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Geschlecht der HrabiSice, die Herren von der Riesenburg. In diesem Zusam menhang kommen Rochlitz bei der Erschließung des Erzgebirgsvorlandes und Bilin, Ossegg und der Riesenburg Bedeutung für das kleine Gebiet im Südosten unseres Bezirkes zu. Der Landesausbau war durch umfangreiche Rodung der Wälder sowie An legung neuer Dörfer und durch den Bau von Burgen gekennzeichnet. Er begann in der Mitte des 12. Jh. und erreichte vielerorts in einem Zuge das obere Berg land. Fernwege, die das Altsiedelland über das Gebirge hinweg mit Böhmen verbanden, wie die in Urkunden wiederholt erscheinenden „alten böhmischen Steige“, entwickelten sich dabei zu Siedelbahnen. Mit den Burgen tritt uns die charakteristischste Denkmälergruppe aus der Zeit des entwickelten Feudalismus entgegen. Ein Teil steht in direktem Zusammenhang mit dem Landesausbau im 12. Jh., andere sind im Zuge der Ausbildung und Stärkung partikularer Territorialherrschaften während des Niederganges der zentralen Reichsgewalt um die Mitte des 13. Jh. errichtet worden. 20 Häufig aber ist eine exakte Datierung mangels schriftlicher oder archäologischer Quellen nicht möglich. Wesentliche äußere Merkmale der hochmittelalterlichen Burgen sind die Aufhöhung des zentralen Teiles der Wehranlage, des sog. Kernwerkes, und der Steinbau (neben der Weiterbenutzung von Holz). Das Bauprinzip der Kernwerkserhöhung wurde z. B. dadurch realisiert, daß bei Niederungsburgen der Aushub aus dem umlaufenden Graben in der Mitte zu einem Hügel aufgeworfen wurde, und bei Höhenburgen vorhandene Felsklippen — durch angesetztes Material vergrößert und gestaltet — oft als Kernwerk fungierten. Die Bedeutung dieses zentralen und höchsten Teiles der Burg unterstreicht die Tatsache, daß auf ihm in der Regel ein Turm — rund oder quadratisch — stand, der entweder ganz oder teilweise als Steinbau er richtet war. Da Größe und Gestalt vom Gelände mitbestimmt werden, ist das äußere Bild der Burgen im Detail sehr variabel. Das betrifft auch ihre Außen werke: In der Niederung umgeben den Turmhügel vor allem wasserführende Gräben, in Sporn- und Gipfellage schneiden das Kernwerk Gräben und Wälle vom Hinterland ab oder umschließen es ganz. Das Äußere einer Wehranlage ist aber kein sicheres Kriterium für ihre Entstehungszeit und ihre Funktion. Die Burgen dieser Phase der Ostexpansion waren im Rodungsgebiet Zentren und Stützpunkte des Landesausbaues. Neben solchen, die sich zu Mittelpunk ten bestimmter Feudalbezirke bzw. zu späteren Herrschaftsmittelpunkten entwickelten, erscheinen Wehranlagen, deren Bedeutung lokaler begrenzt ge wesen zu sein scheint, wie „Liebenstein“ bei Olbernhau, Kr. Marienberg, und „Teufelsschloß“ bei Eibenstock, Kr. Aue, um nur zwei zu nennen. Beide zei gen mit ihrer Lage in ausgedehnten Waldflächen an, daß die Landnahme auch in Gebiete ausgriff, die man später wieder aufgegeben hat. — Bedeutung bei der Erschließung des Landes kam offenbar dem Straßenschutz zu. Neben eini gen überbauten Anlagen kennen wir drei klassische Burgen in diesem Zu sammenhang: Den „Nidberg“ in Zöblitz, Kr. Marienberg, den „Schloßstein“ in Bärenstein, Kr. Annaberg, und das „Zollhaus“ bei Reinsberg, Kr. Frei berg. Bei allen handelt es sich um kleine Anlagen auf steilen Bergspornen, die heute noch eindrucksvoll die Verbindung mit mittelalterlichen Fernwegen, 20 G. Billig, Mittelalterliche Wehranlagen im alten Reichsland, in: Aus Ur- und Frühgeschichte, Berlin 1962, S. 142—175. 11