Volltext Seite (XML)
welche zu dieser Zeit zur Gestaltung eines festen Bundes in unserm deut schen Baterlande gepflogen werden. Heilige Du diese Arbeit und laß sie zum Frieden und Segen unsers deutschen Volkes und seiner Fürsten und zum Preise Deines heiligen Namens gereichen. Sei Du unsers deutschen Vaterlandes starker Schutz und Schirm, und gieb, daß alle christliche Ob rigkeit mit unserm Könige unter Deinem Segen trachte, Dein Reich auf Erden bauen zu helfen und Deines Namens Herrlichkeit zu preisen.' Berlin, 28. Febr. Der Reichstag beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung mit Wahlprüfunzen. Lasker bezeichnete es als gesetzwidrig, daß in Militärwahlbezirken unmittelbare Staatsbeamte Wahlvorstände gewesen seien. Das Haus constatirte, daß bei den betreffenden Wahlen die Mi- litärstimmen keine Entscheidung herbeigeführt haben. — Im Ganzen sind 166 Wahlen für giltig erklärt worden. Der Reichstag ist somit beschluß fähig, und ist für Sonnabend die Präsidentenwahl angesetzt. Berlin, 25. Febr. Es geht das Gerücht, daß der commandirende General v. Bonin in Dresden bald abberufen werden wird. Derselbe soll willens sein, in den Ruhestand zu treten. Wien, 25. Febr. Die .W. A." schreibt: Ein trauriges Ereigniß rief im Laufe des heutigen Vormittags in den weitesten Kreisen die größte Bestürzung hervor. Gestern Nachmittags fand bei Kirlinz zwischen dem Hörer der Rechte Rudolf Karg erbaner, dem Sohne des Hofratheö und Leiters der hiesigen Oberstaatsanwaltschaft, und dein evangel. Theo logen Schotschk einer unbedeutenden Ursache wegen ein Pistolenduell statt, welches für ersteren leider einen tödtlichen Ausgang nahm. Die Ku gel seines Gegners traf ihn mitten in den Kopf und der Tod trat in Folge dessen schon nach wenigen Minuten ein. Den erzählten Einzelheiten nach zu schließen, soll Karzerbauer als der Geforderte den ersten Schuß ge habt, die Pistole jedoch versazt haben. — Der Theologe Schorschk befin det sich bereits in Haft. — Die Negierung des Kaiserreiches von Brasilien bedarf seit einiger Zeit vieler Beamtete, namentlich werden Telegraphisten dort sehr gesucht, weil in diesem unermeßlichen Lande sofort Strecken von Telegraphenliuien in der Entfernung von 5—600 Meilen angelegt werden. Bereits haben sich einige Dresdner dazu gemeldet und nimmt, wie wir hören, der hie sige k. brasilianische Gesandte (Christianstraße) Anmeldung entgegen. Korfu, 24. Febr. (W. T. B.) Am 13. und 14. d. M. haben im Westen der Insel Kan via Gefechte stattgefunden. 8000 Türken, welche aus Heraklion ausmarschirt waren, wurden bei Gerakari mit einem Verlust von 2 Kanonen und 5 Standarten zurückgeschlagen. Aus Kanea nachgeschickte Verstärkungen waren nicht im Stande, die Provinz Selino wiederznnehmen. Auf einem andern Theile der Insel schlugen am 11. und 12. d. M. 2500 Insurgenten ein türkisches Corps. Die Känipfenden halten seitdem beiderseits ihre Positionen inne. Es wird von neuen Gräuelthaten berichtet, welche die Türken gegen christliche Einwohner verübt habe» sollen. Die kandiotische Nationalversammlung verharrt in der Forderung, daß die Insel dem Königreiche Griechenland einverleibt werde. Petersburg, 23. Febr. (W. A.) Der Eisenbahnzuz, welcher am 20. Februar zwischen Koslow unv Riasan verkehrte, entgleiste und wurde umgeworfen. Man zählt zehn Todte unv 30 Verwundete. Die Ur sache des Unglücks ist noch nicht constatirt und wird entweder der allzu großen Fahrschnelligkeit oder einem Achsenbruche zuzeschrieben. Eine Mesalliance. Erzählunz von Friedrich Gerstäcker. (Fortsetzung.) „Armer Eduard," sagte die junge Fran und schmiegte sich fester an ihn — „oh, wie leid mir das Deinetwegen thut." „Aber ich denke, Benner," sagte der kleine Kaufmann, in reiner Ver zweiflung, nur irgend einen Trost zu finden, „Sie — Sie haben mit Ihrem Herrn Papa nicht immer ganz harmonirt?" .Es war mein Vater," flüsterte der junge Mann, „und ich selber trage auch wohl viel — viel die Schuld jener unseligen Zwistigkeiten." Er war auf einen Stuhl nieverzesunken und barg das Antlitz eine Weile in der linken Hand. Endlich stand er auf; er sah sehr blaß aus, war aber vollkommen ruhig, und Becher die Hand hinnberreichend, sazte er freundlich: „Ich danke Ihnen, lieber Becher, daß Sie sich soviel Mühe meinet halben gegeben haben — lassen Sie mich jetzt einen Augenblick allein hinausgehen — eS sind viele Dinge, die mir den Kopf kreuzen." „Aber, bester Freund, ich komme lieber auf ein ander Mal wieder." „Nein — nein —laß ihn nicht fort, Jettchen —nur sammeln möchte ich mich — der Schlag Eam zu plötzlich — zu unvorbereitet—mein Va ter war noch so rüstig, noch in semen besten Jahren." 7Z — „So war er nicht lange leidend —" „Er ist auf der Jagd erschossen worden." „Du großer, allmächtiger Gott," sazte sein Weib erschüttert, „das ist ja furchtbar." „Ja, die verfluchte Jagd!" rief Becher leidenschaftlich, „was da schon für Unglück geschehen ist! — und das nennen die Leute nun ein Ver gnügen, mit geladenen Büchsen im Walde nach allen Richtungen hin herumzuschießen, ob da Menschen stehen, oder nicht — wenn sie nur ei nen Hasen treffen. Na, ich danke." „Willst Du allein gehen, Eduard?" „Laß mich einen Augenblick, mein Herz — ich muß auch den Brief noch einmal ordentlich überlesen. Es steht soviel, so Verworrenes darin, daß mir der Kopf ordentlich schwindelt —ich bleibe gewiß nicht lange aus." Er verließ das Zimmer, und Becher überlegte sich eben im Stillen, ob er nicht besser gethan, wenn er seinen ersten Consulatspflichten weniger treu nachzekommen wäre und den ominösen Brif mit der Post zugeschickt, oder durch einen expressen Boten besorgt hätte. Er hatte auf einen ver gnügten Tag gerechnet und kam in ein Trauerhaus; es ließ sich aber jetzt nicht mehr ändern. Seine Gutmüthigkeit trieb ihn auch dazu an, die arme, sehr niedergeschlagene Frau zu trösten, und in seinem Eifer, sie zu zerstreuen, erzählte er ihr jetzt eine Unmasse von anderen, dem ähnlichen, ihm bekannten Unglücksfällen. Da hatte ein guter Freund von ihm ein mal einen Schrotschuß in den Unterleib bekommen und nur noch lange genug gelebt, um seiner herbeigeeilten Frau Lebewohl zu sagen. Auf einem Nachbarvorfe war dem Pfarrer das eigene Gewehr los und der Schuß durch die Hand gegangen, und ehe sie abgenommen werden konnte, bekam der Mann die Maulsperre und starb. — Und der Herr von Pescow gar, der Gutsbesitzer, wo er zu Hause war, der kommt Abends von der Iazd zu seiner Braut, — am nächsten Tage sollte die Hochzeit sein, unv er wollte nur noch einen Rehbock dazu schießen, und wie er die Flinte in die Ecke stellt, geht sie los und trifft ihn gerade durch den Kopf, daß er todt in die Stube fällt. —Und dann Schulmeister Lettweilen, ein seelens guter Mensch, wenn auch ein Bischen leichtsinnig — Henriette ließ ihn nicht weiter erzählen; sie bat ihn, um Gotteswillen mit den Schreckcnszeschichten aufzuhören— ihr würde ganz übel und weh dabei zu Muthe, unv Becher, dem in diesen Augenblicke gar nichts Ande res einfiel, war damit völlig auf's Trockene gesetzt. Aber die Frau hatte jetzt auch viel in der Küche zu thun, um das Essen herzurichten — die Kakadus konnten freilich für heute nicht mehr verwandt werden, denn sie bedurften ihre gehörige Zeit, um gahr zu werden. Becher setzte sich in dessen in dec Stube auf einen bequemen Rohrstnhl, wo er von der Hitze und dem langen, ungewohnten Ritt heut' Morgen in der Sonne bald er müdet einschlief. Henriette fand ihn da, störte ihn aber nicht, sondern deckte nur so ge- ränschlos wie möglich den Tisch, damit Eouard, wenn er wieder nach Hause kam, das Essen fertig und Alles bereit fände. Erst als sie ihn kommen sah, weckte sie Herrn Becher und konnte, trotz ihrer trüben Stim mung, kaum ein Lächeln unterdrücken, als sie das verdutzte Gesicht des klei nen, aus dem Schlaf auffahrenden Mannes sah, der mit weit geöffneten Augen ganz bestürzt um sich starrte und um's Leben nicht zu wissen schien, wo er sich eigentlich befand und was mit ihm vorgezanzen. Erst nach und nach kam er wieder zu vollem Bewußtsein und versicherte jetzt die junge Frau ganz ernsthaft, er sei so müde gewesen, daß er „beinah' eingeschla fen wäre". Benner war still, aber freundlich. Er ging, als er in's Zimmer trat, auf Henrietten zu, nahm sie in den Arm und küßte sie herzlich auf Stirn und Augen; aber er sprach nicht weiter über den Brief oder den Todes fall; ja, al« Henriette ihn direct deshalb fragte, sagte er: „Laß das heute, mein Kind; der Schmerz ist für mich heute noch zu neu, um ihn ruhig zu besprechen. Morgen reden wir darüber; ja Du sollst selber den Brief lesen unv mir Deine Meinung sagen." Ec wurde gesprächiger, ja selbst heiter und unterhielt sich lange mit Becher über die jetzigen australischen Zustände, über das Deportationswesen im Norden, über Mehl- und Woll preise, seibst über die kleinlichen Religionsstreitigkeiten in Tanunda zwischen den Alt-Lutheranern und sogenannten „Weltkindern", d. h- solchen, die der freien, oder auch wohl keiner Gemeinde anzehören. Es war spät, als Becher endlich den Heimritl, aber jetzt in der Kühle des Abends, antrat, und es schien fast, als ob Benner allen wei teren Erörterungen zu Hause noch selber so lange als möglich ans dem Weg gehen wollte, denn er sattelte sein eignes Pferd und begleitete den kleinen Mann fast bis nach Tanunda hinein. Erst als sie die Lichter des Städtchens schon von weitem sehen konnten, wandte er sein Thier und kehrte langsam nach Hause zurück. . (Fortsetzung folgt.)