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Die blanke Oberfläche war lediglich durch einen leichten Hauch getrübt. Dieser über trug sich beim Durchsehen der Münzen auf die Fingerspitzen und verwandelte sich dort in die Spuren einer dauerhaften dunkelblauen Farbe. Es handelte sich vermut lich um einen Überzug von Chlorsilber, das man ja als Verwitterungsrinde auch auf Münzen des Altertums findet. Jedenfalls möchte man allen Findern und Beobachtern von Brakteatenschätzen für ihre künftigen Funde den gleichen Erhaltungszustand wünschen. Er ist beträchtlich besser als der der meisten Oberlausitzer Groschenfunde trotz deren widerstandsfähigerem Gepräge. Alter: Der Fund gehört zu der Gruppe Oberlausitzer Funde aus der Mitte des 12. Jahr hunderts, wie sie uns von Storcha 1799 (Abbildungen bei Becker, Zweihundert seltene Münzen, letzte Tafel), Rodewitz 1844 (S. A. Neues Lausitzisches Magazin von Köh ler) und einem unveröffentlichten Kleinfund aus Puschwitz von etwa 1912 bekannt sind. Von dieser Gruppe ist der neue Fund von Puschwitz der älteste. Er enthält ausschließlich Münzen Konrads von Wettin, teils aus seiner meißnischen Münz stätte, teils aus der Bautzner. Verwandtschaft: Der Fund weist mit einem Einzelstück (Nr. 1) nach, daß auch, was bisher nicht bekannt war, die meißnische Prägung Konrads von Wettin Fühlung hatte mit den edlen thüringischen und mitteldeutschen Prägungen, die ich als „hohenstaufische Hofkunst“ bezeichnen möchte. Im übrigen prägte Meißen unter Konrad, wie schon bekannt und auch durch den Puschwitzer Fund erneut erhärtet, in einem Stile, der durch die vielen kriegerischen Abzeichen auf den Grenzkampf in der Mark Meißen und erst recht der Oberlausitz hindeutet. Der Fund führt endlich den Nachweis, daß die älteste Oberlausitzer Prägung, deren Erzeugnisse wir offenbar vor uns haben, von Meißen ausging, ohne böhmischen Ein fluß, der bei der Bedeutung der Prager Mark für den ostdeutschen Raum zu erwarten wäre. Wenn schon diese Tatsachen nach den bisherigen Funden anzunehmen waren — denn die böhmischen Herren der Oberlausitz prägten wenige Jahre später in Bautzen ebenfalls nach meißnischem und nicht nach böhmischem Vorbild —, so ist mit dem Puschwitzer Funde, der nicht einen einzigen Böhmen enthält, nun wohl der Beweis erbracht. Nebenher wird damit die Frage nach der Zuteilung des bekannten Oberlausitzer Sobieslav-Brakteaten der Funde von Rodewitz und Storcha gelöst (Fd. Gotha 479), obwohl er unserem Funde gar nicht beilag: Bisher standen die beiden Möglichkeiten offen, er könne ebenso gut von Sobieslav I. (vor 1144) wie von Sobieslav II. (1173-1179) aus der Bautzner Münze stammen. Damit blieb die Möglichkeit offen, daß die Brak- teatenprägung von Böhmen aus in die Oberlausitz hätte eingeführt worden sein können. Da aber im Puschwitzer, dem frühesten aller Oberlausitzer Brakteatenfunde, Prägungen böhmischer Herzöge — und damit natürlich auch der bewußte Sobieslav- Brakteat — fehlen, so kann ohne Gewaltsamkeit angenommen werden, daß er von Sobieslav II. geprägt wurde und daß die erste Oberlausitzer Brakteatenprägung eine meißnische, aber keine böhmische Angelegenheit war. 1 ) Münzfuß: Zum ersten Male ist es möglich gewesen, einen geschlossenen Fund Oberlausitzer Brakteaten, der große Mengen der gleichen Münzen umfaßte, zu wiegen. Es zeigt sich, daß nicht nur die gleichartigen, sondern überhaupt sämtliche in größeren Mengen 1) Siehe aber den neuen Dünnpfennigfund von Kaschwitz, der auch die andere Möglichkeit zuläßt.