Volltext Seite (XML)
Seite 138 „Der Gartenfreund" Nr. 9 zur Sbstbaumblüte. Bon Josef So bisch ek. In den günstiger gelegenen Gebieten Mittel europas ist jetzt das alljährlich wiederkehrende Fest, das die kultivierte Natur begeht — die Obstbaumblüte — im vollen Gange. Die Birnen prunken wieder in ihrem weißen Brautkleid und das zarte Rosa der Apfel blüte erzählt mitten im städtischen Alltag von Fig. 2. Diese Blüte ist auf Fremdbestäubung angewiesen, da die Narben über die Staub gefäße hinausragen. Ein häufiger Fall. Werten, die nicht nach bla oder 8 gemessen werden. Aber gerade für den rechnenden Gar tenbesitzer ist diese Zeit von größerer Be deutung, als oberflächliche Beobachtung an nehmen möchte. Sie ist eigentlich der erste Akt der Obsternte. Spielen sich die Borgänge, welche mit der Befruchtung der Blüten zu sammenhängen, ungestört und durch einsich tige Maßnahmen des Gärtners gefördert, ab, so müssen später schon sehr einschneidende Einflüsse anstreten, um eine gute Obsternte zu verhindern. Kann der Mensch den Gang der Befruch tung der Obstblüte beeinflußen? Bis zu einem gewissen Grade zweifellos. Zunächst ist es jedoch notwendig, daß er sich mit der Eigenart des Baues der Obstbaumblüten eingehend vertraut macht und dann seine Schlüsse zieht. Wir wollen hier über die ein gehende Aufzählung der einzelnen Blllten- teile hinwegsehen und uns nur mit den wesentlichen Organen beschäftigen. An der Befruchtung sind beteiligt: 1. Die Staubgefäße als männliche Fortpflanzungsorgane, welche den Dlüten- staub erzeugen. Sie bestehen aus den Staub fäden, den Staubbeuteln und dem Blüten- staub (Pollen). 2. Der Stempel als weibliches Fort pflanzungsorgan. Er besteht aus der Narbe (den Narben) dem Griffel und dem Frucht knoten mit den Samenanlagen. Wenn die männlichen und weiblichen Fort pflanzungsorgane in einer Blüte vereinigt sind, so nennt man sie Zwitterblüte. Das ist bei Ap^el, Birne, Pflaume, Kirsche der Fall, nicht aber z. B. bei der Walnuß oder Haselnuß, wo es getrennte weibliche und männliche Blüten gibt. Die Blüte dient der Entwicklung des S a- mens, was durch die Uebertragung des reifen Pollens auf die vollentwickel- ten Narben bewerkstelligt wird. Ein auf die Narbe gelangtes Pollenkorn keimt dort ähnlich wie ein Same in der Erde und treibt einen Schlauch durch den Griffel bis ins Innere des Fruchtknotens, mit den Samen anlagen verschmelzend. Die Möglichkeit also, daß reifer Pollen derselben Obstact auf vollentwickelte Narben gelange, ist die Grundlage der Befruchtung. Das könnte nun am einfachsten dann ge schehen, wenn Narben und Staubbeutel der selben Blüte zugleich die erforderliche Ent wicklung erlangen würden, und die Blüte sich also mit dem eigenen Bllltenstaub be- Fig. 3. Der Blutenstaub der eigenen Blüte kann leicht auf die Narben gelangen, was jedoch selten vorkommt. fruchten könnte. Aber das ist eben aus guten Gründen nur bei einzelnen Sorten möglich. Bei der Mehrzahl der Sorten stellen sich dem zwei Hindernisse entgegen, u. zw.: 1. Staubbeutel und Narben erlangen ihre Reife nicht gleichzeitig, und 2. Die Narben ragen vielfach weit über die Staubgefäße heraus, so daß sie der reife Pollen, wenn er schon vorhanden wäre, schwer erreichen kann. Beide Hindernisse weisen auf einen Akt der Beihilfe hin: dafür zu sorgen, daß zur