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für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige Herausgegeben von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^8. Freitags, den 2ü. Januar 1838. Das neue Gesetz gegen Nachdruck. Der Unterzeichnete kann der Freude, womit dasselbe von der süddeutschen Buchhändlcrzeitung mit den Worten Mit ihm beginnt für den Buchhandel Deutschlands eine neue Aera, da dem literarischen Eigcnthnm der lang ent behrte Schutz nun zugcsichert wird, empfangen wird, so wenig beistimmen, als dem Berliner Organ, welches in seine vielen Neujahrswünsche auch den einschließt: Wir wünschen, daß, da nunmehr der Nachdruck in Deutschland verpönt ist, u. s. w. denn er kann dieses Gesetz, dafcrn es wirklich in Kraft tre ten sollte, weder für ein frohes Ereigniß für den literari schen Ncchtszustand, noch für einen Schutz desselben haben, vielmehr hat er seinen Augen nicht getraut, als er las: daß das Recht des Urhebers oder dessen, der das Eigenthum erworben hat, mindestens auf zehn Jahre geschützt werden solle*), und er wurde ungewiß, ob das Gesetz zum Schu c des Ei-, genthums oder des Nachdrucksangewendet werden könne. Bisher hat man nach mehrern Gesetzgebungen, z. B. der Sächsischen, Preußischen w., aber auch schon nach Usance und stillschweigend für Recht angenommen, daß ein Ver lagsrecht einer Zeitbeschränkung, oder nur einer gewissen Dauer von Jahren, gar nicht unterliege. Verschiedene Ge setze einzelner Staaten (z. B. von Baden) blieben im prak tischen Buchhandel ohne Anwendung und Berücksichtigung, sondern jeder Abdruck eines rechtmäßig erworbenen Verlags-! Werkes galt für unerlaubten Nachdruck. *) Es ist dabei nicht erörtert, ob von Erscheinung neuer Auflagen datirt. 5r Jahrgang. diese Schutzfrist auch Der erste Paragraph in einem jeden richtig entworfenen Vcrlagscontract lautet in der Regel also: Der Verfasser llll. überläßt von diesem Werke dem Ver leger All. das alleinige Verlagsrecht für die erste und alle folgenden Auflagen. Was bedarf cs weiter zur Begründung wohlerworbe ner Rechte für sich und seine Nachkommenschaft, als dieser bündigen Worte? Kan» überhaupt eine Gesetzgebung factisch bestehende Verträge annulliren, oder treten Eigenkhumsge- setze nur dann subsidiarisch ein, wo solche Pcivat-Pacta nicht bestehen? In der Regel hat jeder Staatsbürger das Recht, wohl erworbene Gerechtsame als Vermögensthcile auf seine Erben übergehen zu lasten. Warum aber sollen Verleger dersel ben verlustig sein, und warum sollen die positiven Erbrechte der Vcrlegcrfamilien, die oft von so großer Wichtigkeit,, ja nicht selten ihre eignen Stützen, ihre alleinigen Subsi stenzmittel sind, zu Gunsten, der Nachdrucker aufgeopfcrt werden. Für welchen allgemeinen Staatsgewinn würde man in diesem Falle die Rechte Einzelner vernichten? Der Staat hält sich berufen, die Fcudal-Gerechtsame der Rittergutsbesitzer zu schützen. Zinsen, Fcohnden, Lehen und andere Reallasien werden entweder in voller Kraft erhalten, oder müssen von den Lehcnspflichtigen, wie billig, zum vollen Werthe abgelöst werden, auch selbst dann, wenn ihre Rechtmäfiigkeit nur durch Erb - oder Kausacqui- sition, keineswcges aber im wohlbegründeten Ursprung nach- gewiescn wird. Schon der Genuß einer solchen Real-Ge rechtsame nach einer längecn Reihe von Jahren sanctionirt ihren gültigen Besitz. 12