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Erdwälle erscheinenden Befestigungswerke hatte man als sog. „Holz-Erde- Mauer“ — zwei parallele und in sich verstrebte Plankenwände, der Zwischen raum gefüllt mit Steinschotter — errichtet. Ein 1910 angelegter Grabungs schnitt ergab, daß der innere Abschnittswall infolge eines Brandes, bei dem die hölzernen Einbauten verbrannten und das füllende Gestein schmolz, „ver schlackt“ ist. — Die Bewohner des Burgwalles bildeten nach unserer heutigen Kenntnis ein nach urgesellschaftlichen Gesetzen geordnetes Gemeinwesen, das noch ohne größere innere Differenzierung existierte. Das drückt sich auch im äußeren Erscheinungsbild der Anlage aus, die mit ihrer Größe die Bau tätigkeit der gentilgesellschaftlichen Stammesorganisation zeigt. Vielleicht haben wir in dem Burgwall das politisch-organisatorische Zentrum eines be grenzten Siedlungsgebietes zu suchen, das sich mit mehreren Fundstellen in Nähe der Anlage zu erkennen gibt. Neben Gräbern, darunter den besproche nen Grabhügeln, handelt es sich um eine weitere, jedoch unbefestigte Sied lung auf dem sog. „Viehhübel“ in Ruppertsgrün, Gem. Liebau, Kr. Plauen. Äußerlich vergleichbare Wallanlagen kennen wir sodann aus slawischer Zeit (8,/9. bis 11./12. Jh.). Slawische Bevölkerungsgruppen waren, aus verschie denen Richtungen kommend, im 6. und 7. Jh. in das nach dem Ende des Thü ringer Reiches (531 u. Z.) weitgehend unbesiedelte Mittelelbe-Saale-Gebiet eingewandert, wo sie als Stammesverband der Sorben faßbar werden. Ihre Wirtschaft war durch entwickelten Ackerbau und Viehhaltung gekennzeichnet; frühzeitig sind Mühlsteinhersteller und Schmiede, vom 11. Jh. an ist die Her ausbildung eines vielseitigen Handwerks nachgewiesen. 17 Der Gesellschafts struktur nach bildeten sie eine Stammesgesellschaft, deren urgesellschaftliche Elemente weitgehend im Verfall begriffen waren und die rasch frühfeudale Züge annahm. In der Folge des Feudalisierungsprozesses wurden die sorbi schen Stämme in den erstarkenden deutschen Staat eingegliedert und damit ihre selbständige Entwicklung abgebrochen. Dieser sich über wenige Jahr hunderte erstreckende Prozeß spiegelt sich wider im Bau von Burgen (etwa vom 7./8. Jh. an), in deren unterschiedlicher Gestalt und Funktion. Im Bezirk Karl-Marx-Stadt Anden wir slawische Burgwälle ausschließlich in der siedlungsfreundlichen Offenlandschaft an der Zwickauer Mulde im heutigen Kreis Rochlitz. Burgen auf exponierten Geländekuppen sind die „Borstel“ in Steudten, Gem. Biesern, und in Gem. Fischheim, in Spornlage der „Schloßberg“ in Lunzenau, Gem. Großschiaisdorf, der „Porschei“ in Sperns- dorf, Gem. Köttern, der „Keßling“ in Rochlitz-Poppitz und möglicherweise auch der Schloßberg in Rochlitz. — Die Befestigungswerke sind unterschiedlich ausgebildet und dem Gelände angepaßt. In Biesern handelt es sich um einen geschlossenen Ringwall, dem ein Graben vorgelagert ist. In Fischheim ist es ein halbkreisförmiger, teilweise doppelter Abschnittswall mit einem Graben dazwischen, und an der Südseite bot der Steilhang zur Mulde natürlichen Schutz. Beim „Schloßberg“ in Großschiaisdorf umschließt die Innenfläche ein Ringwall, der an der Zugangsseite zu einem mächtigen Halbkreiswall ver stärkt ist und dem hier noch ein Graben und ein Abschnittswall vorgelagert sind. Der „Porschei““ in Köttern zeigt drei in Abständen hintereinanderlie gende — jedoch offenbar zu verschiedenen Zeiten entstandene (s. unten) — Wälle mit jeweils einem Graben davor; die Abschnittswälle sind durch Wall- 17 H.-J. Vogt, Zur Kenntnis der materiellen Kultur der Sorben im Elster- Pleiße-Gebiet, in: Zeitschrift für Archäologie 2, 1968, S. 1—15.