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den wurde. Derselbe hatte, wenn er angenommen worden wäre, Oesterreich in einen Krieg verwickelt. Es hatte sich der Mit wirkung nicht enthalten können, wenn der Krieg einmal entbrannt wäre, und doch konnte es auch nicht die Hände in den Schooß legen und sich der Action enthalten; es mußte in eine solche ein treten. Welche Resultate es damit erlangen wolle, könnte die Regierung jetzt noch nicht sagen; es sei in staatlichewAngelegen- heiten wie in einem Civilproccsfe. Das wäre ein schlechter Ad- vocat, der gleich im Beginne sagen würde, welchen Ausgleich er annehmen werde. Es verdiene keinen Tadel, daß Oesterreich mit Preußen gehe (Rufe: mit Bismarck!), er appellire an die ge schichtlichen Erinnerungen. Oesterreich und Preußen seien auf einander angewiesen. l(Rufe: Siehe italienischen Krieg!) Wenn die beiden Mächte mit einander gehen, so wird sich das Ausland hüten, dem deutschen Koloß entgegen zu treten. Die Resolutio nen würden einen doppelten Eindruck im Auslände machen. I" Deutschland werde dadurch die kriegslustige Partei noch mehr aufgestachelt werden, während Dänemark durch dieselben zu hart- näckigcrm Widerstande sich ermuthigt sehen würde. Er sei kein Advocat Dänemarks, aber auch kein Advocat des Prinzen von Augustenburg. Oesterreich wolle, daß nach dem Recht entschie den werde." Wien, 28. Ian. Bei der Verhandlung im Abgeordneten hause über die Zehn-Millionen-Forderung resumirte RegierungS- Eommissar v. Biegeleben die Ausstellungen, welche der Aus schußbericht erhebt, und sprach sich ungefähr folgendermaßen aus: „Einerseits werde der Regierung vorgeworfen, daß sie sich nicht unbedingt der Majorität in L>er Bundesversammlung hinzegeben, andererseits, daß sie nicht den Frieden gewahrt habe. Die Re solution habe das Gesicht einer Sphinx; sie gebe unauflösliche Räthsel auf und mache Miene den zu verschlingen, welcher diese nicht löse. Oesterreich konnte als europäische Bi acht sich unmög lich der Majorität des Bundestags untcrordnen, es hätte dies nur thun können, wenn es entschlossen war, den Beschluß den Großmächten gegenüber zu vertreten, und dies war nicht möglich, vorerst wegen der zweifelhaften 'Rechtsverhältnisse. Von den Sti pulationen der Jahre 1851 und 1852 zwischen Dänemark und den deutschen Mächten sei im Londoner Vertrag keine Rede. Sämmtliche Cognaten und Agnaten leisteten zu Gunsten der ge meinsamen Erbfolge Verzicht; gegen die allerdings nicht formelle aber factische Lerzichtlcistung dcS Herzogs von Augustenburg habe weder dessen damals schon großjähriger Sohn, noch die Stände der Herzogthümer protestirt. Dänemark hat den Vertrag nicht verletzt, sondern nur jene Stipulationen. Man sage nun, da so viele Verträge gebrochen werden, brauche auch dieser nicht ge halten zu werden. Auf diesen Standpunkt könne sich die k. Re gierung aus moralischen und politische« Gründen nicht stellen. Sic sei bereit in eine Prüfung der Rechte des Herzogs von Au gustenburg einzugehen, nur dürfe dieselbe nicht in tnmnltuarischer Weise, nicht mit vorgefaßten Meinungen vorgcnommcn werden. Es sei noch nie ein wichtiger Staatsvertraz geschlossen worden, gegen den sich nicht Proteste erhoben, solche Proteste lösen keine Verpflichtung. Der Londoner Vertrag verstößt nirgends gegen die Bundesacte. Aber auch wenn er aus irgend einem Grunde hinfällig wäre, folge daraus noch nicht, daß der Herzog von Au gustenburg Herzog von Schleswig-Holstein werden müsse, lieber Schleswig besonders divergircndänische,russische, Augustenburg'sche Ansichten, und die Verwicklung der Frage führte eben das euro päische Kompromiß vom Jahre 1852 herbei. Ein Kriegsfall trete nicht ein, so lange Deutschland sich darauf beschränkt, den Her- zogthümern einen rechtlichen verfassungsmäßigen Znstand zu sich ern; die Bedrohung der Integrität Dänemarks bedrohe zugleich das europäische Gleichgewicht und könne einen nordischen Krieg hcrbeiführcn von unabsehbarer Länge. Zwischen den Rufen „Deutschland bis zur Königsau" und „Italien bis zur Adria" liege eine vcrhängnißvolle Verwandtschaft. Die kaiserliche Re gierung habe die Entwickelung dieser Frage nicht sich selbst über lassen können, das würde in ganz Deutschland wie der Selbst- auSschluß Oesterreichs aus Deutschland ausgenommen worden sein. Ohne den gemäßigten Einfluß Oesterreichs und Preußens wäre der Krieg längst entschieden. Am 14. Januar sei schon alles reif gewesen, nm den Beschluß zu fassen, Schleswig zu occopircn und dem Herzog von Augustenburg zu Übergaben, was Konflikte mit anderen europäischen Mächten unvermeidlich gemacht hätte. Was Oesterreich und Preußen gethan haben, beruhe auf einem klaren und bestimmten, von Niemandem als von Dänemark allein bestrittenen Rechte. Oesterreich und Preußen haben den Bund anfgefordert, nachdem die Execution in Holstein vollzogen, nun mehr auch Deutschland wegen Schleswig Recht zu verschaffen; dazu waren Oesterreich und Preußen ganz vorzugsweise berufen und es sei zweifelhaft, ob der Bund für sich allein diesen Be schluß hätte fassen können. Zur Bekräftigung dessen entwickelt Redner den Inhalt der Abmachungen zwischen Oesterreich und Dänemark vom Jahre 1852, welchen zufolge der Bund sich ei nes jeden Rechtes wegen Schleswig begab, welches «Recht aber in den Händen Oesterreichs und Preußens lag, indem diese Mächte verlangten, daß statt der früheren bloS indirekten Beziehungen zwischen Schleswig und Holstein vräcisc direkte Verpachtungen eingegangen wurden. Oesterreich und Preußen können den Bund Theil nehmen lassen an diesen Befugnissen und haben ihn auch einzeladcn, gemeinschaftlich mit ihm vorzugehen. Weit entfernt also, daß Deutschland ein Recht hätte gegen das Vorgehen der Mächte in Schleswig, seien es vielmehr nur diese, welche den Bund ausfordcrn können mit.ihnen im Einklang zu handeln. Redner zeigt, daß dieses Recht Oesterreich auch nicht geringe po litische Vsrtheile biete, und sagt, die Mächte können auch mit dem Bewußtsein handeln, daß sie durch ihre Handlungsweise für die Herzogthümer gut sorgen. Die Tendenz, vie Herzogthümer von Dänemark loSzurcißen, sei jung, aber jegemvärtig vorherr schende Früher sei daö Gegenthcil der Fall gewesen. Redner citirt die Rechtsverwahrung der holstein'schen Stände vom Jahre 1844, in welcher eS heißt: „Wir wissen in diesem Lande nichts von staatSauflöscnden Bewegungen, nichts von Wünschen, die auf Vernichtung der Bande gerichtet wären, welche die Herzogthümer mit dem Königreich vereinen." Es liege nicht in den Wünschen und Bestrebungen Oesterreichs, daß der alte Verband wieder her- gestellt werde. Er berufe sich zu diesem Zwecke auf ein Memo randum, welches die k. Regierung vor zwei Jahren nach Kopen Hagen schickte nnd in welchem man Dänemark sagte, daß es in seinem Interesse liege, die deutschen Unterthanen zusriedcnzustel- len, weßhalb man ihm rathe, die verfassungsmäßige Verbindung der Herzogthümer Herzustellei!. WaS Oesterreich damals that, werde cü jetzt mit mehr Gewicht und Autorität, vielleicht auch mit besserem Erfolge geltend machen können, wenn ihm das öfterr. Parlament und die östcrr. Bayonnetc zur Seit« stehen. Stuttgart, 29. Ian. Nach einem Telegramm des „Wärt.