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In den Jahren 1966 bis 1968 entnahm ich aus 100 eisernen Werkzeugen und Waffen sowie aus einigen Eisenschlacken und mehreren Roteisenerzknollen Materialproben und ließ sie im Eisenhütteninstitut der Bergakademie Freiberg metallkundlich unter suchen. Die Ergebnisse — mehrere tausend mikro skopische Aufnahmen, Tausende Werte von Härte messungen, knapp 1 000 naßchemische und spektralchemische Analysenwerte — liegen mir seit 10 Jahren zur Bearbeitung vor, ohne daß es mir bis her möglich war, diesen Komplex in seiner ganzen Dimension auch nur annähernd zu durchdringen. Seine Bedeutung für die Technikgeschichte liegt auf der Hand. Aufwendige Literaturstudien waren er forderlich, um viele chronologisch recht spröde Eisengerätschaften beurteilen zu können. Die Volks kunde erwies sich als unentbehrliche Hilfswissen schaft, um manche Funde überhaupt benennen und ihre Funktion und Handhabung rekonstruieren zu können. Mehrere Reisen zu keltischen Oppida Böhmens und Mährens sowie des Karpatenbeckens, verbunden mit Studien in dortigen Museen, dienten ebenfalls der Bewältigung des Steinsburgmaterials. Ja, dessen Umfang und die spezielle Ausprägung werfen nicht zuletzt religionswissenschaftliche Fra gen von großer Tiefe auf. Im Laufe der Zeit habe ich auf diese Weise einige neue Einblicke in die Be siedlungsgeschichte des Kleinen Gleichberges ge wonnen (vgl. Skizze rechts oben auf dem Plan Beilage 1). Doch nicht davon soll hier die Rede sein, sondern von jenen nebenher gemachten Beobach tungen an den sichtbaren Bauresten des Berges, die neu interpretiert oder jetzt erst im Walde und in den Geröllhalden entdeckt wurden. Diese Feststel lungen habe ich seit 1963 zusammengetragen; ge wonnen wurden sie durch Absuchen des Bergareals nicht nur bei sommerlicher Belaubung, sondern auch im Winter, in den letzten Jahren meist zusammen mit den Kollegen G. Stoi oder B. W. Bahn, Römhild. 7 Um den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen, muß ich die Kenntnis der Literatur über die Steins burg und des derzeitigen Forschungsstandes beim Leser voraussetzen. den alten Ulmenweg Im Raum I verbreitern Heß. Hugo Carl lieferte nämlich eine ganze Reihe von Funden der Spätlatnezeit gegen eine kleine Entschädigung an C. Kade oder A. Götze ab. — Wie G. Neumann zu der Meinung ge kommen ist, daß die Münze um 1900 von einem Ludwig Carl auf einem Felde am Westfuße der Steinsburg gefunden wurde, bleibt unklar. Die genaue Fundstelle ist nach oben Gesagtem nicht mehr feststellbar, doch scheint die Zahl der Möglichkeiten sich auf nur zwei zu beschränken: Die Felder dicht westlich der Steinsburg bzw. am Südfuß des Schwabhäuser Berges oder die Trasse des alten Ulmen weges auf der Steinsburg zwischen den Wällen Strecke 1-2 und 12-13, gefunden im Jahre 1919 und als Gold fund vor Götze und Kade verheimlicht. Bei der Münze (Gewicht 7,36 g; Durchmesser 17—18,5 mm) handelt es sich um die Variante mit Schriftzeichen des Vogelkopfstaters (Typ Forrer 398). Sie zeigt auf dem Avers einen stilisierten zweiäugigen Vogelkopf (?) im Kranz und auf dem Revers einen Torques mit Kugelenden, der fünf Kugeln und aus fünf Keilstrichen bestehende Schriftzeichen umschließt. Regenbogenschüsselchen dieser Art gelten als Emissionen der Vlndellker, obwohl nicht einmal sicher ist, daß der Prägeort in Bayern gelegen hat. Angesichts des Münz schatzes vom Goldberg bei Mardorf unweit des Amöneburg- Sowohl die alten und längst bekannten als auch die unter verändertem Blickwinkel betrachteten und die neuentdeckten Geländebefunde fanden Eingang in einen neuen Plan des Berges (Original 1 : 1 000) 8 , den ich auf der Grundlage der Karten von R. Ackermann (1 : 3 150) und C. Kümpel (1 : 3 450) zusammenstellte. Dabei wurde bemerkt, daß der von Götze heftig verworfene Plan des Technikumsleh rers Kümpel in manchem detaillierter und genauer ist als jener des Forstassessors Ackermann. 9 Viele — wenn auch längst nicht alle — der auf diesen beiden Plänen angegebenen Einzelheiten wurden im Gelände überprüft; alle Vermessungen und Be obachtungen, die Götze in langjähriger Arbeit sam melte und in den verschiedenen Handschriften im Steinsburgmuseum hinterließ, wurden im neuen Plan verwendet. Große Hilfe leistete auch ein Luft bild vom 9. 4.1941 (Senkrechtaufnahme aus 1 500 m Höhe, Abb. 8 und Beilage 2). Das Höhenlinienrelief entstand aus der Umzeichnung der Nivellement werte einer geodätischen Vermessung von 9 quer über den Berg gelegten Profilen, die Berthold Pfaul 1935 im Auftrage von Götze durchführte und welche die Grundlage abgab für das Gipsmodell der Steins burg. Ferner wurden verschiedene Forstkarten und die Meßtischblätter 1 : 25 000, vor allem aber Götzes zahlreiche, mit seinem „Böschungsmesser“ errech nete Wall- und Hangprofile verwertet. Aus der Tatsache heraus, daß jeder topographische Plan sub jektive Interpretationen enthält, wurden manche Dinge bewußt überbetont, andere zurückgestellt, auch einige Bezeichnungen eingetragen, die nur Vermutungen sein können. Denn immerhin ist der ganze Berg dicht bewaldet und seine Baureste sind stark zerstört, so daß sie in manchen Fällen mehr erahnbar als wirklich erkennbar sind. Ich weiß: In dem neuen Plan verstecken sich zahlreiche Fehler. Er bleibt ein Provisorium und kann die Forderung nach einer umfassenden Neuvermessung des ganzen Berges nicht aufheben. Doch bis es soweit ist, wird er unserem Verlangen nach größerer Naturtreue und nach mehr Wissen über topographische Details und historische Wahrheiten besser gerecht als die sieben Jahrzehnte älteren Pläne (Abb. 9). Oppidums (Germania 54, 1976, S. 75 ff.) käme auch eine Prägestätte im hessischen Bergland in Frage. In der Münzsammlung des Antiquars Pierre Mavrogordato, Römhild, befand sich bis 1945 eine keltische Goldmünze. In dem wohl in den 20er Jahren gedruckten Katalog der Sammlung heißt es unter Nr. 229: „Keltische Goldmünze, gefunden in Pierato bei Römhild im Jahre 1914.“ Vgl. dazu eine Notiz im Tagebuch von A. Götze Nr. XXXII, 1943, S. 30 zum 11. 6. 1943 über ein Gespräch bei Mavrogordato: „Rinck- Wagner erinnert sich dunkel, es sei vom Fund einer Gold münze im Pierato beim Bau des Kohlenschuppens hinter dem Gärtnerhaus gesprochen worden.“ Dieses Gespräch und die Tatsache, daß von der genannten Stelle (Waldhaussied lung) mehrere Spätlatönefunde bekannt sind, zerstreuen die Zweifel an der Echtheit der Fundstelle, die J. Kellner und G. Neumann (Ausgrabungen und Funde 11, 1966, S. 253 ff.) bewogen haben, das Stück nicht in den Katalog der Keltenmünzen aus Thüringen aufzunehmen (siehe auch C. Kade, Alt-Thüringen 6, 1963). 7 Ich danke beiden Kollegen recht herzlich für ihre viel fältige Hilfe und Unterstützung. 8 Leider kann der Plan wegen seiner Größe nicht im ge wünschten Maßstab 1 : 2 000 zum Abdruck kommen. 9 Constantin Kümpel (1856-1942) war ein fanatischer Eiferer