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Es sei nicht verschwiegen, daß der in Storcha und Rodewitz vorkommende Brakteat, der nach seiner leicht verderbten Umschrift einem böhmischen Herzog Sobieslav als Landesherrn der Oberlausitz zugesprochen wird, aus stilistischen Gründen bereits dem von 1135—1140 in Bautzen nachweisbaren Sobieslav I. zugewiesen werden könnte. Da er aber gerade in den beiden Funden vorkommt, die jüngere Stücke ent halten, ist wohl auch die Zuweisung an Sobieslav II. 1173—1179 nicht ohne weiteres abzuweisen. Gehörte das Stück dem älteren Sobieslav an, dann hätten wir in ihm das älteste Oberlausitzer Stück vor uns und stünden vor der unlösbaren Frage, wes halb der böhmische Landesherr der Oberlausitz bei der Einführung der Münzprägung in der Oberlausitz nach dem ihm fremden meißnischen Stil und Münzfuß geprägt hätte, statt nach dem seines eigenen Landes in einemAugenblicke, als er noch in der Lage war, durch Wahl von Münzstil und Münzfuß seines eigenen Landes, also durch Prägung von Denaren statt Brakteaten die Oberlausitz in den böhmischen Wirt schaftsbereich ebenso mühelos einzugliedern, wie es wenig später Konrad von Wettin durch Einführung des meißnischen Vorbildes gelang. Geschichte der Funde (Forschungsgeschichte): Bei einer Betrachtung der Fund- und Forschungsgeschichte ergibt sich der Vorteil der sächsischen Denkmalschutzgesetzgebung auch für die Erforschung der mittel alterlichen Münzenfunde. Der jüngste Fund von Puschwitz verdankt seine lückenlose Erfassung für die Forschung einzig der sächsischen Denkmalschutzgesetzgebung, ins besondere dem zweckmäßigen Einschreiten des zuständigen Vertrauensmannes für Bodenaltertümer. So stand zur Veröffentlichung und wissenschaftlichen Fund beschreibung der vollständige Fund selbst zur Verfügung, und der Bearbeiter konnte die Gewißheit haben, daß nichts abgesprengt war und keine nennenswerten Fundteile andernorts auftauchen und dem Funde ein anderes Bild geben könnten. Diese Gewißheit fehlt bei dem Funde von Purschwitz 1912. Denn daß keine weiteren Stücke außer den vier vorliegenden und hier beschriebenen bekannt sind, besagt nichts über den wahren Umfang des Fundes, bei dem ursprünglich nicht einmal der Fundort gewiß war; denn aus den Akten des Stadtmuseums in Bautzen, das diese vier Münzen verwahrt, schien hervorzugehen, daß der Fund von Bautzen, Fleischer gasse 15, stammte. Der Fundort Purschwitz steht aber eindeutig fest durch die zu verlässige Versicherung des Vorbesitzers, der die Münzen kurz vor dem ersten Welt kriege von einem Purschwitzer Einwohner erhielt mit dem Bedeuten, sie seien in Purschwitz gefunden. Der hundert Jahre alte Fund von Rodewitz ist in alle Winde zerstreut, gerade daß man noch von dem lange Zeit verschollenen, nur in einem Stücke bekannten Brak teaten mit dem sitzenden Königspaare beiderseits eines Turmes, der unlängst in einer Meißner Privatsammlung auftauchte, annehmen muß, es könne kein anderes als das Rodewitzer Urstück sein. Alle anderen Arten mußten nach der alten Be schreibung und den Abbildungen erkannt und in Sammlungen aufgefunden werden, ehe es möglich war, durch Zusammenstellung und Abbildung der Gipsabgüsse ein wirklichkeitsgetreues Bild des eigentlichen Fundes zu gewinnen. Zwei von den acht zehn Rodewitzer Stempeln blieben bis jetzt den Nachforschungen entzogen; sie stehen auf der Abbildungstafel nach Zeichnungen, die den Kupferstichen der Fund beschreibung von 1850 nachgebildet sind (Tafel 28). Ungleich größere Schwierigkeiten bot zunächst die Erkennung und dann gar noch die Bildzusammenstellung des Fundes von Storcha. Liegt doch seine Auffindung schon anderthalb Jahrhunderte zurück, und kennen wir ihn nur aus wörtlichen Be schreibungen ohne Abbildungen und ohne daß etwas über den Verbleib der Münzen bekannt wäre. So geistert beispielsweise der Storchaer Brakteat eines Erzbischofs Friedrich von Magdeburg bis heute durch das wissenschaftliche Schrifttum, ohne daß