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EINFÜHRUNG Die hier vorliegende Ergänzung zum Überblick über einige früheisenzeitliche Gräberfelder bzw. Teile von solchen auf Dresdner Flur in Heft 5 dieser kleinen Schriftenreihe kann in erster Linie lediglich den Katalog vermitteln, dazu einige allge meine Anmerkungen zum Siedlungsraum und den vier hier in Auszügen vorgestellten Gräberfeldern. Sie stellt damit nur einen Zusatz des in Heft 5 einleitend versuchten Überblickes dar. Die Auswahl erfolgte unter besonderer Berücksichtigung der Paßlandschaft Sachsen und der dabei zu beobachtenden beson deren Rolle der Dresdner Elbtalweitung und unter bewußter Betonung der Einflüsse aus dem benachbarten böhmischen Raum. Es ist wohl kaum ein Zufall, daß gerade in dem den Osterzgebirgsübergängen nächsten Fundort Dresden-Prohlis die kulturellen Beziehungen am archäologischen Sachgut am deut lichsten erkennbar werden, wenn auch Dresden-Löbtau und Dresden-Stetzsch keinesfalls außerhalb der Kontaktzone stehen, ja sogar bedeutende Hinweise bieten. Anfangs ist besonders der weniger fruchtbare rechtselbische Raum noch nicht so intensiv mit den südöstlichen Einflüssen belegt gewesen. Einen relativ guten Einblick in die ein wenig andere kulturelle Hinterlassen schaft des rechtselbischen Ufers gewährt das Material vom Gräberfeld Kötitz auf halbem Wege zwischen Radebeul und Meißen. Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß der rechtselbische Siedlungsstreifen vom Ausgang der Sächsischen Schweiz bis nach Sörnewitz kurz vor Meißen ohnehin weniger stark besiedelt gewesen sein dürfte. Schon während der Zeit der entwickelten Lausitzer Kultur wird der nordwestsächsische Raum und das Riesaer Gebiet intensiver von den Einflüssen der nördlich angrenzenden Gebiete getroffen und hat auch noch bis in die frühe Eisenzeit offenbar dazu Kontakte aus der Oberlausitz aufrecht erhalten können. Diese sind zwar auch im Bereich der Dresdner Elbtalweitung kaum zu übersehen, sind aber in der jüngsten Entwicklung der Lausitzer Kultur, besonders in der hallstättischen und frühlatenezeitlichen Phase, spürbar abgebaut worden. Das steht im Gegensatz zu den starken östlichen Strömungen am Anfang dieser bedeutenden Urnenfeldergruppe, die von der Lausitz über die Gebiete der Königsbrücker und Dresdener Heide intensiv in den Dresdener Raum wirkten (u. a. der sogenannte schlesische Einfluß), und schon bei der Ausbildung der sächsisch-lausitzischen Gruppe von großer Bedeutung waren. Mit der offensichtlichen Verklei nerung des Siedlungsraumes am Übergang zur Eisenzeit, u. a. wohl auch im Zusammenhang mit der subatlantischen Klima verschlechterung, ist der direkte Weg ins Elbtal bei Dresden unterbrochen oder zumindest nicht mehr so stark frequentiert worden. Das zeigt sich auch in der Fundverbreitung dieser Periode, in der das Zwischengebiet als ausgesprochen dünn, wenn nicht gar zumindest zeitweise unbesiedelt blieb. Gleiche Auswirkungen für diese Periode weist das im Dresdner Elbraum räumlich eingeengte Siedlungsgebiet auf (Abb. 1). Die alten Siedlungskerne bleiben trotzdem bestehen, sofern sie nicht in größeren Höhen liegen (z. B. Dresden-Stetzsch). Es darf nicht übersehen werden, daß die oberlausitzisch/mittel- bzw. nordsächsischen Verbindungen über den Großenhain- Riesaer Raum, wenn auch eingeschränkt, erhalten bleiben. Im Zusammenhang mit den kulturellen Abgrenzungen innerhalb der jüngsten Lausitzer Entwicklung im sächsischen Raum sollte noch darauf hingewiesen werden, daß z. B. die Sitte der Gefäß bemalung offenbar über den Bautzener Raum nur wenig nach Westen vorgedrungen ist — eine Ausnahme bildet lediglich die sogenannte Graphitbemalung, daß weiterhin die Sitte der Bestat tung wahrscheinlich hochgestellter Persönlichkeiten in Holz kammern bisher im westlich an die Lausitz anschließendem Gebiet noch nicht beobachtet worden ist, daß die Kombination von Omphalosschale und Spitzkrügel — wobei das Spitzkrügel in der Schale liegt — in der Elbtalweitung nicht in der Häufigkeit auftritt wie in den Lausitzen und ebenso Klappern im Gegensatz zu deren jung- und jüngstbronzezeitlichen Vorformen an Zahl abzunehmen scheinen. Wenn wir auch z. B. in Dresden-Stetzsch Tierzeichnungen kombiniert mit Kreuzen vorfinden, so ist die vielfältige stilisierte Darstellung von Menschen und Bäumchen, wie wir sie in der Oberlausitz finden, hier schon fast als Ausnahme zu betrachten. Im Gegensatz dazu steht etwa der Raum um Riesa (z. B. Zeithain). Das entspräche auch den bereits oben geäußerten Beobachtungen stärkerer Kontakte, die von der Lausitz nach Westen ausgingen und dabei die Elbtalweitung nördlich mieden, noch in der frühen Eisenzeit. Die Einflüsse aus dem Jastorfbereich wurden schon gestreift. Auf sie muß hier nochmals kurz eingegangen werden, da ihre spätere Auswirkung auch bald Nordböhmen einbezieht. Nicht nur am keramischen Fundgut sind offenbar Infiltrationen erkennbar, sondern vor allem am Metallgerät und Schmuck. Dabei ist der rasche Übergang von der Bronzenutzung zu der von Eisen unübersehbar. Er dürfte aber kaum mit dem Jastorfstrom allein erklärt werden, da der Siegeszug des neuen Metalls rasch voranschritt und die Möglichkeit der örtlichen Gewinnung und Verarbeitung dieses Rohstoffes genutzt werden konnte, somit Allgemeingut der derzeitigen Bevölkerung verschiedener räum licher und ethnischer Herkunft wurde. Bei der ethnischen Deutung der früheisenzeitlichen Erscheinun gen muß man auch im Dresdner Raum äußerste Sorgfalt walten lassen. Offenbar gibt es keinen klaren Kulturabbruch, sondern haben die einzelnen Veränderungen im Sachgut in erster Linie auf das bisher Bestehende eingewirkt. Das gilt sowohl für die südlichen als auch nordwestlichen Strömungen. Mit dem heuti gen Material gelingt es sicher noch nicht nachzuweisen, ob Bevölkerungsverschiebungen stattgefunden haben oder ob ledig lich Einflüsse von außen aufgenommen worden sind. Am wahrscheinlichsten dürften Zuwanderungen fremder Bevölke rungsteile aus dem Norden bzw. Nordwesten angenommen werden können, die die Alteinheimischen nicht verdrängten, sondern mit diesen zusammen die neue Bewohnerschaft des Gebietes ausmachten. Die kontinuierlichen Anregungen aus dem Südosten, die mindestens schon seit dem Neolithikum bestanden haben, lassen vielleicht in einem höheren Maße an fortbestehende kulturelle Kontakte der Gebiete beiderseits des Erzgebirges denken, ohne daß größere Zuwanderungen stattge funden haben müssen. Wanderungen einzelner Gruppen mit abschließendem Ortswechsel sollten trotzdem nicht völlig ausge schlossen werden. Die Materialvorlage der alten Gräberfelder von Dresden- Stetzsch und Dresden-Löbtau sowie der Teilausschnitte von Bestattungsplätzen in Dresden-Prohlis und Dresden-Übigau ist in keiner Weise repräsentativ oder von besonderem wissenschaft lichen Wert, da die wenigen Gräber der beiden letztgenannten Friedhöfe keine Verallgemeinerung auf die zugehörigen vollstän digen Bestattungsplätze zulassen und die alten Bestände von Dresden-Stetzsch und Dresden-Löbtau durch Krieg und Nach krieg nicht nur zahlenmäßig, sondern auch an Qualität außer ordentlich gelitten haben. Infolge der mangelhaften Dokumenta tion besonders der „Privatgräber“ dürfte darüber hinaus von den Urnenfeldern und den einzelnen Beisetzungen kaum alles erfaßt sein. Die Metallfunde sind infolge der Brandbestattung ohnehin zu einem großen Teil wesentlich verändert und als Reste vom Scheiterhaufenbrand kaum völlig erfaßt. Dazu lagen die Bronze- und Eisenbeigaben in der Regel auf dem Leichenbrand und wurden ebenso wie die Deckschalen und auch die Urnenoberteile oft vom Pflug mit verschleppt. Viele Metallbeigaben sind durch