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298 einen entsprechenden Empfang des Monarchen Sorge zu tragen. — Herr v. Bismarck sprach der ihn begrüßenden Deputation seine Freude über diesen Willkommen noch am späten Abende dankend aus, lehnte aber alles Verdienst der Erfolge und des siegreichen Hervorgehens Preußens aus den schwierigsten Ver hältnissen mit der Hinweisung auf Seine Mas. den König ab, Allerhöchstdessen Festigkeit nnd Energie in schwerer Zeit, als selbst ein großer europäischer Krieg die Zukunft Preußens be drohte, im Vertrauen auf seinen redlichen Willen und die Liebe seines Volkes seinen Dienern es leicht gemacht habe, alle Wirr nisse zum Besten zu führen. — Von Seiten der Regierung ist jetzt mit Anordnung zu den Nachwahlen für die durch Tod oder Mandatsniederlegung er ledigten Plätze des Abgeordnetenhauses vorgegangen worden und zwar ist man zunächst mit den Ersatzwahlen von Wahlmänncrn beschäftigt. Es erhellt daraus, daß die Einberufung des Land tages im Laufe des Herbstes erfolgen wird und von Auflösung des Abgeordnetenhauses Abstand genommen ist. Von der polnischen Grenze, 6. Sept., schreibt man der „Osts. Z.": Aus Dresden, sowie überhaupt aus dem König reich Sachsen, wurden in voriger Woche'sämmtliche polnische Flüchtlinge, die nicht die nöthigen Existenzmittel nachzuweisen vermochten, polizeilich ausgewiesen. Sie erhielten die Weisung, das Königreich Sachsen binnen 5 Tagen zu verlassen. Die nächste Veranlassung zu dieser Maßregel sollen die enormen Schulden gegeben haben, welche die von allen Existenzmitteln entblößten Flüchtlinge bei Gewerbtreibenden contrahirt hatten, nnd Vie sich bei Einzelnen auf 200—500 Thlr. belaufen. Auch die fran zösische Regierung hat neuerdings die Anordnung getroffen, daß von den Grenzbehörden nur diejenigen polnischen Flüchtlinge nach Frankreich eingelassen werden, welche sich über den Besitz der nöthigen Existenzmittel ausweisen. Paris, 8. Sept. Der zum Gouverneur von Algierernannte Marschall Mac Mahon, Herzog von Magenta, wird sich ohne Verzug auf seinen Posten begeben, und es ist nicht unmöglich, daß der Kaiser selbst eine Reise nach Algier macht, um die Sachlage persönlich in Augenschein zu nehmen. — Ans die de finitive Besitzergreifung der occupirten Provinzen von Cochin china hat Frankreich verzichtet; es wird sich mit dem Protekto rate über dieselben begnügen; dafür muß aber Kaiser Tu Duc hundert Millionen zahlen und dem europäischen Handel 3 Häfen öffnen. — Wie man hört, wird der Marscball Forey den gro ßen Manöver» bei Berlin beiwohnen. Auch der Marschall Canrobert hat den Wunsch geäußert, dorthin geschickt zu wer den. — Die Kaiserin ist wirklich-leidend, und die Aerzte hat ten ihr eine Kur in Schwalbach dringend angerathen. Nach Petersburger Nachrichten soll die rnss. Armee ge legentlich einer Reorganisation um 200,000 Mann vermindert werden. Dian würde die Soldaten aus der Activ-Armee in die Reserve treten lassen, sobald ihr militärischer Unterricht vollendet sei. New-Aork, 3. Sept. Die Convention von Chicago har den General Mac Clellan als Candidaten für die Prä- sidenlsckmft nnd Henn Pentleton als Candidaten für die Vi cepräsidentschaft aufgestellt. Die Hauptpunkte des Programms der Convention sind: Wiederherstellung des Friedens auf Basis der Uuion nnd Widerstand gegen Einmischung des Aiilitairs bei den bevorstehenden Wahlen. — Die Conföderirten haben 4 Meilen Weldoner Eisenbahn, nach blutiger Schlacht, zurückerobert. — Kein Land der Erde bietet uns gegenwärtig ein schrecklicheres Drama, als das vielgepriesene Amerika, das langjährige Eldorado enropamüder Freihcitsschwärmer. Seine blutgetränkten Gefilde, seine grausigen Todtenfelder zählen ihre Opfer nicht nach Tau senden, sondern bereits nach Millionen, und noch immer ist nicht abznsehen, wie groß die Zahl derer sein wird, welche die Woge des Todes noch hinwegrasft, ohne daß das Ziel erreicht ist, um welches der Kampf entbrannte. Von jeher war die Sklaverei ein Schandfleck im stolzen Sternenpanier der nordamerikanischen Freistaaten. Der- verwerflichste Eigennutz allein könnte heute nur noch im Staude seiu, ihr das Wort zu reden. Deshalb folgten auch dem Beschluß wegen Aushebung derselben die Shmpathieen aller cultivirten und gebildeten Staaten der Erde, —leider aber anch der Kampf, der seit drei Jahren in nie dagewesener Weise das Land durchwüthet. Wenn wir diesem Kampfe unsere ganze Theilnahme widmen, so ist es zwar hauptsächlich des Princip's der Menschlichkeit wegen, uni das er geführt wird^, aber auch weil Tausende auf Tausende unserer deutschen Brüder hinüber- geströml sind, ein neues Vaterland dort zu finden. Atan hat wohlmemals eine klare Vorstellung von dem Verluste an va terländischem Blute gewonnen, das unser Deutschland hier ohne Entgeld ausgeströint hat. In den Jahren 1848 bis 1862 allein weisen die amerikanischen Kataster eine deutsche Einwanderung von mehr als einer viertel Million nach. — Nicht blos die Stimme des Blut's ist's, die unsere Theil nahme hinübcrruft zu den Hunderttausenden unserer auögewan- derter Brüder, sondern was wir von ihnen vernehmen, lehrt uns, wessen wir Deutsche fähig sind. Ueberall zeigen sich die deut schen Einwanderer an Gesittung und Arbeitskraft den andern Volks- slämmen vielfach überlegen. In dem schweren Kampfe, der jetzt um die Aushebung der Sklaverei geführt wird,'sind es die nach- denlenden und gesinnungsvollen Deutschen, welche sich unerschüt terlich um das Panier der Menschlichkeit schaaren; in den Schlachten sind die deutschen Regimenter voran und die deutschen Heerführer die Zuverlässigsten, ihre Erfolge die hervorragendsten, soweit Scheelsucht nnd Jntrigne ich er Amerikaner es irgend gestatten. Gerade dieser Bürgerkrieg hat nicht bloS die AufmerksamkeitsEu- ropaö gesteigert, er hat schon begonnen, die Gemeinsamkeit der Interessen Europas und der neuen Welt fühlbar zu machen. Welche KrAftfülle entwickelt sich in diesem Bürgerkriege, dessen Schlachtpläne Ränmlichkeiten entspannen, die in ihrer Ausdehnung den Flächenraum Deutschlands überbieten? Wie furchtbar wird man diesen Kamps nennen müssen, wenn sich herauöstellt, daß ein Friede gar nicht möglich ist, ohne unbedingte Unterwerfung der Sclavenstaaten. Zwar bringt der Telegraph die Nachricht, daß der Süden einen Waffenstillstand für Friedensunterhand lungen wünsche, weil er jedenfalls zu.weiteren Kriegsoperalionen sich ziemlich erschöpft fühlt, aber jeder andere Frieden, als Un terwerfung der Sclavenstaaten muß nichtig sein, da sich nach der Gestaltung des Bodens gar kein bestimmter Grenzzug zwischen Nord- und Süd-Staaten ermitteln läßt und weil überdies die Lebensader der Nord - Staaten an ihrer Ausströmung in den Golf von Mexico im Gebiet der Südstaaten liegt und von diesen allaugenblicklich unterbunden werden könnte. Wer aber wollte ein Haus sein eigen nennen, dessen Eingang in fremder Hand liegt?