, weil das Wetter schöner und beständiger, die Luft kühler und klarer und die Hotelpreise allerorten niedriger sind. Aber der September bringt uns doch den Herbst und der Sommer ist zu Ende. Da gilt es jetzt die rinnende Zeit und Sommerluft noch einmal mit voller Lust zu schöpfen und, des Genusses froh, zu schlürfen und zu trinken mit sorgenlosem Be hagen! Weiß doch keiner wie ost ihm der Sommer Wiederkehr!! Wie lange noch, und der Tage Mühlrad hat die sommerliche Hoch- fluth des Lebens hinabzespült in jene unbekannten Tiefen und des Daseins Gewässer sinken und sinken, verrinnen, vertrocknen, und der Mensch mit ihnen! — Die meisten Blumen sind jetzt schon verblüht, die Vierfüßler des Waldes beginnen schon jetzt das leichte Sommerkleid abzulegen, um cs später mit dem dicken, warmen Winterpelze zu vertauschen; die gefiederten Sänger in dcn Wipfeln folgen ihrem Beispiel und rüsten sich für die nah bevorstehende Wiederkehr der großen Wanderfahrt nach dem Süden schon jetzt durch tägliche mit Gewissenhaftigkeit ausge- sührte Flugübungen. An dcn Gestaden ferner Meere, an den Ufern heiliger Ströme, wo die Lotosblume blüht und die breiten Sykomoren rauschen, da wissen sie ein verborgenes Plätzchen, wo sie Ruhe, friedliches Giück finden werden. Wie Menschen, die wir in der Heimath wurzeln, müssen uns mit dem Guten begnügen, das so nahe liegt. Darum nützet die Tage! Hinaus in dcn grünen Wald, über Berg und Thal, <o lange noch Jugend und Sommer um uns weben. Kaum ist das Zaubertheater des Herrn Böning von hier wieder adgerelst, und schon wieder wird dem schaulustigen Pu blikum etwas Neues geboten. Diesmal haben wir eine wirk liche Neuheit zu erwarten, denn vom Sonnabend dieser Woche an wird sich aus dem Teichplatze ein ansehnlicher Bau erheben und in demselben stellt sich uns „Deutschlands größtes mecha nisches Theater" vor. Herrn Theodor Bläser, dem Besitzer dieses „cklacmtrum mmE', geht aus Plauen der beste Ruf voraus; zur Erläuterung der zu erwartenden Schaustellung glcbt der Besitzer derselben Folgendes bekannt: Das mechanische Thealer verwechsele man nicht mit einem Pano rama oder irgend einem anderen optischen Institut, in welchem man nur durch Gläser zieht, sondern man denke sich vielmehr ein wirkliches Theater, bei dem die handelnden Wesen durch einen sinnreichen und kunstvollen Mechanismus wie belebt aus der Bühne erscheinen; wiederum dars man sich diese Figuren nicht steif und ungelenkig denken wie bei einem Puppen theater, sondern jede einzelne Figur ist ein Meisterwerk der Mechanik. Während aber bei einem wirklichen Theater die Verwandlungen der Szenerien saft ausschließlich hinter geschlossenem Vorhang ersolgen, voll ziehen sich hier die Veränderungen m stetem Gange ohne Unterbrechung der Handlung vor den Augen des Beschauers. In endloser Folge wechseln Landschaft und Himmel, Nacht und Tag, Sonnenschein und Gewitterluft. Bald ist der Vordergrund das blaue Meer mit seinen schäumenden Wellen, auf denen Dreimaster und Dampfschiffe kommen und gehen, bald ist es die Landstraße oder das freie Land, wo Menschen und Thicre in freiester Weise agircn. Kein leitender Draht, keine regierende Hand ist dabei zu sehen, nichts vcrräth das wunderbare Getriebe. Nur die geistreich be nutzten Forschungen ans dem Gebiete der Mechanik und die angewandten Erfahrungen der darstellenden Kunst ermöglichen die reiche Handlung. Kunst und Mechanik feiern in diesem Theater gleiche Triumphe! Die auf vergangene» Montag vom kömgl. Landgericht Zwickau, Ferien-Strafkammer I, anberaumte erste Verhand lung wider dcn Bauunternehmer Gustav Hermann Müller aus Zelic und bez. Ernstthal wurde auf nächsten Donnerstag, Vormittags 10 Uhr, vertagt. Müller ist verdächtig, ,hm av- gepfändetc Sachen bei Seile geschafft zu haben. Eine cigcnthümlichc N ckurerschcmung wurde am Montag Abend gegen 8 Uhr in Crimmitschau am Monde beobachtet. Weithin aufleuchtende Flammen, die im Innern des Mondes bis über feine Außenfläche emporloderten, waren etwa 20 Minuten lang sichtbar. Der Mond verlor dadurch sein fchars- abgegrenztes Bild als Sichel und erschien bald kegel- und bald würscl'öcmig. Mit unverkennbarer Sorge sieht man in Leipzig dem Beginn der diesjährigen Michaelismesse entgegen, die bekannter maßen auch einen starken Zufluß polnisch-russischer Bevölkerung zuführt, aus Gegenden, die schon seit längerer Zeit der Cholera- gcfahr in besonderem Grade ausg-sitzt gelosten sind. Wenn 0er allgemein herrschenden Ansicht nach die Cholera in Ham burg durch Zuzug aus Rußland eingcschlcppt worden ist, so kann man sich der Befürchtung kaum erwehren, daß die dies jährige Michaelismesse für Leipzig und Sachsen überhaupt eine schwere Gefahr bildet. Es kommt noch hinzu, daß das unge wöhnliche Zusammenstiömen größerer Menschenmengen allein schon in Zeiten wie den jetzigen Anlaß zu den ernstesten Be denken giebt. Es dürfte daher ganz dringend eine Prüfung der Frage geboten sein, ob angesichts der schweren jetzt bestehenden Gefahr die Abhaltung der diesjährigen Leipziger MichaeliS- M-sse überhaupt gestattet werden kann. Man kann ja nicht verkennen, daß ein Verbot der Messe zahlreiche Geschäfts interessen und die Stadt schließlich selbst materiell schädigen würde. Aber wo Leben und Gesundheit der gejammten Ein wohnerschaft auf dem Spiele stehen, können Geschäftsinteressen unmöglich in erster Linie berücksichtigt werden. Gegen Ham burg wird jetzt der schlimme Vorwurf erhoben, daß es aus einer gewissen Krämerpolitik der Verbreitung der Seuche nicht von Anfang an mit der nöthigen Energie catgegengetretcn ist. Man muß daher dringend wünschen, daß die maßgebenden Kreise der Stadt und des Landes die Frage der Michaelismesse in allcrernsteste Erwägung ziehen. Unter choleraverdächtiqen Symptomen ist, wie das „Leipz. TM." schreibt, in der Nacht auf Dienstag im Grundstück Bayrische Straße Nr. 9 in Leipzig ein 10jähriger Knabe er krankt. Es ist Vas dasselbe Grundstück, in welchem der auS Hamburg zurückzekehrte Schlosser, Namens Findling, wohnte. Die Behörde glaubte, deshalb zu besonderen Vorsichtsmaß regeln greifen zu sollen, und es ist dem Fleischermeister I. A. Kleppel, der daselbst seinen Verkaufsladen hat, der Verkauf von Fleisch und Wurst bis auf Weiteres untersagt worden. Der Laden ist infolge dessen geschlossen. DaS HauS selbst ist vollständig dcsinficirt worden. Nach den neuesten vorliezen- oen Nachrichten litt der Knabe lediglich an Brechruhr und be findet sich der Erkrankte auf dem Wege der Besserung. Wie in vielen anderen Orten hat man auch in Riesa ver schiedene Anstalten getroffen, um gegen ein ev. Auftreten der Cholera gewappnet zu sein. Unter andern hat man auch einen Dampf-DesinfectionSopparat von der Firma Gebrüder Schmidt in Weimar zum Preise von 1000 Mark anzuschaffen und im Krankenhausc aufzustcllen beschlossen, hierzu auch die nöthigen Mittel bewilligt. Aus Schandau wird geschrieben: Unter den Angehörigen derjenigen Schiffer, welche aus hiesiger Gegend stammen und welche sich zur Zeit in Hamburg ober auf der Reise in der niederen Elbgeqend befinden, herrscht große Bcsorgnitz um daS Leben dieser Schiffsmannschaften. Diese Besorgniß begründet sich darin, daß bereits Nachrichten nach hier eingegangen sind, welche dcn Tod einiger Schiffer aus Reinhardsdors, Schöna rc. melden, die in Hamburg der Cholera zum Opfer fielen. — Der Fremdenbesuch wild auch hier durch die Furcht vor der Cholera, sowie durch die hier und da nothwendig gewordenen DeSinfcctionen an den naheliegenden VelkehrSdurchgangsstationen zu Tetschen und Bodenbach rc. beeinflußt. Seit Sonnabend hat derselbe im Gebiet der oberen Sächsischen Schweiz ganz merklich abzenommen, der SoantagSbesuch trug einen ganz lo kalen Charakter. Ein besonnener Selbstmörder wurde am Zaune der Tolke- witzer Friedhofes erhängt aufgefunden. Der Lebensmüde trug einen Zettel bei sich, auf welchem zu lesen war: „Bitte meinen Leichnam nach der Tolkewitzer Todtenhalle zu liesern; da ich 150 Mark aus zwei Vereinen Begräbnißgeld erhalte, kann meine Frau mich anständig begraben lassen. Todesursache: Verfolgungswahn und Hirnkrankheit. Arbeiter August Leupold, Dresden-Altstadt, Wintergartenstraße Nr. 4." Wie das „Annab. Wochenbl." hört, hat der Bahnhofs- Jnspcctor Eisenschmidt in Buchholz sich durch Erhängen in seiner Dienstwohnung entleibt. Bon einem sehr traurigen Vorfall wird aus Sörnewitz geschrieben. Herr Gutsbesitzer K. daselbst wurde vor etwa 10 Tagen von einem Nachbar gebeten, dessen kranke, an Milzbrand leidende Kuh zu stechen, welcher Bitte er auch bereitwilligst nachkam. Nach einigen Tagen bildete sich nun an seinem rechten Vorderarm ein Geschwür, welches er infolge seiner Kleinheit unberücksichtigt ließ, bis er durch die sich mehrenden Geschwüre und starken Schwellungen des ganzen Arme« sich gezwungen sah, sich an einen Arzt zu wenden. Dieser consta- tirtc eine Blutvergiftung durch Milzvrandzift und ordnete die Uebersührung des Kranken in das Stadtkrankenhaus zu Dresden an. Die Aerzte daselbst müssen jedoch von einer Amputation des Armes absehen, da das Gift bereus in den Körper über- geganaen ist. Der Zustand deS bedaucrnsBerthen Gutsbesitzer« ist hoffnungslos. Einem Gutsbesitzer aus Wittgendorf wurde am ver gangenen Sonntag eine merkwürdige Ueberraschung zu Theil, nachdem er im Gasthof zum „schwarzen Adler" in Zittau auS- gespannt halte. Als der Hausknecht das Futter von dem Gefährt nahm, fand er — eine auf 26 Eiern brütende Henne auf dem Wagen. Das Thier hatte die Fahrt nach der Stadt ruhig mitgemacht, ohne sich in seinen mütterlichen Pflichten stören zu lassen. Die Heimreise hatte die Henne auf dem selben Gefährt zurückgelegt. Zu den schönsten Hoffnungen berechtigt in Freiberg ein 13jähriger Schulknabe, der es trotz seiner großen Jugend ichon ziemlich weit gebracht hat. Derselbe ist jetzt mit Rücksicht auf leine wiederholte Nückfälligkeit wegen Diebstahls zu 2>/z Jahren Gefängniß vcrurtheilt worden. Ein Nachspiel des Mitte Mai dieses Jahres in Döbeln vorgekommenen Ausstandes einer Anzahl bis dahin m der dortigen Richrerfchen Maschinenfabrik beschäftigter Former, wel cher bekanntlich mit Aufläufen und Tumulten verknüpft gewesen war, bildete die am Freitag vor der Ferien-Strafkammer des Landgerichts zu Freiberg begonnene Hauptverhandlung gegen dcn 35jährigen Cigarrcnproduzenten Emil Geilert und 18 Ge nossen (Paul Oskar Hamelmann, Former, 23 Jahre; Adolf Emil Scheffler, 55 I; Osw. Th. Hermann, Schmied, 29 I; Emil Rich. Hentschel, Stellmacher, 27 I.; Karl Herm. Geilert, Cigarrenarbeiter, 35 I.; Bonisacius Ouik, Schmied, 30 I.; Hermann Julius Wappler, Schriftsetz.-r, 29 I.; Karl Jddorf, Silberarbeücr; Osw. H:rm. Priebe, Schuhmacher, 49 I.; Gust. Äd. Eulitz, Zimmermann, 39 I.; Robert Fischer, Mol- kcreigchilie, 24 I.; Karl Paul Hempet, Handarbeiter, 19 I,; Heinrich W. Kopsch; Richard Otto Bruno Kahlof, Zimmer mann, 26 I.; Auguste Marie Döbbclin, Cigarrenarveiteri», 42 I.; August Hermann Schmidt, Strumpfwirker, 31 I.; Karl August Walther, Handarbeiter, 24 I; Woldemar Ri chard Kade, Former, 33 I.) Zum ersten Verhundlungstag waren 48 Zeugen geladen und erschienen. Die Angeklagten
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)