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MciMmr Tageblatt. jeden Wochentag abends sür den folgenden nehmen die Exp^diüon bis «ormtuag II Tag und «ostet vierteljährlich durch di- ' V Uhr, sowie die Austräger, desgleichen alle Expedition und durch die Träger Mk. l.2b, Annoncen-Expeditionen zu Originalpreiscn durch die Post M. 1.50 frei ins Haus. entgegen. HchBck-Wtljsl, NttliiiiijLitz, Wtci-AkckiiWttz, GcrÄkI, Hemsisrf, LuW, Laiigcnbtrg, Falkf», Ncinstiors, Wüstkilbrünii, kslbch, KirOtrg, Ursprung, Btrnßüors, Wchtübach, WOim, Kiihschnapptl, .Hutitngrund rr. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtraths zu Hohenstein. Nr. 198. Sonntag, den 28. August 1887. 37. Jahrgang. Witterungs-Aussicht auf Sonntag, den 28. August: Heiteres, trockenes und warmes Wetter vei mässigem Südwinde. Künftige Mittwoch, den 3l. Angnst, vormittags 8 Uhr kommen im amtsgerichtlichen Auctionslocale verschiedene Gegenstände, worunter ein Sopha, ein Nähtisch und 2 Taschenuhren zur Versteigerung. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal. Kurth. Auktion. Im Auftrage des Königlichen Amtsgerichts Hohenstein-Er. versteigere ich nächsten Montag, de» 29. 'August, von vormittags 9 Uhr ab in dem Hecker scheu Hanse, Br.-Cat. 147 sür Oberlungwitz, die zum Nachlasse der verstorbenen verehcl. gew. Hecker gehörigen Mobilien. Oberlungwitz, den 25. August 1887. Neubauer, Ortsrichter. Sächli schrs Hohenstein, den 27. August. Ein sogen. „Shmpnthiedoctor", richtiger Beutcl- schneider, seines Zeichens Schuhmacher, aus Ernstthal gebürtig, der bereits früher wegen seiner unlauteren „Geschäfte" sich vor dem Strafrichter zu verantworten hatte, wurde am 24. d. M. vom Zwickauer Landgericht, nachdem er neuerdings in der Hartensteiuer Gegend wieder mehrere Personen durch die Vorspiegelung, er sei Scharfrichterssohn und könne mit seinen „geheimen Kräften" Rheumatismus und verschiedene andere Krank heiten heilen, um verschiedene Beträge erleichtert, wegen Betrugs im Rückfalle zu der empfindlichen Strafe von 2 Jahren 6 Monaten Zuchthaus vcruriheilt. Wenn nur endlich einmal auch die „Dummen" die immer und immer wieder auf solchen Schwindel hineinfnllen, „alle" würden! Gestern Nachmittag, als der Zug in die Nähe eines Bahnüberganges bei Lichtenstein einbog, befand sich ein Schulmädchen mit dem Kinderwagen aus dem Gleise. Das Mädchen konnte jedoch nicht schnell genug sich entfernen — und ein schreckliches Unglück konnte eintrcten. Durch Zurufen einiger Augenzeugen gelang es deni Zugführer knapp vor dem Kinderwagen den Zug zum Stehen zu bringen, so daß der erstere sogar gestreift wurde, und die Bcthciligtcn kamen glücklich nur mit dem Schrecken davon. Aus Chemnitz wird geschrieben: Wer über den jetzigen Geschäftsgang im Maschinenhalle ein Buch schreiben wollte, der fände heute mehr als zu einer andern Zeit ausreichendes Material. In keinem anderen Industriezweige machen sich so viele und tief- greisende Widersprüche jetzt geltend, als im Maschinen- baue. Die Untcruchmungslust ist in der Industrie auch gegenwärtig noch nicht gering und in Folge dessen haben die Maschinenfabriken immer reichliche Beschäftigung. Trotzdem geht das Geschäft aber immer weiter zurück, da durch die Concurrenz die Verkaufspreise soweit herabgcdrückt werden, daß an eine» Verdienst in vielen Fällen gar nicht zu denken ist. Namentlich gilt dies vom Locomotivenbaue. Hier sind die Preise derartig gesunken, daß von einem Ge winne gar nicht, sondern nur von Verlust die Rede sein kann, mit welchem die Fabrikanten arbeiten. Die Privalindustrie liefert den Staats- und Privatbahnen jetzt Maschinen, bei denen sie bedeutende Summen zusctzen muß, nur um den Betrieb zu erhalten und die Arbeiter zu beschäftigen. Soweit der Maschinenbau im Uebrigen in Frage kommt, hat sich neben den niedrigen Verkaufspreise» auch noch ein alle Grenzen des Gebührlichen überschreitendes Krcditgcbcn eingestellt, so daß die Befürchtung nicht ungerechtfertigt ist, daß sich aus dieser Geschäftshandhabung früher oder später eine bedenkliche Krisis entwickeln wird, denn der Kredit wird heut zu Tage in solchem Umfange gewährt, daß die Käufer der Maschinen dieselben erst mit dem durch die Maschinenarbeit erzielten Gewinne bezahlen. Die gesammte Maschilienindustrie hat aber außerdem unter den Zollverhältnissen des Auslandes, namentlich unter denen Oesterreichs und Rußlands schwer zu leiden und ganz besonders wird cs empfunden, daß die genannten Staaten deutschen Fabrikaten keine Aufträge für den dortigen Bahnbedarf erthcilcn. Es ist dies um so mehr zu bedauern, als unsere hochentwickelte Maschiuen- industrie trotz Zoll, Fracht u. s. w. noch recht wohl coucurrenzfähig ist, sie muß aber zurllckwcichen vor den Sonderintercssen, welche die auswärtigen Regierungen zu Gunsten der Industrie ihrer Länder beherrschen. Bei der in der Zeit von 13. bis 21. August c. in Dresden stattgefundeucn Internationalen Bäckerei- und Conditorci-Äusstellung wurde die Firma Richard Selbmann, Dresden, Eschenstr., Dampf-Choeoladen- u. Zuckerwaaren-Fabrik abermals mit der silberne» Me daille bclieheii. Die Firma hat ihre Fabrikate i» hervorragender Weise ausgestellt, große Auswahl Bonbonieren, alle nur denkbaren Bonbons-, Charamell-, Chocoladen-Fondants, entölte Cacacs und Cacao- masscn, sowie eine großartige reichhaltige Auswahl von Christbaum-Confecteu, welche iu eleganten Cartons dem Publikum schaulich vor Augen geführt wurden. Als besondere Spccialität verdient das von der Firma cingeführte Russ. Brod Erw ähnung, es ist dies ein seines Thcegebäck in Buchstaben und Zahlenform von feinem lieblichen Geschmack und großer Leichtigkeit, von welchem ca. 2<)0 Stück auf ein Pfund gehen, daher Wiederverkäufen! ein sehr gangbarer Verkaufs- artikcl. Zu haben ist dasselbe fast in allen Städten Deutschlands in den besseren Conditorcien und Colo- nial-Handluugen. Als Neuheit präsentirte die Firma bei ihrer großartige» Ausstellung alle seinen Caramells in Glasdosen mit den neuesten Patentverschluß, in welchem sich die schönen durchsichtigen Bonbons sehr brillant ausuehmeii als Kirschen, Erdbeeren, Stachel beeren, Himbeeren, Ananas, Cachou-Bonbons, Honig malz, Hustc-Nicht, Mvhreuzuckcr, Quodlibet, brillant Aniszucker, Gerstenzucker, Bienenzucker, Fruchtstangen, Geldbriesträgcr mit Reichsbanknotcn, Pfennig-Figuren mit Pfeffermünzgeschmack, sehr groß aussehcud, Pfennig- Trngant-Trompctc!!, 200 Stück auf 1 V, Dresdner Zuckerstroh, Chocoladcn-Uhren, Chocoladen-Würstchen, Figuren ü la Cirkus Renz, Kaiser-Praliuös, Crvm- Chocoladc in verschiedenen Arten, Waldmeister-Zucker, Schaum-Gemüse, Schau»! - Uhren, Musik-Täubch-m, Essenkehrer aus Chocolade, Kamerun-Neger aus fein ten! Zucker, Zuckerkreisel, Zuckcrhüte w. Besonders :rwähuenswerth ist Sclbmmm's entöltes Cacao-Pulver, ehr leicht verdaulich und gesund, von vielen Aerzten wsoaders empfohlen. Vergangene Nacht ging nach 28stündiger Dauer eine zweitägige Hauptverhandlung vor dem königlichen Landgericht zu Dresden zu Ende, die thatsächlich alle bisher hier verhandelten Strafsälle auf demselben Ge- >iete in den Schatten stellt. Der traurige Held dieses Zrozesscs vereinigt in sich alle Schlechtigkeiten, die rsorderlich sind, eine gewisse Bolksklassc in sittlicher und moralischer Beziehung zu vergiften, ihr die Ach tung vor Gesetz und Recht zu rauben und der ver- hängnißvolleRichterspruch wird überall, wo der „Staats anwalt von Uebigau" eine Rolle spielte, mit Freude begrüßt werden. Vor 15 Jahren noch war der 40 Jahre alte Angeklagte, Gotthelf Moritz Oettrich, in seiner Vaterstadt Radeburg mir unter dem Namen „Mause-Octtrich" bekannt und seitdem ist er fortgesetzt mit dein Gericht als Dieb, Brandstifter und Betrüger in Collision gewesen. Dies hinderte jedoch den ver worfenen und vollständig verlogenen Menschen nicht, in Abrede zu stellen, daß er schon mehrere schwere Vorstrafen verbüßt hat und ebenso bequemte sich der verschmitzte Verbrecher nicht, der Wahrheit die Ehre zu geben, wenn er, abgesehen von dem erdrückenden Beweismaterial, ans seine eigene Unterschrift und selbsterstatteten Aussagen verwiesen wurde. Seit dem Jahre 1881 terrorisirtc Oettrich in seiner Eigenschaft als geriebener Winkeladvokat förmlich die Bewohner des Dorfes Uebigau und Umgegend; er war gefürchtet fast von Jedermann und vergeblich erwiesen sich alle Schritte der Behörden, dem gemeingefährlichen Bur schen das Handwerk zu legen, bis sich endlich der no torische Bösewicht in der eigenen Schlinge fing. Am 13. Juli v. I. stahl sein 10jähriger Sohn einer Mit schülerin das Schulgeld von 45 Psemügcn und ob wohl dem jugendlichen Diebe seitens seiner Lehrer kein Haar gekrümmt war, stellte Oettrich gegen die Lehrer Brückner und Grosche dennoch Strafantrag wegen Körperverletzung. Alle Beschwerdeinstanzen be- chritt der Angeklagte, um seinen Plan, die Lehrer be traft zu wissen, durchzusühren, allein umsonst, und mchdem er dann selbst wegen Beleidigung der beiden Pädagogen bestraft worden mar, kannte seine Rach- ucht keine Grenzen mehr. Auf s Neue denunzirte iDettrich die Lehrer wegen Körperverletzung, nachdem er inzwischen eine Anzahl Individuen dahin bearbeitet hatte, vor Gericht auszusagen nnd cvent. zu beschwören, laß sie sich von der aus fingerdicken Schwielen be- tchendcn Mißhandlung seines Sohnes überzeugt Hütten md bez. Zeuge gewesen seien, wie der Lehrer Grosche ihn, den Angeklagten, sür die übermäßige Züchtigung um Verzeihung gebeten habe. Ja, es sanden sich auch zwei Subjecte, die sich bereit erklärten, zu beschwören, daß der als Zenge in dem gegen Oettrich anhängig gewesenen Prozeß vereidete Schulvorstand Klotzsche zugestandcn habe, falsch geschworen zu habe». Glück licherweise kam keiner der „gekauften" Zeugen dazu, eidlich abgehört zu werden und dieselben gingen daher trasfrci aus, während der Urheber des teuflischen Planes wegen falscher Anschuldigung und Verleitung zum Meineid in fünf Fällen zu der exemplarischen Strafe von 7 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrenrcchtsverlust verurtheilt wurde. Die Idee eines Elster-Elbekanals, die früher von manchen Leuten belächelt wurde, scheint nun doch immer mehr Anklang zu finden. Neuerdings sprach sich Herr Rcgierungsrath Morgenstern in seiner soeben