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ten über gewisse Besitzunterschiede 538 * * * * kommen seine Nachrichten über bestimmte gesellschaftliche Schichten, von denen er servi (Sklaven,- Kap. 25), liberti (Frei gelassene, Kap. 24 und 44) und ingenui (Freie, Kap. 25) nennt, aus denen sich die nobiles (Adlige, Kap. 7, 11 und 13), duces (Heerführer, Kap. 7), principes (Gefolgs herren, Vorsteher, Richter, Kap. 11, 12, 13, 14 und 15) und reges (Könige, Kap. 7, 10 und 12) rekrutieren. Wenn diese Gliederung im einzelnen auch keineswegs auf alle Teile der Germania libera in gleichem Mafe zugetroffen haben mag, so ist doch eine Schichtung wenig stens in Unfreie, Freie und der aus dieser Gruppe hervorgehenden Führungsschicht nicht zu übersehen, wobei den erwähnten Gruppen nach Tacitus im allgemeinen auch ein unterschiedlicher Besitzstand entsprach. Über das quantitative Verhältnis der ein zelnen sozialen Schichten zueinander vermag Tacitus indessen nicht zu orientieren, so daf man wieder versucht ist 539, in den Grabausstattungen bestimmte Stufen der Wohlhabenheit zu erblicken. Die Vorbehalte hierzu wurden oben bereits dargelegt. Eine Erkennbarkeit sozialer Schichten erscheint demnach augenblicklich noch ziemlich unsicher. Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man etwa versuchen wollte 540, auf Grund der Waffen beigaben Sporengräber als Reiterkriegergräber zu interpretieren, Waffengräber ohne Sporen dagegen als solche von Fufzkriegern. Denn eindeutig zwei unserer vier Waffengräber, darunter ein Sporengrab, konnten als Kindergräber diagnostiziert werden 541. Nun verdient ja die Frage der sozialen Gliederung der germanischen Stämme und Stammesgruppen in der römischen Kaiserzeit, namentlich in der spätrömischen Periode, auch deswegen besonderes Interesse, weil diese Zeit durch den erst lockeren, dann festeren Zusammenschluß von Kriegsbündnissen und Stammesgruppen zu größeren Stammesverbänden gekennzeichnet ist 542. Es liegt auf der Hand, daf der artige Veränderungen nicht ohne Einfluh auf die gesellschaftliche Struktur bleiben konnten. Wie C. Redlich 543 gezeigt hat, ist für die Interpretation der Grabbeigaben der Eigentumsbegriff von eminenter Bedeutung. Die Grabausstattung enthielt näm lich nur das Privateigentum des Bestatteten. Die Dinge, die dem Verstorbenen nur auf Lebenszeit aus dem Familien- bzw. Sippeneigentum zur Nutzung überlassen wurden, fielen jedoch nach dem Tode an diese zurück. Zu unterscheiden ist demnach zwischen dem Eigentum (dominum) und dem Besitz (possessio). Dies würde erklären, weshalb aus unserem Gräberfeld, wie übrigens auch in anderen Friedhöfen der gleichen Zeit, aufzer der in ihrem Werkzeugcharakter sowieso umstrittenen Axt so gut wie keine mit der Produktion in Verbindung stehenden Werkzeuge vorliegen, wenn man von Kleinwerkzeugen, wie Scheren, Pfriemen, Nähnadeln und Spinn- 538 Vgl. Tacitus, Germania, Kap. 17 (über das Tragen enganliegender Kleidung durch die Reichen), 18 (über die Möglichkeit für die Mitglieder der Adelsgeschlechter, trotz sonst vor herrschender Einehe mehrere Frauen zu besitzen), 13 (über Gefolgschaften bzw. Kriegs mannschaften, durch deren Besitz sich die Vermögenderen von den übrigen unterscheiden) und 25 (über die Arbeit von Sklaven, derer sich die Reicheren bedienen). 639 J. Wielowiejski 1959, S. 247-262. •u» Wie es z. B. J. Wielowiejski 1959, S. 254 und 258, getan hat. s1 Siehe S. 197 f. und 203. M« Vgl. H. J. Eggers 1951, S. 52; K.-H. Otto 1960, S. 142. M’ C. Redlich 1948, S. 177-180. x 78