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Hohensteiner Tageblatt : 19.08.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189208194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18920819
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18920819
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-08
- Tag 1892-08-19
-
Monat
1892-08
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 19.08.1892
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herigen Finanzkrieg. Derselbe bilde eine Hinterlassenschaft des Fürsten Bismarck, des Urhebers der Kampszölle und des Verbotes der Lom- bordirung russischer Werthe durch die deutsche Reichsbank. Dieser Krieg „schädige insbesondere die große Masse des deutschen Volkes", denn Deutschland consumire allein 50 pCt. der russischen Getreideausfuhr. Man erinnere sich noch des Anlaufs, der von der liberalen Presse, nach Bismarcks Rücktritt, auf die Kornzölle unternommen wurde, aber an dem Widerstande der neue» Regierung scheiterte, ein Widerstand, der um so unbegreiflicher war, als man wußte, daß neben dem Zweck des Schutzes der agrarischen Interessen die Zölle von Bismarck als diplomatisches Pressionsmittel benutzt wurden. In diesem Sinne habe Bismarck ja auch seine abfällige Kritik des deutsch-österreichische» Handelsvertrages be gründet, und es sei daher sehr interessant, zu wissen, wie er sich zu einem deutsch-russischen Vertrage stellen weroe. Komme ein solcher zu Stande, so sei das die zweite Bresche in der chinesischen Mauer (!) des Bismarck- schen Protektionismus, habe aber die jetzige deutsche Regierung den Muth, diese Bresche zu legen, so würde sie damit vor allen Dinge» »ur einem dringenden Bedürfniß des deutschen Volkes entsprechen. Darin irgend welche Concessionen an Rußland zu erblicken, wäre ebenso falsch, wie von diesem besonderen Zugeständnisse zu erwarten, die über das Maß dessen hinausgehen, was schon früher denjenigen Staaten gewährt wurde, welche nicht zu Regressivmaßregeln gegen das russische Getreide gegriffen haben. Die trüben Erfahrungen, die man früher bei Ver trägen mit Deutschland gemacht, und der nationale Sinn des russischen Finanzministers bürgten dafür, daß die Zeilen vorbei seien, wo Ruß land Deutschland Zugeständnisse mache, ohne dasür irgend etwas zn er halten! Die Verhandlungen würden streng nach dem Satze „<lo ut clss" geführt werden, und von politischen Concessionen könne keine Rede sein. Mit diesem Schlußsatz kann man IN Deutschland einver standen sein, denn auch unsererseits ,st die Hoffnung ausqe- fpiochen worden, eS werde daS nüchterne Pnncip des „elo ut llo8" cingchaltcn werden. Weder erwarten wir politische Cvn- cessionev, noch wären wir bereit, solche zu machen. Und da müssen wir denn gleich daraus Hinweisen, daß nach der eigenen Ausführung des russischen Blattes die Aufhebung des Ver botes der Lombardirung russischer Werthe, weiche es als eine politische Maßregel bezeichnet, eine solche Coacession enthielte. Wir nehmen mit Genuglhuung war, daß die „Birsch. Wjed" aus dieselbe verzichten. Sic würde über den Rahmen einer Verständigung auf dem Gebiete des gegenseitigen ZollverkchrcS heraustreten. Die übrigen Ausführungen wollen wir nicht weiter commcntiren, sie sind doch gar zu naiv. ES klingt ja beinahe so, als habe die russische Regierung die Verhandlungen angekuüpfl, um dem „armen deutschen Volk", das ohne russi scher Korn gar nicht auszukommen vermag, Erleichterung zu verschaffen. Indessen haben vor noch nicht sehr langer Zeit ernste russische Stimmen sich dahin geäußert, daß das ver flossene Jahr Rußland darüber belehrt habe, wie irrig seine bisherige Annahme gewesen, es könne Europa ohne russisches Getreide nicht existiren, man werde von russischer Seite große Anstrengungen machen müssen, um aus dem europäischen Ge- rreidemarkt daS verlorene Terrain wieder zu gewinnen. Und so liegt die Sache auch in Wahrheit. Einen wesentlich anderen Standpunkt nimmt der „Swjet" ein, der allerdings auch meint, wir seien dcS russischen KoracS dring-nd bedürftig, aber gerade darum eS vorenthalten möchte. Nach ihm habe Fürst Bismarck die Kornzölle eingesührt, um Preu ßens Ostprovinzcn zu helfen, welche durch das rujsijchc Korn geschädigt wurden. „Dieje durchaus naiürliche und für Preußen unbedingt er forderliche Maßregel maskirte der Fürst in Folge der damaligen Be ziehungen zwischen Berlin und St. Petersburg, durch die Bezeichnung „Kampszölle", als seien sie eine Art wider Rußland vorgenommene Execution. Wir haben uns stets darüber gewundert, wie russische Jour nalisten sich an diese Bezeichnung klammern und der allgemeinen Ver wirrung dieser Frage Vorschub leisten konnten." Zwei Dinge stünden zweifellos fest: I) Deutschland könne russisches Korn nicht entbehren und 2) Preußen könne das ihm fehlende Korn nur aus Rußland (!) beziehen, da Nord-Amerika niemals mit Rußland auf diesem Gebiete zu con- currire» vermöge. Darum sei nicht zu hoffen, daß Preußen je den Zoll ausheben werde, den» es müsse seinen Ackerbau vor Schädigung durch einen anderen Staat schützen. Es sei also zwar gezwungen, russisches Korn zu beziehen, werde aber nicht gestatten, daß dasselbe zu billig werde. Damit greife es keineswegs Rußland au, sondern schütze sich nur selbst, und man könne ihm darans keinen Vorwurf machen. Dagegen wäre es rujsischerseils verständig, wenn zu einem Ausfuhrzoll gegriffen würbe, der dem preußischen Einfuhrzoll gleichkommc. Dann werde Preußen den letzteren aufhebcn, und die Einnahmen, die es jetzt durch russisches Korn beziehe, flössen in die russische Staatskasse. So wäre die Sache am besten und einfachsten geregelt. Wir hegen einigen Zwencl, baß die ruffische Regierung iich auf dieses Experiment einlassen wird, bemerken aber, daß ähnliche Acußerungcn schon vor einiger Zeit in Rußland laut geworden sind und daß die „Now. Wr." meint, eS könne diese Maßregel sich vielleicht als Uebergang von dem Verbot der Roggeoausfuhr empfehlen und ganz vortheilhaft sein, da Ruß land allein Deutschland mit Roggen versorge. Ein Pariser Berichterstatter deS St. Petersburger „Djen" erzählt, daß die Mission des französischen Generals BoiSdeffre nach Kraßnoje Sselo nur aus den Abschluß einer Militärcoa- vennon gerichtet gewesen, weil der Czar von einem formellen Bündniß nichS wissen wolle. „Unserer Ansicht nach, so äußert sich der Pariser Gewährsmann des St. Petersburger Blattes, kann die Mission des Generals nicht di geringsten praktischen Resultate haben. Ueberhaupt können Militär- convcntionen, wenn sie Mitten im tiefsten Frieden geschlossen werden, nur eine politische Bedeutung haben, als Surrogat eines formellen Bünd nisses, in militärischer Beziehung aber sind sie nicht einen Psifferling werth. Nehmen wir, rein akademisch, an, daß wir und die Franzosen Len Kampf mit der Friedensliga ausnehmen, sagen wir, nun in 5 Jahren. Fünf Jahre bilden bei dem jetzigen Fortschritt der Kriegskunst solch eine Spanne Zeit, in deren Lause ganz unerwartete Erfindungen und Ent deckungen statthaben können, die im Stande sind, die ganze heutige Taktik und Strategie auf den Kopf zu stellen, wie das seiner Zeit das Magazin gewehr und das rauchlose Pulver gcthau haben. Aber auch abgesehen hiervon, kann ja eine Miiitärconvemion nur die allgemeinen Punkte ins Auge fassen, aus dem einfache» Grunde, weil ja die Bundesgenossen außer iyrc» eigenen Pläne» auch alle die Pläne und Absichten ihres Feindes kennen müssen." Das russisch- Blatt ist einer Militärconv-ntion nicht günstig gestimmt, und so diufte die Mission dcS Generals BoiSdöffce wohl ins Wasfer gesallen jein. Bulgarien. Sofia, 12. August. Die Veröffentlichungen der Swoboda haben, wie aus den Zeitungen hervorgcht, im Ausland ein Erstaunen hervorgerufen, bas in eigenlhümiichem Gegensatz steht zu der Ruhe und Gelassenheit, mit der der bulgarische Leser diese russischen Schriftstück- bcurthcilt. Für ihn dringen sie nichts anderes, als waL ihm seit langer Z-it zur Gewiß heit geworden war, daß nicht eine zu Thaten drängende Ver zweiflung der bulgarischen Flüchtlinge dem Lande gefährlich ist, sondern nur die Ausnützung der Unzufriedenheit verkannter Vatcrlandsfrcunde durch russisches Geld. Schließung der russischen Kassen bedeutet Ruhe für das Land. Wenn cs regnet, giebt eS bekanntlich keinen Ausstand, da- russische Geld Hal die umgekehrte Wirkung, sobald eS keine Rubel mehr regnet, wird cs keine Morde mehr und keine Ausstände in Bulgarien geben. Die Echtheit jener Schriftstücke bezweifelt man in Bulgarien nicht. Wir wollen uns dieser Vertrauens seligkeit aber nicht ohne weiteres anschlicßen, sondern an eine derartige Veröffentlichung mit dem prüfenden Blick der Un gläubigen herautrcten, wie es sich gehört. Es «st einige Zeil seit den ersten Veröffentlichungen vergangen, und man yat hier Muße genug gehabt, in Rußland diese Briefe zu lesen und sich darüber schlüssig zu machen, wie mau sich dem ge waltigen Eindruck dersclbm und der durch die Geständnisse der Angeklagten vor dem Kriegsgericht in Sofia erwiesenen That- fachen gegenüber benehmen soll. Bor einer zahlreichen Zu hörerschaft, in der auch die Vertreter der Großmächte sich zeigten, bestätigten Milarow, Popow, Wassilijew und Welikow die ihnen zu dem Zwecke der „Ruhestörung in Bulgarien" (wir wollen ganz bescheiden sein) von russischen Beamten ge machten Zahlungen. Wenn nun in der Form einer amtlichen BriefwechfclS dies alles von neuem aufzctifcht wird und man sogar lesen kann, daß über den Preis der Ermordung des Fürsten Ferdinand, wenn auch nicht gehandelt, so doch amt lich verhandelt wurde, so ist es nicht zu leugnen, daß der erste Eindruck dieser Briefe den der vollen Glaubwürdigkeit hervor ruft. Einem solchen mündlichen und schriftlichen Stoff gegen über ist schweigendes Achselzucken kaum die richtige Vertheidig- ung. DaS kann sich Frankreich gestatten, wenn mau ihm die Schuld an den bulgarischen Wirren zuschieben oder einen ähnlichen Briefwechsel französischer Beamten veröffentlichen wollte —, aber Rußland muß, wenn es die Unechtheit der Briefe beweisen will, schon etwas deutlicher werden, als sie verächtlich für „apokiyph' erkläre». „Ein russischer L:ser" ver sucht nun in der Neuen Freien Presse jene Briefe nach Form und Inhalt als unwahrscheinlich, als unmöglich hinzustcllen; wir können auf die von ihm gegebenen Einzelheiten nicht cin- gchen, weil wir die Einrichtungen des russischen Ministeriums der Acußcra nicht kennen. Hat zu jener Zeit — 1887 — irgend eine Abiheilunz nicht mehr bestanden, wer weiß es! ES bedarf eines starken Glaubens an rufsische Ehrlichkeit — und dieser Glaube, der groß war, ist jetzt erschüttert —, um, was der „russische Leser" vorbringt, daß der Verfasser jener Briefe eine gänzliche Uakenntniß des Geschäftsganges in den russischen Kanzleien verrathe, als unbestreitbar anzunehmen Wir werden sofort zeigen, wie falsch, thatsächlich falsch diese Behauptung ist. Zunächst stellen wir sest, daß russischerseits keine andern Versuche gemacht worden sind, die Echtheit dieser moralisch vernichtenden Briefe anzugrcifen. Wie schon erwähnt, betrachten die Bulgaren die Echtheit als so selbst verständlich, daß sie sich wenig mit ihrer Begründung be fassen. Rußland behandelt uns als Kaukasus, wollte uns einen Mingreller zum Fürsten geben, steckt unsere Angelegen heiten in die asiatische Abtheilung, und da es offen nichts gegen uns unternehmen kann, sendet es seine Schaaren ab, wie einst in den Kaukasus! Das sind gewöhnlich die Ant worten, sobald man nach den Briefen fragt. ES ist uns in dessen gelungen, manches über die Herkunft derselben zu er fahren. Das spricht leider, wir wiederholen, leider! für die Echtheit. Zunächst ist derjenige, in dessen Besitz sich die Briefe befanden, ein früherer russischer Beamter (Rußkr heißt er nicht), dem gerade vermöge seiner längjährigen dienstlichen Stellung in Rustschuk und Bukarest die Kenntniß deS Geschäftsganges in den russischen Kanzleien durchaus nicht mangelt. Der Mann könnte, wenn er wollte, solche Briefe derart zusammenstellen, daß auch der „russische Leser" der Neuen Freien Pcess: nichts an ihnen auszusctzen hätte. Er hat das nicht gethan, sondern sich mit Beweisen für die Echtheit der Briefe versehen, wie sie besser nicht zu finden sind, nämlich mit Originalen. Original ist bei chiffcirten Schriftstücken ein nicht ganz richtiger Ausdruck, es giebt, sobald die Chiffre übertragen ist, mehrere Originale, und selbst wenn der kaiserlich russische Gesandte in Bukarest eidlich erklärt, daß ihm keine Originale fehlen, so ist es immer noch möglich, daß die Papiere des Herrn Rußki (nennen wir ihn vorläufig auch so) ebenso Originale sind wie diejenigen der Gesandtschaft. Eine solche eidliche Erklärung des Gesandten in Bukarest ist aber um so weniger zu erwarten, weil gerade Herr „Rußki" seit dem vorigen Jahre wegen Diebstahls von Documenten und der Chiffre von der genannten Gesandtschaft verfolgt wird. Der Thatbcstand ist folgender: Im Frühling 1891 erkannte man unter den auf der Station Sofia Aus steigenden auch Herrn „Rußki", einen der bulgarischen Polizei zu besonderem Wohlwollen empfohlenen Russen. Hieraus: Ver haftung, Durchsuchung, Beschlagnahme der gefundenen Papiere, Abschiebung deS Herrn Rußki über die Grenze, Verlangen der russischen Regierung, Rußki wegen Documemendiebstahls zu verhaften, lebhaftes Bedauern der bulgarischen Regierung und Bereiterklärung, nach Abschrift die Schriftstücke dem rechtmäßi gen Besitzer feierlich zurückzugeben. — Tableau in Petersburg, Heiterkeit im Hause Stambulow! — Wenn Herr Rußki mit von ihm gestohlenen Briesen durch die Welt reist, so ist wohl anzunehmen, daß er sie zu Geld machen wollte, und Herr Rußki müßte nicht Russe, nicht Jude und nicht langjähriger Vertrauter öer mit dem ganzen BerschwölungSbriefwechjel Bc- auftragtcn gewesen sein, um nicht möglichst viele und wichtige Schriftstücke — Originale — an sich zu bringen, die dem Rest, auch wenn er nur aus Abschriften besteht, einen bedeutend höhnen Werth verleihen! — Unter andern interesfantcn Din gen, von denen einige bereits der Oeffcotlichkeit übergeben sind, fand die aufmerksame bulgarische Polizei auch die Chiffre sür diplomatische Korrespondenz. Man ging mit einigem Mißtrauen an die Arbeit, mit ihrer Hülfe zu entziffern, und schließlich ist cs gelungen, Depeschen des früheren russischen Consulats in Rustschuk, deren Originale in Chiffern auf der dortigen Station mit anderen Acten aufbewahrt werden, zu enträthseln, Depeschen, welche sonst in keiner Verbinoung zu den von „Rußki" mitgeführten Papieren stehen. VertrauenSwerthe Per sonen bestätigten uns die Richtigkeit dieser Meldung, und wir hätten somit den Beweis für die Möglichkeit der Echtheit der veröffentlichten Briefe in aller Form erbracht. Hat nun aber die bulgarische Regierung dem Herrn Rußki echre Schriftstücke adgenommen, so ist es wahrhaftig unverständlich, warum die jetzt unechte veröffentlichen soll. Die ersten wären vielleicht nicht comptomittirend? Ja, dann hätte Herr Rußki sie sicher nicht mitgenommen. Wir können von einem Manne, der jahrelang in diesen schmutzigen Verfchwörungssachcn gearbeitet har und der sich schließlich mit seinem Vorgesetzten, Herrn Hitrowo, entzweite, weil man ihn nicht auch an die große Krippe, die alle speiste, lassen wollte, wohl mit Beruhigung annehmen, daß er nach sorgfältiger Sichtung der Papiere seine Koffer füllte und gewiS die compromittircndsten Briefe am sichersten verpackte. So wird uns leider kein anderer Ausweg bleiben als der, eS der Geschichte des letzten Jahrzehnts unserer Jahrhunderts auzuvertrauen, welche Mittel von der russischen Diplomatie auf Befehl von oben angewandt wurden, um die unbegreiflichen politischen Fehler dieser Diplomatie mit Gewalt zu beseitigen. Wenn man lange in Bulgarien lebt, so muß man sich einen besonderen moralischen Ruck geben, um auf Rußland noch entrüstet zu sein. Vermischtes. Wiederholte Beschwerden des PublicumS über unzureichende Einstellung von Wagen, in welchem das Tabakrauchen verboten ist. haben dem preußischen Minister der öff ntlichen Arbeiten Anlaß gegeben, unter Abänderung deS Erlasses vom 4 Januar 1880 zu bestimmen, daß — soweit nicht für einzelne Strecken und Züge, insbesondere die Berliner Stadtbahn und Borort züge oder auf Bahnen untergeordneter Bedeutung besondere Anordnungen getroffen sind — fortan der Regel nach in allen der Personenbeförderung dienenden fahrplanmäßigen Zügen die Hälfte der vorhandenen CoupöS zweiter Wagenklasse, ohne Ein rechnung der FrauencoupsS, und die Hälfte der vorhandenen Coupäs dritter Wagenklasie, einschließlich der FraueocoapsS, in der vorgeschriebenen Art als Coupös sür Nichtraucher zu be zeichnen sind. Man schreibt aus Elberfeld: Ja kurzer Zeit wird mit dem Bau einer Brücke begonnen werden, die bei Müngsten dar Ruhrthal überschreiten, in der Trace der neuen Solingen- Remscheider Eisenbahn liegen und die zugleich die höchste Brücke sein wird, die bis jetzt in Deutschland gebaut worden ist. Die Pfeilerhöhe derselben wird nämlich nicht weniger als 103 Meter betragen, während die Länge auf 500 Meter vorgesehen ist. Die Kosten dieses Baues, der in 2 Jahren vollendet sein muß, belaufen sich auf 2 Millionen. Die Ausführung ist der Brücken bauanstalt Gustavsbucg bei Mainz übertragen, die über zwei konkurrirende Werke des hiesigen JadustriebezirkS obgesiegt hat. Hamburg, 17. August. Die hiesige Commerz- und Dis- contobank wurde durch eine» gefälschten Check um dreißig- tausend Mark betragen; der Schwindler ist bisher noch nicht ermittelt. Hersord, 16. August. Es siad hier in dem letzten Monat nicht weniger als 17 Häuser nebst einer großen Anzahl von Scheunen und Ställen und einer Sägemühle in Folge Brand stiftung eia Raub der Flammen geworden, ohne daß eS trotz Ankündigung einer hohen Belohnung bisher gelungen ist, von oem Thäter irgend etwas zu ermitteln. Die Einwohnerschaft lebt beständig in großer Sorge, die sich auch auf den benach barten Ort Eager übertragen hat, wo neun Wohnhäuser und ein großes Holzlager vernichtet wurden und man allen An halt dasür hat, daß nur Brandstiftung vorliegen kann. Der durch die Brände verursachte Schaden ist ganz bedeutend. Minden, 14. August. Die „K. Z." meldet: Hiesige Backer zeigen an, daß sie von jetzt ab 9^ bezw. 10 Pfund gut ausgebackeneS Gcaubrod. das auS reinem neuen Roggen mehl hergestellt ist, für 1 M. liefern. Bor einigen Monaten wog an mauchen Verkaufsstellen dar Brod nur 6—7 Pfund. Die in Folge der guten Ernte eiogetretene Verbilligung (50 Proz.) ist also schon bedeutend. München, 17. August. Durch Entzündung schlagender Wetter sind im Preißenberger Kohlenbergwerk vier Bergleute gestern verunglückt. Zwei von ihnen konnten schwer verletzt yerausgebracht werden; die anderen Beiden liegen noch im Schacht und sind wahrscheinlich todt. Eupen, 17. August. Hier herrscht großer Wassermangel. Die Vorräthe in den Sammelbecken deS städtischen WasserwerkS sino infolge der anhaltenden Dürre erschöpft. Nelsfe, 15. August. Mit allen militärischen Ehren, wie sie den im Dienste umS Leben gekommenen Soldaten zukommeu, wurden am Sonnabend Nachmittag die 8 Opfer der Kata strophe in der Neisser Militärschwimmanstalt zu Grabe geleitet. Dem Leichenzug, den eine viclhundcrtköpfize Menge an sich oorüberziehen ließ, schritten zwei Sergeanten voran, ihnen folgte ein von einem Kirchenbeamten getragenes Kreuz, dann kamen zwei MusikcorpS, die abwechselnd Choräle spielten. Es folgten zwei Osficicre und der katholische Geistliche und dann kamen die fünf katholischen Opfer der Katastrophe in gleichartigen mit Blumen und Kränzen geschmückten Särgen, welche von je acht Mann der betreffenden Compagnie getragen wurden. Hinter den Särgen gingen die leidtragenden Angehörigen. Hieran schloffen sich die ebenfalls von je acht Mannschaften getragenen drei Särge der evangelischen Opfer unter Begleitung der Angehörigen und dcS Geistlichen. Unmittelbar dahinter schritten die beiden RegimeMs-Commaadeure, Oberst v. Gaudy und Oberst Strödel, und die Generalität mit dem Divisioascommandeur General lieutenant Müller an der Spitze folgte, ebenso dar gejammte etwa 120 Osficicre zählende OificiercorpS der Neisser Garni son, ferner vier Compagnien des Infanterie-Regiments Nr. 23, zwei Compagnien deS Jnfautcrie-RegimentS Nr. 63, je eine Abtheilung der Pioniere und der Fußartillerie und eine Batterie Feldartillerie sowie Ordonnanzen der Kriegsschule. Nachdem die Geistlichen der beiden Confessionen, der katholische in polniicher Sprache, ergreifende Trauerreden gehalten, wurden Vie Särge in einem gemeinsamen Massengrabs beigcsetzt. Es fehlte dabei nicht an ergreifenden Auftritten. Frankfurt a. M., 17. Aug. Eine Anklage au? Grund deS neuen Gesetzes über die Sontagsruhe im Handelsgewerbe liegt heute hier zum ersten Male der richterlichen Entscheidung vor, und es ist nicht ohne Interesse, davon Notiz zu nehmen. Es sind zwei Bardiere, die Herren Anton Bauer und Richter, die davon betroffen werden. Es wird ihnen zur Last gelegt, gegen die Polizeivcrordnung vom 1. Juli gefehlt zu haben, weil sie ihre Gehilfen und Lehrlinge am Sonntag in der verpönten Zeit vor 10>/z Uhr Vormittags beschäftigt Haden sollen. DaS richter liche Ertcnntniß wurzelt in der Frage: Ist das Gewerbe da hier mitspielt, ein Handelsgewerbc? Dar Gericht ist der An sicht, daß hier eine The lung des Begriffs civtrelen muß durch Unterscheidung zwischen dem Gewerbe oeS Raseurs rejp. Fri seurs und dem Geschäft eines Verkäufers von Toilettenartikeln. Ja letzterer Beziehung sind die Friseure und R iseure als Kauf leute und Ladcnbesitzer anzufehen und haben die Bestimmung der Verordnung cinzuhalten. Die Barbiere und Friseure dürfen >hr Handwerk auch voc 1(U/z Uhr durch ihre Arbeiten betreibe» in dem G.schäftSlokal, unterlagt ist ihnen aber der Berkaus im Laden während der polizeilich festgesetzten Paus: von 10'/z—1 Uhr. Nun ist im vorliegenden Fall abcr der Beweis nicht erbracht worden, daß die Angeklagten ihre Handelsartikel ver kauft oder feilgeboten haben vor der erlaubten Zeit. Er erfolgt deshalb die Freisprechung der Angeklagten. Den Vorsitz führt heute, da das Urtheil publizirt wiro, Aff sjvr Pachten, während die Anklage durch Rath Pfeifer vertieren ist. Hiermit wäre ein Präcedenziall zur Beurtheilung der Frage geschaffen, vor behaltlich einer Äenderung nn W g: des Jnstanzemuges, der bis zum Oberlandesgericht führt. Es sind, wie wir höcen, noch etwa 70 Fäll: ähnlicher Art zur Anzeige der Polizei gebracht und durch Strafmandate beahndet worden. Wien, 17. August. Nach eiiur Meldung des Wiener Taaeblattes ist in dem Braunkohlenwelk Neuiclden, während 1200 Arbeiter beschäftigt waren, Wasser cingcbrochen. Ein großer Theil des Werkes ist zerstört und die gesummte Förderung eingestellt. Ob Menschen umgekommen sind, ist nicht bekannt. Mecheln, 17. August. In dem 1200 Einwohner zählen den Dorf Eppegham (Canton Vilvorde) wülhct eine Feuers brunst. DaS ganze Dorf ist bedroht.
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