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X: 121. 23. Mai 1924. Redaktioneller Teil. »SN-niLM s. d. Mich». v»chr»»d-!. 7ZS1 Redaktioneller Teil (Nr. 79.) Die geselligen Deranstaltungen zur KantaLemesse 1824. Zehn lange, schwer« Sorgenjahr« haben die ständigen Besucher der Leipziger Kantatemesse größere festliche Veranstaltungen ent behren müssen. Man verzichtete gern auf geräuschvolle Feiern, denn all« Deutschen bedrängte in den verflossenen zehn Jahren große Kümmernis, und viele drückt« tiefe Trauer um im Felde ge bliebene Angehörige darnieder. Nachdem im November vorigen Jahres das Wunderkind -Die Rentenmark» uns ganz neue Schaf fensverhältnisse gebracht und unser aller Hoffnung aus ein besseres Wirtschaftsleben gestärkt hat, empfand es jeder Buchhändler als ein weiteres gutes Zeichen für di« Besserung unserer Wirtschaftslage, als durch das geschmackvolle grüne Programm des Festausschusses die frohe Kunde kam, daß zu Kantate 1924 wieder die drei Tage Sonnabend, Sonntag und Montag in der traditionellen Weis« durch einen Begrüßungsabend, ein Festmahl und einen hei teren Kantate-Montagabend gefeiert werden sollten. Schon seit Jahrzehnten hatte sich vor dem Kriege die Dreiteilung in den fest lichen Veranstaltungen, die der Börsenverein seinen Mitgliedern, besonders den auswärtigen Gästen, bot, bewährt! es wurde an ihr stets festgehalten, loeil sie den Wünschen der Gäste am besten ent sprach. Läßt man sein« Gedanken zurückschweifen zu früheren Kantatefeierlichkeiten, so tritt uns das Kantatefest von 1914 als das letzte in der früheren Form gefeiert« ln Erinnerung. Das war da mals im Bugrajahr. Di« großartige Weltausstellung des Buchgewerbes war soeben eröffnet worden, als die Buchhändler zu ihrer Kantatefeier nach Leipzig kamen. Das Festmahl am Kantate sonntag spielte sich unter Teilnahme von Leipziger Behörden und Koryphäen der Wissenschaft im vollen Glanze ab. Von vielen Buch händlervereinen, auch vom englischen, gingen Begrützungstele- grammc ein, der unvergessene Otto Petters verstand es vorzüglich, durch eine Kapuziner-Predigt di« Herzen der Berufsgenossen für die Notleidenden unseres Standes zu erweichen, und zum Schluß des in bester Stimmung verlaufenen Mahles strömte alles in di« herr liche Ausstellung der Bugra. Der Kantatemontag, damals »Kama- bugra- oder auch »Bukama-Bugra» genannt, wurde iu der Aus stellung selbst abgehalten. Ein Festspiel von vr. Zeitler -»Die Buch kunst» erfreut« die »Makulaturbrllder», und ein großartiges Feuer, werk und die Beleuchtung des Völkerschlachtdenkmals erhöhten die allgemeine Begeisterung für das großartige Werk des deutschen Buchgewerbes, di« prachtvoll gelungene »Bugra». Und das nächste Jahr?! Kein Begrützungsabend, auch offiziell wurde von Zu- sammenkünften bei Baarmann, in Aeckerleins Keller usw. nichts Ver lautbart. Kein offizielles Festmahl, sondern nur ein zwangloses Mittagessen im Buchhändlerhaus, kein Kantatemontag. Di« nächsten Jahre war das Programm nicht viel anders. In verschiedenen be vorzugten Gaststätten Leipzigs wurden schlicht« gemeinsam« Mittag essen für die Besucher^der Messe angesagt. Erst 1922 wurde wieder das Buchhändlerhaus zur Abhaltung des gemeinsamen Mahles ge wählt, es stellten sich, wenn auch in bescheidenem Matze, wieder die Kantategaben und einige Festschristen für die Teilnehmer ein. Im vorigen Jahre 1923 machte das gemeinschaftliche Mittagessen schon mehr Anspruch, als ein Kantatesestmahl traditioneller Art gewertet zu werden. Und dieses Mal war fast kein Unterschied gegen die früheren Kantatefeierlichkeiten zu bemerken. Das zur Begrüßung stets für Sonnabend abend angesagte g c - sellige Beisammensein in den Sälen des Deutschen Buch- händlerhauses erfüllt eigentlich nur die Aufgabe eines Treffpunktes. Nicht allzulange pflegen di« einzelnen Gruppen und Freundes kreise im Buchhändlerhaus zu verweilen, sondern sobald man alle die guten alten Bekannten wieder begrüßt und sich von ihrem Wohl befinden überzeugt hat, sucht jeder nach seinem Geschmack eine der bei Buchhändlern am meisten beliebten Gaststätten auf, wo im engeren Kreis fröhliche Tafelrunden, die sich nicht an die Zeit binden, geschlossen weiden. Die beliebtesten Lokale sind ja jedem Buchhändler bekannt. In alter Gunst erhalten sich Aeckerleins Keller, der Sachsenhos, Thüringer Hof, Auerbachs Keller, und in letzter Zeit wird besonders gern der Kaffeebaum ausgesucht. Jin intimen Kreis zeigt sich hier stets ein recht fröhliches Buchhändler treiben, wobei für die Notleidenden unseres Standes zahlreiche Opfer gebracht werden. Überall kam die zuversichtlichere Stimmung des Buchhandels in freudigen Äußerungen zum Ausdruck, alte be währte Freundschaften wurden kräftig erneuert und manches Glas auch auf neu geschlossene Verbindungen geleert. Über die geschäftlichen Verhandlungen hat das Bbl. Nr. 119 schon das Notwendigste mitgeteilt. Es ist noch über den Glanz punkt der Feierlichkeiten, das Kantatefestmahl, zu berichten, das am Sonntag Kantate, nachmittags 146 Uhr, mit feierlichem Gepränge und unter Teilnahme vieler Gäste im Festsaal des Buch händlerhauses stattfand. Die Stimmung war von Anfang an eine gehobene, freudige, nachdem die Verhandlungen der Hauptversamm lung im großen ganzen friedlich und schiedlich ausgegangen waren und bei niemandem einen Stachel zur Verärgerung hinterlassen hatten. Gegen 500 Teilnehmer nahmen an den festlich geschmückten Tafeln zu fröhlichem Tun Platz. Einen Fortschritt gegen die bösen Jahre des Kriegs zeigte auch die Speisen- und Weinkarte, die fast wieder die alte Reichhaltigkeit ankündigte. Der Erste Vorsteher des Börsenvereins, Herr Hosrat vr. Arthur Meiner-Leipzig, richtete nach der Supp« folgende Worte zur Begrüßung der Gäste an die Festversammlung: Meine hochgeehrten Damen und Herren! Es ist mir eine ganz besondere Freude, auch von dieser Stelle aus noch einige Worte der Begrüßung und des Willkommens an Sie richten zu können. Als Einleitung zu unserer Arbeit habe ich das heute früh schon tun können. Wir sind ja aber nicht nur zu den ge schäftlichen Verhandlungen in diesen Tagen hier versammelt; die alljährlich« Heerschau des Buchhandels gibt vielmehr, wie das auch bei den anderen großen Verbandstagungen -der verschie denen Wirtschaftsverbände üblich ist, Gelegenheit zu geselligem Beisammensein und zu einer Repräsentation, die bei aller durch den Ernst der Zeiten gebotenen Bescheidenheit und Zurückhal tung doch den Buchhandel vor der Öffentlichkeit seiner Bedeu tung entsprechend würdig und angemessen in die Erscheinung treten lassen mag. Zum ersten Male wieder seit längerer Zeit halten sich diese Veranstaltungen in einem etwas größeren Rahmen. Dem Buchhandel ist es ein immer stärker empfundenes Bedürfnis, zu den guten, alten Traditionen der Vergangenheit zurückzu- kohreu und, wie vor dem Kriege, sich in diesen Stunden, die doch immer noch den Abschluß und den abrechnenden Höhepunkt der buchhändlerischerr Jahresarbeit darstellen, nicht nur im engeren Kreise der Berufsgenossen, sondern auch mit Vertretern aller Kreise zusammcnzufinden, zu denen er in Beziehung steht. Ge rade unser Beruf und die Gegenstände unserer Arbeit verbinden uns ja durch zahllose Fäden mit allen Schichten unseres Volkes und mit allen Zweigen des Erwerbs- und Wirtschaftslebens wie der Wissenschaft und Kunst. Auf den Buchhandel trifft nicht zuletzt das stolze Wort Rankes zu: »Das Größte, was dem Menschen begegnen kann, ist es Wohl, in der eigenen Sache die allgemeine zu verteidigen». Der Buchhandel beruft sich auf dieses Wort nur im Sinn« des Bekenntnisses zu einer hohen Verpflichtung. Er will immer und überall der allgemeinen Sache dienen, wenn er die eigene verteidigt, und dabei denkt er stets auch in dem Sinne wirklich ans Allgemeine und Ganze, daß er sich nicht «inseitig nur in den Dienst einer Partei, einer Richtung stellt. Ihm ist es ernst mit dem Dichterwort: »Das ganz« Deutschland soll es sein!» (Bravo!) Nun, meine Damen und Herren, das ganze Deutschland können wir aber natürlich trotzdem nicht hier zu uns zu Gaste Sd9-