Volltext Seite (XML)
Seite 62 „Der Gartenfreund". Str. 4 Wie sind Baumwunden zu behandeln? Die Vernarbung größerer Wunden dauert oft Jahre, aber die Sorgfalt lohnt sich, man hat nachher seine rechte Freude an tadellos Verhüten, Heilen und was damit zu sammenhängt. Die häufigsten Verwundungen entstehen ge wöhnlich bei Aestungen der Obstbäume. Werden diese unsachgemäß durchgefiihrt, so ist das Ein reißen beim Absinken des Astes häufig, was man durch Ansägen von überwallten Stellen und die Bäume selbst werden es einem zu Dank wissen. Ing. Walter Dirmoser. Der Frühjahrsschnitt des Wein- stockes. unten unbedingt verhindern sollte. Ebenso sind große Wunden möglichst zu verhüten, denn diese brauchen ungleich länger zum Vernarben als kleine. Unsere Aufgabe ist es dann, den Ueberwallungsvorgang so gut als möglich zu fördern. Wie geschieht das nun? Wir wissen, daß z. B. Quetsch- oder Prellwunden besonders schwer heilen, wenn Borke und Rinde aus der Wunde verbleiben, ohne sich loszulösen. Ein scharf ausge schnittener Wundrand ist also vor allem nötig! Daher ist das erste, die Wunde reinlich ausschneiden und alles angekrän kelte Holz entfernen, sonst kön nen Schleimfluß oder Krebs die Folge sein, wodurch die Bäume nicht allein sehr leiden, sondern sogar mitunter absterben. Offene Wunden sind aber auch neuen Infektionen durch Pilze und andere kleinste Lebewesen aus gesetzt. Wir verschmieren daher mit Lehm, Baumwachs oder S einkohlenteer, welcher na mentlich im Winter gut in das Holz eindringt. Nach dem näch sten Frühjahre sehen wir dann nach, ob die Ueberwallung überall kräftig begonnen hat, besonders von den Seiten aus, nicht so sehr von oben oder unten. Bei Wunden in der Weinstöcke am Spalier werden im Früh jahr mit Vorteil nach dem sog. „Ersatzschnitt" geschnitten, d. h. so, daß sich an ein und dem selben Stocke im Frühjahr so viele einjährige Reben zur Auswahl befinden, daß wir einen Teil von ihnen als Tragreben (das sind Neben, welche einjährige Ruten mit Frucht ansatz erzeugen) einen anderen Teil zur Er zeugung von Ersatzreben für das nächste Jahr verwenden können. Wir schneiden zu diesem Zwecke jene Reben, welche „Trag ruten" . mit Blüten heroorbringen sollen, länger, d. h. wir belassen ihnen mindestens 5 und höchstens 8 Knoten (je nach ihrer Fig. 5. Nach dem Ersatzschnitt geschnittener Weinstock. Längsrichtung werden wir fast immer rasche Vernarbung haben, hingegen sind Querwunden hartnäckig, da heißt es, etlichemale nachschmieren, viel leicht sogar auch nachschneiden und vor allem Geduld haben. Bei der Möglichkeit mehrmaliger Verwundung an derselben Stelle (zum Beispiel neben Wegen durch Wagenräder) werden wir bei wertvollen Bäumen zweckgemäß noch überdies einen Verband aus Bast sowie einen Schutzgürtel aus Seilen, Strohseilen oder Wachstuch an bringen. Tritt trotzdem stellenweise Schleim fluß oder Krebs ein, so ist abermals gründlich auszuschneiden und neuerlich zu behandeln. Stärke), jene dagegen, welche die Ersatzrutcn für das nächste Frühjahr liefern sollen, schneiden wir kurz, auf „Zapfen", d. h. auf 2 — 3 Knoten. Zu Tragreben werden die obersten Reben geschnitien, zu Zapfen die tiefer entspringenden. Jeder Zapfen soll eme Tragrebe und eine oder zwei Ersatzreben für das nächste Jahr liefern. Die vorjäbri- gen Tragreben werden entweder ganz weg geschnitten oder auf eine kräftige, noch nicht abgetragene Seitenrute zurückgesetzt, die als Tragrute geschnitten wird, so daß fick die Form von Jahr zu Jahr nur wenig vergrößert.