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gerbundes der sächsischen Oberlausitz sand gestern, begünstigt von freundlichem Sonnenschein, hier statt. Nachdem die auswär tigen und hiesigen Sänger sich gegen 10 Uhr in einer Vollzahl von 350 in dem mit Eichenguirlanden geschmückten Saale des Gasthofes zu den 3 Linden eingefunden hatten, wurde von den Vorständen und Dirigenten Herr Cantor Schaarschmidt zum Tagesdirigenten gewählt, welcher die Versammlung begrüßte und demnächst zur Probe verschritt. Nach derselben sand die Aerath- ung statt, an welcher die Directoren und Vorstände Theil nah men, während die Sänger sich in der Stadt zerstreuten. Der vorgelegte Rechenschaftsbericht ergab, daß zu dem Gauverbande 16 Vereine mit 530 Sängern gehören, zu welchen noch 4 Ver eine gestern ausgenommen wurden, so daß jetzt der Bund nahe an 700 Sänger zählt. Die Versammlung beschloß u. A. den Beitritt zum Allgemeinen Deutschen Sängerbund und wählte als Vorort für das nächste Jahr wiederum Budissin, und als Ort für den nächsten Sängertag Großschönau. Die übrigen Be schlüsse betrafen lediglich innere Angelegenheiten des Bundes, von denen wir hier nur den mittheilen, daß die bisher noch nicht zum Bunde gehörenden Vereine der sächs. Oberlausitz durch die Presse zum Anschluß aufgesordert, und ihnen die statutengemäße Probe erlassen werden soll, sofern ihr Anschluß bis Michaelis d. I. er folgt. Nach der Berathung fand das Mittagsmahl statt, welches ein Theil im Saale des Schießhauses, der andere in dem Saale der drei Linden einnahm. Frohsinn und Gesang waren die Würze des frugalen Mahls. Um 2H Uhr versammelten sich die Vereine zum Festzuge am Theaterplatz. Unter Vorantritt der decken Fahne bewegte sich der Zug, den der hiesige Turnverein eröHwte, dagegen der Seidauer schloß, die in anerlennensweriher Weise auch die Aufsicht auf dem Festplatze übernommen hatten, über die Lauengasse, Fleischmarkt, Markt, Reichengasse, Graben, Wend- ischegasse, Schülergasse nach der Schießbleiche, überall freudig begrüßt von den Zurufen einer großen Menge. Die an der Schieß mauer errichtete Tribüne war festlich geschmückt. Grüne Reiser rahmten das Podium ein, den Hintergrund schmückten die Fah-- nen der am Zuge betheiligten Vereine, in deren Mitte, umgeben von einer deutschen, sächsischen und oberlausitzer Fahne, die Büste Sr. Majestät unseres geliebten Königs Johann prangte. Das Concert begann um Punkt 4 Uhr und wurden sowohl die Mas sen-, als Einzelgesänge mit großem Beifall ausgenommen. In den abgesperrten Räumen bewegten sich über 2000 Menschen, während eine noch größere Zahl den übrigen Raum der Schieß bleiche einnahm. Um 6 Uhr, bald nach Beendigung des Con- certs, zogen diejenigen Vereine, welche nicht schon vorher wegen des allzufrüh abgehenden Zuges nach Zittau hatten Abschied neh men müssen, mit den Turnern durch die Stadt in den Schoffke- schen Garten, wo Gesang und Frohsinn die Sänger noch lange vereinigte, bis auch hier die Auswärtigen sich trennten, um ihren heimathlichen Fluren zuzueilen. Das Fest verlief in schönster Harmonie. Chemnitz, 21. Juni, Mittags 12 Uhr. (Dr. I.) Soeben ist Se. Majestät der König unter Glockengelänte und dem Ju belrufe der Bevölkerung über Freiberg und Siebenlehn hier em- getrosfen. Die Behörden empfingen Se. Majestät im Bahnhofe. Die Stadt und besonders die von Sr. Majestät zu besuchenden Etablissements sind festlich geschmückt. Leipzig, 20. Juni. Aus dem Gerichtsgefängnisse in Oschatz ist in vergangener Nacht ein gefährlicher Verbrecher, NanienS Friedrich Wilhelm Göbel, Müller aus Niederpoiritz, verwegen versuchten Giftmordes zu 17 Jahren Zuchthausstrafe verurtheilt worden war, entsprungen. Reichenbach i. V., 18. Juni. (D. I.) Gestern wurde in der Nähe der hiesigen Scharfrichterei ein grauer herrenloser Hund vom Jäger Pöschke aus Obermylau erschossen, welcher vom Amts- thierarzt Benedict nach vorgenommener Sektion als von der Tollwuth befallen erklärt ward. Dieser Hund hat leider vor seiner Tödtung in Mylau 4 Kinder von 1Z, 5j, 10 und 13 Jahren, und einen jungen Mann, sowie auch den Hund des dor tigen Rathsdieners gebissen. Von den Behörden sind die vor- geschriebencn Vorsichtsmaßregeln angeordnet, der gebissene Hund aber ist sofort getödtet worden. Berlin, 20. Juni. Die „N. P. Z." berichtet: „Sicherem Vernehmen nach haben Herr von Bismarck und Graf Rech berg bereits heute in Karlsbad eine Unterredung gehabt, wohl bezüglich der neuen Wendung der Dinge auf der Londoner Con- ferenz. Der österreichische Minister ist demnach seinem kaiserli chen Herrn von Kissingcn nach Karlsbad vorausgeeilt. Karlsbad, 22. Juni. Der Kaiser von Oesterreich ist über Eger hier eingetroffen. Der König von Preußen, in Be gleitung des Ministerpräsidenten von Bismarck.und des militä rischen Gefolges, machte sofort seinen Besuch, den der Kaiser er widerte. Um 2 Uhr ist Tafel bem König von Preußen. Die „Wiener Ztg." berichtet: H. Oehme und B. Hempel aus Annaberg in Sachsen, welchen bereits im Jahre 1858 die Bewilligung zu den Vorarbeiten für eine Eisenbahn von Anna berg nach Kommotau erlheilt worden ist, sind nun um die Con- cession zum Baue und Betriebe dieser Bahn und gleichzeitig um die Bewilligung zu den technischen Vorarbeiten für die Fortsetz ung der Bahn über Saaz nach Prag einzeschritten. Der Wiener „Presse" wird aus Paris telegraphirt: Der nach Kissing en abzereiste russische Botschafter Baron Budberg überbringt ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers Napoleon an den Kaiser Alexander, worin eine Zusammenkunft der bei den Souveraine angeboten und für diesen Zweck Stuttgart oder Brüssel vorgeschlagen wird. Ueber eine Feuersbrunst in dem Gute Baumgarten (Meck- lenburg) berichtet das „RostockerjWochenblatt" aus Waren: „Ge stern Morgen gegen 2 Uhr brach in einem Stallgebäude auf dem Gute des Grafen Max v. Hahn, Baumgarten, eine Meile von Waren gelegen, Feuer aus', welches in der Zeit von einer halben Stunde zwei vierhischige Kathen nebst den Stallzebäuden verzehrte. Durch die rasende Schnelligkeit, mit welcher die Flam men sich über die trockenen Strohdächer verbreiteten, ist namen loses Unglück entstanden. Eine ganze Familie (Tagelöhner Gott schalk), bestehend aus Mann, Frau und drei Kindern, verbrannte und ist verkohlt aufgefunden. Die Art, wie sie aufgefunden ist, läßt darauf schließen, daß die Aeltern im Begriff waren, die Kin der zu retten. Die Mutter wurde nämlich mit einem Kinde auf dem Arm, der Vater mit einein auf dem Arm und dem an dern an der Hand von dem cinstürzenden Dache verschüttet, und so fanden Alle ein schleuniges Ende. Ein Tagelöhner Ben dix, der Einzige, welcher sein Eigenthum mit 100 Thlr. versi chert haben soll, warf aus dem brennenden Kathen sein schon brennendes Kind hinaus, leider zu kurz und in die Hellen Flam men hinein, so daß das arme Geschöpf unter schrecklichen Schmer zen im Hause des Pächters Dircks bald daraus verschied. All-