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Seite 268 „Der Gartenfreund". Nr. 17 Bei Blutspeien, Blutharnen und Schwindsucht wird der mit Honig ver süßte Wallwurzabsud getrunken. Die Schwarz wurz läßt sich leicht übertragen und gewiß findet sich in jedem Gärtchen eine kleine Ecke, wo man sie anpflanzen kann. In alten Bauerngärten fehlt sie nie und dauert hier Jahrzehnte lang aus. Ein dem Beinwell verwandtes Gewächs derselben Familie ist das Gurkenkraut oder der Boretsch, LorraZo otticinalw, das aus dem Mittelmeergebiet (wahrschein lich aus Kleinasien) stammt, einen gurken artigen Geruch und Geschmack hat und in vielen Gärien als Gewürzpflanze angebaut wird. Dieses einjährige Kraut hat einen auf rechten Stengel, der wie die eiförmigen Blätter rauh behaart ist. Die Blüten find himmelblau, bisweilen weißlich oder rot. Der Boretsch galt früher als blutreinigend, hirn- und herzstärkend, giftwidrig, wurde auch gegen Augenentzündung, Insektenstiche und Leberleiden gebraucht. Aehnliche Verwendung fand die Ochsen zunge (^nckusa oiticinalw), die außerdem zum Färben von Salben, Oelen und Schön heitsmitteln diente. Schutz den Wespen! Wir veröffentlichen hiemit diesen in teressanten, das aktuelle Thema „Scha den und Nutzen der Wespen" behandeln den Aufsatz und glauben dadurch in die ses bisher wenig behandelte Gebiet etwas Licht zu bringen. Vielleicht werden noch andere Ansichten laut. In dem Aufsatze „Jin Kampfe mit den Wespen" in Nr. 12 des Gartenfreundes läßt der Verfasser auf die schlimmsten Räuber, die Wespen, Feuer und Schwefel im reinsten Sinne des Wortes herabregnen, ohne zu überlegen, welch ungeheurer Schaden durch seine angepriesenen Vernichtungsrezepte im Haushalte der Natur angerichtet wird. Wer die Wespen bei ihren angeblichen Raubzügen nur Halbwegs beobachtet hat, wird sich bald zu einer gegenteiligen Ansicht bekeh'en müssen. Wie der vernünftige Gärt ner die Kröten, die er irgendwo findet, ja selbst in manchen Gegenden sogar kauft, in seinem Gemüsegarten zur Vertilgung von Schnecken und Raupen aussetzt, so sollte er jedes Wespennest, das eram Gebälke des Dachbodens oder in Erdlöchern des Feld raines oder Waldes aufstöbert, an einem vom Wetter geschützten Orte seines Gartens anbringen. Zufällig war bei mir eines Jah res in der Gartenmauer ein Wespennest und ich hatte Gelegenheit, die Tierchen genau ans ihren Ausflügen zu beobachten. So wurde ich auf ihren Nutzen aufmerksam. Sind die jungen Krautpflanzen noch nicht zum Kopfe geschlossen, so fliegen sie duich die obere Öeffnung und durchsuchen die Blattwinkel nach den dicken Raupen der Kohleule, die sie mit Mühe herauszerren, um sie an einem geeigneten Platze zu ver zehren. Besonders Heuer bei dem massenhaf ten Auftreten des.Kohlweißlings ist der Nut zen der Wespen unschätzbar. Trotzdem Hun derte von den weißen Schmetterlingen ihre gelben Eierhäufchen an der Unterseite der Kohlblätter ablegen, finde ich in meinem Garten nur selten eine Raupe daran. Sämt liche Eier und ihre ausgekrochenen jungen Räupchen werden von den Wespen, die suchend von Pflanze und von Blatt zu Blatt fliegen, mit Wohlbehagen zwischen ihren Freßzangen aufgeschrotet. Ohne Wespe gäbe es wahrlich wenig Kohl, denn die Schlupf wespen in ihrer geringen Zahl sind allein nicht imstande, die vielen Raupen zu ver nichten. Vor einigen Jahren zu der Nonneninva sion gönnte ich mir im Walde öfters, wäh rend der Pilzjagd auf einem gefällten Baum stamme ruhend, das Vergnügen, diese sum menden Tierchen zu beobachten. In einer Spirale den Baumstamm von unten nach oben umkreisend, damit ja den Augen nichts entgehe, manchmal in einem Rindenriß ver schwindend, durchsuchten sie jedes Rinden- sleckchen nach den Eiern und Raupen des gefährlichen Waldzerstörers und, was fast unglaublich ist, selbst die am Boden flattern den Nonnenfalter überfielen die kleinen Räu ber und verzehrten sie teilweise, wie ich eini- gemale zu sehen Gelegenheit hatte. Den Wespen danken wir somit zum größ ten Teile die Ueberwindung der Nonnen gefahr. Selbstverständlich fallen ihnen auch andere Waldschädlinge, wie Kiefern-, Schwamm- und Prozessionsspinner, Borken käfer und andere zur willkommenen Beute. Man stelle sich im Geiste vor, wie viel schäd liche Insektenbrut durch das massenhafte Auftreten der Wespen im Herbste in unseren Wäldern, wo es in den Baumkronen nur so munter summt, vertilgt wird. Wie sähe der Wald nach Ueberwinterung all dieser Schädlinge im nächsten Jahre aus? Unsere gefiederten Sänger würden ihrer kaum Herr werden können. Getrost kann man die kühne Behauptung aufstellen: „Ohne Wespen kein Wald! Die Wespen gehören zur Erhaltung des Haushaltes in der Natur."