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Redaktioneller Teil. 90, 7. Mai 1919. stellt: »entweder entschließen sich die Verleger, uns den Mini mum-Rabatt zu gewähren, oder das Sortiment erklärt ein mütig, für alle die Verleger, die ihnen dieses Existenzminimuin nicht zubilligen, in ihrem Laden keinen Platz mehr zu haben«. Welche Bewandtnis es mit diesem »Minimum-Rabatt« hat, geht aus seinem Artikel in Nr. 24 hervor, in dem es klar und deut lich heißt: »Der Verlag muß ernstlich darangehcn, einmal den Mindestrabatt sestzustellcn, den in diesen Zeiten der Sortimenter haben muß, Um leben zu können. In Friedenszciten sagte man: Der Mindestrabatt ist 30"/», die Spesen 18 bis 22"/», es bleibt also im Durchschnitt ein Reingewinn von 10"/». Um dieses Jriedcns- resultat zu erreichen, muß jetzt der Minimalrabatt des Ver legers glatte 33//,°/» sein, und von den 10°/» der Notstandsord nung darf auch nicht ein Jota genommen werden. Jeder Sortimenter muß die Fakturen prüfen, muß solche Fälle in Orts- vereins-Sitzungen bckanntgeben, und dann mutz, wenn die Ver leger absolut der Einsicht ermangeln, der Kampf beginnen, ein Kampf auf Leben und Tod«. Wir sind die letzten, die ein Wort zur Verteidigung der jenigen übrig haben, die dem Sortiment den Rabatt beschneiden und am liebsten von dem 10°/°igen Sortimenterlcueruugszuschlag noch für sich Profitieren möchten. Seine Ausführungen zum »Absatz 2« unseres Artikels mögen sich daher gegen jene rich ten, die den Teuerungszuschlag des Sortiments »bis zum letzten Augenblick bekämpften« — wobei indes nicht vergessen werden darf, daß es sich für viele (Verleger und Sortimenter) weniger um die Berechtigung des Tcuerungszuschlags, als vielmehr um die Frage handelte, ob ihn der Börsenverein wirksam schützen könne —, mit unseren Erörterungen haben sie nur insoweit zu tun, als sie das Resultat, zu dem wir bei unserer ausge stellten Gewinnberechnung im Sortiment gelangt sind, nicht nur bestätigen, sondern als noch günstiger erscheinen lassen. Sie enthalten weiterhin aber auch noch recht wertvolles Ma terial zu den Anträgen zur diesjährigen Ostermesse und rücken Äußerungen, wie die im Sprechsaal dieser Nummer, in eine ganz eigenartige Beleuchtung. Was ist Wahrheit? könnte man mit Pilatus fragen, wenn man nicht wüßte, daß sich die Welt ver schieden in den Köpfen malt und oft auch wirklich hier anders als dort aussieht, besonders wenn in Betracht gezogen wird, daß ja in jedem Geschäftsgewinn eines Sortiments auch Kon junkturgewinn, Gewinn an persönlicher Tüchtigkeit und an Pro pagandaerfolg enthalten sind. Jedenfalls wird man Herrn Her mann nur zustimmen können, wenn er verlangt, daß einer Er höhung des Sortimenter-Teuerungszuschlags der zahlenmäßige Nachweis ihrer Berechtigung vorausgehen muß, und zwar ge rade deswegen, weil cs durchaus nicht gleichgültig ist, vor allem auch dem Verleger nicht gleichgültig sein kann, welcher Preis dem Publikum für ein Buch oder eine Zeitschrift abgefordert wird (vgl. hierzu auch die Sprechsaal-Einsendung »Was soll daraus werden?« in Nr. 82 des Börsenblattes). Wenn wäh rend des Krieges nicht nach dem Preise gefragt worden ist und jeder froh lvar, überharcht etwas für sein Geld zu erhalten, so wird sich diese Anschauung rasch ändern, sobald wir einmal zum vollen Bewußtsein unserer Lage gekommen sind. Das lassen auch" die Ausführungen des Herrn Hermann erkennen. Es hat keinen Zweck, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen, wie die Zukunft unseres Berufs sich gestalten wird, noch ob der Krieg unser Volk veredelt oder das Gegenteil bewirkt hat. Mit solchen Feststellungen auf dem schwankenden Boden der Ge genwart läßt sich wenig anfangen, da die Zukunft kein Glashaus ist und das deutsche Volk sich aus 65 Millionen In dividuen zusammensetzt. Ist es in glücklichen Zeiten leicht, zu hoffen und mit Zuversicht an die Arbeit zu gehen, so ist es in Zeiten wie den gegenwärtigen notwendig, au eine Zukunft zu glauben, in der es sich trotz aller Schwierigkeiten doch noch leben läßt. cke souliors leeres gal Moment«, und es ist nicht ausgeschlossen, daß diese nägelbeschlagenen Schuhe auch den Weg in den Buch laden finden werden. Sollte nicht der achtstündige Arbeitstag manchem Muße lassen, ein Buch zur Hand zu nehmen, der früher keine Zeit dazu gefunden hat? Wenn wir in unserem Artikel 354 die Mahnung aussprachen, das Eisen zu schmieden, solange es heiß ist, d. h. das Interesse am Buche wachzuhalten, so^kann das Wohl nicht als »Worte und Phrasen« abgetan werden. Kommt doch gerade jetzt u. E. alles darauf an, alle diejenigen, die in dieser Zeit nach dem Buche greisen, gleichviel aus wel chem Grunde, zu gewinnen, damit sie das, was ihnen jetzt viel leicht als Ersatz gut genug dünkt, als notwendiges Lebenselement erkennen lernen. Zu diesem Zwecke ist cs notwendig, daß sich Verleger und Sortimenter zu gemeinsamer Arbeit miteinander Verbünden rmd versuchen, dem Buche eine seiner Bedeutung entsprechende Stel lung in unserem Wirtschaftsleben zu sichern. Diese Bedeutung ist ai.ch von zahlreichen Vereinen und Gesellschaften anerkannt worden, und das Zusammengehen von Verlag und Sortiment ist daher auch deswegen notwendig, um die sich hier vorberei tende gewaltige Entwicklung beeinflussen zu können. Das kann aber nur daun geschehen, wenn auch das Sortiment Verständnis für die Lcbensnotweudigkeiten des Verlags zeigt und sich von jener Ausschließlichkeit fernhält, die nicht erkennt und aner kennt, daß es Ausnahmen gibt, die nicht nach Schema k be handelt werden können. In der Forderung eines Minimal rabatts von 33^"/» unter Beibehaltung des Teuerungszuschlags vermögen wir, bei ihrer Ausdehnung auf alle Werke und ohne daß ein Unterschied hinsichtlich des Preises gemacht wird, ein solches Verständnis nicht zu erkennen, schon weil die Verleger in vielen Fällen — abhängig vom Autor, von Verträgen mit Behörden, Gesellschaften und Vereinen usw., der Rücksicht auf die außerhalb des Buchhandels stehende Konkurrenz usw. — gar nicht in der Lage sein würden, ihr zu entsprechen. Zum Gesetz erhoben, könnte sie nur dazu führen, daß der Verleger bestimmte Werke vom Vertrieb durch das Sortiment von vorn- herein ausschlösse oder bereits im Verkehr befindliche Veröffent lichungen aus dem Vertrieb zurückzöge. Was wäre damit für das Sortiment, besonders wenn es sich um teure Publikationen handelt, gewonnen? Rach dem auf der diesjährigen Tagesordnung stehenden Antrag der Herren Paul Ritschmann und Genossen soll K 4» der Verkehrsordnung jetzt den Zusatz erhalten: »Das Recht der Bestimmung des Ladenpreises ist abhängig von der Festsetzung auskömmlicher, den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechender Bezugsbedingungen«. Begründend wird dazu ausgefllhrt, daß »ebenso wie der Verlag seinerzeit Gewicht da rauf gelegt hat, die Verneinung einer Lieferungspflicht des Verlegers in der Gesetzgebung des Börsenvereins ausdrücklich betont zu sehen, das Sortiment heute Gewicht darauf legt, die Selbstverständlichkeit einer ausreichenden Rabattierung in der Verkehrsordnung festzulegen«. Bei dem Zusatz betr. Verneinung eines Lieferung? Zwanges handelte es sich — von dem Streit fall Fock-Springer ausgehend — darum, zu verhindern, daß in Zukunft im Wege der Auslegung der Statuten durch die Ge richte et» Licferungszwang aus der Zugehörigkeit eines Mit glieds zum Börsenverein hergeleitet werden könne (unbeschadet übrigens der Frage, ob aus anderen Gründen eine Lieferungs pflicht anzunehmen sei). Durch diese Bestimmung wurde dem Verleger keinerlei Vergünstigung gewährt, ihm vielmehr nur ein Recht zurückgcgeben, das ihm ohne seine Eigenschaft als Mit glied des Börscnvereins kein Gericht streitig gemacht hätte. Mit dieser Einschaltung, die, wie gesagt, lediglich den Zweck hatte, ein vom Buchhandel anders als von den Gerichten ausgelegtes Rechtsverhältnis klarzustellen, wird die vorgeschlagene Einfü gung schon deswegen nicht verglichen werden können, weil sie keine Klarheit schafft, sondern im Gegenteil der Unsicherheit Tür und Tor öffnet. Denn was heißt: »Festsetzung auskömm licher, den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen» der Bezugsbedingungen«? Wer soll darüber entscheiden? Wird nicht schon der Einsender im Sprechsaal dieser Nummer, ein Sortimenter, darüber ganz anders denken, als Herr Hermann, der heute 33/^°/° 4- 10"/» Teuerungszuschlag als Minimalforde- rung anmeldet? Gesetzt jedoch, daß darüber eine Kommission oder die Hauptversammlung zu entscheiden hätte: wird sich der Verleger ein ihm durch Gesetz zustehendes Bestimmungs recht von so außerordentlicher Tragweite und Wirkung durch dem