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im Gelände des ehemaligen Heereszeugamtes in der Kroppentalstraße, auf einer ganz allmählich nach Nordosten zur Saale und Weichau hin abfallenden Fläche (Meß tischblatt 4836, S: 22%, 0: %). Hier wurden bei Ausschachtungsarbeiten mit dem Bagger eine Anzahl Körpergräber eines ausgedehnten Friedhofes der Völkerwande- rungszeit®) zerstört. Beim Abfahren der Erde wurden aus einer Kipplore eine Anzahl Fundstücke geborgen, die vom Bagger gleichzeitig ergriffen sein müssen, also ur sprünglich zusammenlagen. Ihre Tiefe soll etwa 1,25 m betragen haben. Sie wurden an Privatsammler übergeben 6 7 ). Ein menschlicher Schädel mit Holzkohlenspur kam mit der Sammlung Taubert ins Landesmuseum Halle (Kat.-Nr. 38: 24), ein Ton gefäß und eine eiserne Pflugschar befinden sich in der Sammlung Nagel, Naumburg (Tafel 17, 1 und 4). Kleines „Thüringer Drehscheibengefäß“ aus feinem grauen Ton mit schwarzgrauem Überzug. Das Gefäß hat niedrigen Fuß, kalottenförmigen Unterteil und konischen Oberteil, zwischen Schulter und Hals und am Rande hat es einen schwachen Drehwulst. Auf dem Halse trägt es senkrechte Glättstreifen, die Glättstreifen auf der Schulter sind etwas schräg von links oben nach rechts unten geneigt. Höhe 6,6 cm, Durchmesser 12,4 cm (Tafel 17,4.) Eiserne Pflugschar von Sohlenform mit kurzen Schaftlappen und flachem symmetrischen Körper, der keine Schneide erkennen läßt. Länge 26,9 cm, Breite 12,4 cm, Dicke 1,2 cm. (Tafel 17,1). Nach den Fundumständen dürfte es sicher sein, daß die Fundstücke zusammen gehören. Gefäß und Pflugschar sind als Beigaben eines Körpergrabes anzusprechen, zumal jeglicher Hinweis auf Funde anderer Zeiten an der betreffenden Stelle fehlt, vor allem keinerlei Siedlungsfunde vorliegen. Das Grab wird durch das Drehscheiben gefäß recht gut in das 6. Jahrhundert datiert 8 ). Das Auftreten einer Pflugschar in einem Grabe scheint im ersten Augenblick zu überraschen, doch sei darauf hin gewiesen, daß Ackerbaugeräte mehrfach in Gräbern gefunden worden sind, so je eine Pflugschar in den Brandgräbern 5 und 18 von Idria bei Baca (Spätlatenezeit) 9 ), Pflugmesser (Sechs) in völkerwanderungszeitlichen Gräbern von Bel-Air bei Lausanne und Lovatens 10 ). Auch die Pflugschar von Jernau, Kreis Leobschütz (Oberschlesien), stammt vielleicht aus einem Körpergrab des 4. Jahrhunderts, neuerdings ist freilich Nowothnig für Herkunft aus einer Siedlung eingetreten 11 ). Die beiden anderen Pflugscharen (Tafel 17, 2 und 3) stammen aus alten Beständen des Museums Weißenfels. Leider sind ihr Fundort und ihre Fundumstände nicht sicher. Im alten Katalog der prähistorischen Sammlung ist unter Nr. 64 ein „Pflugeisen oder Grabscheit“ eingetragen, das 1876 mit der Fundortangabe Schönburg, Kreis Weißenfels, eingeliefert wurde. Die beiden Stücke sind aber nicht beschriftet, so daß nicht festzustellen ist, welches der beiden Stücke das Schönburger ist oder ob etwa beide dorther stammen, da sonst im Katalog keine weitere Pflugschar verzeichnet ist. Eine Herkunft aus der Umgebung von Weißenfels dürfte aber sicher sein. 6) Es handelt sich um den östlichen der beiden großen Thüringerfriedhöfe im Osten Naumburgs. Die bis 1936 geborgenen Gräber aus beiden Friedhöfen sind zusammengestellt bei K. Ziegel, Die Thüringe der späten Völkerwanderungszeit im Gebiet östlich der Saale, Jahresschrift Halle, 31, 1939, S. 82ff. Die Veröffentlichung weiterer geborgener Gräber ist im Rahmen einer vom Verfasser vorbereiteten Arbeit über die Besiedlungsgeschichte Mitteldeutschlands im 5.—8. Jahrhundert geplant. 7) Vgl. Bericht R. Taubert vom 31. März 1938 im Archiv Landesmuseum Halle. 8) Die Datierung Ziegels, der a. a. 0., S. 31ff. die Thüringer Drehscheibengefäße in die zweite Hälfte des 5. und die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts stellt, ist wohl nicht zu halten. Sichere Funde von gedrehten Schalen mit eingeglätteter Verzierung aus dem 5. Jahrhundert fehlen bisher. 9 ) J. Szombathy, Das Grabfeld zu Idria bei Baca in der Grafschaft Görz. Mitt. der Prähist. Komm, der Kais. Akad. d. W., Bd. 1.5, Wien 1901, S. 322 und 330. Auch in den gleichzeitigen Brandgräbern von Arquä Petrarca bei Este kommt landwirtschaftliches Gerät vor (P. Reinecke, 32. Ber. Röm.-Germ.- Komm. 1942 [1950], S. 144). 10)0. Tschumi, Grab, Haus und Herd in der Urzeit, Germania 14, 1930, S. 121ff. 11) W. Nowothnig, Germanische Ackergeräte in Schlesien, Altschlesien 8, 1939, S. 93ff. mit dem älteren Schrifttum.