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3216 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 61. 14. März 1911. Weltpostverein. — Aus dem soeben erschienenen Bericht des Weltpostvereins-Bureaus in Bern für das Jahr 1910 ent nimmt die Vossische Zeitung, daß der Weltpostverein Ende 1910 ein Gebiet von 116 398 683 ykni mit 1227 804 357 Ein wohnern umfaßt. China steht dem Verein noch fern. Das Weltpostbureau in Bern hat im verflossenen Jahr für 13 Post verwaltungen den gegenseitigen Abrechnungsdienst im Gesamtbetrag von über 92 Millionen Francs besorgt, den Postverwaltungen 1 064 700 Antwortscheine zu 28 Centimes (gegen 253 100 im Jahre 1909) geliefert und die Abrechnung über den internationalen Briesposttransit besorgt. Die Abonnentenzahl der vom Welt postbureau in deutscher, französischer und englischer Sprache herausgegebenen Zeitschrift »1.'Union postals« ist auf 2080 an gewachsen. Die Kosten des Weltpostbureaus für Besoldungen, Lokalmiete, Drückkosten usw. belaufen sich für 1910 auf 121000 Frcs. gegen 115000 Frcs. im Jahre 1909 Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Ungarn haben je 4050 Frcs. davon ge tragen. Die Beitragsquote der Schweiz beträgt 2340 Frcs. (Nach: Vossische Zeitung.) Roßtr^likerkunslens o§ ^visernes Historie ak L. Lebsiblsr, LoAtr^IrKsr. — So lautet der Titel eines soeben im Verlage von W. C. Fabritius L Sönners in Christiania in norwegischer, auch Dänisch-Norwegisch genannter Sprache erschie nenen Werkes, einer Geschichte der Buchdruckerkunst und der Zeitungen, aus dessen textlichen Inhalt prüfend einzugehen ich leider aus Mangel an hinreichender Kenntnis seiner Sprache nicht vermag, dessen Ausstattung aber eine so vorzügliche und eigenartige ist, daß sie wohl zur Nachahmung empfohlen werden darf. Verfasser des Werkes ist der technische Direktor der rühmlich bekannten Fabritiusschen graphischen Kunstanstalt in Christiania, Herr H. Scheibler, ein Mann deutscher Herkunft, der aber schon fünf andere namhafte graphische technische Bücher in norwegischer Sprache verfaßt und herausgegeben hat. Sein neuestes, etwa 300 Seiten starkes Werk hat Kleinfolio format, ist auf prächtiges Velinpapier mit Schriften von Genzsch L Heyse in Hamburg und Farben von Chr. Hostmann in Celle unter Leitung des Verfassers in der Druckerei der Firma Fabritius gedruckt, und gereicht dieser wie dem Schöpfer des Werkes zu besonderer Ehre. Die dekorative Ausstattung, die man »Buchschmuck« zu nennen hier voll berechtigt ist, hat den Faktor der Druckerei, Herrn Carl Jansson, zum Urheber, einen Mann, der, wie seine Arbeit zeigt, technische Meisterschaft mit feinem Geschmack vereinigt und der namentlich mit der Anwendung zarter Farben feine und überraschende Wirkungen zu erzielen vermag. Das Werk ist außerordentlich reich illustriert, da in der Geschichte der Zeitungen zahlreiche Kopfseiten derselben fak- similiert wiedergegeben sind; doch bilden diese, vom technisch, typographischen Gesichtspunkte aus betrachtet, so gut sie auch sind, doch nicht dessen Glanzpunkt — die verkleinerte Reproduktion einer Seite der 42zeiligen Gutenbergbibel in Gold und Farben, sowie die einer handschriftlichen in der Domkirche zu Drontheim gefundenen Bibel vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts, und noch eine An- zahl ausgezeichneter Faksimiledrücke von Inkunabeln ver dienen vollste Anerkennung, stehen aber doch nicht ohne Beispiel da —, als Glanzpunkt der durch das Werk repräsentierten gra phischen Leistung möchte ich vielmehr die Kopfleisten der Kapitel, die Anfangsinitialen, die lebenden Kolumnentitel und die Fußleisten der Seiten bezeichnen. Aber auch der Haupttitel verdient besondere Anerkennung. In einem grauen Vordruck ist der Raum der Titelworte ausgespart, diese sind in Karminrot in den geschaffenen Raum so eingedruckt, daß noch eine zarte weiße Linie die Buch staben umgibt; die übrigen Worte des Titels aber er- scheinen schwarz auf dem grauen Vordruck, der in der Mitte, etwas nach unten gerückt, noch eine weiße schildförmige Aussparung trägt, flankiert von den drei Schilden der Kunst, und gefüllt von dem in Gold gedruckten, die Druckerballen haltenden Greif, — das ganze Blatt macht einen feinen, ruhigen und eleganten Eindruck. Die Kapitel-Kopfleisten und Initialen sind in der Haupt- sache aus Linien gesetzt und von tadelloser Präzision im Satz; erstere enthalten als Mittelstück meist eine graphische Vignette, der rote Initialbuchstabe ist auch hier von einer feinen weißen Linie umschlossen, die Farben der Leisten und der Träger der Initialen sind durchaus zart und licht in den Tönen gehalten und machen einen höchst gefälligen, wohltuenden Eindruck. An genehm wirkt es auch, daß den Kopfleisten der nachfolgende Text nicht sozusagen angeklebt ist, wie es die Weisheit der heutigen Buchkünstler will in sklavischer und lächerlicher Imitation alter Drucke, die doch wahrlich nicht alle von vollendeten Meistern stammen; ein entsprechender weißer Raum trennt sie von der Textschrift und das beängstigende Gefühl der Enge, das unschönes Zusammenquetschen stets erregt, wird uns erspart. Die lebenden Kolumnentitel und die Seitenunterschläge sind eine weitere eigenartige Schönheit der Ausstattung des Scheiblerschen Buches. Sie bilden aus mehreren Abteilungen bestehende, etwa zwei Cicero starke über die ganze Satzbreite gehende Kästchen aus stumpffeinen Linien, in welche die lebenden Kolumnentitel und die Seitenzahl rot hineingedruckt sind, wäh rend die Füllung der Kästchen in matten Farben erfolgt ist und durch diskreteste Anwendung von Gold gehoben wird. Gold dient auch zur Belebung der Kopfleisten und Jnitialenträger, erscheint aber auch da meist nur in zarten, fein abgegrenzten Linien. In der Ausstattung des ganzen Werkes herrscht eine be wundernswerte vornehme und künstlerische Harmonie, deren zarte Schönheit wohltuend auf unser Empfinden wirkt und zu Nachschöpfungen ähnlichen Buchschmucks einladet; hierfür aber darf das Scheiblersche Werk, auf dessen Inhalt näher einzugehen mir, wie schon bemerkt, leider nicht möglich ist, trotz seiner in Deutschland wenig bekannten Sprache allen feinsinnigen Buch- Händlern und Buchdruckern angelegentlichst empfohlen werden. Die Buchdruckerkunst von Christiania darf stolz ssin auf dieses Buch. Theod. Goebel. Schreibweise der Familiennamen. — Vielfach wird an genommen, daß auch Familiennamen den Regeln der Recht schreibung unterliegen, wie sie für die Schule und den amtlichen Verkehr erlassen sind. Diese Ansicht hat die Billigung des Kammergerichts in Berlin nicht gefunden. Das Kammer gericht hat vielmehr zwei Vorentscheidungen abgeändert und zu gunsten eines Mannes entschieden, der beantragt hatte, daß seine Heiratsurkunde berichtigt und sein Name nicht mit ö, sondern mit oe geschrieben werde. Das Kammergericht führte unter anderem aus, daß für die Schreibweise von Familiennamen die Regeln der für Schulen und Behörden geltenden Rechtschreibung nicht in Frage kommen. Bei der Schreibweise von Familiennamen spiele die Familientradition eine große Rolle. Die Schreibweise eines Personennamens sei für den Nachweis, daß eine Person einer bestimmten Familie angehöre, häufig von erheblicher Bedeutung. Familiennamen werden hauptsächlich zu dem Zweck geführt, Personen von einander unterscheiden zu können. Die Unter scheidungsmöglichkeit von Personen werde aber ohne Zweifel auch dadurch erheblich begünstigt, daß die Namen verschiedenartig ge schrieben werden. (»Düsseldorfer Neueste Nachrichten.«) Wissenschaftliche Veröffentlichungen des Prinzen Johann Georg von Sachsen. — Seine Kgl. Hoheit Prinz Johann Georg von Sachsen hat mit der Veröffentlichung der wissenschaftlichen Ergebnisse seiner jüngsten Orientreise begonnen, und zwar mit verschiedenen Mitteilungen über das Katharinenkloster auf dem Berge Sinai. In der »Internationalen Wochenschrift für Wissen schaft und Technik« erschien ein Aufsatz, der sich über die Ver fassung, gegenwärtige Lage und Geschichte des Klosters verbreitet, das teilweise in seinen Baulichkeiten noch bis in die Zeit des Kaisers Justinian zurückreicht. An der Spitze des Basilianerordens, der das Kloster innehat, steht zurzeit ein Erzbischof, der in Leipzig studierte. Der Prinz konnte feststellen, daß er zwei Semester lang gleichzeitig mit ihm bei dem berühmten Physiologen Wundt gehört habe. In der »Zeitschrift für christliche Kunst« hat der Prinz nun begonnen, die Kunstschätze des Klosters zu be- sprechen. So besprach er. schon in Nr. 9 des vorigen Jahres zwei spätbyzantinische Kirchenmodelle, eins in Gold und Email aus der Zeit um 1000 und eins, das der spanischen oder portugiesischen Kunst um 1500 verwandt ist. Nr. 10 der Zeitschrift bringt die Besprechung eines interessanten Gemäldes mit der Darstellung, des thronenden Christus aus dem siebzehnten Jahrhundert»