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(Erscheint jeden Wochentag adends für den folgenden Tag und lostet vnnteljävrlich dnich die Expedition und durch die Träger Mk. I.ÜS, durch die Post M. I.so frei ins Haus. Geschäfts-Anzeiger für Inserate nehmen die Expedition bis Bormittag II Uhr, sowie die Austräger, desgleichen alle AnnonceN'Expeditionen zu Originalpreisen entgegen. HMem-ßMU AtckM, MMrlnM ArM, ßtmM, ÄM Lliiigtübkri!, Falkk», Rtiüsöülf, RDkBlirs, Liibch, ürssrung, Bttnsösrf, Ntilhtnba^ Ärschhtiin, Wschnlipptl, Pttkugrun) rt. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Ltadtraths zu Hohenstein. M. 209. Sonnabend, den 10. September 1887. 37. Jahrgang. »M l Witterunqs-AnssiÄt a«f Sonnavcnd, den lO. September: Heiteres, trockenes und etwas wärmeres Wetter mit Morüennebel bei mätzigem, wechselnden Wind. Nachts kühl. Jahrmarkts-Diebstähle. Für den bevorstehenden Jahrmarkt richten wir im Interesse der Sicherhcitspflcgc an Jedermann hiermit das dringende Ersuchen, jeden Diebstahl sofort bei uns zur Anzeige zu bringen. Hohenstein, am 0. September 1887. Der S t a d t r a t h. Pfotenhauer. Eergrsgeschichte. Hohenstein, l). September. Deutsches Reich. Berlin, 7. Sept. Die englische Colonial-Conferenz hat endlich ihre Beschlüsse in zwei Blanbüchernvcrvffentlicht,wclchemitcinem Handschreiben des Coloninlministers den Colonialregierungen zuge sandt worden sind. Ueber den Inhalt dieser Be schlüsse können wir, soweit dieselben Deutschland intcressiren, auf Grund des „Llmmdis of Oommeres öournol" Folgendes mitthcilcu: Der Anschluß der Colonien an den Weltpostverein wurde./^gelehnt; da gegen soll mit Frankreich und wegen Er- uiäßignng der Posttarife in Unt^handlnngca getreten werden. Die Regelung der Veryaltnipe aus Samoa, wo Deutschland ganz besonders interessirt ist, soll Deutschland, England und Amerika allein in die Hand nehmen. Weiter sollen die Colonien das Recht er halten, mit auswärtigen Staaten ebenso, wie Canada bereits jetzt schon dazu berechtigt ist, rechtsgültige Handelsverträge ohne Befragen des Mutterlandes ab- zuschließeu. Gegen die fortgesetzte Deportation fran zösischer Strafgefangenen nach Neu-Cäledonien wie überhaupt nach den Pncifie-Jnscln wurde ein überaus energischer Protest beschlossen, der der Staatsregierung zur Berücksichtigung dringend empfohlen wurde. Leider wurde der Antrag, nehmen der Castern Telcgraph- Company, die jetzt das Monopol Hut und sich in Folge dessen cincs hohen Tarifs erfreuen kann, noch eine andere Gesellschaft staatlich zu unterstützen, wo durch Coneurrcnz und damit die vom Handel längst gewünschte Ermäßigung der Tarifsätze allein hätte hcrbeigesührt werden können, nicht angenommen. Berlin, 8. September. Die Hebridensragc, welche zwischen England Frankreich nun schon seit geraumer Zeit schwebt, ist noch nicht gelost, so wt auch eine Bei legung derselben schon angekündigt worden ist. Eine frühere Verabredung ging dahin, daß weder der eine noch der andere Staat jene Inselgruppe in Besitz nehmen sollte. Man befürchtete nämlich in England und noch mehr in den australischen Colonien, die Franzosen möchten die Inseln zu dem Zwecke, Straf- colonien, wie in Nen-Caledonien, Numca u. a., aus ihnen anzulegen. In der That war das auch und ist es wahrscheinlich noch jetzt die Absicht der Fran zosen. Jene Verabredung wurde durch Frankreich ge brochen , indem vor ungefähr einem halben Jahre plötzlich französische Kriegsschiffe bei den Hebriden landeten und eine Besatzung ausschifften, angeblich nm Eingeborene zu bestrafen, die sich an dort wohnenden Franzosen thätlich vergriffen haben sollten. Diese Besatzung ist nun aber zum Schutze der Franzosen daselbst verblieben, trotz aller englischen Beschwerden, welche auf Andrängcn der australischen Colonien von London aus in Paris erhoben wurden. Mit Recht sehen die Anglo-Anstralier jene Besetzung als die Vor stufe der Besitzergreifung oder Untcrschutzstcllung der ganzen Inselgruppe durch Frankreich an und somit als einen Bruch der bestehenden Verabredung. England zögerte aber von Anfang an, das zu thun, was allein seinen Beschwerden Nachdruck verliehen haben würde, nämlich auch seinerseits eine oder mehrere der Hebri den militärisch zu besetzen oder wenigstens ein Kriegs schiff dorthin abzusenden. So sind die Hebriden jetzt thatsüchlich bereits unter französischer Oberherrschaft. Wenn heute das „Journ. des Dcb." in einem offen bar halbamtlichen Artikel bemerkt, Flourens habe sich geweigert, den schon unter Freycinet mit England betreffs der Hebriden abgeschlossenen Vertrag zu unter zeichnen, bevor eine Verständigung über die Neutrali tät des Suezcanals erzielt morden sei, so sieht man hieraus deutlich, wie Frankreich die Schwäche der englischen Diplomatie und die eigen? Rolle des glück lichen Besitzers ansznnutzen versteht. Die Verhand lungen über den Suezcanal, bei denen eine inter nationale Commission mit im Werke ist, dürsten noch recht lange schweben, und ehe sie durch Abfassung eines Vertrages, der allseitige Billigung gefunden, völlig beendet sein werden, hat Frankreich so aus reichende Gelegenheit, sich auf den Hebriden nach eigenem Ermessen sestznsetzen, daß die Unterzeichneten irgend eines Actenstückes hierüber alsdann nur die Bedeutung einer formalen Nebensache haben dürfte. Berlin, 8. September. Der großen Katholiken- vcrsammlung in Trier ist der socialpolitische Congreß in Lüttich gefolgt, der wegen der starken Bethciligung leutscher Katholiken an den Verhandlungen eine be pudere Bedeutung erlangt. Die Nachrichten über den Verlaus derselben treffen nur spärlich ein, aber was an Meldungen vorlicgt, läßt große praktische Ergeb nisse der Berathunqen nicht erwarten. Ls wirdjkaum anders sein, denn im vorigen Jahre. Man hält eine Menge schöner Reden, aber wenn cs dann gilt die Theorie in die Praxis umzusetzen, schrickt man ängst lich zurück, bis daun Arbciterunruhen die akademischen Erörterungen über die Verbesserungen der Lage der Arbeiter "wieder in Fluß bringen. Das ist Social- wlitik im Musterstaatc des Katholicismus, die beste Probe aus die Richtigkeit der Behauptung, daß die Förderung der Sache" des Katholicismus einen Damm gegen die sociale Gefahr aufrichten heiße. Auf der diesjährigenVcrsammlung soll dcrRechtsanwaltCollinet der Präsident der Union genorale, von der Erfolg losigkeit nichtkatholischer sncinlpolitischer Bestrebungen gesprochen haben und das ist selbst der Krcuzzcitung ^u viel. Sie meint wenn Herr Collinet von nicht- atholischen Staaten gesprochen habe, so sei eine solche Behauptung etwas stark im Munde eines Belgiers angesichts der Thatsache, daß das katholische Belgien mit ultramontancm Ministerium und der entsprechenden parlamentarischen Majorität erst langsam sich an geschickt habe, aus dem Gebiete socialer Reformen nichtkatholischen Staaten zu solgcn. Wenn derselbe abcr von der socialen Thätigkeit der Privaten und Vereine gesprochen habe, so zeige das nicht minder von Ucbcrhclmng und Selbstgerechtigkeit bei der notorischen Gleichgültigkeit, welche die belgische Ge- scllschast bis vor Kurzem der socialen Frage gegen ¬ über an den Tag gelegt. Diese Zurechtweisung ist vollkommen zutreffend. Aber man kann verstehen, Ivie solche Anschauungen auskvmmcn können. Bereits auf der vorigen Versammlung in Lüttich wurde von einem Redner die Anbahnung socialer Reformen in Deutschland, die Kranken- und Unfallversicherung im Wesentlichen auf die Initiative der Ccntrumspartei znrückgeführt. Und aus den Katholikenversamm lungen in Deutschland wird Jahr aus Jahr ein versichert, daß nur der Katholicismus die sociale Gefahr bannen könne und daß die Centrumspartei vor Allem sorgsam darüber wache, daß die social- politische Gesetzgebung nicht in Stillstand gerathe. Wie kann man sich da groß über Anschauungen äußern, wie sic jetzt in Lüttich Herr Collinet gethan haben soll. Es verlohnt sich nicht, auf eine Wider legung dieser und ähnlicher Behauptungen cinzugehen. Die Thatsachen haben bereits gesprochen, freilich nicht zu Gunsten der Socialpolitik des Ultramontanismus. Man kann vielmehr sicher sein, überall, wo derselbe das Scepter führt, auch aus bedeutende sociale Ver hältnisse zu stoßen. Daß man gewillt ist, dem Ausdrucke französischer Sympathien, die sich besonders gern in dem Singen der Marseillaise breit machen, mit aller Strenge cut- gcgcnzutreten, beweisen wieder drei Fälle, die am 5. d. M. vor der Ferienstcafkammer in Metz abgeurtheilt wurden. Der erste Fall betraf vier junge Leute, welche von Frankreich nach St. Marie aux Chenes zum Patronatsfeste gekommen waren »nd ohne zu wissen — vorgeblich wenigstens — daß das Singen der Marseillaise in Elsaß-Lolhringen als aufrührerischer Act betrachtet wird, ihre französisch-patriotischen Ge fühle nicht zu zügeln verstanden. Trotz großer Reue, ober in Anbetracht derselben kamen sie mit nur einem Monat Gesüngniß und 20 Mk. Geldstrafe davon. Dieselbe Strafe erhielten zwei andere Individuen für Absingung der sogenannten „.Vlarssillaiso clv la eouitillo" wobei entschieden wurde, daß schon die Melodie der Marseillaise als ausrührcrischer Ruf zu betrachten ist. Im dritten Falle, der ebenfalls mit einem Monat Gefängnis; und 20 Mk. Geldstrafe be legt wurde, hatten die Betreffenden in einer Wirth- lchaft die Marseillaise «»gestimmt, ihr Singen aber auf die Aufforderung der Wirthin hin sofort eingestellt. Das Strafmaß wird in allen drei Fällen als ein durch mildernde Umstände bedingtes geringes betrachtet. Kissingen, 8. September. Fürst Bismarck ist heute Nachmittag 2 Uhr nach Berlin abgereist. München, 7. September. Zn einer großartigen Ovation seitens der Münchener gestaltete sich sowohl die gestern Abend ersolgte Ankunft der kronprinzlichen Herrschaften wie auch die heutige Weiterreise derselben. Schon lange vor der festgesetzten Ankunstsstunde hatte ich ein nach Tausenden zählendes Publikum in und wr dem Centralbahnhofe cingesnndcn. Man sah cs demselben auf dem ersten Blick an, daß cs nicht Neu- gierdc war, was es hcrtrieb, sondern daß cs dem Zuge des Herzens folgend gekommen war, um dem