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Hohensteiner Tageblatt : 18.05.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189205181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18920518
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18920518
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohensteiner Tageblatt
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-05
- Tag 1892-05-18
-
Monat
1892-05
-
Jahr
1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 18.05.1892
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Gcwisfcohafligkcit alle über die neue Waffe cingelaufenen Kla gen nochmals prüft, ehe sie sich zu einer absolut zufrieden stellenden Erklärung berechtigt glaubt — wiegt in den Augen dieser lärmenden Fragesteller nur wenig. Ueber die Complicirt- heit unseres Anklage- und UntersuchungsverfahrcnS herrscht nur eine Stimme. Aber in solchem Falle muß natürlich nach der Meinung der ciuberufencn Kritiker Alles sofort geschehen, auch wenn die makelhaste Persönlichkeit des Anklägers die Richtig keit der Beschuldigung von vornherein gänzlich unwahrscheinlich erscheinen läßt. Was aber die ConfiScation anlangt, so hätten, wenn dieselbe erfolgt wäre, diejenigen Schreier sicherlich am lautesten gegen das „willkürliche" Verfahren der Behörden gewettert, welche jetzt über das Nichterfolgcn der Beschlagnahme so heftig raifonnircn. Wir leben in einer ernsten Zeit, die viele Gefahren in sich birgt, und wir gehen sicher bedeutungs vollen Ereignissen und großen Umgestaltungen auf vielen Ge bieten des öffentlichen Lebens entgegen. In solcher Zeit ist die Stimmung in allen Schichten der Gesellschaft naturgemäß gespannt und der Beunruhigung zugänglich. Aber ohne Zweifel haben die ernsten, von sittlichem Streben erfüllten Organe der öffentlichen Meinung besonders gegenwärtig dre unabweisbare Pflicht, durch eiserne Selbstzucht Alles zu vermeiden, waS sie zu frivolen Mitschuldigen an einer künstlichen Vermehrung der ohnehin vorhandenen Beunruhigungsmomente machen könnte." * * 4- Berlin, 15. Mai. Vor einiger Zeir verlautete aus fran zösischen Quellen, daß Prcmierlieutenunt Kling in Ualuale an der Grenze von Moschi anqckommen wäre. Nach den letzten Berichten des amtlichen „Colonialblattes" ist diese Nachricht unbegründet, Kling hat vielmehr das an der Grenze von Dahomey gelegene Tschautscho besucht und ist von da nord wärts durch Sugu nach dem berüchtigten Barbar gezogen, ohne jedoch wegen des Widerstandes der Eingeborenen die Haupt stadt erreichen zu können. Von dort wandte er sich südwestlich nach Salaga, überschritt den Wolta, und kehrte über Bismarck- burg nach der Küste zurück. Diese Reise und der frühere miß glückte Versuch des Herrn v. Francois, nach Norden vorzu dringen, zeigen, daß die halbmohamedanischen Völkerstämme dieser Gegend dem Eindringen der Europäer Widerstand ent- gegenzusetzen entschlossen sind, und daß hier nur ein langsames diplomatisches Vorgehen und die allmähliche Gewinnung dieser Völkerstämme für handelspolitische Interessen zum Ziele führen wird. Die neuesten Erfahrungen der Franzosen und Engländer im Hinterland von Sierra Leone, an der Goldküste und am oberen Niger zeigen unwiderleglich die Richtigkeit eines lang samen schrittweisen Vorgehens, um nicht die Eifersucht dieser mohamedanischen Stämme zu erwecken. Erfreulich ist, daß die Grcnzregulirungs-Commission ihre Arbeiten erledigt hat. Am 7. März waren der kaiserliche Commissar Graf Pfeil und drei Engländer, unter ihnen der englische Commissar Williams, in Ho angekommen, der deutschen MifsionSstation. Sie brachen von da nach Svkode und Abotia ans, wo sie mit den übrigen Theil der Commission, ebenfalls Engländer und Deutsche, zu- sammentrafen. In Dota bei Waya trennten sie sich dann wieder, um am Wolta zusammenzutreffeu. Zur Uebcrbringung der Ansiedler und des AblösungS- commandos der Schutztruppe ist in Hamburg der Dampfer „Agnes" gechartert worden, welcher am 15. Juni direct nach Walfiichbai mit den Ansiedlern abgehen wird, Vie die Ansied lung in Windhoek beginnen wollen. Graf Pfeil ist bereits nach Südafrika unterwegs, um auch dort für die Jnterssen der Siedlungsgesellschaft thätig zu sein. Zur Verbesserung des Rindviehstondes wird ein Versuch mit simmeothaler Zuchtvieh, welches den besten Racen angehört, gemacht werden. In einem Berliner Telegramm der „Münch. Allg. Ztg." liest man: Glaubwürdige Meldungen aus Rußland bestätigen die Zunahme nihilistischer Regungen. Auch gelten die Berichte über günstige Ernteaussichten als unglaubwürdig. Die Gäh- rung im Innern und die finanziellen Nöthe, sowie die Ab kühlung der französischen Zuversicht auf Rußland lassen Ruß land als aktiousunsähig erscheinen. Berlin, 16. Mai. Die Nachricht von dem bevorstehenden Rücktritt des dcutschcu Botschafters in Petersburg, Generals v. Schweinitz, welche jetzt mit stärkerer Betonung auftritt, begegnet, weil sie so oft irrthümlich war, erneuten Zweifeln, die indessen, wie von unterrichteter Seite verlautet, nicht gerechtfertigt sind. Von unterrichteter Seite verlautet, daß die thatsächlich ange griffene Gesundheit des Botschafters seinen Rücktritt jetzt un abweisbar mache. Der General hat sich wiederholt auf Wunsch des Kaisers bereit finden lassen, seine Absichten, in den Ruhe stand zu treten, zu verschieben. Jetzt sollen die Wünsche des Botschafters Berücksichtigung erfahren haben. Man sieht in gleicher Weise in Petersburg wie in Berlin den General v. Schweinitz ungern aus seiner jetzigen Stellung scheiden. — Auch eine andere in dasselbe Gebiet gehörige Angabe verdient Beachtung. In unterrichteten diplomatischen Kreisen will man wissen, der russische Minister v. GierS würde nicht mehr auf seinen Posten zurückkehrcn und der hiesige russische Botschafter Graf Paul Schuwalow werde zu feinem Nachfolger berufen werden. Trifft dies zu, so dürfte man darin eine Bestätigung guter Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland erblicken, deren eifrigste Förderung, wie bekannt, der Gras Schuwalow stets angestrebt hat. Die Verhandlungen des BörseunntersuchllugsauSschusser mit den Sachverständigen nehmen, wie mau der „Nat.-Ztg." be richtet, einen großen Umfang an. ES ist schwer, die Zeit der Beendigung der Untersuchung abzuschen. Vom 9. dis zum 14. Mai sind nur wenige der eiuberufenen Personen gehört; von den Berliner Sachverständige» sind bisher uur die Herren Bopetzki und Benary zu Ende vernommen worden. Heute finden Vernehmungen der Bankdirectoren Russell, Kämpf, Dr. Siemens und Winterfeldt, ferner des KammergerichtsratHS Keyßner, der Herrn Sigismund Samuel und Julius Alexander von hier, der Bankiers Wolde aus Bremen und Arnold aus Dresden statt. Neu zugezogen werden behufs späterer Ver nehmung Max von Guaita, Präsident der Haudelskammer von Frankfurt o. M, Rudolf Kramer aus Müllrose (für die Mühlen industrie), Justizrath von Simson, Justizrath Leße, Geh. Justiz- rath von Wilm-wski, ferner noch zwei Mitglieder des Kammer gerichts und des Landgerichts. Bertin, 17. Mai. Die Morgcnzeitungen melden, daß unterrichtete diplomatische Kreise bestätigen, der russische Minister GierS werde seinen Posten nicht wieder antreten, und der hiesige Botschafter Graf Schuwaloff an feine Stelle kommen. Im Cottaschen Verlag in Stuttgart ist in vornehmer Ausstattung der erste Band der „politischen Reden des Fürsten Bismarck, historisch-kritische GcsammtauSgabe, besorgt von Horst Kohl", erschienen. Dieser erste Band bietet die Redens des «bzeordncten BiSmarck-Schönhausen aus den Jahren 1847 bis 1852. Die Entstehungsgeschichte dieser monumentalen Ausgabe der Reden Bismarcks ist bekannt. Im Vorwort zu seinen Bismarck-Regesten schrieb Horst Kohl: „Hier gilt es eine nationale Schuld zu zahlen. Fürst Bismarck ist nicht nur ein Classiker der deutschen Sprache, seine Reden enthalten auch eine solche Fülle fruchtbarer Gedanken, packmder Ver gleiche, trefflicher Sentenzen, einen solchen Schatz politischer Weisheit, daß ihre Lcctüre nicht genug empfohlen werden kann. Darum bedarf das deutsche Volk einer mit wissenschaftlicher Sorgfalt bearbeiteten Ausgabe der Reden Bismarcks in einer der nationalen Bedeutung diefeS Mannes würdigen Ausstattung, und das Comitee für das BiSmarck-Deokmal würde sich ein wahrhaft nationales Verdienst erwerben, wenn eS von den aus ganz Deutschland eingehenden Summen einen bescheidenen Theil zur Errichtung eines solchen literarischen Ehrendenkmals verwendete." Das Schicksal dieses Aufrufs erzählt er im Vorwort zu dem vorliegenden Werks also: „Der Ruf verhallte an der Stelle, an die er gerichtet war, ungehört, auch eine be sondere Eingabe an den Vorsitzenden des Comitees, welche die Bitte aussprach, den Antrag auf Uebernahme einer Garantie in mäßiger Höhe zur Deckung der ungefähren Herstellungs kosten im Schoße des Comitees zur Erwägung zu stellen, blieb unbeantwortet, und so wäre wohl der Wunsch nie in Erfüll ung gegangen, hätte nicht die Presse durch berufene Männer die Anregung freundlich ausgenommen und die Berechtigung der Forderung einer wissenschaftlichen Ausgabe der politischen Reden des Fürsten Bismarck unumwunden oneikannt. Das erste Verdienst gebührt Herrn Prof. vr. Oncken, der in einer ausführ lichen Besprechung der Bismarck-Regesten in der „Köln. Ztg." sich zM Anwalt des Gedankens machte und dadurch auch die Theil- nahme weiterer Kreise für denselben zu wecken verstand." Die Grundsätze, von denen der Herausgeber sich bei der Auswahl, Zusammenstellung und Erläuterung des interessanten Stoffes leiten läßt, werden vorwiegend Zustimmung finden Das Princ p der Anordnung der Reden ist die Zeitfolge; dadurch wird eine Zerpflückung der Reden nach sachlichen Gesichts punkten vermieden; ein Sach- und Personenregister, welches jeden Band schließt und welches am Ende der Ausgabe zu einem Generalregister zusammengefaßt werden soll, erleichtert zudem die Auffindung der Aeußerungen über bestimmte Fragen und Menschen. Wicdergcgebcn sind nicht nur die großen Reden, sondern auch die persönlichen Bemerkungen, deren sarkastische Schlagfertigkeit und gulmüthiger Humor den Leser noch heute eiquickt, wie sie die Hörer Hinrissen. Die trockenen amtlichen Protokolle über die Aeußerungen Bismarcks in Com- missionSsitzungen har der Herausgeber aus den freier fließenden, ergiebiger» Zeitungsberichten ergänzt, die der persönlichen Eigen art, der charakteristischen Färbung des BiSmarck'schen Geistes und Temperaments mehr zu ihrem Rechte verhalfen. Einleit ungen und erläuternde Bemerkungen dienen in zweckmäßiger Beschränkung dazu, die einzelne Rede in den Rahmen der all gemeinen Verhandlung zu stellen oder dem Gedächtniß und Verständniß des LeserS nachzuhelfen. Das deutsche Volk er weist sich selbst einen werthvollen Dienst, wenn es dazu bei trägt, den Diamanten des BiSmarck'schen Gcdankenschatzes eine würdige Goldsassung zu geben. Berlin, 17. Mai. Für Beschaffung eines Garantiefonds für die Weltausstellung in Berlin sind die ersten Schritte ein geleitet worden. Mehrere Vereine si»d zusammeugetreten; an ihrer Spitze stehen Minister Delbrück und andere hervor ragende Persönlichkeiten. Berlin, 17. Mai. Der bekannte Spieler Renter wurde auf die Requisition des Mannheimer Landgerichts nunmehr nach Mannheim, wo die Anklage des Spielprocesses vorliegt, überführt. Das Angebot einer bedeutenden Caution wurde abgewiesen. Berlin, 17. Mai. In der für Freilag Abend berufcuen Versammlung der conservativen Fraction des Abgeordneten hauses werden wichtige Verhandlungen erwartet. Lübeck, 16. Mai. Heute Vormittag 11 Uhr traf der König von Dänemark auf dem „Danebroz" hier ein. Er ist Mittags nach Hamburg weitergereist und kehrt morgen mit der Herzogin von Cumberland hierher und von hier auS mit dem „Danebrog" nach Kopenhagen zurück. Mainz, 17. Mai. Die in den verschiedenen Zeitungen bis jetzt gemeldeten Vorgänge bei den Wachposten am Pulver magazin sind übertrieben. Angriffe aus die Posten haben nicht stattgefunden. Die Posten sind vervoppelt worden, weil mehrere Einbrüche bei dem Magazin versucht worden sind. Oesterreich-Ungarn. Wien, 17. Mai. Eine Berliner Zuschrift an die „Polit. Corresp." spricht der Reise des Königs von Italien nach Pots- dam jede ernstere politische Bedeutung ab. Eine Meldung, welche derselben Correspondenz aus Petersburg zugeht, besagt, daß die Reise der ruffischen Kaisersamilie nach Copenhagen zur See erfolen und daß der Berliner Hof erst auf der Rückreise von Copenhagen besucht werden soll. Unbestimmt sei es noch, ob auch die Zarin nach Berlin gehen werde. Wien, 17. Mai. Entgegen der Meldung der „Hamb. Nachr.", daß der Zeitpunkt der Vermählung des Grasen Her bert Bismarck noch unbestimmt sei, erhält die „Neue Freie Presse" aus Fiume die Mittheiluug, daß die Hochzeit für 22. Juni festgesetzt ist, doch werde sie nicht in Fiume, sondern in Wie» stattfinden, weil die dortige evangelische Kap:lle für die Gäste zu klein, und auch die Reise für den Fürsten selbst und dessen Familie aus Norbdcutfchlaud zu weit sein würde. Bon der beabsichtigten Verlobung des russischen Thron folgers mit Ser preußischen Prinzessin Margarethe, von welcher jüngst in verschiedenen Zeitungen die Rede gewesen ist, ist hier nichts bekannt. Der Club der vereinigten deutschen Linken und der Polen club haben gcstcn die Debatten über die Valutavorlage be- gönnen. I» ersterem erklärten sich die Abgeordneten Plcner, Neuwirth und Eduard Sueß, in letzterem Abrakamowitz, DvaajewSki, Kainski u. A. im Princip für die Valutaregulierung. ES wurden indcß auch zahlreiche gewichtige Bedenken gegen einzelne Bestimmungen der Vorlage geäußert, sodaß die Ange legenheit, wie bemerkt wurde, der reiflichsten Erwägung bedürfe. Italien. Die neuen italienischen Minister, deren Namen gestern mitgetheilt sind, dürften gestern dem Könige den Eid der Treue geleistet haben. Giolitti wird, wie die „Franks. Ztg." aus Rom meldet, das Interim des Schatzes nur kurze Zeit be halten. Brin berief zu seinem KabinetSchef Mayor, der die gleiche Funktion unter Crispi übte. Mit letzterem hatte Brin vorgestern eine lange Unterredung über das diplomatische Personal Italiens. Crispi versprach, bald Gelegenheit zu nehmen, um zu zeigen, daß er das Kabinet Giolitti unterstütze. Es herrscht Befriedigung wenigstens darüber, daß seit langer Zeit wieder ein völlig homogenes Kabinet existirt. Rom, 17. Mai. Der Minister des Aeußern, Brin, hat )ie Geschäfte erst übernommen, nachdem er eine lange Coo- ferenz mit CriSpi bezüglich der leitenden auswärtigen Fragen gehabt. Rom, 17. Mai. Der Senator Consiglio übernimmt das Schatzamt und der Marquis San Paulino daS Staatssecretariat im auswärtige» Amt. Rom, 17. Mai. Der Papst erklärte, das neue Cabinet lasse sür die Kirche eine neue Periode des Kampfes voraussehen. Frankreich. Aus dem hetzerischen Treiben der Ahlwardt und Genossen zieht das verbreitetste französische Blatt, der Figaro, folgende Nutzanwendung: Ob Herr Löwe Israelit oder Protestant, ist uns gleichgültig, — er ist Deutscher; die Arbeiter, die er be schäftigt, die Officiere, welche die Gewehre geprüft, die Offi- ciere, welche sie bestellt haben, sind Deucjche, und alle diese Leute und noch viele andere, lauter Deutsche, stellt die Ge schichte bloß. Und das war cs, was wir zeigen wollten. Die Bochumer Angelegenheit, die Beschuldigung, daß eine Fabrik Jahre hindurch den Eisenbahnverwaltungen schlechte Schienen geliefert habe, hatte bereits auf die deutsche Industrie eia ver- hängnißvolleS Licht geworfen; die Löwciche Angelegenheit be weist noch klarer, daß im deutschen Militärdienst sträfliche Nachlässigkeiten Vorkommen. Und ein Deulschcr ist es, der uns die Beweise dafür zu erbringen sucht. Der Name des Rectors Ahlwardt sei gesegnet! In Zukunft wird man uns nicht mehr stets damit kommen können, «nS die Ucberlegenheit der deutschen Armee und ihre vollständige Schlagbereitschast zu rühmen! Bisher war die Furcht der Franzosen vor der deut schen Schlagbereitschaft die sicherste Bürgschaft des Friedens; wenn sich jetzt bei ihnen die gegentheilige Uebcrzeugung festsetzt, so soll cs dem Rector Ahlwardt und dem trefflichen Fusangel unvergessen sein, daß sie und ihr staatSgefährliches Treiben diese FnedenSbürgschaft in erster Linie erschüttert haben. Paris, 16. Mai. In Amiens verbrannten in Folge einer Petroleumcxplosion 5 Kinder. Belgien. Der belgische Justizminister hat hinsichtlich der anarchistischen Bewegung in der Kammer eine wichtige Erklärung abgegeben. Die in Lüttich gegen die Anstifter der Dynamitexplosionen ge führte gerichtliche Untersuchung hat klargcstellt, daß diese Anar chisten in keinerlei Beziehung und Verbindung mit der belgischen Arbeiterpartei gestanden haben. Die Untersuchung selbst ist so weit gediehen, daß das Schwurgericht bereits Anfang Juni über die Anarchisten aburtheilcn wird. In Lüttich selbst herrscht immer noch das Unwesen der anarchfftychen Drohbriefe. Die schlimmsten Befürchtungen erweckt aber die Thatsache, daß es mit der Aufsicht über die Sprengstoffe im Lande traurig auS- sieht. Wer sich zu verbrecherischen Zwecken Sprengmaterial be schaffen will, braucht nur zuzugrcifen, und dre RegierungSan- kündlgung, es werde noch vor dem Sefsionsfchlusse hierin durch Gesetz Wandel geschaffen werden, har sich nicht erfüllt. In Folge anonymer Briefe wurden am Sonnabend in der Pro vinz Lüttich ourch die Polizei ansehnliche Mengen Sprengstoffe entdeckt. In Ämostrennes fand man ein Packet mit fünfzig Dynamitpatronen und Lunte, in einem verlassenen Schuppen bei einem Steinbruche in Complain-au Pont 50 Kilo Dynamit und in dem Steinbruch bei Mont 25 Kilo Melinit. Die dort aufbewahrten 200 Rollen Forcit waren bereits gestohlen worden. Ist somit nach dieser Richtung hin für die nächste Zeit kein Wandel zu hoffen, so hat die Kammer vor ihrem Auseinandergehen über Hals und Kopf noch ein wichtiges Gesetz angenommen, das den ganzen Zorn der socialistischm Arbeiterpresse heroorruft. Die Arbeiterpartei hat die Wayl- parole auSgegeben, „Allgemeines Stimmrecht oder allgemeiner Ausstand." Dem gegenüber soll die ArbeitSsrciheit geschützt werden. Das neue Gesetz verdoppelt die bisher festgesetzten Gefängnißstrafen; die Mindeststrafe wird von einer Woche auf vier Wochen Gefängniß erhöht. Das Bedenkliche des Gesetzes ist, daß seine Bestimmungen sehr dehnbar sind. Die Arbciter- blätter geben selbstredend ihrer Entrüstung über das Vorgehen der Bourgeoisie kräftigsten Ausdruck. Die nur aus Klerikalen und Doctrinär-Liberalen zusammengesetzte Kammer nahm dar Gesetz mit allen Stimmen gegen eine Stimme, gegen die des Fortschrittlers Janson an; zwei Liberale enthielten sich der Abstimmung. Stutzlanv. Lodz, 17. Mai. Die Behörden ersuchten die Fabrikbesitzer, den Arbeitern keine Concessionen zu machen. Alle noch streiken den Arbeiter sollen administrativ abgeurtheilt werden; die Ver haftungen werden fortgesetzt. Anläßlich der jüngsten Unruhen in Lodz sind 58 deutsche Fabrikarbeiter von dort ausgewiesen worden. Griechenland. Athen, 16. Mai. Nach den nunmehr vollständig vor liegenden Nachrichten stellt sich daS Wahlcrgebniß folgender maßen: Gewählt sind 140 Trikupiften, 56 Dclyannisten und 5 Anhänger des jetzigen Ministeriums Konstantopulos. Dely- annis wurde mit großer Mehrheit wiedergcwählt. Der jetzige Ministerpräsident Konstantopulos wurde gleichfalls gewählt; die übrigen jetzigen Minister sind bei der Wahl unterlegen. Nach dem Bekanntwerden des Wahlergebnisses begab sich König Georg im offenen Wagen in die Wohnung von Tri- kupi- und beglückwünschte ihn zu seinem Wahlersolgc. Der König wurde von der Bevölkerung stürmisch begrüßt. Die Bildung eines Ministeriums unter Trikupis ist sicher. Kon- stantopulos wird in das neue Ministerium eintreten. Die Wahlen vollzogen sich überall in größier Ordnung, ausge nommen in Athen, wo gestern spät Nachts ein blutiges Hand gemenge stattfand, bei dem eine Person getödtet und mehrere andere schwer verletzt wurden. Athen, 17. Mai. Die Wahlen sind überall ohne erheb liche Störungen verlaufen. Trikupis erhielt die erdrückende Majorität von ungefähr 25 °/y aller Mandate. Die zukünftige Kummermajorität wirb über 100 Stimmen betragen. Sämmt- liche frühere Minister der Partei Trikupis sind mit großer Majorität gewählt worden. Attika entsandte neun Trikupiften und einen Unabhängigen. Der jetzige Ministerpräsident ist mit vier seiner Anhänger nur mit knapper Majorität burchgekommen, Delyannis>uudIDcligeorgir desgleichen. "
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