Volltext Seite (XML)
die Landbcvölkccung von den bürgerlichen Parteien und was sic von der Socialdemokratie zu erwarten habe.- Die bürger lichen Parteien seien natürlich durchaus nicht im Stande, den Anforderungen der Arbeiter im Parlamente gerecht zu werden, dies Verdienst gebühre einzig und allein der Socialdemokratie. Nach den Versammlungen wurden verschiedene socialdemokkatische Lieder gesungen. Ein aufregender Vorgang spielte sich am Montag Abend in dem Altenburger Actievzelte auf dem Schützenplatze in Werdau ab. Der Eoncert-Unternehmer Kohn hatte kaum mit der Abschiedsvorstellung begonnen, als die am Eingang zu dem Zelte angebrachte Petroleumlampe explodirte und ihren brennen den Inhalt über die Umgebung ergoß. Das Feuer griff mit rapider Geschwindigkeit um sich, und das Publikum, in Angst und Schrecken, riß sofort Theile der Wände heraus, um in das Freie zu gelangen. Energischem Eingreifen ist eS zu danken, daß man des Feuers Herr wurde und größeres Unheil fern- blieb. Die Vorstellung wurde nach kürzerer Unterbrechung unter BeifallSbczeugungen der Publikums zu Ende geführt. Er ist nunmehr festgestellt, daß der am Sonntag in einem Wehrteich bei Wiesa ertrunken ausgefundcne Unbekannte mit dem Geschirrführcr S. aus Dörfel identisch ist. ES dürfte noch in der Erinnerung sein, daß am letzten Sylvester-Abend unter räthsclhaften Umständen eine Posamentenarbeiterin aus Frohnau verschwand, bis sie einige Tage später todt in der Sehma ge funden wurde. Mit dem Tode des Mädchens, welches keines falls freiwillig aus dem Leben geschieden war, wurde schon damals jener Geschirrführer in Verbindung gebracht, da derselbe zuletzt mit dem Mädchen gesehen worden und seit der Stunde verschwunden war. Wie der unglückliche Vorgang sich zuge- ttagcn hat, wird nun auf immer unaufgeklärt bleiben, da der einzige Zeuge sich durch freiwilligen Tod der irdischen Verant wortung entzogen hat. Zwei Mitglieder deS Brieftaubenzüchter-VereinS „Eilbote" in Plauen i. V. sandten durch Vermittelung eines dortigen Fabrikanten an dessen Vertreter in Brüssel je eine Brieftaube, welche von dem genannten Herrn am vergangenen Mittwoch Vormittag ' ^0 Uhr dort in Freiheit gesetzt wurden. Schon am Sonnabend früh 5 Uhr 50 Min. traf die erste, Herrn Fr. Frotscher gehörige in Plauen ein und am Montag Mittag auch die zweite, Herrn H. Frotscher gehörige. Zieht man noch in Betracht, daß die Tauben zwischen Mainz und Brüssel noch von keiner Station geflogen waren, so ist diese Leistung eine großartige zu nennen. Vor einiger Zeit haben gegen 200 Ladeniohaber aus den Städten Falkenstein, Auerbach, Lengenfeld und Treuen eine Bittschrift bei der Königl. Amtshauptmannschaft Auerbach ein- gercicht, in welcher um Verlängerung der Geschäftszeit an Sonn- und Festtagen von 3 auf 5 Stunden gebeten wird. In der am Montag Vormittag stattgefundenen Sitzung des Bezirksausschusses ist dieses Blttschrcibeu abfällig beschicken worden. Mehrere ganz eigenartige Einbruchsdiebstähle sind während der großen Ferien in verschiedenen Schulen Leipzig- vor gekommen. Die Diebe haben entweder die kleinen Schiebe- tzvsterchen, die zur Zuführung frischer Luft bestimmt sind, in die Höhe geschoben oder einfach die Fensterscheiben eingeschlagen, sich dann Zugang zu den Schulhäusern verschafft und sich darin angeeignel, waS ihnen paßte. So sind mehrere Violinen, die von den Lehrern in den Schränken oder Pulten auf- dewahrr wurden, ferner eine Anzahl Bibeln, die von den Kindern in der Schule zurückgelasscn worden waren. Hemden aus den Schränken, wo die weiblichen Handarbeiten auf bewahrt werde», und allerlei Bücher und andere Lehrmittel, selbst Turnschuhe und Geräthe, gestohlen worden. In einem Schulhausk, dar keine Schiebfcnsterchen hat, sieht man noch die Spure», wo der Dieb das Stemmeisen augesetzt und da bei den Fensterraud abgebrochen hat. Wahrscheinlich ist er über der Arbeit gestört worden, denn von seinen Spuren wurde im Gebäude selbst gar nichts bemerkt. Die in den Schulhäusero wohnenden Schulaufwärter haben von den Ein- druchSdiebstähleu nichts bemerkt, einige von ihnen sind erst durch die Lehrer, denen die Sachen fehlen, darauf aufmerksam gemacht worden. Vergangene Woche ist in der Kirche zu Portitz ein Ein bruchs-Diebstahl verübt worden. ES wurde nämlich wahr- gevommen, daß die in der Kirche befindliche Sammelbüchse gewaltsam erbrochen und ihres Inhaltes beraubt ward, sowie daß weiter Versuche gemacht worden waren, den eisernen Schrank in der Sacristei, in welchem sich die silbernen Kirchengefäße rc. befinden, zu erbrechen und zu berauben. Bisher sehlt von dem Diebe jedwede Spur. Lus Dresden wird geschrieben: Seit dem Bestehen des Wasserwerks hat die Einwohnerschaft von Dresden noch nie mals Wassermangel gelitten, und eS ist zu hoffen, daß auch bei der außerordentlichen Trockenheit deS heurigen JahreS Wassermangel nicht eintreten wird. Leider aber ist in den letzten Tagen an einer der sechs Dampfmaschinen deS Werkes, welche fitz: Tag und Nacht im Gange erhalten werden müssen, ein De'ekr eingetretcn, welcher trotz der vorräthigen Reserve stücke ?ür mehrere Wochen deren Unthätigkeit herbeiführt, und zu gleicher Zeit hat sich der Wasserverbrauch, lheilweise ohne Zwci'cl inwize verschwenderischen GebahrenS mit dem kühlen den Element, m solchem Maße erhöht, daß zunächst ein Theil der öffentlichen Springbrunnen außer Thätigkeit gesetzt wird, aber auch düngend gewünscht werden muß, oaß seitens der Einwohnerscha't etwas weniger verschwenderisch mit dem Wasser umgezangen wird, als eS in den letzten Tagen ge schehen ist. Bei der gegenwärtigen Trockenheit ist die Gottleuba so wasserarm geworden, wie dies ,n gleicher Weise seil 30 Jahren »ich: beobachtet worden ist ES kommt j tzt vor, daß die Mühlen uns Fabriken 8 bis 10 Stunden täglich gar kein Wasser haben. Taß umer solch' mißlichen Verhältnissen die Frage der Ecrichmng einer Thalsperre mit Sammcldajsin zur Ermöglichung einer gleichmäßigen Wasserversorgung des Gott- leublltyales neues Jatenss- gewinnt, ist selbstverständlich. Tie mit Genehmigung Sr. Durchlaucht deS Fürsten aus au' Montag anberaumre, m'olge einer unvorhergesehenen Um standes aber auf Dienstag verschobene Probefahrt mit dem neuersundencn Wasserfahrrad au' dem Parksce zu Grciz ging vorgestern Nachmittag 4 Uhr glücklich von statten. Obwohl hierzu keine öffentliche Einladung ergangen war, so halten sich zu derselben ooch eine große Anzahl Zuschauer eingefundcn. Dar Fahrrad, ein gewöhnliches Niederrod mit zwei Rädern (Rover), war in wenigen Minuten zur Wassersahrl in Bereit schaft gesetzt. ES zeigte sich, daß das Hintere Rad Schaufeln besaß, tue drehbar sind und bei oer Landfahrt nicht rm Ge ringsten stören; ferner daß an den Seiten der beiden Räder leine kahncihnuchc Schwimmer befestigt sind, die das Rad und den Mann tragen. DaS Rad bestieg der Erfinder, Herr Dürnberger auS EberSberg in Baiern, welcher den See etwa 45 Minuten lang nach verschiedenen Richtungen hin durch querte. Hin und wieder blieb der Fahrer mit seiner Maschine auf dem Wasser stillstchen, da beabsichtigt war, durch Herrn Hofphotograph Albin Fritz photographische Aufnahmen zu er zielen, auch fuhr derselbe zuweilen rückwärts und sprang schließ lich rückwärts von der Maschine an das Ufer. Die Maschine hatte einen ziemlichen Tiefgang, da die eigentlich für die Schwimmer bestimmten Gummiverschlüffc, die erst von aus wärts bezogen werden sollen, vorläufig durch Eisentheile ersetzt worden waren; dadurch war ein Mehrgewicht von 12 Pfund entstanden. Infolge dieser Schwere war auch die Geschwindig keit der Vorwärtsbewegung eine mäßige (eine Durchquerung des Sce's dauerte etwa zwei Minuten). Die Probefahrt lieferte aber den Beweis, daß die Erfindung gut und noch verbesserungssähig ist. An solchen Verbrsserungen wird bereits tüchtig gearbeitet. Nachdem die Vorführung beendet war er schien der auf der Fahrt zur Jagd begriffene Fürst und er kundigte sich bei dem Erfinder und dem Inhaber der Erfindung eingehend nach dem Wesen der letzteren, wobei die Leutselig keit deS Fürsten allgemeine Freude erregt. Herr Hofphotograph Fritz hat 12 Aufnahmen von den Fahrten mit dem Rade aus dem Wasser und auf dem Lande gemacht. Bezüglich des Fahrens auf dem Lande, die sich an die Wassersahrl anschloß, sei noch erwähnt, daß die Belastung der Maschine mit der zur Wasserfahrt dienenden Ausrüstung das Fahren in keiner Weife erschwert. Der Besitzer der Erfindung und der Erfinder selbst wurden vielseitig beglückwünscht, und L tzterer bei der ersten Fahrt über den See mit Hurrah begrüßt. Wie man hört, findet durch den Inhaber der Erfindung schon am nächsten Sonntag eine Vorstellung mit einem neuen, bedeutend leichteren und schneller fahrenden Rade im Charlottenhof in Lindenau- Leipzig statt. Tagesgeschichte Deutsches Strich. Bezüglich der zollpolitischen Verhandlungen zwischen dem Deutschen Reich und Rußland geht dem Pester Lloyd aus einer Berliner Quelle die folgende Darstellung zu: In osficiellen Kreisen war die Sache mit keinem Worte zur Sprache gelangt, bis in der neuesten Zeit von der russischen Regierung eine direkte Anfrage nach Beilin gerichtet wurde, ob man dort nicht den Zeitpunkt für gekommen erachte und geneigt wäre, die Anbahnung einer wirthschaftlichcn Verständigung in nähere Erwägung zu ziehen. Von Berlin wurde darauf gcautworter, daß man daselbst principiell nicht abgeneigt sei, an die Frage hcranzutrcten, vorausgesetzt, daß die russische Regierung ihrer seits bereu wäre, dem Deutschen Reiche auf handelspolitischem Gebiete ausreichende Zugeständnisse zu machen. Darauf kam von der russischen Regierung die weitere Aufforderung, die deutsche Regierung möge ihre Forderungen konkret formuliren. Nun traten die maßgebenden deutschen Kreise zusammen, um zunächst festzustellcn, welche Forderungen bei einer eventuellen Aufnahme direkter Verhandlungen an Rußland zu richten wären. ES ist wohl anzunehmen, daß Deutschland ziemlich hohe und mehrfache Forderungen wird stellen müssen. Ob man in Rußland bereit sein wird, solche Forderungen thatsächlich zu erfüllen, bleibt jedenfalls noch eine offene Frage; sicher ist, daß er in Berlin viele Kreise giebt, welche bezüglich der Auf richtigkeit der russischen Annäherung sehr ernste Zweifel hegen und vielmehr der Ansicht sind, daß eS sich für Rußland in erster Linie um Gold und AnlehenSzwecke handelt und die ge heime Tendenz vorherrsche, den deutschen Markt für russische Werthe wieder zu gewinnen. Auf diesem Gebiete ist aber von deutscher Seite vorerst keine Konzession zu erwarten. Nach all dem ist wohl begreiflich, daß in Berlin über die ganze An gelegenheit eine recht kühle Stimmung herrscht. Vollkommen unstichhaltig ist die Auffassung, daß die Verhandlungen für den Fall deS Gelingens von politischen Folgen begleitet sein werden. Hier wird mau die Sache ausschließlich auf wirth- schaftlichcm Gebiete festzuhalten wissen. Gänzlich fehlgegriffcn ist eS, den Besuch deS Herrn von Giers, oder richtiger, dessen Durchreise durch Berlin, mit dieser Angelegenheit in irgend welchen Zusammenhang zu bringen. Herr von GierS wird als kranker Mann Berlin wahrscheinlich mit kurzem Aufeot- halte passiren, um in der Schweiz Erholung zu suchen; in ge schäftliche Transaktionen, welchen er seit mehreren Monaten vollständig entsagen mußte, wird er sich dort gewiß nicht ein- laffen. Die Heißsporne der Conscrvativen drohen nunmehr offen mit Empörung. Wenn vor Mitte October der conservative Parteitag zur Revision des Programms oder vielmehr zur Constituirung einer neuen conscrvativen „Volkspartei" nicht stattfindct, so wollen die westfälischen Conscrvativen über den jetzigen Parteivorstand zur Tagesordnung übergehen und im Einvernehmen mit den Vorständen der üvrigea Provinzen eine Revision des Programms, d. h. die Ausnahme der Judenfrage in dasselbe herbeiführen. So kündigt die „N. Wests. Volksztg." auf Grund eines Beschlusses der conservativen Partei West- falens an. Inzwischen erfährt man aus einer Zuschrift an die „Krcuz-Ztg.", daß der Ausschluß des Herv v. Hclldorff manchen Conservativen noch lange nicht genügt. Schlimmer als die „Nörgler" mit der Feder sind die Nö.gler mit dem Munde, die ihre Mitgliedschaft in der conservativen Partei benutzen, ihre Ansichten, d. h. die der herrschenden Strömung, als die der Partei auSzugcben. Und was das Schlimmste ist, diese Herren, die sich zum größten Theil in „einflußreichen Stell ungen" befinden, werden sich auch durch die Aufnahme der Judcnsrage in daS Programm nicht veranlaßt sehen, aus der Partei auszuscheiden. Dann würde allerdings, wie scheint, die Judcnsrage ihren eigentlichen Zwcck verfehlen. Dieser Ge- ständniß, rührt, wie die „Kreuz-Ztg." sagt, von einem hervor ragenden Mitglieds der conservativen Partei des Ostens her. Das 1. Garde-Dragoner-Regiment hat vorgestern seinen Ehrentag in erhebender Weise gefeiert. Mit schmetternden Fanfaren zog daS Regiment schon am frühen Morgen aus feinem beflaggten Caserncment in der Bcllc-Alliancestraße zum Tempelhofer Felde hinaus, um dort im Brigadeverbande mit dem 2. Garde-Dragoner-Regiment vor dem Kaiser im Gerecht zu cx:rcircn, der zum Schluffe den Parademarsch über beide Regimenter abnahm. Mittags fand auf dem Caserncnhofe schwadronSweise Appell statt, bei welchem die Mannschaften auf die Bedeutung der Schlacht von MarS-la-Tour hingewicsen wurden und jedem nach dem Manöver zur Entlassung kommen den Reservisten ein Exemplar der v. Rohrschen Regiments- gcschichte mit Widmung und Unterschrift des CommandeurS überreicht wurde. Im Lause des Tages waren zahlreiche Telegramme von nah und fern eingctroffen, so vom Erbgroß- hcrzog von Oldenburg und vielen andern Generälen und Oificieren, die früher im Regiment gestanden hatten. Der Glanzpunkt der Festfeier bestand in dem Prunkmahl, das nach mittags im Osficiercasioo an der Belle-Alliancestraße statt- and. Zu diesem hatte auch der Kaiser sein Erscheinen zuge- iagt, doch benachrichtigte er im Laufe deS Nachmittag- den Lommavdeur, daß er leider behindert sei, da er nach Potsdam zurückkchren müsse. An der Tafel nahmen die dirccten Vor gesetzten, der commandirende General deS Gardecorpt, General der Infanterie Frhr. v Meerschcidt-Hüllcffem, der Commandeur der Gardc-Cavallerie-Division, G-nerallieutenant Edler von der Planitz, der Commandeur der 3. Garde-Cavallerie-Brigade, Oberst v. Kotze, die Generäle v. Borstell und v. BrozowSky, Graf zu Dohna-Schlodien, drei Herren v. Rohr, Graf Stol- berg-Roßla, die Grafen Herbert und Wilhelm Bismarck und andere ehemalige Osficiere theil. Die Tafel war mit dem prachtvollen Geschenk der Königin Victoria von England und andern werthvollen Schaugeräthen auS dem Privatbesitz der Osficiere festlich geschmückt. Die Bilder der gefallenen Osficiere an den Wänden waren mit Kränzen verziert. Der Comman deur, Oberstlieutenant v. d. Knesebeck, brachte daS Hoch aus den Kaiser aus, woraus General v. Borstell des TageS ge dachte und das Regiment hochleben ließ. Später folgte daS O'ficiercorps mit seinen Gästen einer Einladung des Vereins ehemaliger Kameraden der Regiments, die den Schlachttag in der Unionsbrauerei in der Hasenhaide festlich begingen. Hier hielt Obcrstlieutenant v. d. Knesebeck eine Ansprache über die Bedeutung deS TageS. Berlin, 17. August. Ucber die Nagelung, Weihe und Uebergabe der Fahne an das Füsilierbataillon des 3. Garde- Regiments wird Folgendes berichtet: „Der Kaiser verlieh heute Vormittag dem Füsilicrbataillon des 3. Garde - Regiments zu Fuß eine neue Fahne; der Verleihung im Lustgarten ging die Nagelung im Rittersaale vorauf, wobei der Kaiser einen Nagel 'ür sich, einen solchen für die Kaiserin und je einen für die sechs Söhne festschlug. Der Feier wohnten die Prinzen, die Generalität und eine Abordnung des Regiments bei. Der Kaiser trug die Uniform deS Regiments mit dem Bande deS Schwarzen Adler-OrdenS. Der Nagelung folgte die Weihe im Capitclfaal durch den Militär-Oberpfarrcr Frommel im Bei sein des katholischen Feldpropstes Aßmann. Die Uebergabe der Fahne erfolgte im Lustgarten mit einer Ansprache deS Kaisers, in der er auf den Ehrentag deS Regiments, den 18. August 1870, hinwieS und die Erwartung aussprach, daß daS Bataillon auch unter der neuen Fahne seine Schuldigkeit thue, und falls diese einmal vor dem Feinde entrollt werden müsse, mit ihr siegreich und mit Ehren bedeckt zurückkehren werde. Der Oberst v. Bismarck dankte und brachte ein drei maliges Hurrah au? den Kaiser auS. Ein Parademarsch be schloß die Feier. Der Kaiser ritt hierauf mit dem Füsilier bataillon zur Kaserne deS Regiments, um daselbst an dem Frühstück deS Osficiercorps Theil zu nehmen. Berlin, 17. August. Zu den Personen aus nichtmilitärischeu Kreisen, welche morgen zu dem Prunkmahle nach der Parade, daS gleichzeitig zur Feier deS GeburtStagS des Kaiser- von Oesterreich stattfindet, von dem Kaiser eine Einladung in das neue Palais bei Potsdam erhalten haben, gehörtauch der bis herige preußische Gesandte beim Vatican, Geh. Rath v. Schlözcr. Dieser wird demnächst, wie in früheren Jahren, so lange er im StaatSamt thätig war, seine Familie in Dresden und Lübeck besuchen. Im Laufe des September kehrt Herr v. Schlözer nach Rom zurück, um daselbst bis Ende März zu verweilen. Von hiA will er dann ständig nach Berlin übersiocln, hier eine Privatwohnung beziehen und sich dann lediglich schriftstellerischer Thätigkeit hiugeben. Arauikreich. Paris, 16. August. Der Ausstand der Droschkenkutscher ist jetzt fast allgemein; nur etwa ein Zehntel der Kutscher der großen Gesellschaften sind heute Mittag auSgefahrcn. Dagegen nehmen die Kutscher der kleinen Unternehmer an dem Aus stande nicht theil. Viele Kutscher haben sich den Feiernden nur angcschlossen, wcil sie fürchten, von ihnen mißhandelt zu werden. Die Lage ist ernst, größere Ausschreitungen sind jedoch noch nicht vorgekommeu, nur ein Kutscher wurde gestern von den AuSstäudischen geprügelt. Von etwa 4000 Kutschern, die feiern, waren heute Nachmittag etwa 1000 in dem ArbeitS- nachweiSamt versammelt. ES wurde ein Brief der Vorsitzen den deS SyndicatS der Wagcnbcsitzer, Bixio, verlesen, worin dar Gesuch der Ausstehenden um eine abermalige Unterredung al- unnöthig abgelehat wird. DaS Schreiben wurde mit dem Rufe: „Es lebe der Ausstand!" ausgenommen. Nach einer äußerst lebhaften Besprechung nahm die Versammlung einen Beschluß an, worin eS heißt, nachdem sie von dem Schreiben BixioS Kenntniß genommen habe, mache sie ihn verantwortlich für alles, was noch vorkommen könne, und verwahre sie sich ganz kräftig gegen den Wortlaut der Ablehnung. Ferner er klärte die Versammlung, ihre Forderung gänzlich aufrecht zu halten. Einige Vertreter der Ausständischen wurden beauf tragt, diese Forderungen durchzusühren. Die Frauen, so wurde beschlossen, sollten den weitern Versammlungen fern bleiben. Unter dem abermaligen Rufe: „Es lebe der Ausstand!" gingen die Kutscher auseinander. Belgien. Seit einiger Zeit geht die Rede von einer Fälschung von Schiencnstempeln, die m einem Werke des Bezirkes Charleroi vorgckommen sein soll. Wir haben uns bis jetzt enthalten, den Fall auch nur zu erwähnen, so schreibt die „K. Z.", weil die erste Mittheilung von einem Brüsseler Socialistcnblatt auS- gegangen war und weil wir dafür halten, daß die belgische Industrie nicht verantworllich zu machen ist für die Sünden, welche die Presse ihres Landes im vorigen Jahre an der deut schen Industrie beging, als sie sämmtliche Behauptungen und Andeuiungen, die damals in der ultramontanen, socialdemo- kraiifchen und freisinnigen Presse in Deutschland verbreitet wu dm, gar geflissentlich au^nahm. ES scheint nun nach den Meldungen unverdächtiger belgffchcr Blätter, daß thatsächlich eine gerichtliche Voruntersuchung gegen cine Wcikstätle des Be zirks Charleroi eingclcitet worden ist, die bei ihren Lieferungen für die belgische StaatLbahn Stempel anderer Werke gebraucht haben soll. Rußland. Die „Birsch. Wied." wollen wissen, daß bereits im Ja nuar zwiscyen dem Grafen Schuwalow und dem Staatssccrctär Marichall von Bieberstein ein Mcinungsaurtaufch stattgcfunden habe, der übrigens mit der Mißernte und des mit ihr zu sammenhängenden Ausfuhrverbot- keine weiteren Folgen hätte haben können. Jetzt seien nun die Verhandlungen wieder aus genommen worden. Die Verständigung werde auf dem Bode» einer Ermäßigung der Getreidezölle und andererseits gewisser Zugeständnisse hinsichtlich des Zolles aus deutsche Kohle und Eisensabrikare gesucht werden. Weder Rußland noch den „neuen CurS" treffe die Verantwortung für den bis-