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mir schenken. Gewiß, wer unvernünftig han delt und kein Maß kennt, wird auch hier wie überall, wo ein Zuviel geschieht, den Nutzen sich versagen aus eig'ner Schuld. Den Geist, das Wissen kann man nirgends so bereichern wie durch den innigen Verkehr mit der Natur! Sie ist wie sonst auf mannigfache Art uns auch im Garten eine weise Lehrerin. Der Gärtner lernt das Wachsen und Vergehen alles Lebens an schaulich kennen. Er sieht, wie aus Stoffen, die er Jahr für Jahr dem Boden zusetzt, und durch Sonnenschein, durch Wasser und die Luft der Samen aufgeht, wie es keimt und treibt und blüht und Früchte trägt und sich dann wieder umsetzt in Substanzen, die Nahrung schaffen für neues Leben. Er lernt aus tausend Fällen, daß ein Zuwenig oder ein Zuviel von diesem oder jenem, was die Pflanze braucht, ihr Schaden bringt. Ist's nicht beim Menschen ebenso? Und wenn die Medizin für manche Krankheit heut dem Mangel an gewissen Nahrungs stoffen, die der Körper haben muß, die Schuld gibt, hat der Gärtner das nicht lange schon erkannt für seine Pfleglinge? Wer sich als Gärtner mit dem Wachstum der Natur ver traut gemacht hat, hat zur Erhaltung der Gesundheit seines Körpers reichlich Wissen sich erworben. Der Gärtner lernt auch — und die Kinder lernen's leicht im Garten von dem Vater und sammeln so wertvolle Kenntnis für die Schule — die Pflanzen kennen, ihre Namen, ihre Arten, wie und wann sie blühen, wie die Früchte sind und wie sie nützen. Und wenn er in der Heimat wandert oder ferne Länder sieht, er schaut den Wald, die Gärten, die Wiesen und die Felder mit an deren Augen an als einer, der nur Mode blumen kennt, die er vom Händler kauft. Der Gärtner fühlt sich nirgends fremd, er findet gleich Bekannte und, was ihm neu, das schaut er mit-Interesse an und kann es leicht verstehen. So grüßt die Welt ihn überall als seinen Freund und seiner Seele tut das wohl. Wie ein jeder Mensch, der die Natur zum Freund hat, edel denkt, so wirkt der trauliche Verkehr mit dem, was die Natur dem Gärtner schenkt, veredelnd auf ihn ein. Ist das ein Gartenfreund, der Blumen acht los tritt, ein Pflänzlein grausam aus dem Boden reißt und es verdorren läßt? Und wer im Garten Mitleid kennt, mit jedem Pflänzlein fühlt, wem die Natur als heilig gilt, kann der ein Tier mißhandeln oder dem Edelmut, den er im Garten stets betätigt, dem Menschen gegenüber sich verschließen? So wird im Garten auch des Menschen Seele ständig hingeftthrt zum Schönen und zum Guten. So wird, was mir mein Garten bietet, nicht mir zum Nutzen nur, er führt mich auch empor zu edler Menschlich keit. Der Gärtner zieht nicht Pflanzen nur aus seinem Boden, durch diese läßt die heute so vergessene Natur uns immer wieder Sinn für Schönheit und fürs Gute wachsen. Unkräuter—Heilkräuter. Bon Iulius Parsche. Im Freiland. 30. Der Erdrauch (bumaria oiiicinalis, von lumu8 der Rauch; einzelne Arten haben Blätter, die wie angeraucht erscheinen; man leitet den Namen auch davon ab, daß die Blüten dieser Pflanze, wo sie häufig vor kommt, auf dem Ackerboden einen Anblick gewähren wie ein schmutzigrötlicher Rauch), Acker- oder Feldraute, Krätzheil, Grindkraut, bildet mit ungefähr 7 anderen Arten und den Lerchenspornen die Familie der Erdrauch gewächse (^umariacoae). Der Erdrauch ist ein einjähriges, graugrünes, kahles, weiches Kraut, das in aufrechtstehenden Büscheln von 2 üm Höhe, aber auch in umfangreichen, kletternden Gewirren von 1m Länge wächst. Die einzelnen Zweige größerer Ansammlun gen halten sich gegenseitig und an hohen Stauden, Beifuß, Johanniskraut, Heilkraut, wie an Gesträuchen mit den zerteilten Blatt stielen fest. Die Blättchen sind meist drei lappig, die Einzelläppchen schmal linealisch, bisweilen lanzettlich oder länglichrund, also ziemlich veränderlich. An den Spitzen der Zweige entwickeln sich vom Mai bis Oktober Blütentrauben von weißer, rötlicher, schmutzig roter oder auch bräunlicher Färbung, die am Blütenursprung lichter, am oberen Teile zu nehmend dunkler ist. Die länglichrunden Blumenblätter schließen sich wie eine Röhre aneinander. Der Erdrauch wächst als Un kraut auf Aeckern, wüsten Plätzen, An schüttungen, besonders gern dort, wo aller hand andere hochstengelige Pflanzen wuchern. Auf unseren Feldern ist er schon viel seltener geworden gleich anderen Kräutern. Die Ur sache hievon erblickt man in der sorgfältigen Reinigung des Samengetreides, in der em sigen Jätung und in der Verwendung von Kunstdünger. In weniger gepflegten Saaten tritt er noch häufiger auf. Der Geruch des zer riebenen frischen Krautes ist unangenehm, der Geschmack scharf bittersalzig. Man sammelt im Mai und Juni das ganze Gewächs, später nur die jungen Zweige mit den Blütentrauben.