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Menkemer Tageblatt. Erscheint Inserate i jeden Wochentag abends für den folgenden M W nehmen die Expedition bis Vorm, tv Uhr, Tag und kostet durch die Austräger pro W sowie für Auswärts alle Austräger, deSgl. Quartal Mk. 1.40; dnrcki die Post Mk. 1.50 r G r alle Annoncen-Expeditionen zu OrignuÄ» frei ins Haus. Preisen entgegen. für Hohenstein Ernstthal, Oberlungwitz, Abtei Oberlungwitz, Gersdorf, Lugan, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleitza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirfchheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengruud u. s. w. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Nr. 148. Freitag, den 28. Juni 1889. 39. Jahrgang. Bekanntmachung. Bei dem hiesigen Stadtrathe kommt die Stelle eines Sparkasseucontroleurs zur Erledigung. Dieselbe wird mit einem Gehalte von 1100M. ausgeschrieben. Meldungen find sofort einzureichen. Der S t a d t r a t h.s Hohenstein, den 27. Juni 1889. vr Ebeling, Bürgermeister. Sächsische». Hohenstein, 27. Juni. Wir machen heute nochmals darauf aufmerksam, daß die Versteigerung des im Grundbuche auf den Namen Franz Illing eingetragenen, Ecke der Schubert- und Lungwitzerstraße hierselbst gelegenen Hausgrundstückes am 29. Juni, vormittags 10 Uhr, im hiesigen Amtsgericht stattfindet. Heute ist Siebenschläfer. Wenn es also heute regnet, dann regnet es 7 Wochen lang, so besagt wenigstens der 100jährige Kalender, gleichzeitig sagt er aber auch, daß vom 24. Juni ab sehr kalte Temperatur und starker Regen sein wird. Wie es scheint, haben wir für heute Regen nicht zu erwarten. Oberlungwitz. Der hiesigen Einwohnerschaft dürste es vielleicht zu erfahren von Interesse sein, daß auch unserem Orte, am 3. Juli dieses Jahres, d. i. nächste Mittwoch, ein denk würdiger Tag bevorsteht. Es fällt nämlich aus diesem Tage daS 50 jährige Jubiläum des Bestehens des hiesigen Gemeinde- rathes. Bekanntlich trat mit dem 1. Mai 1839 unter der Regierung Friedrich August II. eine Land-Gemeinde-Ordnung in Kraft, nach welcher in jeder Gemeinde, welche über 25 an sässige Einwohner zählte, die Gemeinde-Angelegenheiten durch einen Gemeinderath, bestehend aus dem Gemcindevorstand, einem oder mehreren Gemeindeältesten und einer Anzahl Ausschuß personen verwaltet werden mußten. Früher wurden diese Geschäfte von einem engeren und einem weiteren Gemeinde-Ausschuß besorgt. Infolge dieser gesetzlichen Bestimmung wurden nun im hiesigen Orte ein Gemeindevorstand, zwei Gemeindeälteste, sowie 5 Vertreter der Ganz- und Halbpferdebauern, 2 Ver treter der Handbauern, 1 Vertreter der Gärtner, 5 Vertreter der Häusler und 2 Vertreter der Unansässigen gewählt, welche nach erfolgter Bestätigung der Wahl und nach erfolgter Ver pflichtung am 3. Juli 1839 zu ihrer ersten Sitzung im Meister- Hause hier (jetziges Emmahospital) zusammentraten. Es ist daher dieser Tag derjenige, an welchem der hiesige Gemeinde rath zum ersten Male in Thätgkeit trat. Die Personen, welche damals den Gemeinderath angehörten, waren: Christian Gott hold Spindler als Gemeindevorstand, Gottlob Traugott Otto und Carl Ferdinand Sonntag als Gemeindeälteste, Carl Gott lieb Schindler, Christian Gottlieb Vieweger, Johann Gottlieb Sonntag, Samuel Friedrich Spindler, Johann August Friedrich Wolf, Christian Heinrich Spindler, Carl Gottlob Friedrich Gebhardt, Gottlob Friedrich Schindler, August Friedrich Wein rich, Carl Friedrich Heinig, August Spindler, Christian Trau gott Selbmann, Carl Gottlieb Schreiter, Carl Gottlob Diete! und Christian Gottlieb Uebel als Ausschußpersonen gewählt. Von diesen Personen lebt leider heute nur eine einzige noch, nämlich der damalige Gemeindeälteste und nachmalige Land richter Herr Carl Ferdinand Sonntag. Erwähnt sei noch, daß in diesem Zeitraum von 50 Jahren bis heute 754 ordentliche Sitzungen des Gemeinderathes hier stattgefundcn haben. In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch sind aus dem Gefängnisse des Amtsgerichts zu Oelsnitz der Hochstapler Josef von Leucht, auch Ritter von Imhoff sich nennend, Oesterreicher, gegen 24 Jahre alt, mit Italienischen Gesichtszügen, und der Handarbeiter Hiemisch aus Oelsnitz, schlank, 20 Jahre alt, aus gebrochen und entsprungen. Eine größere Anzahl von Holzstoff-Lieferanten hatte sich in den letzten Tagen in Chemnitz versammelt, um sich über die Geschäftslage auszusprechen. Es kam allgemein zum Aus druck, daß die Preise, zu welchen Holzstoff für dieses Jahr ab geschlossen worden, viel zu niedrig, und zwar noch niedriger als im Vorjahre, was sich in keiner Weise rechtfertigt. Durch die ungünstige Witterung des verflossenen Winters ist die Pro duction sehr behindert gewesen und quantitativ zurückgeblieben, der Bedarf also nur knapp gedeckt worden. Bei der gegen wärtigen Witterung ist ein sehr trockenes Nachjahr zu erwar ten, wie dies erfahrungsgemäß nach gewitterreichen Frühjahren einzutretcn pflegt. Mit Rücksicht auf diese Umstände, auf die merkliche Steigerung der Holzpreise und sonstigen Herstellungs kosten müssen sich die Preise für Holzstoff wesentlich bessern, um Verluste zu vermeiden. Auch wurde ernstlich in Erwäg ung gezogen, eine gemeinsame Verkaufsstelle zu errichten, zu nächst aber empfohlen, bei weiteren Holzstoffvcrkäufen diese Ge schäftslage zu berücksichtigen. In den späten Nachmittagsstunden des vergangenen Sonn abends ging über Frankenberg ein Gewitter nieder, welches die Stadt und die nächste Umgebung zwar nur zum Theil berührte, um so ärger aber den Nachbarort Auerswalde und das weiter nach Chemnitz gelegene Glösa mitgenommen hat. In dieser Gegend ging der Regen bei stundenlang anhalten dem heftigen Gewitter wolkenbruchartig nieder. In Auerswaldc trat in unglaublich kurzer Zeit der Dorfbach aus und über schwemmte die Straße an manchen Stellen meterhoch. Das Wasser nahm in reißendem Laufe alles mit fort: Baumstämme, von einem Baue das ganze Rüstzeug, Gerätschaften, Heu schober rc. Mehrere Brücken wurden beschädigt, mehrere Schuppen zum Einstürzen gebracht, viele Niederstuben und Ställe hoch mit Wasser gefüllt. Am gefährlichsten umtobten und durchtobten die Fluchen das Haus des Käsehändlers Türpe unfern der Amtsschänke. Wäre dasselbe, was allgemein be furchtet wurde, eingestürzt, so würden die Bewohner kaum mit dem Leben davongekommen sein. — Zu gleicher Zeit hat im benachbarten Garnsdvrf eine Windhose Schrecken verbreitet. Die Richtung ist glücklicherweise eine solche gewesen, daß Ge bäude nicht beschädigt worden sind. Wohl aber wurden acht dem Gartengutsbesitzer Scheffler gehörige Aepfel- und Birn bäume von Mannesstärke in einem Nu entwurzelt und gefällt. Eine bisher noch unerwähnt gebliebene Folge der am 3. und 4. d. M. niedergegangenen Wolkenbrüche ist die, daß durch das plötzliche Ausspülen und Versanden einer Anzahl im Bereiche der Unwetter gelegener Teiche die Fische mit fort, zum Theil weit fortgeführt worden sind. So sind in dem Theile der Göltzsch, welche unterhalb der Einmündung des Friesenbaches liegt, in der letzten Zeit recht stattliche Karpfen gefangen worden. Die Göltzsch ist dort bis zur Einmündung in die Elster seit etwa fünfzehn Jahren des ihr sonst eigen ge wesenen Fischreichthums gänzlich bar. Es überraschte um so mehr das neuerliche Auftauchen feister Karpfen, und man kann sich deren Erscheinen nur als eine Folge des obenerwähnten Naturereignisses erklären. Aus der Lößnitz wird geschrieben: Das Beste der in Aus sicht stehenden Ernte in diesem Jahre bleibt unser Wein; so günstige Weinaussichten Ende Juni sind den erfahrensten Winzern unbekannt. Der Wem ist in diesem Jahre vom Frost gänzlch verschont geblieben, die Weinblüthe ging schnell, ruhig und cut vorüber, die Beere entwickelte sich gleichmäßig, ruhig und - gut, ohne viel vom Ungeziefer leiden zu müssen. Die Trauben sind jetzt groß, voll und dicht bebeert, der An hang aber ein so bedeutender, daß einzelne Stöcke hundert und mehr Trauben auszuweißen haben. Geht alles glücklich ab und das ist zu hoffen, da der Wein anderen Jahren reich lich um vier Wochen voraus ist, so erhalten wir sowohl der Menge, als auch der Güte nach eine noch niemals dagewesenc Ernte. Aus Lommatzsch wird dem „L. T." geschrieben: Die Ge- sindcnoth bereitet bekanntlich gegenwärtig der Landwirthschaft die drückendste Verlegenheit. In welchem Maße sich dieselbe gesteigert hat, ergiebt sich deutlich aus der Thatsache, daß bereits jetzt, wo noch nicht das erste Halbjahr abgeschlossen ist, die Dienstherrschaften besorgt sein müssen, das Gesinde für das kommende Jahr sich zu sichern, während früher als Zeitpunkt für das Dingen des neuen Gesindes Michaelis üblich war. Dabei steigen die Lohnforderungen oder richtiger Lohnanerbiet ungen Jahr für Jahr, namentlich für Mägde, die mit 17 Jahren schon 156 Mark und mehr bei freiem Unterhalt und kleineren außerordentlichen Geschenken verdienen. Der Gcsindemangel übt übrigens auch eine beklngenswerthe entsittlichende Wirkung aus, insofern als die Herrschaften sich gezwungen sehen, gegen über unsittlichem Verkehre des Gesindes weitgehende Nachsicht zu üben, wenn sie sich nicht der Gefahr aussetzen wollen, in Zeiten dringendster Arbeit die nöthigen Hilfskräfte zu verlieren. Angesichts dieses Mangels an Arbeitskräften finden die Klage rufe schlechtbezahlter Näherinnen rc., welche in großen Städten ein kümmerliches Dasein fristen, in den Kreisen der Landwirthe wenig Anklang. In Langenleuba-Niederhai» wurden am Sonnabend im Sande des trecken gelegten Flußbettes der Wyhra abermals mehrere Ein- und Fünf-Markstücke, sowie ein Thaler gefunden. Wie das Geld dahingekommen und von wem es herrührt, wir- wohl unermittelt bleiben. Ehe wir unseren gestrigen Bericht über die Meißner Con- ferenz fortsetzen, sei ein untergelaufener Fehler berichtigt: Statt Geistesentwickelung unter 1. mußte es heißen: Geisteserweckung. — Die sich an den Gottesdienst anschließende Versammlung im „Gasthaus zur Goldenen Sonne" wurde eingeleitet durch Gesang und das Gebet des Herrn Vorsitzenden Professor 0. Fricke. Hierauf gedachte Letzterer der Veränderungen, welch: seit der letzten, vor 2 Jahren ausnahmsweise in Zwickau ab gehaltenen Conferenz eingetreten, des Heimganges unseres Hel denkaisers Wilhelm 1. als des ersten protestantischen Kaisers der Weltgeschichte, des bald darauf erfolgten Todes seines er lauchten Sohnes Friedrich III. und unter Dank gegen Gott der Thronbesteigung unseres jetzigen thatkräftigen Kaisers Wil helm II. als einen entschiedenen evangelischen Christen. Im Rückblick auf daS jüngst gefeierte 800,ähr. Regierungsjubiläum unseres Fürstenhauses erinnerte der Herr Vorsitzende an die größte welthistorische That der Wettiner, die Einführung und Beschützung der Reformation, und pries als eine Ehre unseres evangelischen Landes, daß wir trotz des confessioncllen Unter schiedes mit einer Liebe an unserem theuren Königshaus: häng n, wie sie wärmer nicht gedacht werden könne; wie cS andererseits eine Ehre unseres Fürstenhauses sei, daß es in Gerechtigkeit, Milde und Freundlichkeit auf beide Bekenntnisse schaue, so daß wir mit Dank von unsrem Sachsenlande sprechen dürfen: Wohl dem Lande, deß König edel ist. In höchst ehrenden Worten gedachte sodann der Herr Vorsitzende der im Laufe der beiden verflossenen Jahre Heimgegangenen Mitglieder der Meißner Conferenz, der Herren Prof. v. Schmidt, Prof. 0. Lechler, Pros. I). Baur, sämmtlich aus Leipzig, und l). Klemm, Haupt pastors in Zwickau. Die Versammlung ehrte das Andenken dieser hochverdienten Männer durch Erheben von den Platz n. Als neu eingetretene Mitglieder der Conferenz wurden begrüßt die Herren Superintendent Dr. Kohlschütter, Amtshauptma in v. Kirbach, Superintendent 0. Pank, Pastor v. Hartung aus Leipzig, Superintendent 0. Meyer aus Zwickau, Hauptpsarrer Schmeißer aus Zittau, OberregierungSrath Roscher auL Dres den und Schulrarh Hempel aus Leipzig, das hohe Landescon- sistorium war vertreten durch Herrn Oberconsistorialrath l). Franz. Nach Erledigung der Formalia hielt Herr Superinten dent I). Meyer seinen Vortrag über „Unsere Stellung zu Rom ". Ausgehend von der Thatsache, daß der Geist der Augsburger Protestanten vom Jahre 1530 noch heute unter uns lebendig und jugendfrisch sei, gab der Herr Referent eine ausführliche geschichtliche Begründung seines Themas, zeichnete die scharf.» Gegensätze zwischen Romanismu« und Protestantismus, a.s deren schroffsten er den Abfall des KatholiciSmus vom biblischen Christenthum hinstcllte. Den uns von Rom aufgedrungcn n Kampf haben wir im Interesse des ursprünglichen Chrlsten- thums wie der Kulturaufgabe unseres Volkes aufzunkhmtn, nach innen durch Ueberwindung der kirchlichen Gleichgiltigke c, vor Allem der Gebildeten, und kirchliche Gewinnung der Massen, nach außen durch wachsame Abwehr aller römischen Hebelgriffe, durch die politische Presse, deren Recht und Pflicht es ist, auf merksamer als bisher der kirchlichen Gefahr zu folgen, durch mmer regere Pflege des Gustav-Adolf-Vereins und durch An- chluß an den evangelischen Bund. — Zu der durch Verlesung von Ephes. 4, 1 bis 6 eingeleiteten Abendversammlunq war als Vertreter des hohen LandeSconfistoriums Herr Obercon- istorialrath vr. Ackermann erschienen. Nachdem der Herr Vor- itzende auf den Zweck dieser Versammlung, die Ansichten über >en evangelischen Bund zu klären, hingewiesen, hielt Herr Pastor vr. Wetzel aus Bischofswerda seinen Vortrag über den Evan gelischen Bund. Die Nothwendigkeit auch des evangelischen Sundes neben anderen christlichen Vereinen, in Sonderheit seine Nothwendigkeit auch in Sachsen, sei begründet durch den Sieg der römisch-katholischen Kirche im Kulturkämpfe, durch die Stellung des paritätisch-constitutionellen Staates zu den evan gelischen Landeskirchen, durch die übcrhandnehmende, sich bis >uf die Sterbebetten erstreckende Propaganda der römischen kirche. Ein Segen des gegenwärtig noch kleinen evangelischen Bundes sei bereits darin zu erkennen, daß sich die Glieder des- elben der Gaben der Reformation am Gegensätze mehr und nehr dankbar bewußt werden, daß die evangelische Bruderliebe durch Kenmnißnahme von derBcdrängniß evangelischer Glaubens genossen mächtig geweckt und die Theilnah^e an den Werken der inneren Mission wesentlich geordert wetdc. Auf die im